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VwGH vom 01.04.2010, 2009/17/0021

VwGH vom 01.04.2010, 2009/17/0021

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2009/17/0189

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerden des Dr. HG, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Datenschutzkommission beim Bundeskanzleramt 1.) vom , Zl. K121.410/0008-DSK/2008 (Zl. 2009/17/0021), und 2.) vom , Zl. K121.502/0008-DSK/2009 (Zl. 2009/17/0189), betreffend Anspruch auf Löschung nach dem Datenschutzgesetz 2000,

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde wird - soweit sie sich nicht auf die Daten im KPA bezieht - als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird - soweit sie sich auf die im KPA gespeicherten Daten bezieht - als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen den erstangefochtenen Bescheid werden gegeneinander aufgehoben.

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund die im Beschwerdeverfahren gegen den zweitangefochtenen Bescheid entstandenen Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am richtete der Beschwerdeführer ein auf § 26 DSG 2000 gestütztes Auskunftsersuchen über seine Person betreffende Daten an die Bundespolizeidirektion Wien.

In einer Datenauskunft dieser Behörde vom wurde ihm eröffnet, dass zu seiner Person Daten im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen des Verdachts des Betruges gespeichert seien (vgl. hiezu auch die im Folgenden wiedergegebene Begründung des zweitangefochtenen Bescheides).

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Wien die Löschung sämtlicher zu seiner Person (automationsunterstützt oder nicht automationsunterstützt) verarbeiteter Daten, insbesondere im KPA, in den allgemeinen Protokollen und in den entsprechenden Erhebungsakten.

In einem Schreiben vom vertrat die Bundespolizeidirektion Wien zunächst die Auffassung, dem Löschungsantrag stehe derzeit § 26 Abs. 7 DSG 2000 entgegen, wonach der Auftraggeber ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraumes von vier Monaten und im Fall der Erhebung einer Beschwerde gemäß § 31 an die Datenschutzkommission bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht vernichten dürfe. Da die Daten in allgemeinen Protokollen für den Verwendungszweck der Aktenverwaltung zur Wiederauffindung der Aktenkopie und zur Dokumentation behördlichen Handelns jedenfalls benötigt würden, werde eine Löschung dieser Daten auch nach Ablauf der Sperrfrist nicht erfolgen. Die in unstrukturierten Erhebungsakten enthaltenen personenbezogenen Informationen unterlägen demgegenüber überhaupt nicht dem Löschungsrecht nach § 27 DSG 2000.

Am erhob der Beschwerdeführer Datenschutzbeschwerde an die belangte Behörde. Er beantragte die Gesetzmäßigkeit der Unterlassung der Löschung der Daten im KPA, in den allgemeinen Protokollen und im Erhebungsakt zu überprüfen.

Aus den Verwaltungsakten ist ersichtlich - was auch unstrittig ist -, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom gemäß § 27 Abs. 4 DSG 2000 von der antragsgemäßen Löschung der Daten aus dem KPA informiert wurde.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides teilte die belangte Behörde die Auffassung der Bundespolizeidirektion Wien, wonach § 26 Abs. 7 DSG 2000 dem Löschungsbegehren des Beschwerdeführers entgegen gestanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2009/17/0021 protokollierte Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Am erhob der Beschwerdeführer neuerlich Datenschutzbeschwerde an die belangte Behörde. Darin macht er im Wesentlichen geltend, dass die Daten in den allgemeinen Protokollen und im Erhebungsakt (auch nach Wegfall des von der Bundespolizeidirektion Wien behaupteten vorläufigen Löschungshindernisses gemäß § 26 Abs. 7 DSG 2000) nach wie vor nicht gelöscht worden seien.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde auch die Datenschutzbeschwerde des Beschwerdeführers vom abgewiesen.

