Suchen Hilfe
VwGH vom 20.03.2013, 2012/01/0054

VwGH vom 20.03.2013, 2012/01/0054

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2013/01/0107 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des R R in Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Schwarzinger, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Bahnhofplatz 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 62-III/30495/11, betreffend Namensänderung (mitbeteiligte Partei: mj. R C, vertreten durch C C in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der minderjährige, 2007 geborene Mitbeteiligte ist das eheliche Kind des Beschwerdeführers und der C C. Das Kind führte - ebenso wie dessen Mutter - den Familiennamen des Vaters "R". Nach der Scheidung der Ehe im Jahr 2009 verblieb das Kind bei der Mutter, der auch alleine die Obsorge zukommt. Die Mutter heiratete in weiterer Folge am M C und nahm dessen Familiennamen an. Am beantragte der Mitbeteiligte, vertreten durch seine Mutter, die Änderung seines Familiennamens in "C". Zur Begründung wurde (erkennbar) darauf verwiesen, dass der Mitbeteiligte den Familiennamen der Mutter führen wolle.

Der Beschwerdeführer sprach sich gegen die beabsichtigte Namensänderung aus und brachte vor, das Verhalten der Kindesmutter, seine Existenz als Vater soweit als möglich zu ignorieren, führe zu einer unangemessenen Belastung des Mitbeteiligten. Die Schaffung einer Situation, in der der neue Partner der Mutter als Ersatzvater installiert und dies durch die Namensänderung dokumentiert werden solle, sei für den Mitbeteiligten schädlich. Zur Vermeidung einer Identitätsstörung des Mitbeteiligten seien die Anerkennung der Realität und die Aufrechterhaltung der (bisherigen) Namenstragung wichtig. Er ersuche um die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens, um die negativen Auswirkungen einer Namensänderung zu dokumentieren.

Im Hinblick auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers ersuchte die Behörde erster Instanz das ihr zugeordnete Amt für Jugend und Familie um eine Stellungnahme. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Familie sei dem Amt infolge des Streites um die Obsorge und das Besuchsrecht bekannt. Die Kränkung und Enttäuschung des Vaters über die beabsichtigte Namensänderung sei nachvollziehbar, gleichzeitig sei festzuhalten, dass der Mitbeteiligte bei seiner Mutter lebe, diese die alleinige Obsorge habe und die Mutter aufgrund ihrer Namensänderung infolge ihrer Eheschließung die Namensgleichheit mit dem Mitbeteiligten wieder herstellen wolle. Der Mitbeteiligte habe, auch wenn es immer wieder zu Schwierigkeiten und Unstimmigkeiten komme, regelmäßig Kontakt zum Beschwerdeführer. Aus den Gesprächen mit dem Mitbeteiligten werde deutlich, dass dieser sehr gut wisse, wer sein Vater sei; dieser sei eine wichtige Bezugs- und Identifikationsperson. Die regelmäßigen Kontakte und gemeinsamen Erlebnisse seien für den Beziehungsaufbau und Beziehungserhalt wichtig und unentbehrlich. Aus sozialarbeiterischer Sicht seien derzeit keine Gründe bekannt, wonach die beantragte Namensänderung dem Wohl des Kindes abträglich sei.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde antragsgemäß die Änderung des Familiennamens des Mitbeteiligten in "C" bewilligt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges, der Rechtslage und der hiezu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, es sei davon auszugehen, dass die Angleichung des Familiennamens des Kindes an denjenigen der Mutter, der alleine die Obsorge zukomme und bei der das Kind aufwachse, dem Wohl des Kindes mehr entspreche als die Beibehaltung des vom Vater abgeleiteten Familiennamens. Es habe sich aufgrund des Ermittlungsverfahrens (Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie) nicht ergeben, dass die beabsichtigte Namensänderung dem Kindeswohl abträglich wäre. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei diese Stellungnahme sehr wohl geeignet, die Auswirkungen der Namensänderung auf das Kindeswohl beurteilen zu können, zumal die Mitarbeiter des Amtes für Jugend und Familie aufgrund ihrer Ausbildung sachkundig und befähigt seien, eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben; sie seien auch nur dem Kindeswohl und überdies zur unparteiischen Wahrnehmung ihrer Aufgaben verpflichtet. Soweit der Beschwerdeführer diese Stellungnahme als unzureichend rüge und die Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens beantrage, sei darauf hinzuweisen, dass vom Beschwerdeführer keinerlei konkretisiertes und schlüssiges Vorbringen erstattet worden sei, das eine zusätzliche Begutachtung erforderlich gemacht hätte.

Gegen diese Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 102/12-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde mit Schriftsatz vom . Darin wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Mitbeteiligte, vertreten durch seine Mutter, brachte ebenfalls eine Gegenschrift ein mit dem Ersuchen, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 195/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 (NÄG), lauten auszugsweise:

" Antrag auf Namensänderung

§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft

1. einen österreichischen Staatsbürger;

...

