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VwGH vom 22.04.2009, 2007/15/0072

VwGH vom 22.04.2009, 2007/15/0072

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag Zaunbauer, über die Beschwerde des H K in A, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , RV/0215-L/04, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 2001 neben anderen Einkünften sonstige Einkünfte iSd § 31 EStG 1988 in Höhe von 37,102.461 S aus der Veräußerung der Beteiligung an einer GmbH (Kaufpreisnachzahlung in Höhe von 39.000.000 S abzüglich Anwalts- und Prozesskosten). Diese sonstigen Einkünfte deklarierte der Beschwerdeführer in seiner Einkommensteuererklärung als "im Gesamtbetrag der Einkünfte enthaltene Sanierungs-, Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne zur Ermittlung der Verlustvortragsgrenze gemäß § 2 Abs 2 b" EStG 1988.

Mit dem (nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen) Einkommensteuerbescheid vom entsprach das Finanzamt nicht dem Begehren des Beschwerdeführers, für die sonstigen Einkünfte in Höhe von 37,102.461 S die Vortragsgrenze nach § 2 Abs 2 b Z 3 EStG 1988 außer Ansatz zu lassen.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, aus dem Gesetzeswortlaut des § 2 Abs 2b Z 3 EStG 1988 ergebe sich, dass die Vortragsgrenze nur bei Veräußerungsgewinnen iSd § 24 leg. cit. nicht angewendet werde. Bei den dem Beschwerdeführer zugeflossenen Einkünften aus der Veräußerung von Beteiligungen gemäß § 31 leg. cit. handle es sich um eine Kaufpreisrestzahlung. Der Beschwerdeführer habe 75 % der Anteile der in seinem fünfundneunzigprozentigen Eigentum befindlichen GmbH im Jahr 1992 veräußert. Im Veräußerungsvertrag seien Nachbesserungsvereinbarungen getroffen worden, welche unter verschiedenen Bedingungen durch den Käufer zu erfüllen seien. Im Jahr 1996 habe der Beschwerdeführer seine restlichen Anteile veräußert. Im Jahr 2001 habe er sich mit dem Käufer über eine Zahlung aus den Nachbesserungsvereinbarungen geeinigt. Die GmbH, deren Anteile veräußert worden seien, sei aus einem Einzelunternehmen entstanden, welches in die GmbH eingebracht worden sei. Sohin habe der Beschwerdeführer "einen Betrieb veräußert, der zufälligerweise in Form einer Kapitalgesellschaft und nicht in Form einer Mitunternehmerschaft geführt worden sei". Wäre der Betrieb weiterhin in Form eines Einzelunternehmens oder in der Form einer Personengesellschaft geführt worden, hätte die Vortragsgrenze nicht auf den Veräußerungsgewinn angewendet werden können.

Dass bei Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft die Vortragsgrenze angewendet werde, stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen Formen der Veräußerung dar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Strittig sei, ob im Fall der Veräußerung von Beteiligungen iSd § 31 EStG 1988 die Verlustvortragsgrenze auf Grund der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 2b Z 3 EStG 1988 außer Ansatz bleibe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs 2b Z 3 sei die Vortragsgrenze nur dann nicht anzuwenden, wenn taxativ aufgezählte Fälle (Sanierungsgewinne, Veräußerungs- und Aufgabegewinne sowie Liquidationsgewinne), also bestimmte Fälle betrieblicher Einkünfte iSd § 2 Abs 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 vorlägen.

Die Veräußerung von (im Privatvermögen gehaltenen) Beteiligungen im Sinn des § 31 EStG 1988 werde in § 2 Abs 2b Z 3 leg. cit. nicht angeführt. Einkünfte iSd § 31 leg. cit. seien gemäß § 2 Abs 3 Z 7 leg. cit. den Überschusseinkünften zuzuordnen, womit sich zwingend die Anwendung der für den außerbetrieblichen Bereich geltenden Grundsätze der Einkünfteermittlung ergebe.

Der Berufungsschrift sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zwar die Anwendung der Vortragsgrenze auf Einkünfte iSd § 31 EStG 1988 als mit dem Gesetzeswortlaut im Einklang stehend betrachte, jedoch verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung äußere.

Dem Argument des Beschwerdeführers, er habe einen Betrieb veräußert, welchen er zufälliger Weise in Form einer Kapitalgesellschaft und nicht in Form einer Mitunternehmerschaft geführt habe, werde entgegen gehalten, dass es dem Beschwerdeführer frei gestanden wäre, durch entsprechende Rechtsformgestaltung die gewünschten Rechtsfolgen herbeizuführen.

