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VwGH vom 22.11.2012, 2011/23/0666

VwGH vom 22.11.2012, 2011/23/0666

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom , Zl. Fr-416/5/07, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot rechtskräftig erlassen. Dem lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Ried vom wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 2, 130 erster und vierter Fall und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden war.

Am beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Zur Begründung führte er aus, dass sein Vater, ein österreichischer Staatsbürger, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe und die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen Familienangehörige von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern nur eingeschränkt möglich sei. Weiters brachte er vor, von seinem Vater tatsächlich Unterhalt zu beziehen, und er legte diesbezüglich eine Haftungserklärung vor.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom abgewiesen. In ihrer Begründung führte die erstinstanzliche Behörde aus, dass es dem Vater des Beschwerdeführers angesichts seiner Pension "offensichtlich nicht möglich" sei, dem Beschwerdeführer Unterhalt zu gewähren. Zudem gebe es keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer seine Eltern begleitet habe oder ihnen nachgezogen sei.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer u. a. geltend, dass sein Vater, der eine Pension von durchschnittlich EUR 942,-- erhalte, angesichts seines sparsamen Lebensstandards sowie der äußerst niedrigen Miete in der Lage sei, ihm Unterhalt zu zahlen, und dass er diesen auch tatsächlich leiste.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Die belangte Behörde verneinte zunächst, dass der Beschwerdeführer als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG anzusehen sei. Weiters legte sie näher dar, weshalb die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, nicht weggefallen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Februar 2008 geltende Fassung.

Der Beschwerdeführer wendet sich insbesondere gegen die Auffassung der belangten Behörde, er sei nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist ein begünstigter Drittstaatsangehöriger (u.a.) ein Verwandter eines Österreichers, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, sofern er diesen begleitet oder ihm nachzieht. Handelt es sich beim Drittstaatsangehörigen - wie im vorliegenden Fall - um einen Verwandten in absteigender Linie, der das 21. Lebensjahr vollendet hat, dann ist außerdem erforderlich, dass ihm tatsächlich Unterhalt gewährt wird.

Die belangte Behörde stellte nicht in Abrede, dass der Vater des Beschwerdeführers österreichischer Staatsbürger ist und von seinem unionsrechtlich zustehenden Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Allerdings sei das Tatbestandsmerkmals "begleitet oder ihm nachzieht" ihrer Auffassung nach "laut Aktenlage definitiv nicht" vorliegend, wobei der angefochtene Bescheid keine nähere Begründung für diese Einschätzung enthält. Dazu ist vorab anzumerken, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legte, der Beschwerdeführer sei bei seinen Eltern in Deutschland gemeldet. Sie ging offenbar auch von einem tatsächlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers dort aus, zumal sie aus dem Umstand der Meldung ableitete, dass er mit seiner in Salzburg wohnhaften Lebensgefährtin kein gemeinsames Familienleben führe. Abgesehen davon ist der Auffassung der belangten Behörde zum fehlenden Vorliegen der Voraussetzung des "Begleitens" oder "Nachziehens" aber vor allem entgegenzuhalten, dass es - wenn der Österreicher wie im vorliegenden Fall von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebraucht gemacht hat - darauf gar nicht ankommt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 2008/21/0586, und Zl. 2008/21/0393, jeweils mwN auch zur Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes). Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer somit zu Unrecht aus diesem Grund den Status als begünstigter Drittstaatsangehöriger abgesprochen.

Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits das 31. Lebensjahr vollendet hatte, ist aber weiters erforderlich, dass ihm - von seinem Vater - tatsächlich Unterhalt gewährt wird. Im Verwaltungsverfahren brachte der Beschwerdeführer diesbezüglich vor, dass es seinem Vater angesichts seines sparsamen Lebensstandards und der äußerst niedrigen Miete möglich sei, ihm Unterhalt zu gewähren, und dass er diesen Unterhalt auch tatsächlich leiste. Weiters verwies er auf die seinem Vater zustehende Pension und auf die vorgelegte Haftungserklärung.

Ausgehend davon greift es aber zu kurz, dass die belangte Behörde lediglich ausführt, "laut Aktenlage" stehe fest, dass dem Beschwerdeführer von seinen Eltern kein Unterhalt gewährt werde und dies auch auf Grund des geringen Einkommens seines Vaters faktisch nicht möglich sei (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0027). Weder ist ersichtlich, worauf sich die belangte Behörde bei ihrem Verweis auf die "Aktenlage" bezieht (zumal im angefochtenen Bescheid dahingehende Feststellungen fehlen), noch lassen die Ausführungen der belangten Behörde erkennen, dass sie sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur tatsächlichen Unterhaltsleistung hinreichend befasst hat. Eine solche Auseinandersetzung wäre aber schon deshalb geboten gewesen, weil dem Beschwerdeführer bei Erfüllung dieser Voraussetzung der Status als begünstigter Drittstaatsangehöriger zukäme und diesfalls - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 FPG eine Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben wäre.

Der angefochtene Bescheid war aber schon wegen der vorrangig aufzugreifenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des begehrten Betrages - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
SAAAE-67567