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VwGH vom 31.05.2012, 2012/01/0055

VwGH vom 31.05.2012, 2012/01/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des M H in M, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 5/II, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Innsbruck vom , Zl. VK 40/11-3, betreffend eine Angelegenheit des Strafvollzugs (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , rechtskräftig seit , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB (u.a.) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils der Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am in O. an der am geborenen, sohin unmündigen S. E. durch das Einführen eines Fingers in ihre Scheide eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen hat.

Am beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung des Vollzuges des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten in Form des elektronisch überwachten Hausarrests. Diesen Antrag wies der Leiter der Justizanstalt Innsbruck nach Einholung eines Erhebungsberichtes durch den Verein Neustart und einer Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter mit Bescheid vom mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer derzeit über keine Arbeit oder ähnliche tagesstrukturierte Beschäftigung im Sinne der §§ 156b Abs. 1 und 2, 156c Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) verfüge und somit die Grundvoraussetzungen des elektronisch überwachten Hausarrestes nicht erfüllt seien.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an die Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Innsbruck (die belangte Behörde) und brachte darin zusammengefasst vor, das Verfahren sei mangels Parteiengehör und wegen unzureichender Begründung des erstinstanzlichen Bescheides mangelhaft. Die Erstbehörde hätte aufgrund der 100%igen Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers erkennen müssen, dass das Erfordernis der Beschäftigung bzw. des strukturierten Tagesablaufes für Menschen, die aufgrund körperlicher oder geistiger Behinderung diese Voraussetzung nicht erfüllen könnten, nicht anzuwenden sei. Auch in der Justizanstalt gebe es keine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn, er habe aufgrund seines täglichen Einkaufes eine ausreichende Tagesstruktur. Bei wörtlicher Auslegung des Gesetzestextes liege eine gleichheitswidrige Behandlung von arbeitsunfähigen Verurteilten gegenüber sonstigen Verurteilten vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde dieser Beschwerde "gemäß §§ 120 Abs. 1, 121 Abs. 1 StVG iVm §§ 156b und 156c StVG" keine Folge.

Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges und der relevanten Gesetzesbestimmungen zusammengefasst aus, wesentliches Element der Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests sei die Beschäftigung. Jede zu überwachende Person habe im Inland über eine Beschäftigung zu verfügen, deren Umfang tunlichst das Ausmaß der Normalarbeitszeit erreichen solle. Soweit die Voraussetzungen des § 156c Abs. 1 (Z. 2) lit. c (Einkommen) und d (Versicherungsschutz) StVG auf andere Art erfüllt seien, kämen abgesehen von unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeiten auch andere Formen von sinnvoller Beschäftigung im weiteren Sinn in Betracht, wie etwa die Absolvierung einer Ausbildung, die Betreuung von Angehörigen (insbesondere Kindern) oder die Erbringung gemeinnütziger Leistungen. Damit kämen auch nicht (mehr) Berufstätige in den Genuss des elektronisch überwachten Hausarrests. Ziel sei es, einen strukturierten Tagesablauf - auch zur Erreichung der Zwecke des Strafvollzugs im Sinne des § 20 StVG - sicherzustellen. Eben daran fehle es im Falle des Beschwerdeführers. Aufgrund seiner 100%igen Arbeitsunfähigkeit sei er nicht in der Lage, einer geeigneten sinnvollen Beschäftigung im erforderlichen Ausmaß nachzugehen, welche zu einem strukturierten Tagesablauf führe. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Bericht des Vereins Neustart, sondern werde vom Beschwerdeführer selbst eingeräumt. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte tägliche Einkauf erfülle die Grundvoraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 2 lit. b StVG nicht. Der Antrag des Beschwerdeführers sei von der Erstbehörde daher schon mangels Vorliegens der Bewilligungsvoraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 2 lit. b StVG zu Recht abgewiesen worden.