Dabei ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

"Gegen den Beschwerdeführer, der als Rechtsanwalt und Strafverteidiger praktiziert, wurde im Jahr 2007 von Seiten eines früheren Mandanten, der den Beschwerdeführer in Straf- wie Zivilverfahren beauftragt und ihm Vollmacht erteilt hatte, nach Kündigung des Auftrags- und Vollmachtsverhältnisses Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft und der Rechtsanwaltskammer mit der Behauptung erstattet, der Beschwerdeführer habe Akontozahlungen bzw. Honorarvorschüsse in Höhe von EUR 800,-- 'verschwinden' lassen bzw. nicht ordnungsgemäß abgerechnet. Mit Verfügung vom erteilte in dieser Sache das Bezirksgericht Hietzing entsprechend einem Antrag des öffentlichen Anklägers (Staatsanwaltschaft Wien, Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Hietzing) vom der Beschwerdegegnerin (z.Hd. des Stadtpolizeikommandos Wien-Meidling als der die folgenden Ermittlungen leitenden Dienststelle) den Auftrag, den Beschwerdeführer als Verdächtigen einzuvernehmen und einen Strafregisterauszug beizuschaffen. Der Beschwerdeführer wurde am als Verdächtiger von Beamten der Polizeiinspektion (PI) Lainzer Straße zur Sache befragt. Die darüber aufgenommene Niederschrift wurde unter Anschluss eines Personalblattes mit den Daten des Beschwerdeführers, der von ihm anlässlich der Einvernahme vorgelegten Urkundenkopien (u.a. Honorarnoten, Aufträge und Vollmachten, Aktenvermerk, Schriftsatz an die Rechtsanwaltskammer vom September 2007) und eines Strafregister-, eines PI, EDE- und eines KPA-Auszugs (alle negativ) betreffend den Beschwerdeführer am zu GZ: ... dem Bezirksgericht Hietzing 'nach Entsprechung rückgemittelt'.

...

Zu dem gegenständlichen kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren (in der Terminologie vor dem Strafprozessreformgesetz: sicherheitsbehördliche Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz) werden im PAD von der Beschwerdegegnerin weiters folgende innere Verfahrens- und Dokumentationsdaten verarbeitet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Begleitschreiben zum Aktenversand an das BG Hietzing vom ;
-
Aktenvermerk vom (betreffend Probleme bei phonetischer Suche nach Daten des Beschwerdeführers im EKIS-EDE (erkennungsdienstliche Evidenz);
-
Ladung an den Beschwerdeführer vom ;
-
Niederschrift vom ;
-
Personalblatt vom (Dateninhalt: wie äußere Verfahrensdaten);

- Kurzbrief betreffend Löschung KPA-Daten vom

;

- Kurzbrief an Büro für Rechtsfragen und Datenschutz

vom (Vollzugsmeldung Löschung KPA);

