VwGH vom 20.03.2013, 2012/01/0102
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des Dr. E C in K, Griechenland, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 1/8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA7C 2-2.33/305-11/1, betreffend Namensänderung (mitbeteiligte Partei: mj. J B, vertreten durch Held Berdnik Astner Partner Rechtsanwälte in 8010 Graz, Schlögelgasse 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der minderjährige, 2006 geborene Mitbeteiligte ist österreichischer Staatsbürger und das eheliche Kind des Beschwerdeführers und der A B. Das Kind führte den Familiennamen des Vaters "C", dessen Mutter den Familiennamen "B-C". Nach der Scheidung der Ehe im Jahr 2009 verblieb das Kind bei der Mutter, der auch alleine die Obsorge zukommt. Am beantragte der Mitbeteiligte, vertreten durch seine Mutter, die Änderung seines Familiennamens in "B". Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass der Mitbeteiligte, der bald eingeschult werde, den Familiennamen der Mutter führen solle; sein bisheriger Name sei extrem schwer zu schreiben und auszusprechen. Die Mutter des Mitbeteiligten nahm in weiterer Folge am wieder ihren früheren Familiennamen "B" an. Die für den Mitbeteiligten beantragte Namensänderung wurde sodann auch dahingehend begründet, dass der Mitbeteiligte im Familienverband der Mutter aufwachse und dieser die alleinige Obsorge zukomme, sodass die Herstellung der Namensgleichheit von Mutter und Sohn als sehr wichtig erachtet werde.
Der Beschwerdeführer wurde vom Magistrat Graz von der beabsichtigen Namensänderung in Kenntnis gesetzt. Er sprach sich gegen die beabsichtigte Namensänderung aus.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates Graz vom wurde antragsgemäß die Änderung des Familiennamens des Mitbeteiligten in "B" bewilligt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte zusammengefasst aus, die Kindesmutter versuche offensichtlich durch die beabsichtigte Namensänderung eine Entfremdung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn herbeizuführen und den Beschwerdeführer aus dem Gesichtskreis des Kindes vollständig zu eliminieren. Bei Änderung des Familiennamens sei auf jeden Fall ein Bruch in der Entwicklung des Minderjährigen im Hinblick auf seine Selbstfindung zu befürchten. Der Umstand, dass die Mutter nach der Scheidung ihren Mädchennamen wieder angenommen habe, sei jedenfalls kein ausreichender Grund, um die Änderung des Namens des Kindes zu rechtfertigen. Die von der Mutter behaupteten Schwierigkeiten gingen an der Realität des Lebens vorbei, von einer sozialen Stigmatisierung im Fall der Verschiedenheit der Familiennamen von Mutter und Kind könne keine Rede mehr sein. Das Wohl des Kindes erfordere es, dass der Kontakt mit seinem Vater gepflogen werde und das Kind sich der biologischen Bindungen bewusst sei. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer sich in Griechenland aufhalte, würde "auch das letzte äußerliche Band" zwischen Vater und Kind durch eine Namensänderung zerschnitten. Dies würde nicht dem Wohl des Kindes und den berechtigten Interessen des Beschwerdeführers entsprechen. Aufgrund der guten Beziehung des Mitbeteiligten zum Beschwerdeführer, die trotz der räumlichen Trennung bestehe, entspreche es dem Wohl des Kindes, dass dieses den bisherigen Familiennamen beibehalte. Zudem beabsichtige der Beschwerdeführer, dass der Mitbeteiligte "eventuell irgendwann" in seinen Familienverband in Griechenland aufgenommen werde; der Familienname der Mutter habe in Griechenland aber eine negative Bedeutung. Der Beschwerdeführer beabsichtige überdies, einen Antrag auf Übertragung der Obsorge zu stellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage im Wesentlichen aus, nach höchstgerichtlicher Judikatur entspreche die Gleichheit des Familiennamens des Kindes mit dem der Familie, in der es aufwachse, in höherem Maß dem Wohl des Kindes als die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens; nur in Ausnahmefällen könne eine davon abweichende Betrachtungsweise geboten sein. Wenn sich der Gesetzgeber dafür entschieden habe, der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug zu geben, so habe er damit zum Ausdruck gebracht, allenfalls erwachsende psychische Belastungen eines Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, Umstände darzustellen, die den vorliegenden Fall als einen besonderen, gegen die beantragte Namenänderung sprechenden Ausnahmefall erscheinen lassen könnten. Ein Obsorgewechsel stehe nicht unmittelbar bevor, ein diesbezüglicher Antrag sei vom Beschwerdeführer noch nicht gestellt worden. Dieser habe lediglich vorgebracht, dem Mitbeteiligten eventuell irgendwann in seinen Familienverband integrieren zu wollen. Eine Namensänderung stehe auch der Aufrechterhaltung des Verhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitbeteiligten nicht entgegen. Es lägen somit keine Gründe dafür vor, dass die Namensänderung das Wohl des Kindes beeinträchtigen würde und die beantragte Namensänderung zu versagen sei.
Gegen diese Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 277/12-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.
Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde mit Schriftsatz vom . Darin wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Mitbeteiligte erstatte ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 195/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 (NÄG), lauten auszugsweise:
" Antrag auf Namensänderung
§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft
1. einen österreichischen Staatsbürger;
...