Der Einwand des mangelnden Parteiengehörs - so die belangte Behörde weiter - gehe schon deshalb ins Leere, weil am in der Justizanstalt in Anwesenheit des Beschwerdeführers und dessen Vertreter die Erhebungsergebnisse, insbesondere jene durch den Verein Neustart und der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter, ausdrücklich erörtert worden seien und der Beschwerdeführer die Möglichkeit der Stellungnahme gehabt habe. Zu Recht rüge der Beschwerdeführer allerdings, dass die Erstbehörde die Ergebnisse der Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter im erstinstanzlichen Bescheid unerwähnt gelassen habe. Die belangte Behörde lege deshalb aufgrund der Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter ergänzend ihrer Entscheidung zu Grunde, dass der Beschwerdeführer - trotz niedrig bis moderat erhöhtem statistischaktuarischem Risiko - über ein hohes individuelles Risiko für weitere Sexualdelikte verfüge, da bisher eine kritische Auseinandersetzung mit der Tat nicht erfolgt sei, weil der Beschwerdeführer diese als solche in Abrede stelle. Aufgrund dieses hohen Risikos in Zusammenschau mit den Erhebungsergebnissen des Vereins Neustart sei daher nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfelds und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer die Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests nicht missbrauchen werde, weshalb der Beschwerde auch im Hinblick auf § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG keine Berechtigung zukomme.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1440/11-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde mit Schriftsatz vom .

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese ergänzte Beschwerde erwogen:

1. Durch BGBl. I Nr. 64/2010, mit dem unter anderem das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), novelliert wurde, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit des Vollzuges von Freiheitsstrafen in Form von elektronisch überwachtem Hausarrest geschaffen.

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des StVG in der am in Kraft getretenen Fassung der genannten Novelle BGBl. I Nr. 64/2010 lauten (samt Überschriften):

"Strafvollzug durch elektronisch überwachten Hausarrest Grundsätze des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten

Hausarrest

§ 156b. (1) Der Vollzug der Strafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests bedeutet, dass der Strafgefangene sich in seiner Unterkunft aufzuhalten, einer geeigneten Beschäftigung (insbesondere einer Erwerbstätigkeit, einer Ausbildung, der Kinderbetreuung, gemeinnütziger Arbeit oder einer vergleichbaren der Wiedereingliederung dienenden Tätigkeit) nachzugehen und sich angemessenen Bedingungen seiner Lebensführung außerhalb der Anstalt (Abs. 2) zu unterwerfen hat. Dem Strafgefangenen ist es untersagt, die Unterkunft außer zur Ausübung seiner Beschäftigung, zur Beschaffung des notwendigen Lebensbedarfs, zur Inanspruchnahme notwendiger medizinischer Hilfe oder aus sonstigen in den Bedingungen genannten Gründen zu verlassen. Er ist durch geeignete Mittel der elektronischen Aufsicht zu überwachen und soweit zu betreuen, als dies zur Erreichung des erzieherischen Strafzwecks erforderlich ist.

(2) Die Bedingungen sollen eine den Zwecken des Strafvollzugs dienende Lebensführung sicherstellen und insbesondere die in der Unterkunft zu verbringenden Zeiten sowie die Beschäftigungszeiten, welche tunlichst der Normalarbeitszeit zu entsprechen haben, festlegen. Die Bundesministerin für Justiz ist ermächtigt, durch Verordnung Richtlinien für die Gestaltung der Bedingungen der Lebensführung außerhalb der Anstalt sowie über die Art und die Durchführung der elektronischen Überwachung, einschließlich der Festlegung jener Justizanstalten, die über Einrichtungen zur elektronischen Aufsicht zu verfügen haben, zu erlassen.

(3) Der Strafgefangene hat die mit Verordnung der Bundesministerin für Justiz festzusetzenden Kosten des elektronischen Hausarrests zu ersetzen. Diese Verpflichtung entfällt, soweit durch ihre Erfüllung der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Strafgefangenen und der Personen, zu deren Unterhalt er verpflichtet ist, gefährdet wäre. Die Kosten sind monatlich im Nachhinein bis zum Fünften des Folgemonats zu entrichten. Die Verpflichtung zum Kostenersatz bildet einen gesonderten Ausspruch der Bewilligung (§ 156d Abs. 2).

