VwGH vom 29.11.2010, 2004/10/0217
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde 1. des C G in T und 2. des R J in G, beide vertreten durch Dr. Lorenz E. Riegler, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rilkeplatz 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. LF1-FO-114/016-2003, betreffend Rodungsbewilligung, nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Vertreters der Beschwerdeführer, Rechtsanwalt Dr. Lorenz E. Riegler, und der Vertreterin der belangten Behörde, Oberregierungsrat Mag. Barbara Hölzl, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.305,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind (u.a.) Miteigentümer des Grundstückes Nr. 170/1 der EZ 43 der KG T. Mit Schreiben vom beantragten sie bei der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (BH) die Erteilung der Rodungsbewilligung für die Waldteilfläche auf dem Grundstück Nr. 170/1 im Ausmaß von etwa 2.500 m2. Durch die Rodung solle die ursprüngliche Größe der Streuobstwiese wieder hergestellt werden, welche von der Naturschutzabteilung der Niederösterreichischen Landesregierung seit 1995 als wertvolle Fläche (Erhaltung von Streuobstbeständen) ausgewiesen sei. Dadurch sei neben der Verbesserung des Kleinklimas für die umliegenden Grundstücke ein öffentliches Interesse am Naturschutz gegeben.
Mit Bescheid der BH vom wurde der Antrag der Beschwerdeführer unter Berufung auf §§ 17 und 19 des Forstgesetzes 1975, BGBl. 440 (ForstG), abgewiesen.
Nach der Begründung habe die Behörde, um das behauptete öffentliche Interesse auf dem Gebiete des Naturschutzes zu prüfen, ein naturschutzfachliches Gutachten eingeholt. Danach sei auch unter Gesichtspunkten des Naturschutzes kein öffentliches Interesse an der Rodung zu erkennen. Aus den vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung übermittelten Unterlagen bezüglich der ÖPUL-Förderung auf der Parzelle 170/1 KG T. gehe nämlich hervor, dass das derzeit gültige Förderungsprojekt keine Streuobstwiese beinhalte; es werde lediglich die Pflege ökologisch wertvoller Flächen auf einer Teilfläche von 5,75 ha gefördert. Daraus sei zu schließen, dass die gegenständliche Waldteilfläche nicht von der Naturschutzabteilung des Landes Niederösterreich als ökologisch wertvolle Fläche ausgewiesen sei und gefördert werde. Es sei die alternative Pflege der Wiese mit einer einmaligen Mahd und einer extensiven Nachbeweidung im Herbst mit maximal 15 Schafen erlaubt. Grundsätzlich sei aus naturschutzfachlicher Sicht zwar festzustellen, dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wienerwald-Wiesen zweifelsfrei gegeben sei, jedoch sei im gegenständlichen Bereich eine Vielzahl von anderen, auch größeren und ökologisch wertvolleren Wiesen vorhanden, welche naturgemäß auch an Waldflächen angrenzten. Auch die Erhaltung von Streuobstwiesen sei aus naturschutzfachlicher Sicht sehr wünschenswert, allerdings sei eine Wiederherstellung im gegenständlichen Bereich auf Grund der Tatsache, dass die einzelnen noch vorhandenen Obstbäume auf Grund des aufgekommenen Waldbestandes bereits abgestorben seien bzw. die jüngeren Bäume alle Wildlinge seien, nicht mehr möglich. Aus naturschutzfachlicher Sicht sei nicht nachvollziehbar, warum im gegenständlichen Fall ein Waldbestand gerodet werden solle, für den es entgegen der Angaben der Beschwerdeführer gar keine ÖPUL-Förderung gebe.
Von der BH sei auch ein forstfachliches Gutachten eingeholt worden. Danach sei das öffentliche Interesse an der Walderhaltung höher zu bewerten als das behauptete Interesse an der Rodung. Nach dem rechtsgültigen Waldentwicklungsplan komme den beschriebenen Waldteilflächen nämlich höchste Wertigkeit hinsichtlich der Wohlfahrtsfunktion und mittlere Wertigkeit hinsichtlich der Schutzfunktion zu.
Die Beschwerdeführer hätten zu den übermittelten Gutachten eine Stellungnahme abgegeben. Darin sei einerseits die Waldeigenschaft in Frage gestellt und behauptet worden, dass Streuobstwiesen und Hutweiden zur Gänze mittels ÖPUL vom Land gefördert worden seien. Andererseits sei die Objektivität der Gutachter in Frage gestellt worden.
