VwGH 23.04.2009, 2009/17/0045
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, in der Beschwerdesache des AS in M, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenats vom , Zl. ZRV/0033-Z3K/05, betreffend Altlastenbeitrag zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/07/0060, und vom , Zl. 2004/07/0153, zu verweisen.
1.1. Mit dem zuerst genannten Erkenntnis wurde ein an den Beschwerdeführer gerichteter, im Instanzenzug bestätigter Feststellungsbescheid betreffend die Abfalleigenschaft eines vom Beschwerdeführer auf bestimmten Grundstücken ausgebrachten Klärschlamms wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Mit dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Bescheid des Landeshauptmann von Tirol (belangte Behörde in jenem Verfahren) vom hatte die belangte Behörde in jenem Verfahren der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck teilweise Folge gegeben und Feststellungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 bis 4 ALSaG getroffen.
Die belangte Behörde hatte festgestellt, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer im Jahr 2000 auf den Grundstücken 2427, 1944, 1770/1 und 2415, alle GB 81001 A, auf dem Grundstück Nr. 974, GB 81016 T, sowie auf einem Bahndamm im Gebiet der Stadtgemeinde H aufgebrachten Klärschlamm bzw. Klärschlammgemisch um Abfall im Sinne des § 2 Abs. 4 ALSaG handle (Spruchpunkt 1), dass dieser Abfall dem Altlastenbeitrag unterliege (Spruchpunkt 2), dass dieser Abfall der Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 ALSaG zuzuordnen sei (Spruchpunkt 3) und dass die Voraussetzungen, für diese Abfälle die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 ALSaG nicht anzuwenden, vorlägen.
Dieser Bescheid wurde mit dem zitierten Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; Grund dafür war im Wesentlichen der Umstand, dass die allein zur Stützung der Argumentation der Unzulässigkeit der Verwertung des Klärschlammes herangezogene "Richtlinie für die Ausbringung von Klärschlamm auf Böden" der Tiroler Landesregierung vom Oktober 1989 keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsgrundlage darstelle; mangels eines konkreten Bezuges zwischen den Vorgaben dieser Richtlinie, dem konkret in Rede stehenden Vorgang und den damit im Einzelfall zu gewärtigenden Umweltbeeinträchtigungen könne nicht von einer in schlüssiger Weise erfolgten Darstellung der Gefährdung öffentlicher Interessen und damit von der Unzulässigkeit einer Verwertung ausgegangen werden.
1.2. Im fortgesetzten Verfahren führte die in jenem Verfahren belangte Behörde ergänzende Ermittlungen durch, insbesondere richtete sie eine weitere Anfrage an den landwirtschaftlichen Amtssachverständigen, welcher sich dazu am äußerte. Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer und der mitbeteiligten Partei zur Kenntnis gebracht, welche jeweils Stellungnahmen dazu erstatteten.
Mit dem zur Zl. 2004/07/0153 angefochtenen Bescheid vom änderte der Landeshauptmann von Tirol den Bescheid der Bezirskhauptmannschaft vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG in teilweiser Stattgebung der Berufung ab, und traf neuerlich die im Bescheid vom enthalten gewesenen Feststellungen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen. Begründend verwies der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis insbesondere darauf, dass eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen im Sinne des ALSaG nicht nur voraussetze, dass die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet würden, sondern auch, dass die für diese Verwendung oder Verwertung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen (etwa Bewilligungen nach dem WRG 1959 oder nach den jeweiligen Bauvorschriften), Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. vorlägen. Dem Gesetzgeber des ALSaG könne nämlich nicht unterstellt werden, er habe eine Verwendung oder Verwertung von Abfällen, die der Rechtsordnung widerspricht, privilegieren wollen, in dem er sie von der Beitragspflicht ausgenommen hat (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0110).
Das Vorliegen einer wasserrechtlichen Genehmigungspflicht und das Fehlen einer solchen wasserrechtlichen Bewilligung führe daher im vorliegenden Fall dazu, dass nicht von einer zulässigen Verwendung oder Verwertung von Abfällen ausgegangen werden könne.
1.3. Mit Bescheid vom des Zollamts Innsbruck wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 201 BAO in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z 1 und § 7 Abs. 1 Z 1 ALSaG der Altlastenbeitrag für die im Jahre 2000 auf den oben unter Punkt 1.1. genannten Grundstücken aufgebrachten 1.670 Tonnen Abfälle (Klärschlamm und Klärschlammgemisch) in Höhe von EUR 48.545,45 zuzüglich eines Säumniszuschlages in Höhe von EUR 970,36 vorgeschrieben.
1.4. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er ausführte, dass er um die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung bemüht sei. Darüber hinaus sei die Tätigkeit des Beschwerdeführers als "Lagern" zu qualifizieren, welches binnen Jahresfrist nicht beitragspflichtig sei.
1.5. Mit Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Innsbruck vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Vorwurf der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gehe angesichts des rechtskräftigen Berufungsbescheides gemäß § 10 Abs. 1 ALSaG ins Leere. Im Übrigen seien die 1.670 t Klärschlammgemisch mit der Absicht aufgebracht worden, diese zur Bodenverbesserung dauernd dort zu belassen.
