VwGH vom 25.02.2014, 2012/01/0105
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Maga. Schweda, über die Beschwerde der B I D in T, vertreten durch Dr. Margot Tonitz, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Radetzkystraße 2/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 1W-PERS- 13352/1-2011, betreffend Namensänderung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin wurde 1943 in V geboren. Sie führte seit Geburt den Familiennamen J.
Am hat die Beschwerdeführerin vor dem Standesamt V mit J K H die Ehe geschlossen. Seit dieser Eheschließung führte die Beschwerdeführerin den Familiennamen H.
Mit Beschluss vom hat das Bezirksgericht K auf Grund des Adoptionsvertrages vom die Annahme an Kindesstatt der Beschwerdeführerin als Wahlkind durch Dipl.-Ing. A D als Wahlvater bewilligt. Diese Adoption wurde mit wirksam.
Die Beschwerdeführerin hat nach rechtskräftiger Beendigung des Adoptionsverfahrens gegenüber dem Standesamt V ihre Zustimmung erklärt, den Familiennamen des Wahlvaters (D) anzunehmen. Mit Wirksamkeit vom wurde der Familienname der Beschwerdeführerin (geborene J, verehelichte H) vom Standesamt V auf D geändert.
Mit Eingaben vom 20. Juli und vom beantragte die Beschwerdeführerin die Namensänderung von D auf D-H.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin nicht bewilligt.
Begründend führte die belangte Behörde - nach Darlegung der maßgeblichen Rechtslage - im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei mit Wirkung vom an Kindestatt angenommen worden. Eine Rückwirkung der namensrechtlichen Wirkungen (der Adoption) trete nicht ein. Die Beschwerdeführerin führe den Familiennamen D erst mit Wirksamkeit vom . Der Erwerb dieses Familiennamens sei nicht auf Grund einer Eheschließung erfolgt. Daher finde die Bestimmung des § 93 ABGB (und zwar weder deren Abs. 1 noch Abs. 2) keine Anwendung. Die Namensänderung in einen aus mehreren Namen zusammengesetzten Familiennamen sei nur gemäß § 3 Abs. 2 Z. 1 NÄG zulässig.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1497/11-6, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.
Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom . Darin wird die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 195/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 (NÄG), lauten auszugsweise:
"Antrag auf Namensänderung
§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft
1. einen österreichischen Staatsbürger;
...
Voraussetzungen der Bewilligung
§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn
...
7. der Antragsteller einen Familiennamen erhalten will, den er durch eine befristete namensrechtliche Rechtshandlung erlangt hätte, jedoch die rechtzeitige Rechtshandlung ohne sein Verschulden oder bloß mit einem minderen Grad hievon unterlassen hat, oder der Antragsteller einen Doppelnamen nach § 93 Abs. 2 ABGB wünscht oder bereits zu führen hat und den gemeinsamen Familiennamen ohne Voran- oder Nachstellung seines früheren Familiennamens führen will;
...
Versagung der Bewilligung
§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn ...
4. der beantragte Familienname aus mehreren Namen zusammengesetzt ist;
...
(2) Die Namensänderung ist jedoch zulässig, wenn
1. im Fall des Abs. 1 Z 4 ...
b) der Antragsteller in sinngemäßer Anwendung des § 93 Abs. 2 ABGB nach der Eheschließung einen Doppelnamen erhalten soll und angeführt wird, welcher Bestandteil des Doppelnamens gemeinsamer Familienname (§ 93 Abs. 1 ABGB) ist, oder ..."
§ 93 ABGB (JGS Nr. 946/1811 idF BGBl. Nr. 25/1995) lautet:
"§ 93. (1) Die Ehegatten führen den gleichen Familiennamen. Dieser ist der Familienname eines der Ehegatten, den die Verlobten vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde als gemeinsamen Familiennamen bestimmt haben. Mangels einer solchen Bestimmung wird der Familienname des Mannes gemeinsamer Familienname.
(2) Derjenige Verlobte, der nach Abs. 1 als Ehegatte den Familiennamen des anderen als gemeinsamen Familiennamen zu führen hat, kann dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, bei der Führung des gemeinsamen Familiennamens diesem seinen bisherigen Familiennamen unter Setzung eines Bindestrichs zwischen den beiden Namen voran- oder nachzustellen. Dieser Ehegatte ist zur Führung des Doppelnamens verpflichtet. Eine andere Person kann ihren Namen nur vom gemeinsamen Familiennamen ableiten.