- Kurzbrief an Büro für Rechtsfragen und Datenschutz

vom (Vorlage Aktenkopie).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die übrigen Aktenteile liegen nur in Form eines Papieraktes (Kopienaktes) als Sammlung von Urkunden unter der GZ:
... vor.
Das gegen den Beschwerdeführer anhängig gewesene Strafverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Wien nach Vorliegen der Ermittlungsergebnisse der Beschwerdegegnerin am 30.
Oktober 2007 durch Zurücklegung der Strafanzeige gemäß § 90 StPO (alt) rechtskräftig beendet. Die Beschwerdegegnerin erfuhr davon durch Mitteilung der Polizeiabteilung bei der StA Wien vom , GZ: E1/236950/2008."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Darlegungen, wonach die Datenspeicherung der Bundespolizeidirektion Wien und nicht dem Gericht zuzurechnen sei, Folgendes aus:
"...
b)
Zur Zulässigkeit der Speicherung von Verfahrensdaten nach Verfahrensbeendigung durch Einstellung/Zurücklegung:
Der Beschwerdeführer bestreitet, dass nach Einstellung kriminalpolizeilicher Ermittlungen die weitere Speicherung von Verfahrensdaten für ihren Ermittlungszweck erforderlich sei, da er unbescholten sei. Er schließt daraus auf eine generelle Löschungsverpflichtung betr. alle aktenmäßigen Aufzeichnungen samt Aktensuchbehelfen über diese Ermittlungen; dies umso mehr, als aus der weiteren Datenspeicherung Gefahr für die Vermutung seiner Unschuld drohe.
Die Suche nach gesetzlichen Regelungen über die zulässige Dauer der Aktenspeicherung führt im vorliegenden Fall zunächst zur StPO, da die beschwerdegegenständlichen Daten für Zwecke der Kriminalpolizei ermittelt wurden: Die §§
95 - 97 StPO enthalten unter der Überschrift 'Protokollierung' Regelungen betr. die Pflicht und Art und Weise der Dokumentation von 'bedeutsamen Vorgängen' im Verfahrensverlauf; darunter finden sich aber keine Anordnungen hinsichtlich der zulässigen Dauer der Aufbewahrung des Dokumentationsmaterials. Weiters enthält § 18 StPO unter der Überschrift 'Kriminalpolizei' in seinem Abs. 2 die Vorschrift, dass 'die Kriminalpolizei den Sicherheitsbehörden (obliegt), deren Organisation und örtliche Zuständigkeit sich nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung richtet'. Die 'Organisation der Sicherheitsverwaltung' ist im 2. Hauptstück des SPG (§§ 2 - 15c) geregelt. Dort finden sich in § 13 Regelungen über das Kanzleiwesen bei den Sicherheitsbehörden, Bundespolizeidirektionen und Polizeikommanden, die im Wege des § 18 StPO im vorliegenden Fall kriminalpolizeilicher Ermittlungen Anwendung zu finden haben. Hinsichtlich der erlaubten Dauer der Aufbewahrung von Daten in Akten und Kanzleisuchbehelfen enthält jedoch auch § 13 keine besondere Regelung.
Die §§
51 ff des SPG (insbes. § 63 SPG) können im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, da sie nur die Verwendung von Daten für sicherheitspolizeiliche Zwecke, nicht aber für kriminalpolizeiliche Zwecke betreffen.
Hinsichtlich des §
13 SPG vertritt der VfGH in nunmehr ständiger Judikatur (vgl. die Erk. B1158/03, B1590/03, B3517/05 u. a.m.) die Rechtsansicht, dass 'die Verarbeitung personenbezogener Daten über Personen, auf die sich sicherheitspolizeiliche Maßnahmen beziehen, nicht dem inneren Dienst zugerechnet werden können, soweit damit deren Rechtsposition gestaltet wird. Es sind damit die Regelungen des Sicherheitspolizeigesetzes über das Verwenden personenbezogener Daten anzuwenden'. Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar um kriminalpolizeiliche Daten, sodass das Sicherheitspolizeigesetz schon deshalb - mit Ausnahme der Bestimmungen über die Organisation und örtliche Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden (vgl. § 18 Abs. 1 StPO) - nicht zur Anwendung kommen kann, doch ist aus dem Verbot der Zurechnung von Aufzeichnungen von personenbezogenen Daten über Außenstehende zum 'inneren Dienst' zu folgern, dass Regelungen im Bereich der Aktenverwaltung, die die Rechtssphäre von Außenstehenden berühren, nicht durch interne Weisung mit rechtlicher Außenwirkung getroffen werden können, sondern nur durch gesetzliche Anordnung. Skartier- oder Kanzleiordnungen mit dem Charakter interner Organisationsvorschriften kommen daher als relevante Regelungen über die zulässige Speicherdauer von Akten/Aktensuchbehelfen nicht in Betracht.
Somit kann nur auf die allgemeinen Grundsätze des §
6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 über die zulässige Speicherdauer von personenbezogenen Daten zurückgegriffen werden: Nach § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 dürfen 'Daten nur solange in personenbezogener Form aufbewahrt werden, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, erforderlich ist; eine längere Aufbewahrungsdauer kann sich aus besonderen gesetzlichen, insbesondere archivrechtlichen Vorschriften ergeben'.
Die Datenschutzkommission ist der Ansicht, dass es im Sinne des §
6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 einer 'besonderen gesetzlichen Vorschrift' über die Aufbewahrungsdauer jedoch im vorliegenden Fall nicht bedarf, da schon 'die Erreichung der Zwecke, für die (die Daten) ermittelt wurden' eine Aufbewahrung der Verfahrensdokumentation über die Verfahrensdauer hinaus erfordert.
Entscheidend ist hiebei, dass auch Verfahren, die zur Einstellung oder zum Freispruch geführt haben, unter Umständen nach ihrem Abschluss wieder eröffnet werden können (vgl. insbes. das XX.
