VwGH vom 27.02.2006, 2004/10/0016
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatpräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Novak sowie die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des W J in W, vertreten durch Mag. Vera Noss, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 5/5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 15-II-2-5372/2003, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2002/10/0043, verwiesen.
Mit diesem Erkenntnis wurde Spruchpunkt A. des Bescheides der Wiener Landesregierung vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dem Bescheid lag diesbezüglich im Wesentlichen die Auffassung der belangten Behörde zugrunde, dass der minderjährige Sohn des Beschwerdeführers Wilhelm im streitgegenständlichen Zeitraum im Hinblick auf einen offenbar leicht liquidierbaren Unterhaltsanspruch gegenüber seiner Mutter in Höhe von S 2.000,-- nicht hilfsbedürftig sei.
Dem gegenüber vertrat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis die Ansicht, dass die Auffassung der belangten Behörde einer näheren Begründung bedürfe, da nach einem zwischen dem Beschwerdeführer und der Kindesmutter am abgeschlossenen Vergleich diese ab dem Zeitraum Jänner/Februar 2000 nur mehr eine Unterhaltsleistung von S 660,-- monatlich zu erbringen habe und auf die gerichtliche Geltendmachung der vereinbarten Leistung verzichtet worden sei.
Mit (Ersatz-)Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom für die Zeit vom bis inklusive unter Berücksichtigung der Mietbeihilfe und der Heizkostenbeihilfe für die Monate Oktober bis Dezember 1998 gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973 (WSHG), sowie der §§ 1, 4 und 5 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 13/1973 (Richtsatzverordnung), eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in der Höhe von EUR 667,80 gewährt.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei hinsichtlich der vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfenen Frage der Liquidierbarkeit des Unterhaltsanspruches des minderjährigen Wilhelm in Höhe von S 2.000,-- zu bemerken, dass nach mehr als fünf Jahren seit Beginn des Anspruchszeitraumes die leichte Liquidierbarkeit dieses Unterhaltsanspruches bei der Kindesmutter nicht mehr nachweisbar sei, weshalb nunmehr im Beschwerdefall der Richtsatz für einen Erwachsenen und zwei Kindern angewendet werde.
Von dem dabei errechneten Sozialhilfebedarf des Beschwerdeführers zog die belangte Behörde in weiterer Folge sein Einkommen als Hausbesorger bzw. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sowie Krankengeld ab und errechnete für den im Spruch genannten Zeitraum in einer detaillierten Aufschlüsselung (teilweise unter tageweiser Aliquotierung der einzelnen Leistungen) den im Spruch genannten Betrag.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 10 Abs. 1 WSHG ist Hilfe nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.
Gemäß § 13 WSHG hat die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Diese Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung (Richtsatzverordnung) festzusetzen.
In der Beschwerde wird ausschließlich vorgebracht, die belangte Behörde habe beim Einkommen des Beschwerdeführers auch dessen Bezug als Hausbesorger berücksichtigt. Das entsprechende Lohnkonto für die Jahre 1998 und 1999 weise dabei unter anderem die Position "Materialkostenzuschlag" auf. Der Materialkostenzuschlag sei zweckgebunden und vom Hausbesorger für den Ankauf von Reinigungsmaterialien zu verwenden. In § 8 des Hausbesorgergesetzes sei ausdrücklich festgehalten, dass es sich beim Materialkostenzuschlag um keinen Einkommensbestandteil handle, der dem Hausbesorger zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stehe. Durch die Hinzurechnung der unter der Position "Materialkostenzuschuss" angeführten Beträge sei die dem Beschwerdeführer zuerkannte Geldaushilfe um eben diese Beträge verkürzt worden.
Dieses erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, das im Übrigen auch völlig offen lässt, ob der Materialkostenzuschlag vom Beschwerdeführer zweckgebunden verwendet wurde (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0101, mwH), ist als Neuerung im Sinne des § 41 VwGG für den Verwaltungsgerichtshof unbeachtlich.
Auf der Grundlage der von der belangten Behörde getroffenen und nicht bestrittenen Feststellungen ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Zur Anregung des Beschwerdeführers, hinsichtlich des Wiener Sozialhilfegesetzes und der Richtsatzverordnung Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom , Zl. 2004/10/0013, verwiesen.
Der Beschwerdeführer hat ferner die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier vollständig geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.
Auch Art. 6 EMRK steht dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Der EGMR hat z.B. in seiner Entscheidung vom , Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung (vgl. insbesondere EGMR , Schuler-Zgraggen/Schweiz, Series A no. 263, p.19, § 58; , Zl. 64336/01, Varela Assalino/Portugal; , Zl. 42057/98, Speil/Österreich) dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige. Hier liegt ein Fall vor, in dem das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich rechtliche Fragen betrifft; es ist auch nicht ersichtlich, dass von einer mündlichen Verhandlung eine weitere Klärung des Falles erwartet werden könnte.
Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl. das - ebenfalls den Beschwerdeführer betreffende - Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0013).
Wien, am