VwGH vom 09.09.2009, 2004/10/0139
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2004/10/0140 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der S mbH in Graz, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 27/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A-32- 876/2003-1, betreffend Rückersatz von Spitalskosten, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom hat die Steiermärkische Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin (Rechtsträgerin der Steiermärkischen Krankenanstalten) auf Rückersatz der durch die stationären Aufenthalte des mj. Markus S. vom 1. bis sowie vom
12. bis im Landeskrankenhaus - Universitätsklinikum Graz erwachsenen Kosten unter Berufung auf das Steiermärkische Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 29/1998 i.d.g.F. (Stmk. SHG), abgewiesen.
Nach der Begründung habe sich der am geborene Minderjährige, ein rumänischer Staatsangehöriger, in der Zeit vom
1. bis mit der Diagnose "Schreiattacken" sowie in der Zeit vom 12. bis mit der Diagnose "Gastroösophagaler Reflux" in stationärer Pflege befunden. Auf Grund der Diagnose und des gesundheitlichen Zustandes des Säuglings sei dieser anstaltsbedürftig und unabweisbar gewesen. Die Eltern des Säuglings hätten sich zu dieser Zeit ca. 6 Monate in Graz aufgehalten, da der Kindesvater nach eigenen Angaben eine Arbeitsbewilligung in Österreich habe erlangen wollen. Bei der Datenaufnahme sei die Bestätigung über eine abgeschlossene Reiseversicherung einer näher genannten rumänischen Versicherung vorgelegt worden. Diese habe in der Folge am mitgeteilt, dass grundsätzlich ein Leistungsanspruch für Markus S. bestehe, allerdings auf Grund der allgemeinen Versicherungsbedingungen Leistungsfreiheit bestehe. Trotz weiterer Mahnungen und Zahlungsurgenzen sei keine Reaktion bzw. Stellungsnahme der Versicherung erfolgt. Die aufgelaufenen Kosten seien auch dem Kindesvater erfolglos in Rechnung gestellt worden.
Die Beschwerdeführerin habe am zwei Anträge auf Spitalskostenrückersatz an den Magistrat Graz, Sozialamt, mit der Begründung gestellt, dass auf Grund der durchgeführten Erhebungen das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit schlüssig anzunehmen sei.
Die Behörde erster Instanz habe die Abweisung des Antrages im Wesentlichen damit begründet, dass zum Zeitpunkt der Behandlung eine Krankenversicherung bestanden habe. Auch wenn das Versicherungsunternehmen mittlerweile insolvent sei, so könne die offene Forderung in einem Insolvenzverfahren angemeldet werden.
In der dagegen erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin unter anderem vorgebracht, aus der Krankengeschichte des Markus S. gehe hervor, dass dieser bereits in seiner Heimat die vorliegende Erkrankung gehabt habe und dabei auch in einem Spital behandelt worden sei. Nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen der Reiseversicherung bestünde somit Leistungsfreiheit. Aus diesen Gründen sei es auch gar nicht möglich, einen eventuellen Schaden bei der Versicherung in einem Insolvenzverfahren anzumelden.
Nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsgrundlagen vertrat die belangte Behörde im Wesentlichen die Auffassung, dem Arztbrief des Landeskrankenhauses sei zu entnehmen, dass der Säugling in Rumänien mit Verdacht auf Rachitis sowie Zwerchfellhernie mit Reflux sowie einem gastralen Volvulus in Rumänien bereits stationär behandelt worden sei. Auf Grund der Diagnose wäre es den unterhaltsberechtigten Eltern sicher zumutbar gewesen, rechtzeitig einen Antrag an die Sozialhilfebehörde zu stellen. Die Frage, ob der Dritte die Kosten der Hilfe nicht selbst zu tragen gehabt hätte, werde verneint.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 31 Abs. 1 Stmk. SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfebedürftigen Hilfe geleistet hat,
Rückersatz zu leisten, wenn:
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a) | eine Gefährdung des Lebensbedarfs (§ 7) gegeben war; | |||||||||
b) | die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte; | |||||||||
c) der Dritte nicht selbst die Kosten zu tragen hätte. | ||||||||||
Die belangte Behörde hat den Kostenersatz im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, auf Grund der bereits in Rumänien bestehenden Diagnose wäre es den Eltern des Säuglings "sicher zumutbar gewesen, rechtzeitig einen Antrag an die Sozialhilfebehörde zu stellen." | ||||||||||
Die belangte Behörde hat sich somit ausschließlich mit der Frage auseinander gesetzt, ob es den Eltern des Patienten möglich gewesen wäre, rechtzeitig einen Sozialhilfeantrag zu stellen. Damit hat sie aber verkannt, dass § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG eine Obliegenheit des Dritten, der die Hilfeleistung erbringt, zur Verständigung des Sozialhilfeträgers, vorliegend also der Beschwerdeführerin, begründet, und die Unterlassung der Antragstellung durch den Hilfsbedürftigen dem Rückersatzanspruch des Dritten nicht entgegen gehalten werden kann. Die Voraussetzung für den Rückersatz nach der genannten Bestimmung des Sozialhilfegesetzes wäre daher dann erfüllt, wenn die Hilfeleistung so dringend erforderlich gewesen wäre, dass der Sozialhilfeträger von der Beschwerdeführerin vorher nicht mehr hätte verständigt werden können, wie dies von der Beschwerdeführerin vorgebracht worden ist. Infolge der dargestellten Verkennung der Rechtslage hat sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen allerdings nicht auseinander gesetzt (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2008/10/0007, mwH). | ||||||||||
Insoweit die belangte Behörde die Frage, ob der Dritte die Kosten der Hilfe nicht selbst zu tragen gehabt hätte, verneint hat, ist sie darauf zu verweisen, dass die Voraussetzung des § 31 Abs. 1 lit. c Stmk. SHG nur dann nicht erfüllt ist, wenn der Dritte die Kosten der Hilfe auf Grund gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtung und somit aus anderen Gründen als der Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 lit. a oder lit. b leg. cit. selbst zu tragen hat (vgl. auch dazu das bereits genannte Erkenntnis vom ). | ||||||||||
Der angefochtene Bescheid war daher auf Grund der dargestellten Verkennung der Rechtslage wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. | ||||||||||
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. | ||||||||||
Wien, am |
Fundstelle(n):
FAAAE-67794