(3) Derjenige Verlobte, der nach Abs. 1 mangels einer Bestimmung den Familiennamen des anderen Ehegatten als gemeinsamen Familiennamen zu führen hätte, kann dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, seinen bisherigen Familiennamen weiterzuführen; auf Grund einer solchen Erklärung führt jeder Ehegatte seinen bisherigen Familiennamen weiter. In diesem Fall haben die Verlobten den Familiennamen der aus der Ehe stammenden Kinder zu bestimmen (§ 139 Abs. 2)."
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, sie habe über Jahrzehnte den Familiennamen ihres Ehegatten (H) geführt. Auf Grund der Adoption habe sie den Familiennamen des Wahlvaters (D) angenommen. Sie wünsche die Führung eines Doppelnamens (D-H) im Sinne des § 93 Abs. 2 ABGB. Die begehrte Namensänderung sei auch nach erfolgter Eheschließung zulässig. Aus der Regelung des § 3 Abs. 2 Z. 1 lit. b NÄG ergebe sich nichts Gegenteiliges. In seinem Erkenntnis vom , G 131/11ua., habe der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, einer verheirateten Person stehe gemäß § 2 Abs. 1 Z. 7 NÄG das Recht zu, auch nach der Eheschließung ihren Familiennamen zu ändern, weil sie den Namen ihres Ehepartners oder einen Doppelnamen annehmen wolle. Die beantragte Namensänderung wäre daher zu bewilligen gewesen.
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt:
Der Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin liegt die Auffassung der belangten Behörde zu Grunde, auf die beantragte Namensänderung finde § 93 Abs. 1 und 2 ABGB keine Anwendung, daher stehe ihr der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z. 4 NÄG entgegen, zumal die Regelung des § 3 Abs. 2 Z. 1 NÄG diese Namensänderung nicht zulasse.
Die Beschwerdeführerin hat auf Grund der Eheschließung (im Jahr 1967) den Familiennamen des Mannes als gemeinsamen Familiennamen im Sinne des § 93 Abs. 1 ABGB geführt.
Zwischen Wahlvater (Dipl.-Ing. A D) und Beschwerdeführerin (Wahltochter) sind seit Wirksamwerden der Annahme an Kindesstatt gemäß § 182 Abs. 1 ABGB die gleichen Rechte, wie sie durch eheliche Abstammung begründet werden, entstanden. Das Standesamt V hat am für die Beschwerdeführerin die (geänderte) Geburtsurkunde ausgestellt, in der Dipl.-Ing. Dr. A D als Vater der Beschwerdeführerin angeführt ist. Infolge der gemäß § 183 iVm § 162b ABGB erklärten Zustimmung führt die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom statt des bisherigen Familiennamens H den Namen des Wahlvaters (D).
Aufgrund der namensrechtlichen Wirkungen der Adoption führen die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte nicht den (vom bis zufolge § 93 Abs. 1 ABGB) gleichen Familiennamen.
Mit der begehrten Namensänderung (D-H) verfolgt die Beschwerdeführerin das Ziel, einen Doppelnamen zu führen wie er der Regelung des § 93 Abs. 2 ABGB entspricht, wobei es der begehrten Namensänderung nach dem NÄG nur deshalb bedarf, weil die Beschwerdeführerin die namensrechtliche Erklärung im Sinne des § 93 Abs. 2 ABGB nur vor oder bei Eheschließung abgeben konnte, sie diese namensrechtliche Rechtshandlung nach der Eheschließung (als verheiratete Frau) nicht (wirksam) vornehmen kann.
Will eine verheiratete Person nach der Eheschließung ihren Familiennamen ändern, weil sie einen Doppelnamen annehmen möchte, hat sie gemäß § 2 Abs. 1 Z. 7 NÄG die Möglichkeit zur Namensänderung (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 131/11, = VfSlg Nr. 19.623).
Vor diesem Hintergrund liegt der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z. 4 NÄG im Beschwerdefall nicht vor, weil die von der Beschwerdeführerin begehrte Namensänderung im Rahmen des § 3 Abs. 2 Z. 1 lit. b NÄG zulässig ist.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG (idF BGBl. I Nr. 51/2012) aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren für Umsatzsteuer war im Hinblick auf den in der angegebenen Verordnung vorgesehenen Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand abzuweisen.
Wien, am