VwGH vom 16.12.2010, 2007/15/0016

VwGH vom 16.12.2010, 2007/15/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des F H in L, vertreten durch die Rechtsanwälte Weissborn Wojnar Kommandit-Partnerschaft in 1020 Wien, Praterstraße 68/2/3b, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1124-W/05, betreffend u. a. Umsatzsteuer 1997 und 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang - somit hinsichtlich Umsatzsteuer 1997 und 1998 - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren 1997 und 1998 Arbeitnehmer der SH GmbH. Mit Schreiben vom gab er das Vorliegen weiterer Einkünfte bekannt, indem er dem Finanzamt mitteilte, dass er

"... im Jahr 1997 Einkünfte aus der Vermittlung von Bauaufträgen erzielt habe. Da ich nicht rechtzeitig diesbezüglich eine Meldung an das Finanzamt erstattet habe, überreiche ich mit dieser Selbstanzeige meine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997.

Auch im Jahr 1998 werde ich weiterhin Einkünfte aus der Vermittlung von Bauaufträgen laut beiliegendem Formular Verf 24 erzielen.

Ich ersuche um diesbezügliche Kenntnisnahme und antragsgemäße Durchführung der Veranlagung zur Einkommensteuer."

Für das Jahr 1997 erklärte der Beschwerdeführer Einnahmen aus der Vermittlung von Bauaufträgen in Höhe von 42.877 S. In der Beilage zur Einkommensteuererklärung 1998 gab er an, Provisionen in Höhe von 67.000 S von der Firma (I Team KEG, in der Folge kurz: KEG) erhalten zu haben.

Infolge der Selbstanzeige kam es - wie dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist (diesbezügliche Akten wurden nicht vorgelegt) - zu umfangreichen Erhebungen der Abgabenbehörden und zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung vom habe der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde - angegeben, von K angesprochen worden zu sein, "Bauaufträge für Unternehmen" durchführen zu wollen. Der Beschwerdeführer vermute, dass es sich bei K um einen Kroaten handle, der Komplementär der KEG sei. Die Schreibweise des Namens kenne er ebenso wenig wie die Adresse des K, der "Kleinkunde" seines Arbeitgebers (der SH GmbH) gewesen sei und jeweils mit Barrechnungen eingekauft habe. Der Beschwerdeführer habe mit K vereinbart, dass er für die Vermittlung 15% der Auftragssummen erhalten solle. K habe die Rechnungen der Baufirmen erstellt und sei - nachdem er selbst das Geld erhalten habe - zum Beschwerdeführer gekommen, um abzurechnen. Der Beschwerdeführer habe teilweise Rechnungen und Arbeitsaufstellungen gesehen, jedoch nie irgendwelche Unterlagen erhalten. Der Kontakt zu K sei nach der bei der M Baugesellschaft durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung abgebrochen. Die von der KEG an die M Baugesellschaft gelegten Rechnungen habe der Beschwerdeführer von "seinem Steuerberater" erhalten.

Bei einer weiteren Beschuldigtenvernehmung vom habe der Beschwerdeführer eine mögliche Kontaktadresse sowie weitere Telefonnummern, unter denen K vermutlich erreicht werden könnte, bekannt gegeben.

Versuche, K zu erreichen, seien gescheitert.

Wie aus den Verwaltungsakten hervorgeht, befragte das Finanzamt in der Folge Werner S, Gesellschafter und Bauleiter der M Baugesellschaft, zur Geschäftsbeziehung dieser Gesellschaft zur KEG. Er erklärte, dass die M Baugesellschaft bei der Fertigstellung gewisser Baustellen in Terminschwierigkeiten gekommen sei und er aus diesem Grund den Beschwerdeführer kontaktiert habe, der für ihn die einzige Ansprechperson der KEG - auch im Zusammenhang mit der Rechnungslegung - gewesen sei. Martha M eine Angestellte der M Baugesellschaft, bestätigte, dass der Beschwerdeführer einziger Ansprechpartner bei der KEG war. Die Zahlungen an die KEG seien mittels Banküberweisung auf die in den Rechnungen angegebene Bankverbindung erfolgt.