(4) Die §§ 1 bis 3, 4 bis 20, 22, 26, 27, 30 Abs. 1, 32a, 35, 36 Abs. 1, 64 Abs 2 letzter Satz, 72, 99, 99a, 102 Abs. 1, 102a, 103 Abs. 4 bis Abs. 6, 104 bis 106, 107, 108, 109 Z 1, 4 und 5, 110, 113 bis 116a, 118, 119 bis 122, 123, 126 Abs. 2 Z 4, 133, 144 Abs. 2, 145, 146 Abs. 1, 147, 148, 149 Abs. 1, Abs. 4 und Abs. 5, 152, 152a, 153, 154 Abs. 2, 156 Abs. 1 erster Satz, 156a, 179, 179a, 180 und 180a gelten sinngemäß.

Bewilligung und Widerruf

§ 156c. (1) Der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests ist auf Antrag des Strafgefangenen oder auf Grund eines schon vor Strafantritt zulässigen Antrags des Verurteilten zu bewilligen, wenn

1. die zu verbüßende oder noch zu verbüßende Strafzeit zwölf Monate nicht übersteigt oder nach sinngemäßer Anwendung des § 145 Abs. 2 voraussichtlich nicht übersteigen wird,

2. der Rechtsbrecher im Inland


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a.
über eine geeignete Unterkunft verfügt,
b.
einer geeigneten Beschäftigung nachgeht,
c.
Einkommen bezieht, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann,
d.
Kranken- und Unfallversicherungsschutz genießt,
3.
die schriftliche Einwilligung der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen vorliegt, und
4.
nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfelds und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2) anzunehmen ist, dass der Rechtsbrecher diese Vollzugsform nicht missbrauchen wird.

(2) Die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest ist zu widerrufen, wenn

1. eine für ihre Anordnung notwendige Voraussetzung wegfällt, wobei § 145 Abs. 3 sinngemäß gilt,

2. der Strafgefangene eine Anordnung oder eine ihm auferlegte Bedingung entweder in schwerwiegender Weise oder trotz einer förmlicher Mahnung nicht einhält,

3. der Strafgefangene länger als einen Monat mit der Zahlung des Kostenbeitrags in Verzug ist, wobei eine neuerliche Bewilligung nicht in Betracht kommt, bevor der rückständige Kostenbeitrag entrichtet worden ist,

4. der Strafgefangene erklärt, die Bedingungen nicht mehr einhalten zu können, oder

5. gegen den Strafgefangenen der dringende Verdacht besteht, eine vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung während des elektronisch überwachten Hausarrests oder eine vorsätzliche oder fahrlässige gerichtlich strafbare Handlung, deren Aburteilung nach Abs. 1 Z 4 einer Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest entgegenstehen würde, begangen zu haben oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen zu wollen.

Zuständigkeit und Verfahren

§ 156d. (1) Die Entscheidungen über die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest und den Widerruf stehen dem Leiter der Justizanstalt zu, in der die Freiheitsstrafe im Zeitpunkt der Antragstellung vollzogen wird oder in der sie zu vollziehen wäre, wenn die Unterkunft des Strafgefangenen oder Verurteilten im Sprengel desjenigen Landesgerichtes gelegen ist, in dem auch die Justizanstalt liegt, und diese über Einrichtungen zur elektronischen Überwachung verfügt (§ 156b Abs. 2). Wird der Strafgefangene in einer anderen Anstalt angehalten, kommt die Entscheidung über die Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest der Vollzugsdirektion zu, die im Falle der Genehmigung des Antrags zugleich die erforderliche Strafvollzugsortsänderung zu verfügen hat. § 135 Abs. 2 erster Satz letzter Halbsatz und zweiter Satz sowie Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Zugleich mit der Bewilligung des Vollzugs der Strafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests sind dem Strafgefangenen die Bedingungen seiner Lebensführung außerhalb der Anstalt (§ 156b Abs. 2) sowie der von ihm zu entrichtende Betrag des Kostenersatzes (§ 156b Abs. 3) aufzuerlegen und ihm erforderlichenfalls Betreuung durch eine in der Sozialarbeit erfahrene Person (§ 29c Bewährungshilfegesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 64/2010) zu gewähren.