Hauptstück der StPO 'Von der Wiederaufnahme und der Erneuerung des Strafverfahrens sowie der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand' und auch das 10. Hauptstück über die 'Einstellung, Abbrechung und Fortführung des Ermittlungsverfahrens'). Schon dies setzt augenfällig voraus, dass eine Dokumentation über den bisherigen Verfahrensverlauf in jedem Fall auch nach dem Verfahrensabschluss noch vorhanden sein muss.
Auch würde die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach das bloße Vorhandensein von Verfahrensdokumentation die Geltung der Unschuldsvermutung für ihn gefährde -
konsequent durchdacht - dazu führen müssen, dass nicht nur die Akten über kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei den Sicherheitsbehörden, sondern auch alle Akten nach Einstellungen oder Freisprüchen bei den Strafgerichten oder der Staatsanwaltschaft umgehend zu vernichten wären. Damit ginge aber auch jeder Nachweis eines erfolgten Freispruchs oder einer Verfahrenseinstellung durch die Anklagebehörde verloren. Diese Nachweisbarkeit der 'Unschuld' ist vom Zweck des Strafverfahrens mit umfasst, da hiebei ja nicht nur alles zu berücksichtigen ist, was die Schuld des Verdächtigen nachweisen könnte, sondern auch alles, was seine Unschuld beweist. Tatsache ist jedenfalls, dass eine Vorgangsweise, wonach etwa Gerichtsakten im Falle eines Freispruchs des Angeklagten sofort zu vernichten wären, der österreichischen Rechtspraxis völlig fremd ist.
Vielmehr ist es -
ganz abgesehen von einer möglicherweise notwendigen neuerlichen Verfahrensdurchführung - für einen Rechtsstaat unerlässlich, dass Dokumentation über staatliches Handeln in Aktenform mindestens so lange vorhanden ist, als die unterschiedlichen, zur Prüfung der Rechtmäßigkeit außerhalb von Rechtsmittel- und fristgebundenen Beschwerdeverfahren berufenen Institutionen ihre Prüfkompetenz ausüben dürfen. Diese Aufbewahrung der Dokumentation über staatliches Handeln zum Zweck der Nachprüfbarkeit seiner Rechtmäßigkeit ist als vom 'Zweck der Ermittlung' mitgetragen anzusehen. Die Annahme einer Pflicht zur sofortigen Vernichtung der Verfahrensdokumentation nach Verfahrensbeendigung würde demgegenüber die Gefahr der Förderung von Rechtswillkür und Korruption in sich bergen, da Organwalter - und von ihnen begünstigte Außenstehende - die nachgängige Kontrolle von staatlichem Handeln auf seine Rechtmäßigkeit hin in weit geringerem Maße fürchten müssten als bisher. Gerade im Zusammenhang mit kriminalpolizeilichen Ermittlungen ist aber die nachgängige Überprüfbarkeit der Vorgangsweise der kriminalpolizeilichen Organwalter für die Effektivität eines Rechtsstaates von besonderer Bedeutung.
Dass eine Pflicht zur Aufbewahrung von Akten auch nach Verfahrensbeendigung in der österreichischen Rechtsordnung ganz
generell als selbstverständliches Erfordernis in einem Rechtsstaat vorausgesetzt wird, ergibt sich im Übrigen auch aus zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen. So wird etwa in den §§ 5 ff des Bundesarchivgesetzes, BGBl I Nr. 162/1999 idgF, auf die Skartierung von Akten ausdrücklich Bezug genommen, d.h. auf die Praxis, dass Akten während einer gewissen, mehrere Jahre dauernden 'Skartierfrist' jedenfalls aufzubewahren sind, und erst dann darüber entschieden wird, ob sie vernichtet oder infolge Archivwürdigkeit dem Staatsarchiv zur dauernden Aufbewahrung übergeben werden. Auch sämtliche gesetzlichen Vorschriften über die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungshandelns außerhalb von Rechtsmittel- oder fristgebundenen Beschwerdeverfahren, wie etwa die Tätigkeit der Volksanwaltschaft oder des Rechnungshofs - aber auch der Datenschutzkommission -, setzen voraus, dass Verfahrensdokumentation auch nach Abschluss von Verwaltungsverfahren für einen bestimmten Zeitraum noch vorhanden ist.
c)
Die vorstehenden Erwägungen über die Erforderlichkeit der Aufbewahrung von Verfahrensakten stehen nur scheinbar im Widerspruch zu dem Anliegen des Beschwerdeführers:
Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass die Aufbewahrung der Verfahrensdokumentation nach Verfahrensbeendigung nicht mehr erforderlich sei, sobald sich die Unschuld eines Verdächtigten herausgestellt habe, wird von ihm vorrangig aus Sorge vor der Präjudizierung künftiger Meinungsbildung über seine Person durch allfälligen Rückgriff (von Polizeiorganen) auf die bereits bestehende Verfahrensdokumentation im Falle der Untersuchung später eingetretener neuer Sachverhalte (aufgestellt). Tatsächlich sind derartige Befürchtungen nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Die besondere Eingriffsintensität einer derartigen Verwendung von Daten in die Grundrechtssphäre des Betroffenen, insbesondere in die durch Art.
8 EMRK geschützten Rechte, gebietet es, den 'Zweck der Ermittlung' nach § 6 Abs. 1 Z 5 DSG 2000 bei strafrelevanten Daten eng zu ziehen und daher das Erheben von Daten zur Aufklärung eines bestimmten strafrelevanten Sachverhalts nicht gleichzusetzen mit dem generellen Zweck der Aufklärung von strafrelevanten Sachverhalten schlechthin.
Das Anliegen des Beschwerdeführers betrifft daher im Kern die