Nach Auffassung der BH stehe fest, dass bis zum Jahre 1999 die vom Rodungsverfahren betroffenen Waldteilflächen nachweislich Wald im Sinne des Forstgesetzes gewesen seien. (Im Sommer 2000 sei nämlich bereits festgestellt worden, dass (auf der nunmehr vom Antrag erfassten Fläche) auf einer Fläche von 600 m2 der vorhandene forstliche Bewuchs zur Gänze entfernt und das Verbot der Hiebsunreife nicht beachtet worden sei. Auf Grund eines im Instanzenzug ergangenen rechtskräftigen forstpolizeilichen Auftrages vom sei die Teilfläche von 600 m2 bis spätestens mit näher genannten Baumarten in einem Pflanzenverband von 2 m x 2 m aufzuforsten.) Da nach den der BH vorliegenden schlüssigen Gutachten der befassten Amtssachverständigen ein höherwertiges öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche nicht gegeben sei, sei spruchgemäß zu entscheiden.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Begründend legte die belangte Behörde dar, dass im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens ein naturschutzfachliches Gutachten eingeholt worden sei.
In diesem Gutachten wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
" BEFUND
Die beantragte Rodung betrifft eine Waldteilfläche der Parzelle 170/1 KG T. in einem Ausmaß von ca. 2.500 m2, eine annähernd lage- und flächengenaue Identifikation ist anhand des Einreichplanes (Katasterplan) möglich. ...
Der Großteil der gegenständlichen Fläche ist mit Esche und Ahorn bestockt, ein kleinerer Teil ist unbestockt (im angefochtenen Bescheid sind die Flächen mit 1.900 m2 bzw. 600 m2 angegeben, eine Nachvermessung erfolgte nicht, da die genaue Flächengröße für die zu beantwortende Fragestellung unerheblich ist). Sowohl der Eschen - Ahorn Jungbestand als auch der nicht bestockte Teil der gegenständlichen Fläche wurden zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins mit Schafen beweidet. An den Schälschäden im Bereich des Eschen - Ahorn Bestandes, sowie an der gänzlichen Abweidung der unbestockten Fläche ist nachzuvollziehen, dass diese Beweidung regelmäßig stattfindet. Auch sind vegetationslose Bodenverwundungen durch Weidegang erkennbar, was auf eine verhältnismäßig intensive Beweidung schließen lässt.
Im kleinräumigen Landschaftsbild fallen im gegenständlichen Bereich vor allem die Reste junger Bäume (10 - 15 cm Durchmesser) auf, welche in etwa 1 m Höhe abgeschnitten wurden.
Naturräumlich gesehen befindet sich die gegenständliche Fläche im Wienerwald, welcher als Mittelgebirgslandschaft mit sanften Gipfeln und mäßigen Hangneigungen hinsichtlich seiner Landschaftsform charakterisiert werden kann. Der Wienerwald wird großflächig von Buchenwäldern bestockt. ...
Aus ökologischer Sicht sind sowohl die Waldflächen als auch die Offenlandschaftskomplexe von Bedeutung. Eine reiche Artenvielfalt und Biodiversität ist im Wienerwald aufgrund des Vorhandenseins beider Lebensraumstrukturen gegeben und zusätzlich durch den Wechsel dieser Lebensräume und Landschaftselemente begründet.
Neben dem allgemeinen Naturschutzinteresse kommt im gegenständlichen Bereich das besondere Naturschutzinteresse eines Landschaftsschutzgebietes (§ 9 NÖ NSchG 2000) zum Tragen (LSG Wienerwald). Das bedeutet, dass hier das Naturschutzinteresse durch umfangreichere Bewilligungstatbestände als außerhalb jeglichen Schutzgebietes zum Ausdruck kommt. So ist auch die Kulturumwandlung (z.B. von Wald in Wiese) bewilligungspflichtig, allerdings erst ab einer Fläche 1 ha.
Über die fachliche Gesamtbeurteilung von Regionen und Großlandschaften geben auch die Naturschutzkonzepte (§ 3 NÖ NSchG 2000) Auskunft. Für den gegenständlichen Bereich werden sowohl die Streuobstwiesen mit ihren spezifischen Habitatqualitäten und kleinflächige Obstwiesen als auch die gesamte Bandbreite an unterschiedlichen Waldtypen als Landschaftselemente genannt, auf welche seitens des Naturschutzes besonderer Wert gelegt wird.