(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.
Voraussetzungen der Bewilligung
§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn
...
8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt ist;
9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;
...
Versagung der Bewilligung
§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn
...
6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;
...
Zustimmung und Anhörungen
§ 4. ...
(2) Soweit tunlich hat die Behörde vor der Bewilligung Kinder zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung ihres Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde, anzuhören.
...
Parteien
§ 8. (1) Die Stellung einer Partei kommt in einem Verfahren auf Änderung des Familiennamens oder Vornamens jedenfalls zu
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1. | dem Antragsteller; |
2. | der Person, die im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 3 in ihren berechtigten Interessen berührt ist. |
…" |
2.1. Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er erachte sich durch die mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug bewilligte Namensänderung in seinem Recht gemäß § 8 NÄG verletzt. Hätte die belangte Behörde ihm Parteistellung zuerkannt, hätte er die Möglichkeit gehabt, die Behörde davon zu überzeugen, dass ein ausreichender Grund für die Änderung des Familiennamens des Mitbeteiligten nicht vorliege.
Zu diesem - vom Beschwerdeführer bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof dargelegten und in der Beschwerdeergänzung nochmals ausgeführten - Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer im Verfahren betreffend die Namensänderung des Mitbeteiligten - worauf bereits der Verfassungsgerichtshof im oben genannten Beschluss hingewiesen hat - entgegen seiner Annahme Parteistellung eingeräumt wurde. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach dem nicht obsorgeberechtigten ehelichen Elternteil nach dem NÄG die in ihrem Umfang auf die Abgabe einer Äußerung zur beabsichtigten Namensänderung eingeschränkte Parteistellung zukommt; die Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/06/0023, und vom , Zl. 96/01/0910). Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher nicht zielführend.
2.2. Der Beschwerdeführer bemängelt zudem, es liege kein "ausreichender Grund" für eine Namensänderung vor, und bringt dazu vor, eine Änderung des Familiennamens sollte nur aus wichtigem Grund zulässig sein. Als Wille des Gesetzgebers könne nur angesehen werden, dass die "Position des Kindes" nur insoweit verändert werden solle, als dies unvermeidbar sei. Wenn die Kindesmutter versuche, den andern Elternteil aus dem Gesichtskreis des Kindes vollständig zu eliminieren, so sei dies nicht mit dem Gesetz zu vereinbaren, zumal der Gesetzgeber die Förderung der Kontakte zwischen dem Kind und dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil als in dessen Wohl liegend erachte.
Dem ist zu erwidern, dass gemäß § 1 Abs. 1 NÄG eine Änderung des Familiennamens eines österreichischen Staatsbürgers auf Antrag zu bewilligen ist, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt und § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht. Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt aber gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. (bereits) dann vor, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt. Eine darauf gestützte Änderung des Familiennamens darf in einem Fall wie dem vorliegenden gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. (nur) dann nicht bewilligt werden, wenn die beantragte Änderung des Familiennamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist. Die wiedergegebenen Beschwerdeausführungen verkennen insoweit die Rechtslage.
2.3. Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, selbst wenn nach höchstgerichtlicher Judikatur die Gleichheit des Familiennamens des Kindes mit dem der Familie, in der es aufwachse, in höherem Maß dem Wohl des Kindes diene als die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens, sei festzuhalten, dass in Ausnahmefällen eine abweichende Betrachtungsweise geboten erscheine, die im Beschwerdefall vorliege. Der Beschwerdeführer sei griechischer Staatsbürger und daher nur eingeschränkt in der Lage, sein Besuchsrecht auszuüben. Aufgrund der griechischen Tradition komme dem Familiennamen des erstgeborenen Sohnes besondere Bedeutung zu. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer die Absicht habe, seinen Sohn in seinen Familienverband zu integrieren und auch für den Sohn die Abstammung von weitreichender Bedeutung sei, liege ein Ausnahmefall vor, der eine abweichende Betrachtungsweise rechtfertige.
Auch mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:
Der Gesetzgeber hat dadurch, dass er der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug gegeben hat, auch zum Ausdruck gebracht, allenfalls mit einer solchen Namensänderung erwachsende psychische Belastungen des Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0019 = VwSlg. 16.577 A, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann; vgl. aus der Folgejudikatur etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/06/0217, vom , Zl. 2010/06/0113, vom , Zl. 2010/06/0239, und vom , Zl. 2010/06/0271).
Entgegen der Beschwerdeansicht hat der Beschwerdeführer mit seinem oben wiedergegebenen Vorbringen keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die den Beschwerdefall als einen Ausnahmefall darzustellen vermögen (vgl. dazu etwa die bereits genannten hg. Erkenntnisse vom und vom sowie weiters die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2010/06/0129 und 0130, vom , Zl. 2006/06/0244, vom , Zl. 2005/06/0020, vom , Zl. 2005/06/0025, und vom , Zl. 2002/01/0418).
3. Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil mit den wiedergegebenen - rechtlichen - Argumenten der Beschwerde keine Fragen von solcher Bedeutung aufgeworfen wurden, die eine öffentliche Verhandlung notwendig gemacht hätten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/01/0099).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-67769