Weiterverwendung von Verfahrensdaten für einen neuen - vom ursprünglichen Ermittlungszweck verschiedenen - Zweck , nämlich die Aufklärung anderer strafrelevanter Sachverhalte: Was der Beschwerdeführer unterbinden will, ist die Heranziehung der Dokumentation über bestimmte frühere Ermittlungsergebnisse zur Informationsgewinnung im Hinblick auf spätere, neue Vorfälle, die denselben Beschuldigten betreffen - eine Verwendung, die im Folgenden als 'Informationsrückgriff' bezeichnet werden soll.
Dass es tatsächlich notwendig sein sollte, zur Vermeidung eines derartigen Informationsrückgriffs die Dokumentation der Verfahrensdaten nach Verfahrensbeendigung umgehend zu löschen und dabei in Kauf zu nehmen, dass dadurch die Möglichkeit einer Wiedereröffnung oder der nachprüfenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Verfahrens vereitelt wird, wird von der Datenschutzkommission bestritten: Gerade seitdem das Handeln staatlicher Organe nahezu ausschließlich elektronisch dokumentiert wird, ist jeder Zugriff auf Verfahrensdokumentationsdaten kontrollierbar. Eine vom Gesetz nicht vorgesehene Weiterverwendung kann daher mit vernünftigem technischem und organisatorischem Aufwand unterbunden werden, sodass die Löschung generell nicht mehr als der einzige verlässliche Weg zur Vermeidung einer unerwünschten Weiterverwendung von Daten angesehen werden kann.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass eine Äußerung der Beschwerdegegnerin, die er als abgestufte Geltung der verfassungsrechtlichen Unschuldsvermutung interpretiert, sinngemäß als Nachweis einer Gefährdung seines Geheimhaltungsrechts und damit als Begründung seines Löschungsanspruchs gelten müsste, kann nicht gefolgt werden. Aus einer mehrdeutigen Äußerung in einem Verfahren kann kein zwingender Grund abgeleitet werden, der eine Gefährdung des Grundrechts auf Datenschutz durch bevorstehenden 'Informationsrückgriff' belegt. Dass eine missbräuchliche Verwendung der PAD-Daten nicht ausgeschlossen werden kann, zeigt zwar eine denkmögliche Gefährdung seines Grundrechts auf Geheimhaltung (§
1 Abs. 1 DSG 2000) auf, vermag aber keinen Grund darzulegen, warum die Verarbeitung der Daten an sich unrechtmäßig und ein darauf gestützter Löschungs anspruch rechtmäßig sein sollte.
d)
Im Übrigen hat auch der VfGH ausschließlich im Zusammenhang mit Verfahren betr. den wegen Grundrechtswidrigkeit aufgehobenen § 209 StGB eine generelle Löschungsverpflichtung elektronischer Dokumentationsdaten ausgesprochen. Außerhalb des Problembereichs des aufgehobenen § 209 StGB hat der VfGH die Zulässigkeit der Aufbewahrung strafrelevanter Daten für Zwecke des späteren Informationsrückgriffs bei neuerlichen strafrechtlichen Ermittlungen nicht generell verneint, sondern jeweils an eine vorhergehende Prüfung im Einzelfall unter Vornahme einer Interessensabwägung gebunden (vgl. etwa VfSlg 16149).
Dass die bei der Beschwerdegegnerin noch vorhandene Dokumentation von der Beschwerdegegnerin für den Zweck des Rückgriffs auf kriminalpolizeiliche Vorinformation über den Beschwerdeführer tatsächlich verwendet worden wäre und dadurch der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden wäre, hat der Beschwerdeführer jedoch nicht behauptet. Die Frage, ob überhaupt und wenn ja, unter welchen Kautelen eine solche Weiterverwendung zulässig wäre, musste daher im vorliegenden Bescheid nicht abschließend beurteilt werden.
e)
Hinsichtlich des Papieraktes wird auf die ständige Spruchpraxis beider Höchstgerichte des öffentlichen Rechts und der Datenschutzkommission verwiesen (VwGH Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0086; VfGH Erkenntnis vom , Zl. B1590/03), wonach ein Papierakt, der nicht die Merkmale einer manuellen Datei gemäß § 4 Z 6 DSG 2000 aufweist, nicht dem Löschungsrecht gemäß § 27 DSG 2000 unterliegt. Aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist zu folgern, dass der Papierakt über das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer keine solche manuelle Datei ist."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl.
2009/17/0189 protokollierte Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde legte zu beiden Beschwerdeverfahren die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in welchen die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt wird.
Mit Note vom 23.
Februar 2010 forderte der Verwaltungsgerichtshof die Streitteile auf, sich zur Frage zu äußern, ob das Beschwerdeverfahren gegen den erstangefochtenen Bescheid, soweit er nicht die schon während des ihm zu Grunde liegenden Verfahrens gelöschten KPA-Daten betrifft, durch die Erlassung des zweitangefochtenen Bescheides gegenstandslos geworden ist.
Hiezu äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, dass dies nicht der Fall sei, weil sich der zweitangefochtene Bescheid mit der Frage des vorläufigen Löschungsverbotes gemäß §
26 Abs. 7 DSG 2000 nicht befasse. Überdies sei der erstangefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig, weil er die endgültige Löschungsverweigerung bezüglich der allgemeinen Protokolle und des Erhebungsaktes nicht festgestellt habe.
Die belangte Behörde äußerte sich zu der vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfenen Frage der Gegenstandslosigkeit nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In Ansehung der maßgeblichen Rechtslage wird zunächst auf deren Darstellung im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/17/0064, verwiesen.

