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VwGH vom 21.11.2013, 2012/01/0075

VwGH vom 21.11.2013, 2012/01/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Mag. Werner Tomanek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neutorgasse 13/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/59/10014/2011-21, betreffend Übertretung des Wiener Prostitutionsgesetzes (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid verhängte die belangte Behörde - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach § 8a Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 und 6 Wiener Prostitutionsgesetz (Wr. ProstitutionsG) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Wochen).

Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt, er habe es am um 23.30 Uhr, in W, M-Platz 15, als Verfügungsberechtigter des dortigen innerhalb der Schutzzone gemäß § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG gelegenen Lokals unterlassen, für die Einstellung der Prostitutionsausübung Sorge zu tragen, obwohl er von der Ausübung der Prostitution hätte wissen müssen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei Mieter des näher bezeichneten Mietgegenstandes im Hause W, M-Platz 15; dieser Mietgegenstand, der nach dem Mietvertrag nur zum Geschäftszweck "Hostessenlokal + Massagesalon" verwendet werden dürfe, sei an Frau ZK weiter vermietet worden. In diesem Lokal sei zu der im Spruch angegebenen Tatzeit die Prostitution (angebahnt und) ausgeübt worden. Als Mieter sei der Beschwerdeführer Verfügungsberechtigter über diese Räumlichkeiten gewesen; dass der Mietgegenstand in Untermiete (an Frau ZK) weiter gegeben wurde, habe daran nichts geändert. Der Beschwerdeführer habe gewusst, dass in dem Lokal die Prostitution (angebahnt und) ausgeübt werde. Im Tatzeitpunkt sei er bereits wiederholt rechtskräftig bestraft gewesen, weil er es unterlassen habe, die Prostitutionsausübung im Lokal zu unterbinden; Anstrengungen, die Prostitutionsausübung zu unterbinden, habe er, insbesondere auch im gegenständlichen Fall, nicht unternommen. Da das Lokal sich weniger als 150 Meter entfernt von einem Schutzobjekt iS des § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG befinde, hätte der Beschwerdeführer als Mieter und damit Verfügungsberechtigter die Ausübung der Prostitution in diesen Räumlichkeiten im Wissen darum unterbinden müssen. Er habe jedoch in Kenntnis, dass das Lokal sich innerhalb einer "Schutzzone" nach dem Wr. ProstitutionsG befinde und im Wissen um die Prostitutionsausübung das Objekt untervermietet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des Wr. ProstitutionsG, LGBl. Nr. 17/1984, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 17/2004, lauten (auszugsweise):

" Beschränkung der Anbahnung der Prostitution

§ 4. (1) ...

(2) Die Anbahnung der Prostitution ist in Bahnhöfen, Stationsgebäuden und Haltestellenbereichen öffentlicher Verkehrsmittel verboten. Weiters ist die Anbahnung der Prostitution an folgenden Orten (Schutzobjekten) und zusätzlich auch in einem Schutzbereich von 150 m Entfernung von diesen Örtlichkeiten verboten:

5. Kinder- und Jugendspielplätze;

...

Beschränkung der Prostitution

§ 5. (1) Die Ausübung der Prostitution in Wohnungen ist verboten. Dieses Verbot gilt auch für andere Räume eines Gebäudes, wenn sie keinen unmittelbaren Zugang zu einer öffentlichen Verkehrsfläche aus aufweisen oder wenn das Gebäude innerhalb des im § 4 Abs. 2 umschriebenen Bereiches liegt.

...

(6) Der Eigentümer (Miteigentümer), der Verfügungsberechtigte oder der Verwalter eines Gebäudes oder Gebäudeteiles im Umfang seiner Verantwortlichkeit gemäß § 8a Abs. 3 hat für die Einstellung der Prostitutionsausübung zu sorgen, wenn die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 oder 2, ... zuwidergehandelt wird, ... . Diese Verpflichtung beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem der Verantwortliche von der gesetzwidrigen Anbahnung oder Ausübung der Prostitution wusste oder bei gehöriger Aufmerksamkeit wissen hätte müssen.

