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VwGH vom 25.05.2011, 2007/13/0152

VwGH vom 25.05.2011, 2007/13/0152

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der S HandelsgmbH in Liquidation in W, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0703-W/06, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Anerkennung von Vorsteuerguthaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, stellte mit Eingabe vom einen "Antrag" auf ihrem Abgabenkonto ein "Guthaben von 29,464.153,87 S durch entsprechende Buchungsmitteilung wiederherzustellen" und diesen Betrag an ihren Liquidator zu überweisen. Begründend führte sie aus, gemäß Buchungsmitteilung vom habe auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin ein Steuerguthaben von 29,464.153,87 S bestanden. Das Finanzamt habe das Guthaben wegen behaupteter Scheinrechnungen der Firma A. aberkannt und aufgrund von "Strafbescheiden" einen Rückstand über 35,522.149 S ausgewiesen. In weiterer Folge sei u.a. gegen den nunmehrigen Liquidator der Beschwerdeführerin ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden, das mit einem Freispruch geendet habe. Das Landesgericht für Strafsachen als zuständiges Finanzstrafgericht habe die gegen den Liquidator erhobenen Vorwürfe als unzutreffend verworfen und "darüber hinaus rechtskräftig festgestellt, daß die Firma (A.) als Subunternehmer tätig war, sodass die Vorsteuer und das daraus resultierende Vorsteuerguthaben berechtigt sind". Mit Buchungsmitteilung vom habe das Finanzamt den "am selben Tag gebuchten Rückstand von ATS 35,522.149,00 auf Null gesetzt, nachdem vor Festsetzung des Rückstandes der Kontostand angeblich '0.00' betragen hat". Das Guthaben von 29,464.153,87 S sei zu Unrecht außer Acht gelassen worden.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Eingabe vom zurück (nachdem eine diesbezügliche Erledigung vom , gegen welche die Beschwerdeführerin Berufung erhoben hatte, nicht den Erfordernissen des § 96 BAO entsprochen hatte; vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/13/0001). Der Bescheid vom wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Abgabenbehörde an Feststellungen des Landesgerichtes für Strafsachen nicht gebunden und das Anbringen vom außerdem gesetzlich nicht vorgesehen sei.

In der gegen den Bescheid vom gerichteten Berufung vom führte die Beschwerdeführerin u. a. aus, die Anklagebehörde habe die von der Abgabenbehörde geschilderten Tatsachen der Anklage zugrunde gelegt und das Landesgericht für Strafsachen habe den Vorwurf als nicht zu Recht bestehend erkannt. Es sei im Sinne einer Einheitlichkeit der Rechtsordnung ausgeschlossen, dass die einander widersprechenden Beurteilungen nebeneinander bestünden. Die spätere Entscheidung des unabhängigen und weisungsfreien Gerichts derogiere daher materiell der der Abgabenbehörde. Weil im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt sei, dass aufgrund eines Freispruches eines Beschuldigten die Abgabenbehörde die Nachforderung, die zum Anlass des Finanzstrafverfahrens gemacht worden sei, rückgängig zu machen habe, "wurde der Antrag auf Wiederherstellung des Guthabens gestellt, ebenso wie der bis heute nicht erledigte Antrag auf Wiederaufnahme vom ".