§ 26 Abs. 7 DSG 2000 lautete:

"(7) Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen darf der Auftraggeber Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten und im Falle der Erhebung einer Beschwerde gemäß § 31 an die Datenschutzkommission bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht vernichten."

I. Zur Beschwerde zur hg. Zl. 2009/17/0021:

1. In Ansehung der während des Verfahrens vor der Datenschutzkommission gelöschten Daten (KPA-Daten) war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. In diesem Zusammenhang genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2009/17/0075, zu verweisen.

2. In Ansehung der nicht während des Verfahrens vor der Datenschutzkommission gelöschten Daten ist Folgendes auszuführen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom , Zl. 96/19/0575, Nachstehendes ausgeführt:

"Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer 'Klaglosstellung' nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderungen maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (siehe dazu den schon erwähnten hg. Beschluss vom sowie jenen vom , Slg. Nr. 10.322/A). Ob in letzterem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Gesichtspunkten zu prüfen. Wenn der Beschwerdeführer durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt wäre, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde infolge der nach ihrer Erhebung eingetretenen Umstände der Fall ist, wird eine Beschwerde gegenstandslos, ohne dass der angefochtene Bescheid durch einen formellen Akt beseitigt wurde. Wenn kein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers mehr daran bestehen kann, dass der Verwaltungsgerichtshof über den angefochtenen Bescheid im Rahmen der Beschwerdepunkte entscheidet, so führt dies gleichfalls zur Einstellung des Verfahrens."