(3) Wurde der Rechtsbrecher wegen einer im § 52a Abs. 1 StGB genannten strafbaren Handlung verurteilt, so ist vor Entscheidung zur Prüfung der Voraussetzungen des § 156c Abs. 1 Z 4 eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter einzuholen.

(4) Kann über den Antrag eines Verurteilten nicht innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 entschieden werden, so ist die Anordnung des Strafvollzuges bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorläufig zu hemmen, wenn der Antrag nicht offenbar aussichtslos ist. Wird dem Antrag stattgegeben, hat sich die Aufnahme auf die in den §§ 131 Abs. 1 sowie 132 Abs. 4 und 7 vorgesehenen Maßnahmen zu beschränken."

3. Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Vollzug einer Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests damit, dass sowohl die Bewilligungsvoraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 2 lit. b StVG als auch an diejenige des § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG nicht erfüllt sei.

4. Die Beschwerde wendet sich mit näherem Vorbringen zwar gegen die Annahme, die Bewilligungsvoraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 2 lit. b StVG sei nicht erfüllt (bzw. rügt in dieser Hinsicht Verfahrensmängel), und bringt überdies vor, diese Voraussetzung sei bei Personen, die aufgrund körperlicher oder geistiger Behinderung - wie im Falle des Beschwerdeführers - keiner (geeigneten) Beschäftigung nachgehen könnten, nicht anzuwenden; die Beschwerde wendet sich aber weder gegen die Feststellung der belangten Behörde, beim Beschwerdeführer bestehe ein hohes individuelles Risiko der Begehung weiterer Sexualdelikte, noch enthält sie Ausführungen dazu, warum die Bewilligungsvoraussetzung des § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG entgegen der Ansicht der belangten Behörde als erfüllt anzusehen wäre.

5. Zur zuletzt genannten Bestimmung des § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2011/01/0243, Folgendes ausgeführt:

" 2.1. Gemäß § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG ist der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests nur zu bewilligen, wenn nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfelds und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2 StVG) anzunehmen ist, dass der Rechtsbrecher diese Vollzugsform nicht missbrauchen wird.

2.2. Zum Verständnis des Begriffs des Missbrauchs der Vollzugsform ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der elektronisch überwachte Hausarrest nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers eine besondere Vollzugsform der Freiheitsstrafe darstellt. Dies kommt in den Gesetzesmaterialien zu BGBl. I Nr. 64/2010 zum Ausdruck, wenn darin etwa ausgeführt wird, dass der elektronisch überwachte Hausarrest als "Haft anderer Art" für den Vollzug von Freiheitsstrafen und der Untersuchungshaft eingeführt werden soll (ErlRV 772 BlgNR 24. GP, S. 3). Da es sich beim elektronisch überwachten Hausarrest um eine Form des Vollzugs handle, müsse sich der Strafgefangene gewissen Einschränkungen in seiner Lebensführung unterwerfen, die dem Zweck des Strafvollzugs entsprechen sollen (ebd., S. 5).

In diesem Sinn hat auch der Oberste Gerichtshof zur Bestimmung des § 173a StPO, welche die Fortsetzung der Untersuchungshaft im elektronisch überwachten Hausarrest regelt, ausgesprochen, dass es sich beim elektronisch überwachten Hausarrest nur um eine Modalität der Untersuchungshaft und nicht etwa um ein diese substituierendes gelinderes Mittel handelt (und insofern die Erhebung einer Grundrechtsbeschwerde gegen eine die Fortsetzung des Vollzugs der Untersuchungshaft im elektronisch überwachten Hausarrest nicht bewilligende Entscheidung für nicht zulässig erachtet; vgl. dazu die Entscheidungen des = JBl 2011, 472, und vom , 13 Os 145/10p; siehe auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0410).

