VwGH vom 27.04.2011, 2007/13/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der K GmbH (früher K Co GmbH davor K C GmbH) in Wien, vertreten durch MMag.Dr. Bernhard Garger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Zaunergasse 4-6/Schwarzenbergplatz, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0880-W/02, betreffend Körperschaftsteuer 1994 bis 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der im Streitzeitraum Erich K. (25%), seine Ehefrau Marion K. (35%) und Bernhard C. (40%) beteiligt waren, bildete Rückstellungen für Pensionen, die sie Erich K. (Gesellschafter-Geschäftsführer) und Marion K. (Angestellte) am eingeräumt hatte. Die erteilten Leistungszusagen lauten auszugsweise wie folgt:
"PENSIONSZUSAGE
für (Erich K. / Marion K.), …
Wir haben uns entschlossen, Ihnen eine Alterspension als Ergänzung zu den Leistungen der Sozialversicherung zu gewähren. Der im folgenden näher beschriebene Anspruch ist rechtsverbindlich und unwiderruflich. Es gelten dafür folgende Bestimmungen:
1. Höhe der Alterspension
Ab dem vollendeten (65. (Erich K.) / 60. (Marion K.)) Lebensjahr haben Sie Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Alterspension in Höhe von (10.000 S (Erich K.) / 5.000 S (Marion K.)) inkl. Gewinnanteile aus der Rückdeckungsversicherung, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt Ihre Tätigkeit in unserem Unternehmen beenden. Diese monatliche Pension wird 12mal jährlich auf Lebenszeit ausbezahlt, längstens 15 Jahre.
Sollte das Ableben vor Erreichung der Alterspension eintreten, wird das bis dahin im Rahmen der Rückdeckungsversicherung gemäß Punkt 3 angesammelte Kapital inklusive der bis dahin erworbenen Gewinnanteile an (Marion K. (Pensionszusage Erich K.) / Erich K. (Pensionszusage Marion K.)) ausbezahlt.
Sollte das Ableben nach dem (65. (Erich K.) / 60. (Marion K.)) Lebensjahr d.h. bei Pensionsbezug eintreten, wird das verbleibende Ablösekapital inklusive Gewinnanteil an (Marion K. (laut Pensionszusage Erich K.) / Erich K. (laut Pensionszusage Marion K.)) ausbezahlt.
2. Erlöschen bzw. Veränderung der Leistung
…
2.3 Die fällige Alterspension kann durch eine Kapitalzahlung in Höhe von (1,376.592 S (Erich K.) / 723.648 S (Marion K.)) inkl. Gewinnanteile aus unserer Rückdeckungsversicherung laut Pkt. 3 abgelöst werde; das Recht auf Rentenablöse durch die angegebene Kapitalzahlung steht sowohl Ihnen als auch unserem Unternehmen zu.
3. Rückdeckungsversicherung
Die Verpflichtung aus dieser Pensionszusage wird durch einen Versicherungsvertrag bei der (X. Versicherung AG) rückgedeckt.
4. Gestaltung des Versicherungsvertrages und Beitragszahlungen
Unsere Firma ist Versicherungsnehmer und hat damit alle Gestaltungsrechte an dem Versicherungsvertrag. Sie werden der Versicherungsanstalt als versicherte Person genannt. Die Beiträge werden zur Gänze von uns gezahlt solange Ihr Dienstverhältnis aufrecht ist, längstens jedoch bis zum Ablauf der Versicherung. Die Beitragszahlung kann vermindert oder eingestellt werden, wenn deren Aufrechterhaltung im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse unserer Firma nicht mehr zugemutet werden kann.
…"
Im Rahmen einer die Jahre 1994 bis 1997 umfassenden Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die steuerwirksame Bildung der Pensionsrückstellungen mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen und fehlender Fremdüblichkeit nicht zulässig sei.
Den angeführten und weiteren nicht streitgegenständlichen Prüfungsfeststellungen folgend erließ das Finanzamt, nach teilweiser Wiederaufnahme der Verfahren, entsprechende Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 1997.
Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und begründete dies u.a. damit, dass Pensionszusagen nur dann zur Rückstellungsbildung berechtigten, wenn die Zusagen unwiderruflich und Pensionen in Rentenform vorgesehen seien.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte im Vorlageantrag u.a. aus, die in Rede stehenden Pensionszusagen seien rechtsverbindlich und unwiderruflich erteilt worden. Zudem unterlägen die Leistungszusagen dem Betriebspensionsgesetz (im Folgenden: BPG), das in § 8 die Fälle des Einstellens, Aussetzens oder Einschränkens des Erwerbs künftiger Anwartschaften regle. Da das BPG eine relative Zwangsnorm zugunsten des privatrechtlichen Dienstnehmers sei, sei eine darüber hinausgehende, den Dienstnehmer schlechter stellende Festlegung nichtig.