Mit dem Wortlaut des § 31 Abs. 2 DSG 2000, wonach die Datenschutzkommission zur Entscheidung "über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz" zuständig ist, meint der Gesetzgeber aktuelle Verletzungen und nicht Verletzungen, die sich in der Vergangenheit abgespielt haben, wenn der begehrte Zustand, u.a. die Löschung der in Frage stehenden Daten, mittlerweile eingetreten ist. Eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung des Rechtes auf Löschung hat nach den Intentionen des Gesetzgebers daher ausschließlich zum Ziel, den Beschwerdeführer erforderlichenfalls durch eine Entscheidung der Datenschutzkommission und ihre "Vollstreckung" (siehe dazu § 40 Abs. 4 DSG 2000) zur Durchsetzung des Rechtes auf Löschung zu verhelfen, und es kommt eine meritorische Entscheidung der Datenschutzkommission über eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung im Recht auf Löschung nur dann und so lange in Betracht, als die vom Beschwerdeführer angestrebte Löschung noch nicht durchgeführt bzw. veranlasst wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0007).

Vorliegendenfalls ergibt sich aus der Begründung des erstangefochtenen Bescheides, dass - wie der Beschwerdeführer selbst erkennt - die belangte Behörde sich zur Abweisung der Datenschutzbeschwerde vom ausschließlich auf das Bestehen des (vorläufigen) Löschungshindernisses gemäß § 26 Abs. 7 DSG 2000 gestützt hat. Unabhängig von der Rechtsrichtigkeit des erstangefochtenen Bescheides stand seine Rechtskraft somit der Entscheidung über die Datenschutzbeschwerde vom , welche zu einem Zeitpunkt erhoben worden war, zu dem - unstrittig -

das Bestehen eines allfälligen Löschungshindernisses gemäß § 26 Abs. 7 DSG 2000 nicht mehr in Betracht kam, nicht entgegen.

Sobald allerdings infolge Rechtskraft des zweitangefochtenen Bescheides feststand, dass eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Löschung auch ungeachtet des Entfalls des von den Verwaltungsbehörden zunächst angenommenen vorläufigen Löschungshindernisses nach § 26 Abs. 7 DSG 2000 nicht vorlag, so bewirkte dieser Umstand eine Gegenstandslosigkeit der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid. Die Aufhebung desselben durch den Verwaltungsgerichtshof könnte den Beschwerdeführer nämlich in seinem Recht auf Löschung deshalb nicht besser stellen, weil der zweitangefochtene Bescheid auch losgelöst vom vorläufigen Löschungshindernis des § 26 Abs. 7 DSG 2000 ein Recht des Beschwerdeführers auf Löschung rechtskräftig verneinte. Damit erweist sich aber seither die mit dem erstangefochtenen Bescheid entschiedene Frage des Bestehens des Löschungshindernisses nach § 26 Abs. 7 DSG 2000 als lediglich von akademischwissenschaftlichem, nicht aber von rechtlichem Interesse. In Ansehung der vom zweitangefochtenen Bescheid betroffenen Daten ist daher durch dessen Erlassung Gegenstandslosigkeit der gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde eingetreten, weshalb das Verfahren insoweit einzustellen war.

3. Hinsichtlich der Kosten des von der Einstellung betroffenen Verfahrens würde die Entscheidung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, sodass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 letzter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung auf Kostenaufhebung erkannt hat. Damit hat die belangte Behörde im gegenständlichen Beschwerdefall nur teilweise (in Ansehung der KPA-Daten) obsiegt, sodass in entsprechender Anwendung des aus § 50 VwGG abzuleitenden Günstigkeitsprinzips zu Gunsten des Beschwerdeführers mit einer gegenseitigen Aufhebung der gesamten Kosten des Beschwerdeverfahrens zur hg. Zl. 2009/17/0021 vorzugehen war (vgl. zu all dem den hg. Beschluss vom , Zl. 2005/12/0048).

II. Zur Beschwerde zur hg. Zl. 2009/17/0189:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht vom maßgeblichen Sachverhalt, der darauf anzuwendenden Rechtslage und dem Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof jenen, die der Verwaltungsgerichtshof mit den hg. Erkenntnissen je vom , Zl. 2009/17/0064 und Zl. 2009/17/0082, entschieden hat. Auf diese Erkenntnisse kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden. Was das vom Beschwerdeführer zusätzlich aus einer behaupteten Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Bundespolizeidirektion Wien (im Zusammenhang mit einer zwischen Einstellung "aus Beweisgründen" und Einstellung "wegen erwiesener Unschuld" differenzierenden Äußerung dieser Behörde) abgeleitete Argument betrifft, so schließt sich der Verwaltungsgerichtshof insofern den zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde an.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz in Ansehung des Verfahrens 2009/17/0189 gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am