1.6. Gegen diese Berufungsvorentscheidung brachte der Beschwerdeführer den Rechtsbehelf der Administrativbeschwerde ein.
1.7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften des Altlastensanierungsgesetzes aus, dass die Menge des auf den näher genannten Grundstücken sowie auf einem Bahndamm aufgebrachten Klärschlammes bzw. Klärschlammgemisches unbestritten sei. Die belangte Behörde sei zudem an den rechtskräftigen Feststellungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom gebunden. In diesem Bescheid sei festgestellt worden, dass es sich bei dem ausgebrachten Klärschlamm bzw. Klärschlammgemisch um Abfall im Sinne des § 2 Abs. 4 ALSaG handle. Es sei somit für die Abgabenbehörde bindend festgestellt, dass der aufgebrachte Klärschlamm bzw. das Klärschlammgemisch dem Altlastenbeitrag unterliege. Der Landeshauptmann sei in der Begründung des Feststellungsbescheides von einer langfristigen Lagerung von Abfällen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ALSaG ausgegangen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es liege ein "Lagern" innerhalb einer einjährigen, nicht beitragspflichtigen Frist vor, widerspreche dem bindenden Spruch des Feststellungsbescheides, da dem Altlastenbeitrag gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ALSaG in Verbindung mit § 2 Abs. 7 ALSaG nur das länger als einjährige Lagern von Abfällen unterliege. Nach einem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0115, und der Feststellung, dass eine projektsgemäße Entfernung des Klärschlammes von den Grundflächen nie behauptet worden sei, wird geschlossen, dass unzweifelhaft ein langfristiges Ablagern vorgelegen sei.
1.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, als Frächter vom Abwasserverband F den Auftrag erhalten zu haben, den Klärschlamm wegzutransportieren. Der Beschwerdeführer sei somit nicht der Beitragsschuldner gemäß § 4 Z 4 ALSaG.
1.9. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299/1989 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 und BGBl. I Nr. 96/1997 (in der Folge: ALSaG), lauteten auszugsweise:
"§ 2. ...
(4) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, in der jeweils geltenden Fassung, soweit Abs. 5 nicht anderes bestimmt.
...
(7) Lagern im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das länger als einjährige Lagern von Abfällen, damit diese Abfälle für eine Behandlung - ausgenommen für eine stoffliche oder thermische Verwertung - bereitgehalten oder vorbereitet werden."
"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:
das langfristige Ablagern von Abfällen;
das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);
das Lagern von Abfällen;
... "
"§ 4. Beitragsschuldner ist
der Betreiber einer Deponie oder eines Lagers
im Falle der Beförderung der Abfälle zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes der Inhaber der Bewilligung zur Ausfuhr aus Österreich gemäß Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, in der jeweils geltenden Fassung,
3. derjenige, der mit Abfällen Geländeunebenheiten verfüllt oder Geländeanpassungen vornimmt oder Abfälle in geologische Strukturen einbringt oder
4. in allen übrigen Fällen derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst oder duldet."
"§ 7 (1) Die Beitragsschuld entsteht im Falle
1. ...
...
3. des Lagerns mit Ablauf des Kalendervierteljahres, das auf die einjährige, nicht beitragspflichtige Frist für die Lagerung folgt,
4. ...''
2.2. Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung, dass der Beschwerdeführer Beitragsschuldner gemäß § 4 Z 4 ALSaG hinsichtlich der rechtskräftig festgestellten Beitragspflicht für das Ausbringen des Klärschlamms bzw. Klärschlammgemisches sei. Der Beschwerdeführer tritt dieser Auffassung mit der Behauptung entgegen, dass er als Frächter vom Abwasserverband F zum Abtransport bzw. der Ausbringung des Klärschlamms beauftragt gewesen sei (gegen die von der belangten Behörde dem Bescheid zu Grunde gelegte Annahme, dass - nicht nur wegen der Bindungswirkung des Bescheids des Landeshauptmanns von Tirol vom , sondern auch auf Grund der eigenen Sachverhaltsfeststellungen und rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde - die Ausbringung den Tatbestand des langfristigen Ablagerns von Abfällen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ALSaG erfüllt, bringt die Beschwerde nichts mehr vor).
2.3. Die belangte Behörde hält dem Beschwerdevorbringen in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, dass der Beschwerdeführer sich erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf einen derartigen Auftrag zur Ausbringung des Klärschlamms beruft. Diesem Vorbringen steht daher das Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG entgegen. Wie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, hat sich der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren wie dargestellt auf seine Bemühungen zur Erlangung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Ausbringung des Klärschlamms berufen und im Übrigen lediglich die rechtliche Qualifikation der Ausbringung als langfristiges Ablagern bekämpft. Es bestehen daher keine Bedenken gegen die von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen.
2.4. Auf dem Boden dieser Feststellungen ist die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei gemäß § 4 Z 4 ALSaG beitragspflichtig für die nach § 3 Abs. 1 Z 1 ALSaG abgabepflichtige langfristige Lagerung von Abfall nicht zu beanstanden. Auf die weiteren Überlegungen der Beschwerde im Zusammenhang mit dem behaupteten Vorliegen eines Auftrags zum Ausbringen ist schon im Hinblick auf das nach den vorstehenden Überlegungen eingreifende Neuerungsverbot nicht weiter einzugehen.
2.5. Die Beschwerde zeigt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | ALSAG 1989 §2 Abs4; ALSAG 1989 §2 Abs7; ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1; ALSAG 1989 §4 Z4; VwRallg; |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2009170045.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAE-67689