Zur angegebenen Bankverbindung holte das Finanzamt Auskünfte bei der kontoführenden Bank ein. Diese ergaben, dass es sich bei dem angeführten Konto in Wahrheit um ein anonymes Sparbuch, lautend auf den Firmennamen der KEG, gehandelt habe, welches am eröffnet worden sei. Ab November 1997 seien zahlreiche Überweisungen (von Seiten der M Baugesellschaft und der Helmut S GmbH sowie einiger weniger Beträge unbekannter Herkunft) auf das Sparbuch getätigt worden. Das Kontoeröffnungsblatt enthalte keine Unterschriften, sondern nur eine nicht einem bestimmten Buchstaben zuordenbare Paraphe. Abhebungen seien bis zur Kontosperre am laufend (an im einzelnen dargestellten Tagen) erfolgt.

Über Vorhalt des Finanzamtes bestritt der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom , mit der KEG ident zu sein und sich des Firmenwortlautes der KEG bedient zu haben. Er sei bis August 2000 Angestellter der SH GmbH, einem Baustofflieferanten, gewesen. Auf Grund seines Sachverstandes sei er von seinem Arbeitgeber als Außendienstmitarbeiter für Baumaterial und mit der Betreuung diverser gewerblicher Kunden betraut gewesen. Im Zeitraum September 2000 bis Juli 2001 sei der Beschwerdeführer bei der M Baugesellschaft als Bauleiter angestellt gewesen. Diese Firma habe sich überwiegend mit Innen- und Trockenausbauarbeiten beschäftigt. Als Bauleiter sei es auch Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, gegebenenfalls entsprechende Subunternehmen zu suchen, die bei den Bauvorhaben unterstützend hätten tätig werden können. Bereits bei der SH GmbH und später noch intensiver bei der M Baugesellschaft habe der Beschwerdeführer Kenntnis vom diesbezüglichen Angebotsmarkt gehabt. Es sei branchenüblich, dass Subunternehmen ihre Dienste von sich aus anbieten würden. Auch der Kontakt zu K sei auf diese Weise zustande gekommen.

Der Beschwerdeführer habe die KEG als Angestellter der SH GmbH an die M Baugesellschaft vermittelt. Dabei habe der Beschwerdeführer niemals "den Bestand, den Umfang, die Legitimation oder sonstiges dieser Firma überprüft". Das Auftragsverhältnis sei unzweifelhaft direkt zwischen der KEG und der M Baugesellschaft begründet worden. In die Auftragserteilungen selbst sei der Beschwerdeführer nicht eingebunden gewesen. "Im Rahmen der ihm übertragenen Kundenbetreuungen vor Ort auf den diversen Baustellen" habe der Beschwerdeführer allerdings in der Folge gesehen, dass auf den Baustellen gearbeitet worden sei. Allfällige Legitimationen der KEG und des K zu verlangen und zu überprüfen, wäre Sache der jeweiligen Geschäftsherrn und nicht Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen. K habe dem Beschwerdeführer die "zugestandene Provision von ATS 67.000,00 förmlich aufgedrängt". Vor oder nach diesen Vorgängen habe der Beschwerdeführer von niemandem Provisionen erhalten. Der Beschwerdeführer sei offenbar Opfer eines Steuerbetruges geworden. Dabei habe sich der "wirkliche Steuerhinterzieher" durch Aufdrängen einer Provision des vermehrten Engagements des Beschwerdeführers versichern wollen.

Seine Ausführungen verband der Beschwerdeführer mit einer Reihe von Beweisanträgen, insbesondere zur "Genese des der Finanzverwaltung bekannten Sparbuches", auf das die Werklohnzahlungen geflossen seien sowie zu dem Umstand, dass der Beschwerdeführer für eine Vielzahl von Firmen Arbeitstätigkeiten vermittelt habe, ohne eine wie auch immer geartete Provision erhalten zu haben.