Auch der Strafvollzug in der neu geschaffenen Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests hat daher den (allgemeinen) Zwecken des Strafvollzugs gemäß § 20 Abs. 1 StVG zu entsprechen.

Nach dieser Bestimmung soll der Strafvollzug den Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen und sie abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen. Der Vollzug soll außerdem den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzeigen.

Ein Missbrauch (auch) dieser Vollzugsform ist daher insbesondere dann anzunehmen, wenn zu befürchten ist, dass der Rechtsbrecher infolge der Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrests ein Verhalten setzt, das mit den genannten Zwecken des Strafvollzugs nicht im Einklang steht.

2.3. Aufgrund des systematischen Zusammenhanges mit der Bestimmung über den Widerruf der Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest (vgl. insbesondere § 156c Abs. 2 Z. 5 StVG) ist ein Risiko, der Strafgefangene werde die Vollzugsform missbrauchen, im Einzelnen vor allem dann anzunehmen, wenn die begründete Befürchtung besteht, dass er während des elektronisch überwachten Hausarrests weitere strafbare Handlungen, insbesondere Vorsatzdelikte, begehen oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen werde.

§ 156c Abs. 2 Z. 5 StVG sieht nämlich den Widerruf des elektronisch überwachten Hausarrests dann vor, wenn gegen den Strafgefangenen der dringende Verdacht besteht, eine vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung während des elektronisch überwachten Hausarrests oder eine vorsätzliche oder fahrlässige gerichtlich strafbare Handlung, deren Aburteilung nach Abs. 1 Z. 4 einer Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest entgegenstehen würde, begangen zu haben oder sich dem weiteren Strafvollzug entziehen zu wollen.

Davon ausgehend stellen bereits begangene (vorsätzliche wie fahrlässige) strafbare Handlungen Risikofaktoren dar, die gemäß § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG neben den Wohnverhältnissen und dem sozialen Umfeld des Verurteilten in die Beurteilung der Missbrauchsgefahr einzufließen haben. Darüber hinaus nennen die Gesetzesmaterialien (ErlRV 772 BlgNR 24. GP, S. 8) die Gefährlichkeit des Betroffenen, Art und Beweggrund der Anlasstat oder früherer Verurteilungen, den nunmehrigen Lebenswandel und die Chancen auf ein redliches Fortkommen nach der Haft als weitere Aspekte, die bei Beurteilung der Missbrauchsgefahr zu berücksichtigen sind. Auch die Wahrscheinlichkeit der Einhaltung der nach § 156b Abs. 2 StVG auferlegten Bedingungen stellt einen Risikofaktor dar.

2.4. Nach dem Gesagten stellt die Einschätzung, ob die Gefahr besteht, der Verurteilte werde die Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests missbrauchen, eine Prognosebeurteilung dar, bei der vor dem Hintergrund der in den Gesetzesmaterialien genannten Aspekte auf die Wohnverhältnisse, das soziale Umfeld und allfällige Risikofaktoren abzustellen ist. Bei der Erstellung dieser Prognose besteht für die Strafvollzugsbehörden ein Beurteilungsspielraum, wobei die Entscheidung anhand der dargestellten Kriterien zu begründen ist. "

6. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage begegnet die Prognosebeurteilung der belangten Behörde, die sich u.a. auf die im vorliegenden Fall gemäß § 156d Abs. 3 StVG einzuholende Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter stützt, wonach beim Beschwerdeführer von einem hohen individuellen Risiko der Begehung weiterer Sexualdelikte auszugehen ist, und der in der Beschwerde nicht entgegengetreten wird, fallbezogen keinen Bedenken. Die auf § 156c Abs. 1 Z. 4 StVG gestützte Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Bewilligung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrests ist demnach nicht zu beanstanden.

Bei diesem Ergebnis bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Abweisung des Antrages zu Recht auch auf § 156c Abs. 1 Z. 2 lit. b StVG gestützt werden konnte.

7. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am