Die Pensionszusagen enthielten, abgesehen davon, dass die Möglichkeit einer Kapitalabfindung durch das BPG nicht behindert werde, ein Rentenversprechen. Die Möglichkeit einer Kapitalablöse sei eingeräumt. Wenn die Rückstellungsbildung nach § 14 EStG 1988 "mit der Behauptung einer Kapitalzusage betrieben werden sollte, dann wird das gegenständliche Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof dazu führen, daß die bekanntlich generell für Einmal-Schlußzahlungen aus dem Dienstverhältnis (Abfertigungen aller Art mit Ausnahme gesetzlicher und kollektivvertraglicher) von den Finanzbehörden vertretene Auffassung, daß sie nicht rückstellungsfähig wären, als verfassungswidrig erkannt wird".
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Pensionszusagen aus, die mit Erich und Marion K. getroffenen Vereinbarungen stellten Einzelpensionszusagen dar, die dergestalt abgesichert seien, dass die Beschwerdeführerin Prämien in Kapitalversicherungen einzahle und so das benötigte Kapital für die Auszahlung der Zusatzpensionen anspare. Da die Pensionen nicht wertgesichert und überdies auf 15 Jahre begrenzt seien, sei der Kapitalbedarf leicht errechenbar. Im Hinblick auf das wirtschaftliche Ergebnis der Beschwerdeführerin im Jahr 1993 und die bezahlten Aktivbezüge seien die Pensionszusagen des Jahres 1994 nach Ansicht der belangten Behörde dem Grunde und der Höhe nach angemessen. Erich und Marion K. erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 25 EStG 1988, weshalb in Bezug auf die Pensionszusagen die Bestimmungen des BPG anzuwenden seien.
Nach § 14 Abs. 7 EStG könnten Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 ermittelten, für schriftliche, rechtsverbindliche und unwiderrufliche Pensionszusagen und für direkte Leistungszusagen im Sinne des Betriebspensionsgesetzes in Rentenform Pensionsrückstellungen bilden.
Eine erteilte Pensionszusage könne "gemäß § 8 BPG ähnlich wie in § 14 EStG nur widerrufen werden, wenn der Arbeitgeber unter allen Umständen verhalten ist, die Pensionsverpflichtung zu erfüllen".
Die strittigen Pensionszusagen enthielten in Punkt 4 Widerrufsklauseln, die keine konkreten Gründe für die Einstellung der Prämienzahlungen anführten. Es werde nur auf eine nicht weiter definierte allgemeine wirtschaftliche Unzumutbarkeit Bezug genommen, die von der Geschäftsführung auch in anderen als existenzbedrohenden Umständen erkannt werden könnte und eine Verminderung der Prämienzahlung sowie des Pensionsanspruchs zur Folge hätte. "Dieser Umstand wäre aber nach den Bestimmungen des BPG unzulässig und führt dazu, dass es sich bei der strittigen Pensionszusage nicht um eine rückstellbare Pensionszusage iSd § 14 EStG handelt".
§ 14 Abs. 7 EStG 1988 sei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/13/0133, auch nur auf Leistungszusagen in Rentenform anwendbar.
Renten seien regelmäßig von der Lebensdauer eines Menschen abhängig. Das darin begründete Risiko könne dadurch vermindert werden, "dass die mit dem Leben bestimmter Personen verbundenen Ansprüche zeitmäßig absolut begrenzt sind (z.B. Rente bis zum Ableben maximal aber eine gewisse Dauer, oder bis zum Ableben, mindestens aber eine bestimmte Dauer)".
Abgekürzte oder so genannte Höchstzeit-Renten seien auf eine bestimmte Höchstzeit begrenzt und würden erlöschen, wenn die Person, von deren Lebenszeit sie abhängig seien, vor Ablauf der vereinbarten Zeit versterbe. Darin liege das aleatorische Element der Rente.
Bei Mindestzeit-Renten werde vereinbart, dass die Rentenberechtigung im Falle des Todes des Berechtigten vor Ablauf der Mindestzeit auf die Erben übergehe. Bei diesen Renten laufe die Rente nach dem Tod des Berechtigten zwar nur mehr für die Mindestzeit weiter, die Möglichkeit, dass erheblich länger als die Mindestzeit gezahlt werden müsse, bestehe aber, weil der Berechtigte weitaus länger leben könne als die bedungene Mindestzeit.
Eine genaue Berechnung des Kapitalbedarfs für die Erfüllung einer Rentenverpflichtung sei üblicherweise nicht möglich. "Im vorliegenden Fall ist der Kapitalbedarf jedoch leicht errechenbar nämlich für Frau (Marion K.) 5.000,00 x 12 Monate x 15 Jahre = 900.000,00 für Herrn (Erich K.) 10.000 x 12 Monate x 15 Jahre = 1.800.000,00. Bei vorzeitiger Auszahlung durch Kapitalablöse bei Erreichen des 60/65 Lebensjahres wird der ermittelte Betrag aufgrund der vorzunehmenden Abzinsung auf die zugesagten Einmalbeträge auf öS 723.648,00 (für Frau (Marion K.)) bzw. öS 1.376.592,00 (für Herrn (Erich K.)) verringert."