In der Folge vernahm das Finanzamt den Großteil der in der Kundenliste namhaft gemachten Personen und protokollierte deren Zeugenaussagen, die sich im Wesentlichen dergestalt zusammenfassen lassen, dass der Beschwerdeführer den Firmenvertretern als Baustoff-Verkaufsberater der SH GmbH bekannt sei und er nie als selbständiger Unternehmer aufgetreten sei. Auch die KEG war den Zeugen unbekannt.

Das Finanzamt erließ Umsatz- und (nach Wiederaufnahme der Verfahren auch geänderte) Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 und 1998. Dabei rechnete es die auf das anonyme Sparbuch von Seiten der M Baugesellschaft und der Helmut S GmbH in Höhe von 343.018 S 1998) und 1,357.660 S 1999) eingezahlten Beträge dem Beschwerdeführer zu. Begründend führte das Finanzamt aus, nach den Ermittlungsergebnissen und den Zeugeneinvernahmen sei der Beschwerdeführer die einzige und alleinige Ansprechperson für die nicht existierende KEG bei Erteilung und Übernahme von Subaufträgen, Durchführung der Bauaufträge, Überwachung des Baufortschritts, Behebung von Baumängeln, Preisvereinbarungen und der Rechnungsausfolgung gewesen. Deshalb stehe für das Finanzamt fest, dass die von der M Baugesellschaft und der Helmut S GmbH auf ein anonymes Sparbuch geleisteten Zahlungen an die KEG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen die genannten Bescheide. Darin warf er dem Finanzamt zahlreiche Verfahrensfehler vor. Das Finanzamt habe es unterlassen, "im einzelnen zu jedem einzelnen untersuchten Geschäftsfall jede einzelne Zahlung anzuführen und im Einzelfall zu begründen, warum diese Zahlung dem Berufungswerber hinzugerechnet" werde. Dem Beschwerdeführer sei auch kein Parteiengehör zu den diversen Zeugenaussagen gewährt worden. Es sei rechtlich durch die Abgabengesetze und Verfahrensvorschriften nicht gedeckt, dem Beschwerdeführer einen steuerbaren Umsatz zuzurechnen, nur weil sich der wahre Zahlungsempfänger nicht finde. Auch lägen keine Wiederaufnahmsgründe vor. Eventualiter wandte sich der Beschwerdeführer auch gegen die Schätzung des Gewinnes in Höhe von 50% des Umsatzes, weil in keiner Wirtschaftsbranche, erst recht nicht in der Baubrache derartige Gewinnspannen erzielt werden könnten.

Abschließend stellte der Beschwerdeführer den Antrag, jeden einzelnen der angeblich an die KEG geleisteten, dem Beschwerdeführer zugerechneten Beträge zu erheben und festzustellen, "wofür, wann, wohin, welche Zahlungen mit welcher Widmung" geleistet worden seien, und "wer der Inhaber des Zahlungsempfängerkontos bzw. derjenige war, der Beträge bar oder in welcher Form auch immer übernommen" habe.

Das Finanzamt erließ abweisende Berufungsvorentscheidungen. Darin wurde insbesondere auf die Zeugenaussagen der Martha M und des Werner S für die M Baugesellschaft sowie des Markus M für die Helmut S GmbH verwiesen. Das Finanzamt habe die vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Telefonnummern überprüft und die beantragten Zeugen vernommen, wobei "auch hier unisono die Unbekanntheit der KEG" hervorgegangen sei. Die Kontenbewegungen auf dem anonymen Sparbuch seien "sichergestellt". Es habe sich gezeigt, dass sämtliche Rechnungen der KEG an die M Baugesellschaft und die Helmut S GmbH auf dieses Sparbuch eingezahlt worden seien. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen gegenüber der M Baugesellschaft und der Helmut S GmbH als allein vertretungsbefugte Person für die Scheinfirma (KEG) in Erscheinung getreten sei und ihm daher die damit zusammenhängenden Zahlungen zuzurechnen seien, bilde eine neue Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO.

Nachdem der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt hatte, brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die "Ermittlungsergebnisse", auf die sie ihre Entscheidung gründen werde, zur Kenntnis.

