VwGH vom 21.05.2008, 2004/10/0132
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der D S in Innsbruck, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 24/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Va- 456-11448, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Sozialhilfeangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am beim Sozialamt der Stadtgemeinde Innsbruck die Gewährung von Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe des Richtsatzes für Haushaltsvorstände. Aus dem dabei vorgelegten Formular ergab sich unter anderem, dass die Beschwerdeführerin Notstandshilfe in Höhe von täglich EUR 14,34 bezieht. Bezüglich eines der Beschwerdeführerin gehörenden Kraftfahrzeuges und eines von ihr abgeschlossenen Bausparvertrages wurde der Beschwerdeführerin die Vorlage fehlender Unterlagen aufgetragen.
Am übergab die Beschwerdeführerin der Behörde Unterlagen betreffend Notstandshilfe und Kraftfahrzeug und legte gleichzeitig ein mit datiertes Antragsformular auf Gewährung von Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe des Richtsatzes für Haushaltsvorstände bei. Dem Antragsformular war dabei - im Unterschied zum Antragsformular vom - zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin seit keine Notstandshilfe mehr erhält und aus Gelegenheitsarbeiten ein durchschnittliches Monatseinkommen in Höhe von EUR 142,58 bezieht.
Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin bei der Tiroler Landesregierung einen Devolutionsantrag, da das Sozialamt auf Grund ihres Antrages vom 11. Februar " bis heute keinen Bescheid erlassen" habe.
Mit Bescheid vom gab die Tiroler Landesregierung dem Devolutionsantrag vom zunächst (mit Spruchpunkt 1.) Folge, wies jedoch den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe vom ab (Spruchpunkt 2.).
Nach der Begründung habe sich aus den übermittelten Aktenunterlagen ergeben, dass die Beschwerdeführerin bis Notstandshilfe in Höhe von täglich EUR 14,34 bezogen habe. Diese Leistung sei mit eingestellt worden. Ein Verfahren wegen der Einstellung der Notstandshilfe sei anhängig. Weiters stehe fest, dass ein von der Beschwerdeführerin am abgeschlossener Bausparvertrag am abgelaufen sei. Obwohl die Beschwerdeführerin bereits zu diesem Zeitpunkt lediglich im Bezug von Notstandshilfe gestanden sei, habe sie die Laufzeit des Bausparvertrages (Guthaben in Höhe von EUR 5.826,72) bis zum verlängert. Auch wenn die Beschwerdeführerin über einen geraumen Zeitraum hindurch wesentliche Unterlagen trotz Aufforderung der Behörde nicht beigebracht habe, sei das Vorliegen des Bausparvertrages bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung am bei der Erstbehörde aktenkundig gewesen. Die Angelegenheit hätte daher schon damals entschieden werden können. Die Erstbehörde treffe somit zweifelsfrei ein überwiegendes Verschulden am Verstreichen der sechsmonatigen Entscheidungsfrist. Dem Devolutionsantrag vom sei daher stattzugeben gewesen.