Das Kapital für die zugesagten Pensionen werde im Wege von angesparten Versicherungsprämien aufgebracht. Den Pensionen werde lediglich ein allfälliger Gewinnanteil als Unsicherheitsfaktor hinzu geschlagen. Sollte der jeweilige Anspruchsberechtigte vor Erreichen des maximalen Auszahlungszeitraumes von 15 Jahren versterben, werde das nach Abzug der bis dahin in Rentenform ausbezahlten Beträge verbleibende angesparte Kapital inklusive allfälliger Gewinnanteile dem überlebenden Ehepartner ausbezahlt. Es sollten also die im Wege der Versicherung angesparten, um allfällige Gewinnanteile erhöhten Beträge an Erich und Marion K. zur Auszahlung gelangen. Darin könne keine Pensionszusage im eigentlichen Sinn erkannt werden. Es handle sich um ein Sparmodell, dessen Auszahlungsmodalitäten nach Ablauf einer bestimmten Wartefrist von den berechtigten Gesellschaftern unterschiedlich gestaltet werden könnten "(sofortige Kapitalauszahlung, oder 'Rente' für maximal 15 Jahre, bei vorzeitigem Ableben Auszahlung des Restkapitals samt Gewinnanteil an den überlebenden Ehepartner)".
Bezüglich der auszuzahlenden Beträge bestehe kein Unsicherheitsfaktor. Das gesamte aufgebrachte Kapital zuzüglich allfälliger Gewinnanteile komme letztlich Erich und Marion K. zu. Die einzige Unsicherheit stelle die Höhe der Gewinnanteile aus der Versicherung dar. Diese Unsicherheit habe keine Auswirkung auf die Frage des Vorliegens einer Rente im steuerlichen Sinn. Die Auszahlung des angesparten Kapitals und eines allfälligen Gewinnanteils erfolge in Ratenform oder einmaliger Kapitalzahlung und nicht in Rentenform.
Eine steuerwirksame Rückstellungsbildung gemäß § 14 EStG sei daher auch "mangels Rentenqualität der zugesagten Pensionsleistungen" nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1031/07, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin "durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Bildung einer Pensionsrückstellung für eine Versorgungszusage (im Leistungsfall alternativer Bezug als Einmalkapitalzahlung oder als Rente) als sonstige ungewisse Verbindlichkeit nach § 9 Abs 1 Z 3 EStG in der für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgebenden Fassung verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde trägt unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G 403/97, VfSlg 15040, und vom , B 1609/01,VfSlg 16759, auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass die aus den strittigen Pensionszusagen resultierenden Leistungsverpflichtungen, die alternativ als Einmalkapital oder als Rente konsumierbar seien, "sonstige ungewisse Verbindlichkeiten" im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 3 EStG darstellten und in jedem Fall nach dieser Bestimmung rückgestellt werden könnten.
Dem ist zu entgegnen, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich freisteht, im Steuerrecht für künftige Pensionsverpflichtungen eine Passivierungspflicht und auch ein Passivierungsrecht vorzusehen oder (teilweise) zu beseitigen und derartige künftige Verpflichtungen nicht oder nur teilweise als Betriebsausgaben anzuerkennen; dies auch dann, wenn nach handelsrechtlichen Vorschriften eine derartige Passivierungspflicht besteht (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 82/78, VfSlg 8457). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber Gebrauch gemacht, indem er in § 9 Abs. 2 EStG 1988, idF BGBl. Nr. 818/1993, bestimmt hat, dass Rückstellungen für laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen nach § 14 leg. cit zu bilden sind.
In § 14 Abs. 7 EStG 1988, idF BGBl. Nr. 818/1993, wird geregelt, dass Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 leg. cit. ermitteln, nur für schriftliche, rechtsverbindliche und unwiderrufliche Pensionszusagen und für direkte Leistungszusagen im Sinne des BPG in Rentenform Pensionsrückstellungen bilden können.
§ 14 Abs. 7 EStG 1988 schränkt die Bildung von Pensionsrückstellungen ein und stellt insoweit eine Ausnahme von den Grundsätzen der Rückstellungsbildung dar. Daher sind Verbindlichkeiten aus Pensionszusagen im Sinne des § 14 Abs. 7 EStG 1988 nicht nach den allgemeinen Regeln als "sonstige ungewisse Verbindlichkeiten" im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 rückstellbar. Dies wird auch im den Streitfall betreffenden Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1031/07, zum Ausdruck gebracht, in welchem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 16759, auf das sich die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde u.a. stützt, "keineswegs abzuleiten ist, dass jede nicht die Voraussetzungen des § 14 EStG 1988 erfüllende Pensionsrückstellung als Rückstellung nach § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 in Betracht kommt". Die Rüge, die belangte Behörde habe die Rechtslage verkannt, indem sie "die Anwendbarkeit des § 9 EStG ignoriert" habe, führt daher die Beschwerde nicht zum Erfolg.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am