In seiner Stellungnahme regte der Beschwerdeführer die Einholung eines graphologischen Gutachtens an, um die "handschriftlichen Korrekturen auf den Rechnungen vom , " auf Übereinstimmungen mit seiner Handschriftenprobe zu prüfen. Die Zeugenaussagen der Martha M und des Werner S seien wegen ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen an der M Baugesellschaft "auf ihre Glaubwürdigkeit zu hinterfragen". Beide Zeugen hätten ein "nicht unwesentliches persönliches

Interesse, dass die ihnen eigentümliche ... Firma keine wie immer

gearteten Probleme bekommt." Der Beschwerdeführer habe die von der KEG der M Baugesellschaft gelegten Rechnungen überhaupt erst nach der Sonderbetriebsprüfung bei der M Baugesellschaft gesehen. Werner S habe den Beschwerdeführer niemals als Ansprechpartner der KEG in irgendeiner Form kontaktiert. Der Beschwerdeführer habe auch nicht die Rechnungslegungen mit Werner S abgesprochen. Ein Konzept für die Rechnungslegung sei ihm weder direkt auf der Baustelle noch an einem anderen Ort übergeben worden. Werner S werde detailliert darzustellen haben, "welche konkreten Werke, welche konkreten Themen, welche konkreten Preisabsprachen und sonstigen Gesprächsinhalte" zwischen der M Baugesellschaft, Werner S und dem Beschwerdeführer "angeblich stattgefunden haben sollen."

Die Zeugenaussage der Martha M stütze sich auf allenfalls mittelbare Wahrnehmungen oder spekulative Grundlagen. Die Aussage von Markus M bestätige, dass der Beschwerdeführer jedenfalls "als Gewerke" in keiner wie immer gearteten Weise beteiligt gewesen sei. Der Unterschriftszug "Mayrhofer" auf den zitierten Unterlagen betreffend die Helmut S GmbH sei einer graphologischen Untersuchung zuzuführen, die ergeben werde, dass dieser Namenszug nicht vom Beschwerdeführer stamme.

Weiters zeigte der Beschwerdeführer auf, dass er sich an verschiedenen Tagen, an denen Behebungen vom anonymen Sparbuch erfolgt waren, stationär im AKH aufgehalten habe und danach nachweislich absolut gehunfähig gewesen sei bzw. sich während eines anderen Zeitraumes in den USA aufgehalten habe.

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung vom wurde Werner S neuerlich als Zeuge vernommen. Er gab an, sich an die "Ereignisse von damals nicht mehr genau erinnern" zu können. Von der KEG kenne er nur den Namen, mehr wisse er über die Firma nicht. Wenn (auf den Baustellen) Probleme im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung zur KEG aufgetreten seien, habe er den Beschwerdeführer angerufen, der diese Probleme dann auch gelöst habe. Zur Frage der Rechungslegung ist in der Niederschrift über die Zeugenaussage festgehalten:

"Ich habe ein Rechnungskonzept geschrieben; das Rechnungskonzept habe ich Herrn (Beschwerdeführer) als Ansprechpartner der (KEG) übermittelt, was Herr (Beschwerdeführer) damit gemacht hat, weiß ich nicht. Ist mein Rechnungskonzept in Ordnung gewesen, hat die (M Baugesellschaft) die Rechnung bezahlt. Dass ich das Rechnungskonzept aufgestellt habe, ist eine Arbeitsersparnis gewesen."

Der Beschwerdeführer bestritt laut Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung, dass die Abgabenbehörden "die Rechnungen" von ihm bekommen hätten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung betreffend die Wiederaufnahme der Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 mit der Begründung statt, dass "in den Bescheidsprüchen der Wiederaufnahmebescheide kein Wiederaufnahmetatbestand" festgestellt worden sei. Dieser Fehler sei durch "diesbezügliche Feststellungen in Berufungsvorentscheidungen nicht sanierbar." Die Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 wurde zurückgewiesen, weil die angefochtenen Einkommensteuerbescheide durch die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide aus dem Rechtsbestand ausgeschieden seien. Hinsichtlich der Umsatzsteuer 1997 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Berufung betreffend Umsatzsteuer 1998 wurde teilweise stattgegeben.