Das Finanzamt wies die Berufung vom mit Berufungsvorentscheidung vom ab und begründete dies damit, dass mit der Buchungsmitteilung lediglich der jeweilige Kontostand bekanntgegeben werde, der sich aufgrund der Verbuchung von Abgabenbescheiden ergebe. Die Buchungsmitteilung habe keinen Bescheidcharakter und könne weder auf Antrag berichtigt noch mit Berufung bekämpft werden. Es müsse entweder ein im Rechtsmittelweg zu bekämpfender Abrechnungsbescheid verlangt oder es müssten die der Buchungsmitteilung zugrundeliegenden Bescheide, die mittlerweile bereits in Rechtskraft erwachsen seien, bekämpft werden. Wenn dem bereits vorliegenden Wiederaufnahmeantrag stattgegeben werde und die Berufung zu einer Abänderung der Bescheide führe, werde sich automatisch eine (möglicherweise im Sinne der Beschwerdeführerin) geänderte Buchungsmitteilung ergeben.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und führte aus, dass im Streitfall, trotz der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Rechtsfrage zur Bindung der Abgabenbehörden an rechtskräftige Urteile von Strafgerichten, nur zu klären sei, ob ein Antrag auf "Wiederherstellung eines Guthabens von ATS 29,464.153,87 durch entsprechende Buchungsmitteilung" zulässig sei. Dies sei nicht der Fall, weil Buchungsmitteilungen nicht normativ über rechtliche Interessen absprächen und nicht "Grundlage (Abgabenbescheid)" für Gutschriften sein könnten. Die Wiederherstellung eines Guthabens durch Erlassung einer Buchungsmitteilung sei im Gesetz nicht vorgesehen, weshalb der gegenständliche Antrag zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Das Finanzamt habe den Antrag auf Wiederherstellung auch nicht als Antrag auf Wiederaufnahme werten müssen, weil von einem Parteienvertreter zu erwarten sei, dass er einen solchen Antrag entsprechend formuliere. Im Übrigen werde auf das beim Finanzamt anhängige Verfahren über den noch nicht erledigten Antrag auf Wiederaufnahme verwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1200/07, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde trägt vor, die "Aberkennung des Vorsteuerguthabens" habe sich durch das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen als rechtswidrig erwiesen, weshalb auch die Abweisung des gegenständlichen Antrages rechtswidrig sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2002/13/0222, erkannt habe, "ist die Abgabenbehörde verpflichtet eine bereits ergangene Entscheidung außer Kraft zu setzen, weil der Freispruch des Landesgerichtes weder den Ausdruck 'wegen Unzuständigkeit' noch einen Hinweis auf § 214 FinStG enthält". Gemäß § 54 Abs. 6 FinStrG sei eine bereits ergangene Entscheidung der "Finanzstrafbehörde" außer Kraft zu setzen, wenn das gerichtliche Verfahrens anders als durch Unzuständigkeitsentscheidung rechtskräftig beendet werde. Der angefochtene Bescheid ignoriere diese gesetzliche, im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom verdeutlichte Pflicht.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Die belangte Behörde stellt im angefochtenen Bescheid fest, dass das Finanzamt das Anbringen vom nicht als Antrag auf Wiederaufnahme werten musste, was schon im Hinblick auf dessen eindeutigen Inhalt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken stößt. Anhaltspunkte dafür, dass das Anbringen entgegen seinem Wortlaut als Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides anzusehen gewesen wäre, liegen ebenfalls nicht vor. Ausgehend davon findet der in der gegenständlichen Eingabe vom gestellte "Antrag" auf Wiederherstellung eines Guthabens durch entsprechende Buchungsmitteilung im Gesetz keine Deckung. Die Zurückweisung des gesetzlich nicht vorgesehenen Antrages durch das Finanzamt ist daher zu Recht erfolgt, weshalb sich auch die Abweisung der gegen den Zurückweisungsbescheid gerichteten Berufung als rechtens erweist.

Die Beschwerde war somit als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Nur der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass eine Bindung der Abgabenbehörde an ein freisprechendes Strafurteil schon wegen der anders gearteten Beweisregeln nicht besteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0045, mwN) und das in der Beschwerde angezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/13/0222, VwSlg 7966/F, das Verhältnis zwischen gerichtlichen und finanzstrafbehördlichen Finanzstrafverfahren betrifft und schon deshalb zur gegenständlichen Problematik nicht einschlägig ist (dasselbe gilt für die Bestimmung des § 54 Abs. 6 FinStrG).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am