Letztlich unterstreichen Förderprogramme des Vertragsnaturschutzes (integriert im ÖPUL) sowie Naturschutz - Einzelprojekte die Bedeutung ganz bestimmter Maßnahmen aus der Sicht des Naturschutzes. Die Pflege ökologisch wertvoller Flächen steht bei den Vertragsnaturschutzmaßnahmen im Vordergrund und wird auch im unmittelbarem Nahbereich der gegenständlichen Fläche, nämlich auf den 5,57 ha Wiesenteilfläche der Parzelle 170/1 KG T. gewährt. Der Bewirtschafter hat sich hier zur zweimaligen Mahd des Halbtrockenrasens zwischen dem 01.06. und dem 31.10. jeden Jahres oder alternativ zur einmaligen Mahd und herbstlichen Nachbeweidung mit maximal 15 Schafen für die Dauer von 5 Jahren (2001 - 2005) verpflichtet. ...
GUTACHTEN
Im Befund wurde sowohl auf die gegenständliche Fläche und deren Zustand als auch auf die allgemeinen Naturschutzinteressen aus fachlicher Sicht eingegangen. In Beantwortung der Frage, ob es im öffentlichen Interesse des Naturschutzes gelegen ist, eine Rodung eines Eschen - Ahorn Jungwaldes durchzuführen, um eine Streuobstwiese zu schaffen, kann folgendes ausgeführt werden:
Naturschutzfachlich - landschaftsästhetisch und ökologisch - gesehen sind im Bereich des Wienerwaldes sowohl die Waldbestände als auch die Offenlandschaftskomplexe erhaltenswert. Da vor allem die Offenlandschaftskomplexe, insbesondere extensiv bewirtschaftete Standorte, wie Trocken- und Magerrasen, aber auch Feuchtwiesen durch Aufgabe der Bewirtschaftung und Zuwachsen oder durch Intensivierung der Bewirtschaftung bedrohte Lebensräume darstellen, werden zu deren Erhaltung Bewirtschaftungsverträge nach dem NÖ Naturschutzgesetz, derzeit integriert in das ÖPUL 2000, mit den Bewirtschaftern abgeschlossen. Die für die Parzelle 170/1 KG T. abgeschlossenen und seitens der Naturschutzabteilung des Landes bestätigten (Projektbestätigung) Verträge betreffen das Feldstück 3 'Wiese' der Parzelle 170/1 mit 5,57 ha und nicht die Waldteilfläche (gerodete und Waldfläche).
Aus dem Umstand des Naturschutzinteresses am Erhalt und an der extensiven Bewirtschaftung der Wiesenfläche kann kein Naturschutzinteresse an der Rodung der Waldteilfläche abgeleitet werden. Auch besteht im gegenständlichen Gebiet derzeit kein Naturschutzprojekt, das die Umwandlung von Laubmischwäldern in Streuobstwiesen vorsieht. Mit einer Rodung von 0,25 ha würde die bestehende und unter Vertragsnaturschutzauflagen zu bewirtschaftende Nichtwaldfläche der Parzelle 170/1 um 4,5 % vergrößert. Dieser Umstand ist kein vordringliches öffentliches Interesse des Naturschutzes, wiewohl festgehalten werden muss, dass umgekehrt aber auch kein naturschutzfachliches Argument gegen eine Rodung gegeben ist. Von hohem Interesse des Naturschutzes ist jedenfalls der weitere Erhalt der extensiv genutzten Wiese durch Einhaltung der Bewirtschaftungsauflagen, dazu ist die Rodung des Eschen - Ahorn Bestandes nicht erforderlich.
Kulturgattungsänderungen sind in Landschaftsschutzgebieten erst ab einem Ausmaß von 1 ha bewilligungspflichtig, weshalb sich auch aus Naturschutzsicht nicht die Frage der fachlichen Bewilligungsfähigkeit stellt. Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass der gegenständliche Waldbestand keinen einer Streuobstwiese überwiegenden ökologischen oder landschaftsästhetischen Wert hat, sodass die Frage der Rodung oder Nichtrodung der Fläche aus naturschutzfachlicher Sicht als neutral beurteilt werden muss.
Jedenfalls kann aus naturschutzfachlicher Sicht nicht festgestellt werden, dass es im öffentlichen Naturschutzinteresse steht, gerade an dieser Stelle eine Rodung der Waldfläche und eine Umwandlung in eine Streuobstwiese vorzunehmen."