...

Strafbestimmungen

§ 8a. (1) ...

(2) Wer es als Eigentümer (Miteigentümer) oder Verfügungsberechtigter eines Gebäudes oder Gebäudeteiles unterlässt,

1. für die Einstellung der Prostitutionsausübung gemäß § 5 Abs. 6 zu sorgen, wenn dort den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 oder 2 oder des § 5 Abs. 1 oder 3 zuwidergehandelt wird;

...

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 3 500 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu drei Wochen, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe von 350 Euro bis 7 000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu fünf Wochen, zu bestrafen.

..."

Mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer sei als "bloßer Vermieter des Mietgegenstandes" kein Verfügungsberechtigter iS des Wr. ProstitutionsG, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Beim (Haupt )Mieter eines für Zwecke der Prostitution verwendeten Gebäudes oder Gebäudeteiles handelt es sich um dessen Verfügungsberechtigten im Sinne des § 5 Abs. 6 Wr. ProstitutionsG (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/01/0192; vom , Zl. 2010/01/0009, und vom , Zl. 2011/01/0006). Zutreffend hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, dass der Beschwerdeführer infolge der Untervermietung des Lokals die Verfügungsmacht gehabt habe. Dass ihm Möglichkeiten zur Verfügung standen, die Ausübung der Prostitution durch die Untermieterin - gegebenenfalls auch durch Kündigung des Untermietvertrages - zu unterbinden, ist auch im Beschwerdefall nicht zweifelhaft.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe die Ausnahmeregelung des "§ 20 Abs. 5" Wiener Prostitutionsgesetz 2011 (WPG 2011), LGBl. Nr. 24/2011, unberücksichtigt gelassen. Danach sei er nicht (mehr) zu bestrafen, weil diese Bestimmung auch im Berufungsverfahren anzuwenden sei.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Das "Günstigkeitsprinzip" des § 1 Abs. 2 VStG bezieht sich auf die die Strafe betreffenden Bestimmungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0156). Dieses Günstigkeitsprinzip kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Strafbarkeit eines Verwaltungsstraftatbestandes nach dem Zeitpunkt der Begehung zur Gänze weggefallen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0156).

Das erstinstanzliche Straferkenntnis (vom ) wegen einer am (durch Unterlassung) begangenen Tat wurde am erlassen. Sowohl im Zeitpunkt der Begehung der verfahrensgegenständlichen Straftat als auch im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses war das Wr. ProstitutionsG LGBl. Nr. 7/1984 in der Fassung LGBl. Nr. 17/2004 in Geltung.

Das WPG 2011 ist zufolge § 20 Abs. 1 leg. cit. am , also während des Berufungsverfahrens, in Kraft getreten.

Gemäß § 20 Abs. 6 WPG 2011 sind Verstöße gegen das Verbot der Anbahnung der Prostitution in Schutzbereichen gemäß § 4 Abs. 2 zweiter Satz des Wiener Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 7/1984, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 56/2010, oder gegen die nach § 4 Abs. 3 oder 4 dieses Gesetzes verfügten Beschränkungen nicht zu bestrafen. Dies gilt auch für das Berufungsverfahren.

Der Beschwerdeführer verkennt bei seiner Argumentation, dass ihm ein Verstoß gegen das "Verbot der Anbahnung der Prostitution" iS des § 20 Abs. 6 WPG 2011 nicht vorgeworfen wurde. Den Tatbestand der Übertretung nach § 8a Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 und 6 Wr. ProstitutionsG, deretwegen der Beschwerdeführer bestraft wurde, weil er es unterließ, für die Einstellung der Prostitutionsausübung zu sorgen, erfasst die Regelung des § 20 Abs. 6 WPG 2011 nicht. Die ins Treffen geführte Änderung der Rechtslage vermag daher den Beschwerdeführer nicht zu entlasten (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/01/0067).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am