Eingangs ihrer rechtlichen Erwägungen befasste sich die belangte Behörde zunächst ausführlich mit der Frage, ob ein "Bescheidaufhebungsgrund" im Sinne des § 289 Abs. 1 BAO idF des AbgRmRefG vorläge. Dazu untersuchte sie die einzelnen vom Beschwerdeführer gestellten Beweisanträge und kam dabei zum Ergebnis, dass - soweit ihnen überhaupt Relevanz zukäme - eine Beweisaufnahme durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz "ohne wesentlichen Zeit(mehr)aufwand durchführbar" gewesen sei. Der Tatbestand der "unterlassenen Ermittlungen" iSd § 289 Abs. 1 BAO sei nicht erfüllt, weil "in der Bescheidbegründung/Sachbescheide mehr als eine Sachverhaltsfeststellung enthalten" sei.

Zur Umsatzsteuer führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei auszuschließen, dass die KEG Leistungserbringerin und Empfängerin der auf das anonyme Sparbuch eingezahlten Leistungsentgelte gewesen sei. Eine KEG mit dem in den Rechnungen angeführten Firmennamen sei nicht in das Firmenbuch eingetragen. Eine nicht existierende KEG sei keine Rechtsperson. Sie könne weder Rechte begründen noch Verpflichtungen eingehen. Sie habe sich daher auch nicht verpflichten können, bestimmte Leistungen zu erbringen und habe nachweislich keine Tätigkeit ausgeübt. Nach behördlichen Recherchen existiere keine Straße, deren Postleitzahl mit der in den Rechnungen angegebenen Postleitzahl und deren Straßenbezeichnung nicht nur phonetisch sondern auch in der Schreibweise übereinstimme. In der Straße, deren Straßenname nur phonetisch und nicht in der Schreibweise mit dem Straßennamen in den Rechnungen übereinstimme, hätten die Hauseigentümer der "rechnungslegenden KEG" keine Geschäftsräume vermietet. Die KEG sei den dort Wohnenden nicht bekannt. Da eine nichtexistierende KEG nicht handlungsfähig sei, könne sie auch keine Rechnungen erstellen oder ein Bankkonto eröffnen. Eine nichtexistierende KEG könne auch keine Provisionsvereinbarungen abschließen. Scheide die KEG als Leistungserbringerin aus, müsse ein Anderer die Leistungen erbracht und die Leistungsentgelte empfangen haben. Sodann führte die belangte Behörde hinsichtlich der Zahlungen der M Baugesellschaft wörtlich aus:

"Bei den Vernehmungen im Finanzstrafverfahren hat der Bw. (der Beschwerdeführer) ausgesagt, namens der (nicht existierenden) KEG Bauaufträge an die (M Baugesellschaft) vermittelt und für diese Vermittlung Provisionen erhalten zu haben.

Für den Unabhängigen Finanzsenat sind diese Aussagen glaubwürdig, weil der Bw. Selbstanzeige wegen nicht erklärter Provisionseinnahmen erstattet hat und diese Aussagen Erstaussagen sind, die wegen ihrer zeitlichen Nähe zum Geschehen grundsätzlich glaubwürdiger sind als spätere Aussagen.

Entscheidungsgrundlage des Unabhängigen Finanzsenates ist:

Der Bw. hat namens der (nicht existierenden) KEG Bauaufträge an die (M Baugesellschaft) gegen Entgelt vermittelt.

Die Entgelte aus der Vermittlung der Bauaufträge sind umsatzsteuerpflichtige Entgelte, wenn der Bw. diese Entgelte im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit erzielt hat.

Die Zurechenbarkeit der von der (M Baugesellschaft) auf das anonyme Sparbuch überwiesenen Leistungsentgelte hat der Bw. im Berufungsverfahren mit dem Argument, er habe die Bauaufträge als Angestellter seines damaligen Arbeitgebers vermittelt, bestritten; im Veranlagungsverfahren mit dem Argument, er habe von vermittelten Subunternehmungen 'niemals auch nur irgend einen Schilling Provision genommen'.

...