In der Sache selbst verwies die Tiroler Landesregierung zunächst auf § 4 des Tiroler Sozialhilfegesetzes, wonach das Ausmaß der Sozialhilfe im Einzelfall unter Berücksichtigung der eigenen Kräfte und Mittel zu bestimmen sei. Vor Gewährung der Sozialhilfe habe der Hilfesuchende seine eigenen Mittel, zu denen das gesamte Einkommen und Vermögen gehöre, einzusetzen. Im konkreten Fall sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin eine wirtschaftliche Verwertung der Ersparnisse zuzumuten sei. Eine sofortige Kündigung sei laut Auskunft der Allgemeinen Bausparkasse lediglich mit einem Verlust des Treuebonus in Höhe von EUR 101,78 verbunden. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass das Guthaben zur Schuldentilgung verwendet werden würde, sei zu bemerken, dass es die Beschwerdeführerin unterlassen habe, der Behörde konkrete Unterlagen zu den allfällig vorliegenden Schulden vorzulegen und die Höhe der Schulden bzw. deren Fälligkeit zu beziffern, sodass dieses Vorbringen nicht nachvollziehbar sei. Im Hinblick auf die vorliegenden Ersparnisse stehe daher fest, dass keine Notlage der Beschwerdeführerin gegeben sei. Ihr Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe sei daher abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin bei der Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) neuerlich einen Devolutionsantrag, "da das Amt für Soziales (ihren) Sozialhilfeantrag vom nicht bearbeitet hat."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom gemäß § 73 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgeschehens sowie des § 73 AVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertrat die belangte Behörde begründend die Auffassung, dass die Beschwerdeführerin während des laufenden Verfahrens bezüglich ihres Antrages vom neuerlich einen mit datierten Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe - zusammen mit einigen ausständigen Unterlagen - eingebracht habe. Da mit beiden Anträgen jeweils um Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe des Richtsatzes für Haushaltsvorstände ersucht worden sei und sich die Sachlage zwischen den beiden Anträgen nicht geändert habe - die Beschwerdeführerin habe damals nach wie vor dieselben Einkünfte und Ausgaben sowie Vermögenswerte gehabt - handle es sich beim Antrag vom um die neuerliche Einbringung desselben Antrages. Die Anträge vom und vom seien rechtlich als einheitlicher Antrag zu sehen, wobei es unerheblich sei, dass auf den zwei Antragsformularen verschiedene Daten aufschienen. Durch den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom sei aber bereits über den Antrag vom entschieden worden. Über den in der gleichen Sache und inhaltlich auch gleichlautend gestellten Antrag vom könne daher nicht noch einmal separat entschieden werden (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2003/10/0196, 0197).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht nach § 73 Abs. 2 AVG auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass der am eingebrachte und am wiederholte Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe mit Spruchpunkt 2. des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom erledigt wurde. Der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom , mit dem sie behaupte, ihr Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe vom sei von der Behörde erster Instanz nicht bearbeitet worden, sei daher mangels eines offenen Erledigungsanspruches zurückzuweisen.
Dem hält die Beschwerde im Wesentlichen entgegen, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegenüber der Erlassung des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom maßgeblich geändert hätten.
Dieses Vorbringen ist allerdings nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Über einen Antrag einer Partei kann seiner Natur nach nur einmal entschieden werden, gleichgültig ob dieser einmal oder mehrmals an die Behörde herangetragen wird (vgl. das Erkenntnis vom , Zlen. 2003/10/0196, 0197, mwH).
Die Beschwerdeführerin hat am beim Sozialamt der Stadtgemeinde Innsbruck die Gewährung von Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe des Richtsatzes für Haushaltsvorstände beantragt. Auf Grund dieses Antrages wurde von der Behörde ein Ermittlungsverfahren zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes eingeleitet, wobei der Beschwerdeführerin die Vorlage fehlender Unterlagen aufgetragen worden ist. Diese Unterlagen wurden von der Beschwerdeführerin am der Behörde persönlich überreicht, wobei auch ein weiteres Formular auf Gewährung von Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit Datum vom vorgelegt worden ist. Die während eines anhängigen Verfahrens im Zusammenhang mit der Vorlage ausständiger Unterlagen erfolgte (neuerliche) Abgabe eines Formulars zur Gewährung von Sozialhilfe wurde von der belangten Behörde zu Recht nicht als Stellung eines weiteren, gesonderten Antrages (unter eventueller Zurückziehung des ursprünglichen Antrages) verstanden, sondern lediglich als Wiederholung des bereits ursprünglich gestellten Antrages. Für dieses Verständnis spricht, dass die Tiroler Landesregierung in der Begründung ihres Bescheides vom u. a. auf die Angabe der Beschwerdeführerin im Antragsformular vom , ab keine Notstandshilfe mehr zu beziehen, Bezug genommen und dies bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat.
Da über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Sozialhilfe bereits mit dem Bescheid der Tiroler Landesregierung vom (unter Spruchpunkt 2.) abgesprochen worden ist und eine Säumnis der Erstbehörde nicht vorlag, wurde der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 303.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-67779