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VwGH vom 20.03.2009, 2009/17/0018

VwGH vom 20.03.2009, 2009/17/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der JB in W, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/6, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , Zl. GIS 0240/07, betreffend Rundfunkgebühren und Programmentgelt gemäß § 31 ORF-Gesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH in Wien vom betreffend Vorschreibung von Rundfunkgebühren und Programmentgelt nach § 31 ORF-Gesetz als unbegründet ab.

Begründend wird nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens und der wesentlichen Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass das Programm des ORF nicht einseitig auf österreichische Staatsbürger abgestellt sei, sondern schon im Hinblick auf die "Fernsehrichtlinie" "von Fernsehsendern unabhängige Werke" gesendet werden müssten. Auch wenn § 4 ORF-Gesetz einen detaillierten Programmauftrag enthalte, welcher auch die Förderung der österreichischen Identität im Blickwinkel der europäischen Geschichte und Integration beinhalte, habe der ORF ein Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Zum Berufungsvorbringen, dass die Beschwerdeführerin und ihre Familie mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache dem Programm nicht folgen könne, wird ausgeführt, dass in Anbetracht des vielfältigen ORF-Programmangebotes, welches sowohl visuell als auch akustisch für die Beschwerdeführerin wahrnehmbar sei, keine sachliche Rechtfertigung dafür gegeben wäre, dass die Beschwerdeführerin kein Programmentgelt zahlen müsste.

Die Unmöglichkeit, das Programm infolge der mangelnden Deutschkenntnisse (voll) zu nützen, liege in der Sphäre der Beschwerdeführerin. Die Leistung (das Gesamtprogramm) werde vom ORF für alle gleich angeboten und die Gegenleistung dafür, das Programmentgelt, müssten alle bezahlen, auch wenn niemand je die Möglichkeit habe, das 24 Stunden-Programm voll zu nutzen.

Nach Ausführungen zur Finanzierung öffentlich-rechtlicher Fernsehsender und Darstellung des Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom , BGBl. Nr. 396, über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunkes und wesentliche Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz) wird auf die Qualität der ORF-Programme und die Beschränkungen hinsichtlich der Sendung von Werbung (insbesondere die Untersagung von Unterbrecherwerbung) hingewiesen. Es sei mit den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen vereinbar, wenn der ORF für den "vom öffentlich-rechtlichen Auftrag betroffenen Zuständigkeitsbereich" ein im Verhältnis der Kosten entsprechendes Entgelt verlange, und zwar von allen Rundfunkteilnehmern, die durch betriebsbereite Rundfunkempfangsgeräte die Programme des ORF empfangen könnten, ohne Rücksicht darauf, welche Staatsbürgerschaft sie hätten oder welche Sprache(n) sie sprächen.

Eine Diskriminierung von Rundfunkteilnehmern, die die Staatsbürgerschaft eines anderen EU-Mitgliedstaates hätten, gegenüber Rundfunkteilnehmern mit österreichischer Staatsbürgerschaft liege hinsichtlich des Programmentgeltes (Entgelt für die Zurverfügungstellung von Programmen durch den österreichischen öffentlich-rechtlichen Sender ORF) nicht vor.

Auch Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft hätten, aber die deutsche Sprache nicht sprächen (dies betreffe vor allem Zuwanderer, die nur die Sprache ihres Heimatlandes beherrschten), seien zur Zahlung der Rundfunkgebühren, die der ORF einhebe, als Gegenleistung für die dem ORF aufgetragene Leistung, Programme in gesetzlich normierter Qualität zu bieten, verpflichtet.

Weder die Staatsbürgerschaft noch die Sprache des Rundfunkteilnehmers seien ein Anknüpfungsmerkmal für die Rundfunkgebühren, deren Hauptteil das Programmentgelt darstelle.

Nach Ausführungen zu Art. 39 EG, denen zu Folge auch kein Verstoß gegen Art. 39 EG vorliege, wird darauf verwiesen, dass es für den Einzelnen keinen Unterschied mache, ob der Rundfunk über das allgemeine Steuersystem finanziert werde, oder ob der Rundfunkteilnehmer für sein Rundfunkgerät "Rundfunkgebühren" bezahle. Das österreichische System, nur jene zur Zahlung zu verpflichten, die die Programme auch empfangen könnten, sei jedoch gerechter.

Auf die Frage, welche Staatsangehörigkeit oder welche Muttersprache der Rundfunkteilnehmer habe, komme es auch in anderen Ländern der Europäischen Union, die für die Finanzierung des staatlichen Rundfunks Geld vom Seher einheben oder staatliche Gelder in Form von Beihilfen den staatlichen Sendern zur Finanzierung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben gäben, nicht an.

