VwGH vom 28.06.2010, 2004/10/0023
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und den Hofrat Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in B, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec und Dr. Günther Ramsauer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom , Zl. UVS-10/10081/7-2003, betreffend Übertretung des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (BH) vom wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen,
"er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der W. Quarzolith-Fertigputz GmbH, und sohin auch als das nach außen vertretungsbefugte Organ gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) dafür verantwortlich, dass von der W. Quarzolith-Fertigputz-GmbH seit zumindest - wie in der Verhandlung vom festgestellt habe werden können - die mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom , erteilte naturschutzbehördliche Bewilligung zur Gewinnung von Dolomit unrechtmäßig ausgeführt worden sei bzw. bewilligungspflichtige Maßnahmen ohne der dazu erforderlichen naturschutzrechtlichen Bewilligung gesetzt worden seien. So sei insbesondere außerhalb der mit Bescheid vom bewilligten Abbaugrenzen Dolomit gewonnen bzw abgebaut worden.
Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 25 Abs 1 lit a iVm § 61 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999 (NSchG) begangen, und wurde wegen dieser Übertretung über den Beschuldigten gemäß § 61 NSchG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.000, im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen, verhängt."
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und das Straferkenntnis der BH mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten habe wie folgt:
"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen befugte Organ der W. Holding GmbH zu verantworten, dass diese, wie in der Verhandlung vom festgestellt wurde, vor diesem Zeitpunkt eine bewilligungspflichtige Maßnahme insofern setzte, als sie außerhalb der mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zahl ..., bewilligten Abbaugrenzen auf Grst.Nr. 1466/1 KG F. in nordöstlicher Richtung Dolomit im Ausmaß von in etwa 0,9 ha abbaute und dieser rechtswidrige Zustand erst mit Rechtskraft des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom , Zahl ..., in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom , Zahl ..., also am beendet wurde."
Nach der Begründung habe die belangte Behörde an Ort und Stelle eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, wobei auch zwei Zeugen einvernommen worden seien. Danach sei davon auszugehen, dass der W. Quarzolith-Fertigputz GmbH mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Gewinnung von Dolomit auf dem Grundstück Nr. 1466/1 der KG F. unter Einhaltung von Auflagen, Bedingungen und Befristungen bzw. Vorschreibungen erteilt worden sei. Im Zuge dieser naturschutzrechtlichen Bewilligung seien auch die Abbaugrenzen festgesetzt worden. Mit Schreiben vom habe das Institut für Ökologie als ökologische Bauaufsicht die BH darüber informiert, dass sich zufolge einer vom Markscheider Dipl. Ing. Johann F. angefertigten Vermessung des Abbauareales ergebe, dass die W. Quarzolith-Fertigputz GmbH über die seinerzeit genehmigten Abbaugrenzen hinaus Dolomit abgebaut habe. Die W. Holding GmbH habe daraufhin am die naturschutzrechtliche Bewilligung für die gesetzten Maßnahmen beantragt, wobei sie angegeben habe, durch "geotechnische Probleme" im Zuge des Aufschlusses des Steinbruches gezwungen gewesen zu sein, auch Bereiche außerhalb der ursprünglich genehmigten Bereiche in den Abbau einzubeziehen. (Bei der mündlichen Verhandlung im Rahmen dieses Bewilligungsverfahrens wurde der nicht bewilligte Abbau näher erörtert. In weiterer Folge wurde gegen den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der W. Quarzolith-Fertigputz GmbH mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.)
Nach Auffassung der belangten Behörde sei im gegenständlichen Verfahren unbestritten geblieben, dass die W. Holding GmbH über die seinerzeit genehmigten Abbaugrenzen hinaus Dolomit abgebaut habe, wobei das Ausmaß der Maßnahmen etwa 0,9 ha betragen habe. Zur Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers sei festzuhalten, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom gegenüber der W. Quarzolith-Fertigputz GmbH ergangen sei. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe jedoch darauf hingewiesen, dass sämtliche Abbaumaßnahmen im Steinbruch F. von der W. Holding GmbH durchgeführt worden seien. Die W. Quarzolith-Fertigputz GmbH übernehme lediglich das dort gebrochene Material und verarbeite es schließlich zu Fertigputz. Dass der naturschutzrechtliche Bescheid gegenüber der W. Quarzolith-Fertigputz GmbH ergangen sei, habe der Vertreter des Beschwerdeführers dahingehend aufgeklärt, dass dies aus "Versehen der Behörde" geschehen sei.