Gegen eine Vermittlung als Angestellter dieses Arbeitgebers sprechen v.a. die Selbstanzeige des Bw. und seine Aussagen im Finanzstrafverfahren: In der Selbstanzeige hat der Bw. mitgeteilt, aus der Vermittlung von Bauaufträgen erzielte Einkünfte nicht erklärt zu haben; in der, der Selbstanzeige beigelegten, Einkommensteuererklärung 1997 gibt der Bw. bekannt, Provisionen aus der Vermittlung von Bauaufträgen erzielt zu haben und bei den Vernehmungen hat der Bw. ausgesagt, die Bauaufträge für die KEG vermittelt und die Provisionen von seiner Kontaktperson zur KEG erhalten zu haben.

Für den Unabhängigen Finanzsenat sind die Selbstanzeige, die Angaben in der Einkommensteuererklärung und die Aussagen im Finanzstrafverfahren glaubwürdiger als die Berufungsausführungen, da Erstaussagen wegen der zeitlichen Nähe zum Geschehen grundsätzlich glaubwürdiger sind als das nach den Erstaussagen erstattete Berufungsvorbringen.

Auch wird die Erstaussage des Bw. durch die Zeugenaussage von Werner (S) bestätigt. Der Bw. spricht der Aussage dieses Zeugen die Glaubwürdigkeit wegen dessen Gesellschafterstellung ab. Für den Unabhängigen Finanzsenat ist die Aussage von Werner (S) v.a. deshalb glaubwürdig, weil diese Aussage mit den Erstaussagen des Bw. im Finanzstrafverfahren und den Angaben in der Einkommensteuererklärung 1998 (Vermittlung der Bauaufträge für die KEG) übereinstimmt.

Für den Unabhängigen Finanzsenat ist nach den Angaben in der Selbstanzeige, den Steuererklärungen, den Erstaussagen des Bw. und der diese Erstaussagen bestätigenden Aussage des Zeugen Werner (S) erwiesen, dass der Bw. die Bauaufträge nicht im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit vermittelt hat.

...

Für den Unabhängigen Finanzsenat ist ... erwiesen, dass der

Bw. die Bauaufträge namens der (nach geltender Rechtslage nicht existierenden) KEG vermittelt hat.

..."

Dass der Beschwerdeführer die Bauaufträge unentgeltlich vermittelt habe, sei - wie im angefochtenen Bescheid näher begründet wird - auszuschließen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass dem Beschwerdeführer nicht nur 15% der Auftragssummen, sondern alle von der M Baugesellschaft auf das anonyme Sparbuch überwiesenen Beträge zuzurechnen seien. Es sei nämlich nicht glaubwürdig, dass ein Herr K dem Beschwerdeführer die Vermittlungsprovisionen ausbezahlt habe. Eine Person namens K, auf die die Beschreibung des Beschwerdeführers zugetroffen hätte und die für die nicht existierende KEG aufgetreten sei, hätten die Abgabenbehörden trotz umfangreicher Recherchen nicht ausfindig machen können.

Sei erwiesen, dass die Provisionsvereinbarung nicht abgeschlossen worden sei, stellten alle von der M Baugesellschaft auf das anonyme Sparbuch überwiesenen Entgelte Umsätze des Beschwerdeführers dar. Zwar hätten die Abgabenbehörden dem Beschwerdeführer nicht nachweisen können, dass er das Sparbuch eröffnet und Beträge behoben habe, doch hätten Behebungen von jedermann bei bloßer Vorlage des Sparbuches, somit auch vom Beschwerdeführer erfolgen können. Dagegen sprächen auch nicht die vom Beschwerdeführer eingewandten und belegten Abwesenheiten während der Zeiten, zu denen (u.a.) Sparbuchbehebungen erfolgt seien, weil er auch jemand anderen mit den Behebungen hätte beauftragen können. Die von der M Baugesellschaft auf das Sparbuch überwiesenen - im angefochtenen Bescheid näher dargestellten - Beträge seien daher dem Beschwerdeführer zuzurechnende Umsätze.