Nach Ausführungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zu dem in dieser Verordnung konkretisierten Gleichheitsgrundsatz für Arbeitnehmer und einem Hinweis auf Art. 6 Abs. 3 EU betreffend die Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten durch die EU wird geschlossen, dass daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den Bescheid der belangten Behörde in ihrem Recht verletzt, kein Programmentgelt gemäß § 31 ORF-Gesetz entrichten zu müssen.

Das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 (Wiederverlautbarung), lautet in seinem § 31 auszugsweise wie folgt:

"Programmentgelt

§ 31. (1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. Die Höhe des Programmentgelts wird vom Stiftungsrat festgesetzt, ...

(2) ...

(3) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften.

(4) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; ..."

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie eine Empfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz - RGG), BGBl. I Nr. 159/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, betreibt, mit der ihr auch der Empfang der Programme des ORF möglich ist. Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts gemäß § 31 ORF-G liegt somit im Falle der Beschwerdeführerin nicht schon aus den in dem (auch in der vorliegenden Beschwerde zitierten) hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0059, dargestellten Gründen (faktische Unmöglichkeit des Empfangs mit der konkreten Anlage) vor.

Die Beschwerdeführerin beruft sich jedoch insofern auf das genannte Erkenntnis, als sie vermeint, dass auch die auf Grund der sprachlichen Schwierigkeiten gegebene Unmöglichkeit der "Konsumation der Programme des Österreichischen Rundfunks" die Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts nach § 31 Abs. 1 ORF-G ausschließe.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

Unabhängig von den im angefochtenen Bescheid angestellten Überlegungen zur Verpflichtung des ORF, ein umfangreiches, qualitativ hoch stehendes Programm anzubieten (welches überwiegend in deutscher Sprache gesendet wird), bestehen insofern keine Bedenken gegen die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsauffassung, als der Wortlaut der Bestimmung auch im Lichte des Verständnisses, welches der Verwaltungsgerichtshof bei der Auslegung des Begriffes der Rundfunkempfangsanlage im Sinne des § 1 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz im Zusammenhang des § 31 ORF-G in seinem bereits genannten Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0059, zu Grunde gelegt hat, die Annahme der Verpflichtung zur Zahlung des Programmentgelts deckt. Im vorliegenden Fall ist im Unterschied zu jenem, der dem hg. Erkenntnis Zl. 2008/17/0059 zu Grunde lag, der Empfang der Programme des ORF möglich. Es spricht nichts dagegen, die Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgelts auch in jenen Fällen anzunehmen, in denen (zumindest behauptetermaßen) das Verständnis des Programms auf Grund von Sprachschwierigkeiten nicht gegeben ist. Es liegt in der Dispositionsmöglichkeit jedes Einzelnen, entweder keine Empfangseinrichtung, oder aber - wie gerade der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0059, zu Grunde liegende Fall zeigt - eine solche Empfangseinrichtung für den Empfang von Rundfunkprogrammen zu betreiben, bei welcher die Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgelts gemäß § 31 ORF-G nicht anfällt. Soferne jemand somit die Programme des ORF (etwa wegen Sprachschwierigkeiten) nicht konsumieren möchte, stünde es ihm frei, durch Verzicht auf den Betrieb einer Empfangseinrichtung, mit welcher auch die Programme des ORF empfangen werden können, die Entgeltpflicht zu vermeiden.

Es liegt somit die behauptete Beschränkung oder indirekte Diskriminierung von Angehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten nicht vor.

Die dargestellte (ohne Unterschied für österreichische oder andere Staatsbürger geltende) Rechtslage bedeutet nicht, dass ein EU-Bürger, unabhängig von seiner privaten Disposition, nur allein auf Grund seines Aufenthalts in Österreich und allein wegen des Empfangs von Rundfunkprogrammen anderer Fernsehstationen das Entgelt nach § 31 ORF-Gesetz zahlen müsste. Die Einhebung eines Entgelts für das Betreiben einer Empfangsanlage zum Empfang der Programme des österreichischen Rundfunks stellt insoweit kein indirektes Hindernis für die Ausübung der aus dem EG-Vertrag ableitbaren Rechte dar. Insoweit steht die angewendete Regelung sowohl im Einklang mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages, als auch mit dem subsidiären allgemeinen Diskriminierungsverbot gemäß Art. 12 EG, aber auch der in Art. 18 Abs. 1 EG garantierten Freizügigkeit der EU-Bürger. Es erübrigt sich daher, detaillierter auf das weitwendige Beschwerdevorbringen im Hinblick auf Gemeinschaftsrecht bzw. zu der der Norm unterstellten Wirkung, einen Druck, "die Sprache des Gastlandes zu lernen", zu erzeugen, einzugehen. Die in der Beschwerde postulierte Notwendigkeit zur verfassungskonformen Interpretation des § 31 ORF-G "im Zusammenhalt mit Art. 4 EWR-A" besteht nicht.

Eine Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatzes oder dessen Ausformungen in besonderen Artikeln des EG-Vertrages liegt daher nicht vor.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am