Die Spruchgestaltung des Straferkenntnisses der BH sei nach Auffassung der belangten Behörde missverständlich. Die durchgeführten Maßnahmen seien nach den Angaben des Vertreters des Beschwerdeführers etwa Mitte 1999 gesetzt worden. Sie seien in der Verhandlung vom durch den geologischen Sachverständigen näher beschrieben worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Abbau von Dolomit aber bereits beendet gewesen und Rekultivierungsmaßnahmen gesetzt worden. Die vorliegende Verwaltungsübertretung gehöre zu den Dauerdelikten. Der rechtswidrige Zustand reiche von der Setzung der Maßnahme selbst bis zur Beendigung des rechtswidrigen Zustandes, in diesem Fall bis zur Rechtskraft der Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung vom , also bis . Sei - wie im vorliegenden Fall - kein konkreter Tatzeitpunkt auszumachen, wann die naturschutzrechtlich bewilligungspflichtige Maßnahme gesetzt worden sei, so werde als Beginn des Tatzeitraumes jener Zeitpunkt herangezogen, zu dem die gesetzte Maßnahme durch die Behörde festgestellt werde. Dies sei im Beschwerdefall der gewesen. Der Tatzeitraum sei daher im gegenständlichen Fall vom bis zu bemessen. Die vorgenommenen Spruchkorrekturen erwiesen sich als geboten und zulässig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 25 Abs. 1 lit. a NSchG bedarf unter anderem die Gewinnung von Bodenschätzen (Erze, Gesteine; Schotter, Kiese, Sande und andere Lockergesteine; mineralische Erden, Abbaumaterial aus fossilen Lagerstätten) einer Bewilligung der Naturschutzbehörde.
Nach § 61 Abs. 1 NSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis EUR 14.600,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer unter anderem den Bestimmungen des § 25 oder den in den auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Verordnungen, Bescheiden oder Anordnungen getroffenen Geboten und Verboten zuwiderhandelt.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen befugte Organ der W. Holding GmbH zu verantworten, dass diese vor dem bis eine bewilligungspflichtige Maßnahme, nämlich den Abbau von Dolomit, außerhalb der mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom bewilligten Abbaugrenzen abgebaut habe.
Dem hält die Beschwerde zunächst entgegen, die belangte Behörde habe die zwischenzeitig eingetretene Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 2 VStG nicht beachtet, da sich die Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der W. Quarzolith-Fertigputz GmbH gerichtet habe, der angefochtene Bescheid jedoch die unzulässige Abbautätigkeit dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen befugte Organ der W. Holding GmbH zum Vorwurf mache.
Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, dass das nach § 44a Z. 1 VStG in den Spruch eines Bescheides aufzunehmende Merkmal der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG noch nicht von der Verfolgungshandlung umfasst sein muss, da es sich hiebei nicht um ein Tatbestandsmerkmal der verletzten Verwaltungsvorschrift handelt (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel , Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II2, referierte Rechtsprechung zu § 9 VStG, E 264 ff). Die belangte Behörde ist daher auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist berechtigt, jene Gesellschaft, als deren Geschäftsführer dem Beschuldigten die Tat zur Last gelegt wurde, richtig zu stellen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 94/02/0407).
Die Beschwerde rügt weiters, die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die vorgeschriebene Rekultivierung bereits vor dem , mit welchem Zeitpunkt die Behörde den Beginn des strafbaren Verhaltens angenommen habe, durchgeführt gewesen sei. Das strafbare Verhalten habe nicht erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des naturschutzbehördlichen Bewilligungsbescheides am , sondern mit der Behebung der Maßnahme, also den Rekultivierungsmaßnahmen, die am "bereits vorgenommen" worden seien, geendet.
Dem kommt aus folgenden Erwägungen Berechtigung zu:
Gemäß § 61 Abs. 3 NSchG endet das strafbare Verhalten, wenn die unzulässige Herstellung einer Anlage oder die unzulässige Durchführung einer sonstigen Maßnahme den Gegenstand einer Verwaltungsübertretung bildet, erst mit der Beseitigung der Anlage bzw. mit der Behebung der Maßnahme oder mit der Rechtskraft der nachträglich erteilten naturschutzbehördlichen Bewilligung (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 2007/10/0038).
Im Beschwerdefall wurden Bodenschätze ohne Bewilligung der Naturschutzbehörde gewonnen, dem Beschwerdeführer daher der Sache nach die unzulässige Durchführung einer sonstigen Maßnahme zum Vorwurf gemacht. Das strafbare Verhalten war daher mit der "Behebung der Maßnahme", also mit der Rekultivierung der Liegenschaft, beendet. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 1 NSchG, wonach die Behörde (u.a.) bei Ausführung bewilligungspflichtiger Vorhaben ohne Bewilligung die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes in einer von ihr als sachgemäß bezeichneten Weise oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass den Interessen des Naturschutzes möglichst weitgehend Rechnung getragen wird, auftragen kann.
Die belangte Behörde hätte daher nähere Feststellungen über den Zeitpunkt der Rekultivierung treffen müssen, wobei auch zu klären gewesen wäre, ob diese in einem Ausmaß und Umfang erfolgt ist, wie dies in einem Wiederherstellungsverfahren nach § 46 Abs. 1 NSchG zur Vorschreibung gekommen wäre.
Da die belangte Behörde entsprechende Ermittlungen unterlassen hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Für den Fall neuerlicher Bestrafung wird daran erinnert, dass im Hinblick auf die seit Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeitspanne eine gesetzmäßige Strafbemessung eine spürbare und maßgebliche Milderung der verhängten Strafe voraussetzt (vgl. dazu aus letzter Zeit etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0024, mwH).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-67649