In der weiteren Folge der Begründung hob die belangte Behörde hervor, dass den Beschwerdeführern das naturschutzfachliche Gutachten nachweislich übermittelt worden sei. In einer Stellungnahme vom hätten die Beschwerdeführer vorgebracht, dass die gegenständliche Fläche von 1995 bis 2000 im ÖPUL unter "Pflege ökologisch wertvoller Flächen - Streuobstbestände" in Stufe 1 gefördert worden sei. Wegen Einsparungsmaßnahmen sei die Fläche seit 2001 im ÖPUL als "Erhaltung von Streuobstbeständen" ohne Prämienzahlung "gefördert" und von 2001 bis 2004 im Mehrfachantrag der AMA eingetragen. Es gehe um die Wiederherstellung des alten Zustandes (Streuobstwiese), der durch Verbuschung entstanden sei. Die offene Wiesen-Landschaft sei erst vor wenigen Jahren in Wald umgewidmet worden. Bilder aus den Jahren 1930 zeigten diese Wiese zwischen den auch jetzt noch bestehenden Wäldern.
Nach Auffassung der belangten Behörde könne gemäß § 17 Abs. 3 ForstG eine Bewilligung zur Rodung dann erteilt werden, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiege. Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 seien gemäß § 17 Abs. 4 ForstG unter anderem im Naturschutz begründet. Auf Grund dieser Bestimmung habe die Forstbehörde eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese Interessenabwägung setze voraus, dass zunächst festgestellt werde, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche bestehe und welches Ausmaß das öffentliche Interesse an der Walderhaltung aufweise. Die Beschwerdeführer hätten als Rodungszweck die Wiederherstellung der ursprünglichen Größe einer Streuobstwiese angegeben. Die belangte Behörde habe im Zuge des Ermittlungsverfahrens ein Gutachten eines naturschutzfachlichen Amtssachverständigen eingeholt. Das dabei erstattete Gutachten sei in sich schlüssig und nachvollziehbar. Es beantworte sämtliche für die rechtliche Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts wesentlichen Fragen. Zu diesem Gutachten habe der Erstbeschwerdeführer zwar eine Stellungnahme abgegeben, er sei damit jedoch dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Zufolge dieses Gutachtens stehe die Pflege ökologisch wertvoller Flächen bei den Vertragsnaturschutzmaßnahmen, die derzeit im ÖPUL 2000 integriert seien, im Vordergrund. Da vor allem offene Landschaftskomplexe, insbesondere extensiv bewirtschaftete Standorte, wie Trocken- und Magerrasen, aber auch Feuchtwiesen durch Aufgabe der Bewirtschaftung und Zuwachsen oder durch Intensivierung der Bewirtschaftung bedrohte Lebensräume darstellten, würden zu deren Erhaltung mit den Bewirtschaftern Bewirtschaftungsverträge nach dem NÖ Naturschutzgesetz abgeschlossen. Die für die Parzelle 170/1 der KG T. abgeschlossenen und seitens der Naturschutzabteilung des Landes bestätigten Verträge würden das Feldstück 3 "Wiese" der genannten Parzelle im Außenmaß von 5,57 ha und nicht die Waldteilfläche betreffen. Weiters werde festgehalten, dass der Bewirtschafter sich zur zweimaligen Mahd des Halbtrockenrasens zwischen dem 1. Juni und dem 31. Oktober jeden Jahres oder alternativ zur einmaligen Mahd und herbstlichen Nachbeweidung mit maximal 15 Schafen auf die Dauer von fünf Jahren, nämlich von 2001 bis 2005, verpflichtet habe. Im Zuge des Lokalaugenscheins am habe der Amtssachverständige allerdings auf Grund der Schälschäden im Bereich des Eschen-Ahorn-Bestandes und durch die gänzliche Abweidung der unbestockten Fläche eine regelmäßige Beweidung feststellen können. Außerdem seien vegetationslose Bodenverwundungen durch Weidegang erkennbar gewesen, was ebenfalls auf eine verhältnismäßig intensive Beweidung schließen lasse. Derartige Feststellungen habe bereits der von der BH befasste Amtssachverständige im Zuge seines Lokalaugenscheins am gemacht. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätten sich mehr als die erlaubten 15 Schafe, nämlich mindestens 18 Schafe, auf der gegenständlichen Fläche aufgehalten. Es habe somit bereits zu diesem Zeitpunkt eine Beweidung stattgefunden, obwohl diese erst im Herbst zulässig sei. Die gegenständliche Wiese sei daher total zurückgebissen, wobei sich in diesem Bereich vorhandene Gräser und Kräuter nicht bis zur vollständigen Reife entwickeln könnten. Die beschriebene Vorgangsweise entspreche keinesfalls den Maßnahmen, zu denen sich der Bewirtschafter vertraglich verpflichtet habe. Aus dem Umstand des Naturschutzinteresses am Erhalt und an der extensiven Bewirtschaftung der Wiesenflächen könne zufolge der Ausführungen des Amtssachverständigen kein Naturschutzinteresse an der Rodung der Waldfläche abgeleitet werden. Im gegenständlichen Gebiet bestehe derzeit auch kein Naturschutzprojekt, das die Umwandlung von Laubmischwäldern in Streuobstwiesen vorsehe. Durch die beantragte Rodung komme es lediglich zu einer Vergrößerung der bestehenden und unter Vertragsnaturschutzauflagen zu bewirtschaftenden Nichtwaldfläche der Parzelle 170/1 um 4,5 %. Es könne zwar nach Ansicht der belangten Behörde nicht gänzlich in Abrede gestellt werden, dass die Erhaltung intakter Streuobstwiesen sowie ökologisch wertvoller Wiesen grundsätzlich im öffentlichen Interesse des Naturschutzes gelegen sei, doch lägen im Beschwerdefall keine ausreichenden Gründe dafür vor, dies gerade auf der verfahrensgegenständlichen Waldfläche zu verwirklichen. Wenn die Beschwerdeführer auf Förderungen, die für die Parzelle 170/1 der KG T. gewährt würden, verwiesen, so besage die Gewährung von Förderungen allerdings nichts über die Zulässigkeit des Vorhabens unter dem Blickwinkel des Forstgesetzes. Derartige Förderungen könnten allenfalls als Indiz für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angesehen werden. Die Forstbehörde habe aber zu prüfen, ob der angestrebte Zweck ohne Inanspruchnahme von Waldflächen verwirklicht werden könne oder ob dieser nur unter Inanspruchnahme der zur Rodung beantragten Fläche möglich sei. Die zur Rodung beantragte Fläche liege im Wienerwald. Der Wechsel von Ackerflächen, Extensivwiesen, Streuobstwiesen, Gehölzgruppen und Hecken mit ausgedehnten Waldflächen ergebe den typischen Landschaftscharakter des Wienerwalds, wobei der hohe Waldanteil in diesem Landschaftsraum als Charakteristikum anzusehen sei. Im gültigen Waldentwicklungsplan sei die verfahrensgegenständliche Waldfläche mit höchster Wertigkeit der Wohlfahrtsfunktion und mittlerer Wertigkeit der Erholungsfunktion ausgewiesen. Dies bedeute, dass der Wohlfahrtswirkung auf den betroffenen Waldflächen ein besonderer Wert zugewiesen worden sei und damit ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung bestehe. Die Waldeigenschaft der zur Rodung beantragten Fläche sei durch rechtskräftige Bescheide der Behörde dokumentiert. Mit dem Hinweis auf Bilder aus dem Jahre 1930, die eine Wiese zwischen den auch jetzt noch bestehenden Wäldern zeigten, könne die behördlicherseits festgestellte Waldeigenschaft nicht erschüttert werden, da sich Landschaften, insbesondere die Grenzen zwischen Wald und Wiesen, im Laufe der Jahre bzw. Jahrzehnte ändern könnten, wie der vorliegende Sachverhalt zeige.
Dem Vorbringen, dass im Winter 1999/2000 nicht 600 m2 Wald konsenslos geschlägert worden sei, sondern seit 1995 laufend Obstbäume freigeschnitten und Büsche und Anflugwald entfernt worden sei, werde entgegnet, dass dies nicht Gegenstand des Verfahrens sei, sondern darüber schon rechtskräftig entschieden worden sei. Da das öffentliche Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht überwiege, habe eine Rodungsbewilligung nicht erteilt werden dürfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:
§ 17 ForstG in der Fassung BGBl. I Nr. 59/2002 lautet
auszugsweise:
"Rodung
§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.
(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.
(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
(6) ..."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Rahmen einer im Grunde des § 17 Abs. 3 ForstG ergehenden Entscheidung Sache der Forstbehörde, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse, in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, ob und inwiefern an den dargelegten Rodungszwecken öffentliches Interesse besteht und gegebenenfalls, ob und aus welchen Gründen dieses öffentliche Interesse jenes an der Erhaltung der zur Rodung beantragen Fläche als Wald überwiegt. Die von der Forstbehörde vorzunehmende Interessenabwägung setzt somit voraus, dass zunächst festgestellt wird, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche besteht (vgl. dazu etwa das zur Frage eines im Siedlungswesen begründeten öffentlichen Interesses ergangene Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0223, mwH).