Auf Grund verschiedener Bestimmungen des EStG 1988 seien betriebliche Einkünfte einerseits und außerbetriebliche Einkünfte andererseits steuerlich unterschiedlich zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund sehe die belangte Behörde keine Veranlassung, die Bestimmung des § 2 Abs 2b Z 3 EStG 1988 anders zu interpretieren, als dies der klare Wortlaut des Gesetzes vorschreibe. Eine Anwendbarkeit dieser Ausnahmebestimmung auf Einkünfte aus dem Bereich der außerbetrieblichen Einkunftsarten sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 789/06, abgelehnt. Zugleich hat er die Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Im Ablehnungsbeschluss führt der Verfassungsgerichtshof aus, der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gehindert, die Abzugsfähigkeit vortragsfähiger Verluste jährlich mit einem bestimmten Prozentsatz der Einkünfte zu begrenzen, wenn die Abzugsfähigkeit des gesamten Verlustes in einem überschaubaren Zeitraum typischerweise gesichert ist. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, die Ausnahme von der Vortragsgrenze auf Einkünfte nach § 31 EStG 1988 zu erstrecken, weil zwischen den Verlusten und den Anteilen an Kapitalgesellschaften regelmäßig kein wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe. In Einbringungsfällen "wie im Beschwerdefall" gehe der Verlust gemäß § 21 Z 1 UmgrStG auf die Kapitalgesellschaft über.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer vor, auch die gegenständliche Beteiligungsveräußerung sei gemäß § 2 Abs 2b Z 3 EStG 1988 von der Vortragsgrenze ausgenommen. Zwar gehe es im gegenständlichen Fall um die Einkünfte nach § 29 Z 2 iVm § 31 EStG 1988 aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung. Diese GmbH sei aber aus dem Einzelunternehmen des Beschwerdeführers (im Wege der Einbringung) hervorgegangen. Die rechtliche Differenzierung zwischen Veräußerungen von Anteilen an Personengesellschaften und solchen an Kapitalgesellschaften sei sachlich nicht gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer habe die Verlustvorträge in den Folgejahren bis 2005 nicht verwerten können, da er nach 2001 keine positiven Einkünfte mehr erzielt habe. Bei verfassungskonformer Auslegung hätte die belangte Behörde § 2 Abs 2b Z 3 EStG 1988 auch auf den vorliegenden Fall anwenden müssen. Eine Änderung der Rechtsform wäre dem Beschwerdeführer nicht offen gestanden, habe er doch seine Beteiligung bereits in den Jahren 1992 und 1996 abgetreten. § 2 Abs 2b EStG 1988 sei aber erst mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I 142/2000, eingeführt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs 2b EStG 1988 idF BGBl I 142/2000 lautet:

"Sind bei Ermittlung des Einkommens Verluste zu berücksichtigen, die in vorangegangenen Jahren entstanden sind, gilt Folgendes:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
Vortragsfähige Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 können nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden (Vortragsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Vortragsgrenze abzuziehen. Dies gilt auch für Verluste im Sinne des § 117 Abs. 7 zweiter Satz insoweit, als diese Verluste wegen der Vortragsgrenze nicht abgezogen werden können.
3. Insoweit in den positiven Einkünften oder im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind
-
Sanierungsgewinne, das sind Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens in Folge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind, oder
-
Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne, das sind Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, weiters Liquidationsgewinne, sind die Verrechnungsgrenze und die Vortragsgrenze nicht anzuwenden."
Gemäß § 2 Abs 2b Z 3 EStG 1988 ist die Vortragsgrenze der Z 2 nicht anzuwenden, soweit im Gesamtbetrag der Einkünfte "Sanierungsgewinne" oder "Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne" enthalten sind.
Den Begriff "Gewinn" kennt das EStG 1988 nur in Zusammenhang mit den betrieblichen Einkünften (vgl § 2 Abs 4 Z 1 EStG 1988). Einkünfte aus der Veräußerung bestimmter Beteiligungen nach § 29 Z 2 iVm § 31 EStG 1988 stellen jedenfalls keine "Gewinne" dar. Solcherart ergibt sich aus dem Wortlaut des § 2 Abs 2b Z 3 EStG 1988 unzweifelhaft, dass Einkünfte nach § 31 EStG die Verlustvortragsgrenze unberührt lassen.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich weder aus dem Gesetzeszusammenhang noch aus dem Gebot verfassungskonformer Interpretation. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom , B 789/06, ausgesprochen hat, besteht zwischen den Verlusten eines Steuerpflichtigen, der die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen hält, und dieser Beteiligung sowie deren wirtschaftlichem Ergebnis regelmäßig kein wirtschaftlicher Zusammenhang. Für den Fall, dass die Beteiligung auf die Einbringung eines Betriebes in die Kapitalgesellschaft zurückgeht, ergibt sich aus § 21 Z 1 UmgrStG der Verlustübergang vom bisherigen Betriebsinhaber auf die Kapitalgesellschaft.
Gerade weil Verluste, die im Rahmen von Mitunternehmerschaften anfallen, im Gegensatz zu jenen von Kapitalgesellschaften unmittelbar dem Mitunternehmer zuzurechnen sind, erscheint die Differenzierung zwischen der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften und solchen an Kapitalgesellschaften gerechtfertigt.
Die Regelung des § 2 Abs 2b EStG 1988 macht die Begrenzung der Abzugsfähigkeit vortragsfähiger Verluste mit einem bestimmten Prozentsatz der Einkünfte für ein bestimmtes Jahr nicht davon abhängig, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in den nachfolgenden Veranlagungsjahren positiv ist. Der Beschwerdeführer vermag daher mit seinem Vorbringen, er habe die Verlustvorträge in den Jahren 2002 bis 2005 nicht verwerten können, weil er in diesen Jahren positive Einkünfte nicht erzielt habe, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 455/2008.
Wien, am