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VwGH vom 19.09.2012, 2012/01/0110

VwGH vom 19.09.2012, 2012/01/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des N H in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20052-STA/22503/12-2012, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Kosovo, beantragte am die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 11a Abs. 1 und § 10 Abs. 1 Z. 2 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 38/2011; im Folgenden:

StbG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei einer eingeholten Strafregisterauskunft zufolge mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom gemäß § 228 Abs. 2 und § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je EUR 12,-- verurteilt worden. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom sei der Beschwerdeführer gemäß § 91 Abs. 1 und Abs. 2a iVm § 86 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je EUR 28,-- verurteilt worden. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom sei der Beschwerdeführer abermals gemäß § 91 Abs. 1 und Abs. 2a iVm § 86 Abs. 1 UrhG zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je EUR 15,-- verurteilt worden.

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom sei der Beschwerdeführer erneut wegen des Vergehens des unbefugten Eingriffes in das ausschließliche Werknutzungsrecht nach § 91 Abs. 1 und Abs. 2a iVm § 86 Abs. 1 UrhG unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB nach § 91 Abs. 2a UrhG zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je EUR 2,-- verurteilt worden. Über Berufung des Privatanklägers sei dieses Urteil mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom in seinem Strafausspruch dahin abgeändert worden, dass unter Ausschaltung des § 37 Abs. 1 StGB über den Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten verhängt worden sei. Diese Freiheitsstrafe sei über Antrag des Beschwerdeführers auf nachträgliche Strafmilderung mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom nachträglich auf einen Monat herabgesetzt worden. Über Beschwerde des Beschwerdeführers sei die nachträglich gemilderte Freiheitsstrafe von einem Monat mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden.

Bei der zuletzt genannten Verurteilung handle es sich um eine solche wegen einer Vorsatztat. Diese Verurteilung sei auch noch nicht getilgt, sie scheine auch in der Strafregisterauskunft an die belangte Behörde auf. Diese Verurteilung stelle demnach ein Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG dar. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG darf einem Fremden die Staatsbürgerschaft nur verliehen werden, wenn er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1a StbG liegt eine gemäß Abs. 1 Z. 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie in Strafregisterauskünfte an die Behörde nicht aufgenommen werden darf. Eine gemäß Abs. 1 Z. 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung liegt vor, wenn sie wegen einer Jugendstraftat erfolgt.

Nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG steht jede wegen einer Vorsatztat erfolgte rechtskräftige gerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe der Verleihung der Staatsbürgerschaft entgegen. Auf das Ausmaß der Freiheitsstrafe kommt es dabei - im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 - nicht an (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/01/0222, und vom , Zl. 2008/01/0449, jeweils mwH).

2. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer durch ein inländisches Gericht wegen einer Vorsatztat rechtskräftig zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat verurteilt wurde. Sie bringt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, die belangte Behörde habe die Tilgungsfrist falsch berechnet, sie habe dabei unberücksichtigt gelassen, dass der Beschwerdeführer zuvor lediglich zu Geldstrafen verurteilt worden sei und diese Verurteilungen gemäß § 4 Abs. 3 Tilgungsgesetz 1972 zu keiner Verlängerung der Tilgungsfrist führen. Somit trete "nach Ablauf der Probezeit die Tilgung ein, wobei hier die belangte Behörde vom " ausgehen hätte müssen.

Mit diesem Vorbringen behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - dieser wurde den Beschwerdeausführungen zufolge am zugestellt - die hier maßgebliche Verurteilung vom bereits getilgt gewesen wäre. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Tilgungsfrist hinsichtlich einer (einmaligen) Verurteilung zu einer (wenn auch bedingt nachgesehenen) einmonatigen Freiheitsstrafe gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 des Tilgungsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 68 idF BGBl. I Nr. 122/2009 (TilgG), fünf Jahre beträgt. Ungeachtet einer sich im Beschwerdefall allenfalls aus § 4 TilgG ergebenden Verlängerung der Tilgungsfrist und ungeachtet der Frage der Berücksichtigung des Umstandes der bedingten Strafnachsicht - gemäß § 2 Abs. 1 TilgG beginnt die Tilgungsfrist, sobald alle Freiheits- oder Geldstrafen und die mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen -, ist vor dem Hintergrund der am erfolgten (nicht sofort in Rechtskraft erwachsenen) Verurteilung des Beschwerdeführers eine Tilgung dieser Verurteilung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ausgeschlossen.

Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang weiters ausführt, es sei davon auszugehen, dass "unter Beachtung des lange dauernden Verfahrens durch Berufungserhebung" seitens des Privatanklägers, wobei "sich das Urteil nachträglich als überhöht" herausgestellt habe, bereits Tilgung eingetreten sei, so entbehrt diese - nicht näher begründete - Annahme einer gesetzlichen Grundlage.

3. Die Beschwerde bringt weiters vor, die Einholung einer beschränkten Auskunft hinsichtlich der bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat belaste den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Wenn dem Beschwerdeführer in § 6 Abs. 5 TilgG das Recht eingeräumt werde, nur in den Verfahren des § 6 Abs. 1 Z. 1 bis 3 TilgG die Verurteilungen anzugeben, stelle es geradezu eine Umgehung dar, wenn sich die Behörde sodann eine beschränkte Auskunft besorge. Bei Nichteinholung der beschränkten Auskunft wäre dem Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft "in Angleichung an § 10 Abs. 1a StbG" verliehen worden.

Auch mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 7 TilgG darf schon vor der Tilgung über Verurteilungen aus dem Strafregister bei Vorliegen der in den Abs. 2 und 3 genannten Voraussetzungen lediglich Auskunft erteilt werden unter anderem den Staatsbürgerschaftsbehörden zur Durchführung von Verfahren nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985. Gemäß § 6 Abs. 2 Z. 1 TilgG tritt die Beschränkung nach Abs. 1 sofort mit Rechtskraft des Urteils ein, wenn keine strengere Strafe als eine höchstens dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt worden ist.

Da demnach die Verurteilung des Beschwerdeführers vom in Strafregisterauskünfte an die Staatsbürgerschaftsbehörde aufgenommen werden durfte, handelt es sich gemäß § 10 Abs. 1a StbG um eine maßgebliche Verurteilung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG. Dass § 6 Abs. 5 TilgG dem Verurteilten außerhalb der in § 6 Abs. 1 Z. 1 bis 3 TilgG genannten Verfahren keine Verpflichtung auferlegt, die Verurteilungen anzugeben, ändert nichts daran, dass die Staatsbürgerschaftsbehörde zum Zweck der Durchführung von Verfahren nach dem StbG Auskünfte aus dem Strafregister einholen kann und dieser nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Z. 7 TilgG Auskunft zu erteilen ist.

4. Soweit die Beschwerde weiters vorbringt, zur Vermeidung von Härten hätte die belangte Behörde ihr Ermessen (anders) ausüben müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Staatsbürgerschaftsbehörde zunächst zu prüfen hatte, ob die Verleihungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StbG vorliegen. Diese (und die in Abs. 2 leg. cit.) normierten Voraussetzungen müssen bei jeder Verleihung der Staatsbürgerschaft gegeben sein. Die Beurteilung, ob das Einbürgerungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG vorliegt, ist einer Ermessensübung nach § 11 StbG vorgelagert und liegt nicht im (freien) Ermessen der Behörde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2012/01/0001, und vom , Zl. 2009/01/0057, mwH).

5. Was schließlich das - näher ausgeführte - Beschwerdevorbringen anbelangt, aus dem Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz (vom ) gehe hervor, dass aus dem Fehlverhalten des Beschwerdeführers keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abzuleiten sei, ist darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Bescheid sich alleine auf den Versagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG stützt, bei dem eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit keine Tatbestandsvoraussetzung darstellt. Auf den Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht gestützt.

6. Der Verwaltungsgerichtshof hegt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bzw. zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Regelungen, die auch Härtefälle mit sich bringen (vgl. dazu etwa den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1169/06, und die dort genannte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes), keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angewendete Gesetzesbestimmung, sodass der Anregung des Beschwerdeführers auf Einleitung eines Normprüfungsverfahrens nicht gefolgt wird.

7. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am