Von den Beschwerdeführern wurde ein im Naturschutz begründetes öffentliches Interesse geltend gemacht. Die Forstbehörde war daher verpflichtet, zur Beantwortung dieser Frage das Gutachten eines naturschutzfachlichen Sachverständigen einzuholen.
Die belangte Behörde geht gestützt auf Befund und Gutachten des Amtssachverständigen davon aus, dass zwar die Erhaltung und extensive Bewirtschaftung der bestehenden Wiesenfläche im öffentlichen Interesse am Naturschutz liege, daraus jedoch ein öffentliches Interesse an der Rodung der Waldfläche zwecks Umwandlung in eine Streuobstwiese nicht abgeleitet werden könne.
Die Beschwerde hält dem in erster Linie entgegen, die belangte Behörde habe sich nicht in ausreichendem Maße mit europarechtlichen Naturschutzvorgaben auseinandergesetzt. So habe sich die belangte Behörde in keiner Weise mit der Frage beschäftigt, ob nicht ein "faktisches Vogelschutzgebiet" bzw. ein "potentielles FFH-Gebiet" gegeben sei.
Die Beschwerde legt jedoch weder dar, auf Grund welcher Gegebenheiten die Annahme eines solchen Gebietes überhaupt gerechtfertigt werden könnte (vgl. zu dieser Frage unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH sowie des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes zB das Erkenntnis vom , Zlen. 2001/10/0156 u.a., insbesondere Rz 15.1.2. ff), noch inwiefern sich daraus eine Verpflichtung zur Herstellung einer Streuobstwiese auf einer Waldfläche ergeben könnte. Auch im gesamten Verwaltungsverfahren haben sich dafür keinerlei Hinweise ergeben.
Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Bedenken der Beschwerdeführer, § 17 Abs. 3 ForstG stelle "keine ordnungsgemäße Umsetzung des Europarechts" dar, können daher auf sich beruhen, weil der von der Beschwerde angenommene Grund dafür nicht vorliegt.
Dies gilt auch für die nicht näher begründete Behauptung, der in Rechtskraft erwachsene Wiederbewaldungsauftrag des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom hätte "unberücksichtigt" bleiben müssen, da er einer "gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung" entgegenstehe.
Soweit die Beschwerdeführer auf die Gewährung einer Förderung für die Pflege ökologisch wertvoller Flächen, nämlich der bestehenden Wiese verweisen, ist ihnen zu erwidern, dass daraus kein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines (im Naturschutz gelegenen) öffentlichen Interesses an der Umwandlung der in Rede stehenden Waldfläche in eine Wiese zu gewinnen ist.
Der Beschwerde ist auch nicht zu folgen, wenn sie die Auffassung vertritt, die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob ein besonderes öffentliches Interesse gemäß § 17 Abs. 2 ForstG an der Erhaltung der gegenständlichen Fläche als Wald überhaupt gegeben sei. In diesem Zusammenhang ist nämlich darauf zu verweisen, dass nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde der verfahrensgegenständlichen Waldfläche im gültigen Waldentwicklungsplan der höchste Wert hinsichtlich der Wohlfahrtsfunktion und eine mittlere Wertigkeit hinsichtlich der Erholungsfunktion zukommt. Daraus ergibt sich aber ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung im Sinne des § 17 Abs. 2 ForstG (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0071).
In der Beschwerde wird schließlich gerügt, die belangte Behörde habe sich mit dem Berufungsvorbringen, dass der von der BH befasste naturschutzfachliche Amtssachverständige befangen gewesen sei, nicht auseinandergesetzt.
Damit zeigt die Beschwerde - die im Übrigen die Gründe, aus denen die behauptete Befangenheit des Amtssachverständigen abzuleiten wären, nicht darlegt - schon deshalb keinen Mangel des zur Erlassung des angefochtenen Bescheides führenden Berufungsverfahrens auf, weil selbst die Heranziehung eine befangenen Amtssachverständigen regelmäßig dadurch saniert wird, dass die Berufungsbehörde - wie im Beschwerdefall - ein neuerliches Gutachten durch einen unbefangenen Sachverständigen erstellen lässt und es ihrem Bescheid zu Grunde legt (vgl. dazu etwa die bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 53 unter Rz 13 referierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren der belangten Behörde war gemäß § 2 letzter Halbsatz der genannten Verordnung abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
AAAAE-67868