(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.

Voraussetzungen der Bewilligung

§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn

...

8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt ist;

9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;

...

Versagung der Bewilligung

§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn

...

6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;

...

Zustimmung und Anhörungen

§ 4. ...

(2) Soweit tunlich hat die Behörde vor der Bewilligung Kinder zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung ihres Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde, anzuhören.

..."

2.1. Der Beschwerdeführer bringt zunächst im Rahmen seiner Rechtsrüge vor, es gelte bei einer beantragten Namensänderung zu prüfen, ob diese im Wohle des betroffenen Kindes liege und sachlich gerechtfertigt sei im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte beider Elternteile. Dabei sei weder die Mutter noch der Vater zu bevorzugen. Gerade dann, wenn die Kernfamilie aufgelöst sei und eine "Patchworksituation" gelebt werde, würden sich sachlich gerechtfertigte Gründe für die Beibehaltung des Familiennamens jenes Elternteiles, bei dem das Kind gerade nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, ergeben. Dies deshalb, damit eine "größtmögliche Ausgeglichenheit des Kindes" im Hinblick auf das mütterliche bzw. väterliche Familiensystem aufrechterhalten werden könne. Durch die einfachgesetzlichen Bestimmungen würden sowohl das Recht des Mitbeteiligten auf Beibehaltung seines Familiennamens als auch das Recht des Elternteils, der von Geburt an den gleichen Familiennamen wie das Kind trage, geschützt. Der Beschwerde sei daher sowohl aufgrund des "eigenen Rechtsanspruches" als Vater als auch aufgrund des vom Vater im Interesse des Kindes geltend zu machenden Anspruches stattzugeben.

Dem ist zu erwidern, dass gemäß § 1 Abs. 1 NÄG eine Änderung des Familiennamens eines österreichischen Staatsbürgers auf Antrag zu bewilligen ist, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt und § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht. Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt aber gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. (bereits) dann vor, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt. Eine darauf gestützte Änderung des Familiennamens darf in einem Fall wie dem vorliegenden gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. (nur) dann nicht bewilligt werden, wenn die beantragte Änderung des Familiennamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist. Die wiedergegebenen Beschwerdeausführungen verkennen insoweit die Rechtslage.

Ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage des NÄG seit dem Namensrechtsänderungsgesetz BGBl. Nr. 25/1995 ist es ferner, dass der eheliche, nicht obsorgeberechtigte Elternteil mit Aussicht auf Erfolg nur solche Gründe gegen die beantragte Namensänderung vorbringen kann, aus denen sich ergibt, dass die Führung des bisherigen Namens dem Wohl des Kindes besser entspricht und daher die Änderung des Namens dem Kindeswohl "abträglich" wäre; dies entspricht der eingeschränkten Parteistellung dieses Elternteiles. Argumente des Beschwerdeführers, die seine eigene Rechtsposition betreffen, müssen daher ins Leere gehen (vgl. dazu bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/01/0212, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).

2.2. Die Beschwerde macht weiters als Verfahrensmangel geltend, das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach durch die Änderung des Familiennamens tiefgreifend das Wohl des Kindes beeinträchtigt werde, sei von der belangten Behörde ignoriert worden. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Beeinträchtigung des Kindeswohles zu überprüfen. Der Beschwerdeführer habe mehrmals die Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens beantragt. Dies sei jedoch nicht geschehen, sodass die belangte Behörde ein lediglich mangelhaftes Verfahren durchgeführt habe.

Auch mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

Der Gesetzgeber hat dadurch, dass er der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug gegeben hat, auch zum Ausdruck gebracht, allenfalls mit einer solchen Namensänderung erwachsende psychische Belastungen des Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0019 = VwSlg. 16.577 A, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, vgl. aus der Folgejudikatur etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/06/0217, vom , Zl. 2010/06/0113, vom , Zl. 2010/06/0239, und vom , Zl. 2010/06/0271).

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren konkret keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die den Beschwerdefall als einen Ausnahmefall darzustellen vermögen und die - über die Einholung der Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie hinausgehend - die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätten angezeigt erscheinen lassen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2010/06/0129 und 0130, und vom , Zl. 2008/06/0169, jeweils mwH).

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass im erstinstanzlichen Verfahren eine Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie eingeholt wurde und die belangte Behörde sich die darin zum Ausdruck gebrachte Einschätzung, wonach die beabsichtigte Namensänderung dem Kindeswohl nicht abträglich sei, zu Eigen gemacht hat. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid auch im Einzelnen mit dem vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Einwänden auseinandergesetzt. Die Beschwerde tritt dem nicht (mehr) entgegen.

Demnach trifft es weder zu, dass die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers ignoriert und die behauptete Beeinträchtigung des Kindeswohles keiner Überprüfung unterzogen hat, noch kann der Beschwerde insoweit eine ausreichende Relevanzdarstellung hinsichtlich der von ihr behaupteten Verfahrensmängel entnommen werden.

3. Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-67695