Anderes gelte hingegen für die von der Helmut S GmbH im Jahr 1998 auf das anonyme Sparbuch überwiesenen Beträge. Es liege diesbezüglich kein (wie das Finanzamt gemeint habe) "gleich gelagerter Sachverhalt" vor, weil als Ansprechpartner auf Seiten der KEG nicht der Beschwerdeführer, sondern nach Aussagen des Markus M ein gewisser "Mayerhofer" aufgetreten sei. Im Rahmen der Berufungsverhandlung habe der Beschwerdeführer nicht als die Person identifiziert werden können, die als "Mayerhofer" aufgetreten sei. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer somit nicht nachweisen können, dass er gegenüber "betriebszugehörigen Personen als (Mayerhofer) und/oder als Ansprechpartner der KEG aufgetreten" sei. Ein derartiger Nachweis wäre aber Voraussetzung dafür, dass "dem Bw. die von der (Helmut S GmbH) auf das anonyme Sparbuch überwiesenen Rechnungsbeträge als Umsätze zurechenbar" wären. Dem Berufungsbegehren sei daher hinsichtlich der Umsätze aus der Geschäftsbeziehung zur Helmut S GmbH stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde insoweit, als darin über die Umsatzsteuer 1997 und 1998 abgesprochen und der Berufung des Beschwerdeführers nicht im vollen Umfange stattgegeben wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde hätte den bekämpften Bescheid "bei richtiger rechtlicher Beurteilung im behaupteten Umfang gem. § 289 Abs. 1 BAO aufheben müssen."

Dieses Vorbringen übersieht, dass der unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat. Die bloß kassatorische Erledigung nach § 289 Abs. 1 BAO soll die Ausnahme darstellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2004/14/0059). Die Befugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz, ausnahmsweise nach § 289 Abs. 1 BAO vorzugehen, ist in deren Ermessen gestellt. Macht die Behörde von diesem Ermessen Gebrauch, hat sie die Ermessensübung zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0206). Hingegen hat die belangte Behörde nicht zu begründen, warum sie beantragte Beweise selbst aufnimmt und nicht nach § 289 Abs. 1 BAO vorgeht, weil sie damit nur ihrer Aufgabe als Abgabenbehörde nachkommt. Die diesbezüglichen weitwendigen Bescheidausführungen waren daher entbehrlich und die sich darauf beziehenden Beschwerdeeinwände gehen von vornherein ins Leere.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht hat, hat die Begründung eines Abgabenbescheides u.a. den Sachverhalt anzuführen, den die Behörde als erwiesen annimmt, und die Erwägungen, auf Grund derer sie zur Ansicht gelangt ist, dass gerade der festgestellte Sachverhalt gegeben ist (vgl. mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung Ritz , BAO3, § 93 Tz 11f).

Diesen Anforderungen an eine Bescheidbegründung genügt der angefochtene Bescheid nicht. Die belangte Behörde begründet zwar eingehend und nachvollziehbar, warum sie davon ausgeht, dass die KEG keine Leistungen erbracht hat. Welche Leistungen der Beschwerdeführer in diesem Fall aber vermittelt haben soll, kann dem Bescheid nicht einmal ansatzweise entnommen werden. Auch der wiederholte Hinweis auf die Glaubwürdigkeit der "Erstaussage" des Beschwerdeführers schafft diese Klarheit nicht.

Vermittler im umsatzsteuerlichen Sinn ist, wer einen Leistungsaustausch zwischen seinem Auftraggeber und einem Dritten herbeiführt. Der Vermittler führt zwar einen Leistungsaustausch zwischen anderen herbei, steht aber selbst außerhalb des vermittelten Leistungsaustausches. Die vermittelte Leistung ist ihm umsatzsteuerlich nicht zuzurechnen. Seine eigene Leistung ist eine sonstige Leistung, deren Bemessungsgrundlage das für diese Leistung vereinbarte bzw. erhaltene Entgelt (Provision) bildet (vgl. Ruppe , UStG3, § 3 Tz 84f).

