VwGH vom 25.09.2012, 2009/17/0049

VwGH vom 25.09.2012, 2009/17/0049

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2009/17/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, die Hofrätin Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerden der C GmbH in G, vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft m.b.H. Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, in 1030 Wien, Boerhaavegasse 6, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom ,

1.) Zl. RV/0212-G/08 (hg. Verfahren Zl. 2009/17/0049), betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich Vergütung von Erdgasabgabe und Festsetzung der Erdgasabgabevergütung jeweils für 1-12/2002, 1-12/2003, 1-12/2004 sowie 1-12/2005 und

2.) Zl. RV/0834-G/07 (hg. Verfahren Zl. 2009/17/0050), betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich Vergütung von Erdgasabgabe und Festsetzung der Erdgasabgabevergütung jeweils für 1-12/1999, 1-12/2000 sowie 1-12/2001,

zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Die Beschwerdeführerin betreibt nach den Feststellungen der belangten Behörde eine erdgasbefeuerte Gasturbine mit Wärmetauscher, wobei eine Turbine mit Erdgas versorgt und Strom erzeugt wird. Die durch den Verbrennungsprozess entstehende Abwärme wird über einen Abhitzekessel in den Wärmetauscher geleitet und steht als (Liefer )Wärme zur Verfügung.

Die Beschwerdeführerin beantragte in den jeweiligen Streitjahren für jenes Erdgas, welches der Gasturbine zugeführt wurde, monatlich volle Vergütung. Das Finanzamt setzte die Vergütungsbeträge laufend mit (Monats )Bescheiden antragsgemäß fest.

Nach einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt zu den Streitjahren jeweils die Rechtsansicht, dass die Vergütung zu versagen sei, soweit sie auf die (Liefer )Wärme entfalle, und nahm die Verfahren wieder auf. Begründend meinte das Finanzamt, im Zuge der Betriebsprüfung führe " - aus der isolierten Betrachtung jedes einzelnen Jahres - die Tatsache, dass seitens des geprüften Unternehmens eine Vergütung der Erdgasabgabe auch für jenen Teil geltend gemacht wurde, welcher sich tatsächlich jedoch auf den nicht begünstigten Erdgaseinsatz zur Wärmeerzeugung bezieht, zur Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 4 BAO". In den wiederaufgenommen Verfahren kürzte sie die Vergütungsbeträge im Verhältnis der erzeugten Energieprodukte Strom und Wärme anteilig.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerin betreffend Wiederaufnahme ab. Die Beschwerdeführerin zeige mit ihrem Vorbringen, dem Finanzamt seien zum Zeitpunkt der Außenprüfung die näheren Umstände zur Energieabgabenvergütung durch eine zuvor durchgeführte Nachschau bereits bekannt gewesen, keine Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahmebescheide auf. Entscheidend sei nämlich der Wissenstand der Abgabenbehörde zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens; das sei im Beschwerdefall der Zeitpunkt der Erlassung der einzelnen Vergütungsbescheide. Kämen nachträglich - also nach diesem Zeitpunkt - neue Tatsachen hervor, so berechtigten sie das Finanzamt jederzeit zur Wiederaufnahme des Verfahrens, und zwar auch dann, wenn es zwischenzeitig auf Grundlage eines inzwischen vollständig bekannten Sachverhaltes von der Rechtmäßigkeit eines Bescheides ausgegangen sei und deshalb vorerst keine weiteren Veranlassungen getroffen habe. Zum Zwecke der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang gegenüber dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen, sofern nicht Billigkeitsgründe dagegen sprächen.

Den Berufungen betreffend Festsetzung der Erdgasabgabevergütung gab die belangte Behörde teilweise Folge. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der von der Anlage produzierten Strom- und Wärmemenge ("Reine Output-Methode") erweise sich insofern nicht als sachgerecht, als sie unterschiedliche energetische Wertigkeiten von Strom und von Wärme unberücksichtigt lasse. Die Aufteilung der Erdgasabgabe in einen vergütungsfähigen und einen nicht vergütungsfähigen Teil sei daher nach einem gewichteten Strom- und Wärme-Output der Anlage vorzunehmen.

Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht werden. Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte. Die Beschwerdeführerin erstattete jeweils eine Replik zur Gegenschrift.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - über sie erwogen:

I. Zur Festsetzung der Erdgasabgabevergütung:

Die vorliegenden Beschwerdefälle gleichen hinsichtlich der Frage der Berechnung der Erdgasabgabevergütung bei Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht dem dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/17/0096, zu Grunde liegenden Fall in einem Maß, das es erlaubt, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Gründe jenes Erkenntnisses zu verweisen.

Die angefochtenen Bescheide erweisen sich daher ebenfalls mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben waren.

II. Zur Wiederaufnahme:

Da eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen erfordert, dass bei Vorliegen der Wiederaufnahmegründe ein im Spruch anders lautender Bescheid zu ergehen hätte, als der das wieder aufgenommene Verfahren beendende (vgl. Stoll , BAO-Kommentar, 1994, 2917 f), der angenommene Wiederaufnahmegrund einer (der Stromerzeugung nachgelagerten) Wärmeerzeugung aus der technisch unvermeidbaren Abwärme aber - im Gegensatz zur Annahme der Berufungsentscheidung - einer ungekürzten Abgabenvergütung nach § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG nicht im Wege steht, erweist sich in den Beschwerdefällen auch die damit begründete Wiederaufnahme des Verfahrens schon deshalb als rechtswidrig.

Die angefochtenen Bescheide waren daher auch in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/15/0128).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 4 und Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal es sich beim geltend gemachten subjektiven Recht nicht um ein "civil right" im Sinn des Art 6 EMRK handelt und der Beschwerde ohnedies Folge gegeben worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. Nr. 455.

Wien, am