VwGH vom 28.05.2010, 2004/10/0082

VwGH vom 28.05.2010, 2004/10/0082

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft M" in M, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1 A/VII, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. -11-FOB-121/2-2004, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hermagor (BH) vom wurde der Bringungsgenossenschaft W. unter Berufung auf §§ 66a und 170 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 ein dauerndes forstliches Bringungsrecht auf dem im Eigentum der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft M." (Beschwerdeführerin) stehenden, näher genannten Grundstück zum Zwecke der Waldbewirtschaftung bzw. Befahrung im Zuge der Forststraße W. mit LKW eingeräumt.

Die Behörde ordnete gemäß Pkt. 15. der Zustellverfügung die Zustellung dieses Bescheides an den Obmann der Agrargemeinschaft mittels Rsb-Brief an.

Gegen diesen Bescheid hat die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin mit am zur Post gegebenen Schriftsatz Berufung erhoben.

Mit Schreiben vom teilte der Landeshauptmann von Kärnten (belangte Behörde) der Beschwerdeführerin mit, dass nach Durchsicht der vorliegenden Unterlagen (Rückschein) festgestellt worden sei, dass der Bescheid der BH am vom Obmann der Beschwerdeführerin nachweislich übernommen worden sei. Die Berufungsfrist habe daher am - 24.00 Uhr geendet. Die Berufung der Beschwerdeführerin sei allerdings am gefertigt und offensichtlich am gleichen Tag der BH übermittelt worden, sodass davon auszugehen sei, dass die Berufung verspätet eingebracht worden sei.

Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin gab der belangten Behörde mit Schreiben vom bekannt, dass der Obmann der Beschwerdeführerin den genannten Bescheid "mit Sicherheit nicht am übernommen und den Rückschein nicht unterfertigt" habe. Der Obmann habe ihm am mitgeteilt, dass ihm der Bescheid am "tatsächlich zugegangen" sei, weshalb er (der Rechtsvertreter) auf dem ihm übermittelten Bescheidexemplar als Eingang den vermerkt und die Berufung daher am abgefertigt habe. Zwecks Klärung des Umstandes, wer den Rückschein unterfertigt habe, ersuche er, ihm diesen in Kopie zu überlassen. Zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführerin der angefochtene Bescheid erst am tatsächlich zugegangen sei, werde die Einvernahme der Ehegattin des Obmannes der Beschwerdeführerin sowie des Postzustellers als Zeugen beantragt.

Nach Übermittlung einer Kopie des Rückscheines gab der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der belangten Behörde bekannt, dass nicht der Obmann der Beschwerdeführerin, sondern nach der Übernahmsbestätigung ein "Mitbewohner der Abgabestelle", nämlich die Ehegattin des Obmanns, die Post entgegengenommen habe. Dem Obmann der Beschwerdeführerin sei der Bescheid tatsächlich erst am "zugegangen". Die diesbezüglichen Beweisanträge würden sohin aufrecht erhalten.

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde nunmehr um Mitteilung, "warum dem Obmann der Beschwerdeführerin der Bescheid der BH erst am zugegangen" sei.

Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin teilte daraufhin mit Schreiben vom mit, "der Obmann (habe) die Post infolge Ortsabwesenheit erst am entgegennehmen können. Wegen seiner länger als 24 Stunden dauernden Ortsabwesenheit hätte die an die (Beschwerdeführerin) gerichtete Post nicht an die Gattin ausgehändigt werden dürfen, sondern allenfalls an den Obmann-Stellvertreter. Richtigerweise hätte die Post hinterlegt werden müssen, dann wäre sie ihm frühestens am zur Abholung bereitgehalten worden und von ihm auch an diesem Tag behoben worden. Infolge dessen ist der Zustellmangel erst mit behoben worden, als das Schriftstück dem Obmann (der Beschwerdeführerin) tatsächlich zugekommen ist."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der BH vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG als "verspätet eingebracht abgewiesen." Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges vertrat die belangte Behörde im Wesentlichen die Auffassung, von der Beschwerdeführerin sei zwar die Ortsabwesenheit ihres Obmannes behauptet worden, jedoch seien trotz mehrmaliger Möglichkeit diesbezügliche Nachweise nicht übermittelt bzw. nicht vorgelegt worden. Der Bescheid der BH sei offensichtlich von der Gattin des Obmannes der Beschwerdeführerin übernommen worden. Auf Grund des Zustellgesetzes sei im Hinblick auf die RSb-Zustellung die Ersatzzustellung zulässig gewesen und der Bescheid der BH auch ordnungsgemäß übernommen worden. Die Berufung sei daher verspätet eingebracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982 (ZustG), maßgeblich:

Gemäß § 13 Abs. 1 ZustG ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber auf Grund einer Anordnung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so tritt diese an die Stelle des Empfängers.

Ist der Empfänger keine natürliche Person, so ist die Sendung gemäß § 13 Abs. 3 ZustG einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen.

Kann die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf gemäß § 16 Abs. 1 ZustG an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Nach § 16 Abs. 2 ZustG kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.

Gemäß § 16 Abs. 5 ZustG gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Sendungen dürfen gemäß § 21 Abs. 1 ZustG nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.

Das Gesetz stellt es der Behörde frei, bei der Zustellung eines seinem Inhalt nach für eine (nicht durch einen gewillkürten Bevollmächtigten vertretene) juristische Person bestimmten Schriftstückes entweder einen - individuell bestimmten - "zur Empfangnahme befugten Vertreter" oder die juristische Person selbst als Empfänger anzugeben. Die Anordnung des § 13 Abs. 3 ZustG bedeutet nicht, dass damit der Kreis derer, denen zugestellt werden kann, abschließend geregelt ist. Eine Ersatzzustellung ist auch in diesen Fällen zulässig; dies ergibt sich aus § 16 Abs. 1 leg. cit. (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 90/10/0110, VwSlg. 14.222/A).

Im Beschwerdefall hat die BH die Zustellung des Bescheides vom nicht zu eigenen Handen angeordnet. Die gegenteilige Behauptung in der Beschwerde erweist sich daher als aktenwidrig. Die Sendung durfte somit auch an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.

In der Beschwerde wird ferner die Auffassung vertreten, im Falle der Ersatzzustellung wäre diese erst mit dem der Rückkehr des Obmannes an die Abgabestelle folgenden Tag nach § 16 Abs. 5 ZustG wirksam geworden, da der Obmann der Beschwerdeführerin "mehrere Tage ortsabwesend" gewesen sei.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel weder das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung noch die Unwirksamkeit der Zustellung im Wege der Ersatzzustellung dargetan werden kann (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 99/05/0197, und vom , Zl. 93/09/0462, jeweils mit Hinweisen auf Vorjudikatur).

Diesbezüglich wurde im Verwaltungsverfahren bloß ohne Konkretisierung eine "länger als 24 Stunden dauernde Ortsabwesenheit" behauptet. Auch in der Beschwerde ist - ebenfalls -lediglich von einer "mehrtägigen Ortsabwesenheit" die Rede.

Vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung kann es daher nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde von der Rechtswirksamkeit der Zustellung am ausging und die Berufung mangels entsprechend konkretisierten Vorbringens als verspätet beurteilt hat.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer nach Lage des Falles auf § 16 Abs. 5 ZustG hinzuweisen. Danach gilt eine Ersatzzustellung nur dann nicht als bewirkt, wenn der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Hat der Empfänger nur einen Tag nach der Ersatzzustellung vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt, stand ihm also die in Ansehung des zugestellten Bescheides wahrzunehmende Rechtsmittelfrist von zwei Wochen nahezu ungekürzt zur Verfügung, so konnte der Empfänger - trotz "Abwesenheit von der Abgabestelle" - rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen. Der Ersatzzustellung ist damit auch im Grunde des § 16 Abs. 5 ZustG wirksam geworden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 88/08/0264, und vom , Zl. 98/07/0032, jeweils mwH).

Soweit in der Beschwerde schließlich das Unterbleiben der Einvernahme der geltend gemachten Zeugen gerügt wird, unterlässt sie es, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am