Geht man mit der belangten Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer "Bauaufträge gegen Entgelt vermittelt" hat, und wurden von der M Baugesellschaft in dieser Angelegenheit insgesamt nur die auf das anonyme Sparbuch überwiesenen Beträge aufgewendet, ist es unschlüssig, den gesamten Betrag als Vermittlungsentgelt anzusehen. Die Beurteilung aller von der M Baugesellschaft auf das anonyme Sparbuch eingezahlten Beträge als Umsätze des Beschwerdeführers erwiese sich hingegen dann als rechtens, wenn davon auszugehen wäre, dass der Beschwerdeführer die namens der KEG verrechneten Leistungen selbst, etwa durch Bereitstellung der von der M Baugesellschaft benötigten Arbeitskräfte, erbracht hat. Derartige Feststellungen hat die belangte Behörde aber nicht getroffen.

Dem angefochtenen Bescheid ist nicht einmal zu entnehmen, welche Leistungen im Beschwerdefall überhaupt in Rechnung gestellt wurden. Darüber geben selbst die vorgelegten Verwaltungsakten keinen Aufschluss, weil diese lediglich Rechnungen und Werkverträge enthalten, die den behaupteten Leistungsaustausch zwischen der KEG und der Helmut S GmbH betreffen und die somit nicht beschwerdegegenständlich sind, weil der Berufung diesbezüglich ohnedies stattgegeben wurde.

Zum Vorgang der Rechnungslegung hat die belangte Behörde (lediglich) die Feststellung getroffen, dass die KEG als "nicht existente Person" keine Rechnungen legen konnte.

Ist eine Rechnungsausstellung nicht der als leistender Unternehmer genannten Person zuzurechnen (und davon ist nach den vorliegenden Sachverhaltsfeststellungen auszugehen), entsteht für den Aussteller eine Steuerschuld nach § 11 Abs. 14 UStG 1994 (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0062, VwSlg. 7.485 F/2000, und vom , 2001/15/0172).

Dass der Beschwerdeführer nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als Rechnungsaussteller zu betrachten wäre und daher (schon) aus diesem Grund eine entsprechende Steuerschuld für ihn entstanden wäre, wurde dem angefochtenen Bescheid nicht zu Grunde gelegt. Die belangte Behörde enthält sich jeglicher konkreter Sachverhaltsfeststellungen über den Hergang der Rechnungslegung, zu der ihr unterschiedliche Versionen vorgetragen wurden. So findet sich im angefochtenen Bescheid der Hinweis auf einen Aktenvermerk vom , wonach "die Abgabenbehörden" vom Beschwerdeführer im Einzelnen aufgelistete von der KEG an die M Baugesellschaft gerichtete Rechnungen "übernommen" hätten. Demgegenüber wird in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung festgehalten, dass der Beschwerdeführer diesen Umstand bestreite. Aktenkundig sind auch Aussagen des Beschwerdeführers, dass die "Rechnungen der Baufirmen" von K erstellt worden seien und der Beschwerdeführer die streitgegenständlichen Rechnungen (betreffend die M Baugesellschaft erst) von seinem Steuerberater erhalten habe.

In dieses unklare Bild fügt sich auch die Aussage des in der mündlichen Berufungsverhandlung vernommenen Werner S, wonach er (als Vertreter der M Baugesellschaft) aus Gründen der "Arbeitsersparnis" selbst die "Rechnungskonzepte" erstellt und sie dem Beschwerdeführer ausgehändigt habe. Dass die belangte Behörde diese Aussage zum Anlass weiterer Nachfragen gemacht hätte, ist den Akten nicht zu entnehmen. So blieb im Dunkeln, ob die vom Zeugen angesprochenen "Rechnungskonzepte" Eingang in die Buchführung der M Baugesellschaft gefunden (und als solche Grundlage für den von der M Baugesellschaft in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug waren) oder ob (worauf die Verwendung des Begriffes "Konzept" hindeutet) in der Folge entsprechende Ausfertigungen erstellt wurden. Auch blieb ungeklärt, wie der Zeuge festgestellt hat, dass sein "Rechnungskonzept in Ordnung" ginge und daher darauf Zahlungen geleistet werden könnten.

Insgesamt erweist sich der angefochtene Bescheid nach dem Gesagten als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3lit. b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am