VwGH vom 21.03.2012, 2009/16/0267
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der D S in R, vertreten durch die Stolz Schartner Rechtsanwälte GmbH in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 4653/09z-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin beim Bezirksgericht St. Johann im Pongau eine Klage gegen die R. GesmbH mit dem Begehren ein, die beklagte Partei sei schuldig, den Betrag von 4.500 EUR samt näher aufgeschlüsselter Zinsen und die Kosten der Rechtsvertretung zu bezahlen sowie ein näher bezeichnetes Bestandsobjekt von ihren Fahrnissen zu räumen und der Beschwerdeführerin geräumt zu übergeben. Den Streitwert bezifferte die Beschwerdeführerin in der Klage mit 4.500 EUR für Mietzins und 630 EUR für Räumung.
Nachdem die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am das Klagebegehren wegen mittlerweile aufgelaufener rückständiger Mietzinse auf Leistung von 6.750 EUR samt Zinsen ausgedehnt hatte, schlossen die Beschwerdeführerin und die beklagte Partei in der mündlichen Verhandlung am nachstehend wiedergegebenen Vergleich:
"1.) Die beklagte Partei verpflichtet sich, das
Bestandsobjekt Haus ..., bestehend aus ... und die Zufahrt von
ihren Fahrnissen bis längstens zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben. Die beklagte Partei verzichtet auf jedweden Räumungsaufschub insbonders auch nach den Bestimmungen der §§ 35, 36 und 37 EO.
2.) Die beklagte Partei verpflichtet sich, den Betrag von Euro 4.000,00 an bis einschließlich rückständigen Mietzinsen bis längstens zu Handen des Klagevertreters Rechtsanwalt Dr. ... zu bezahlen.
3.) Die beklagte Partei verpflichtet sich, in einvernehmlicher Abänderung des Mietvertrages vom , ab einen monatlichen Mietzins von Euro 600,00 (darin enthalten Euro 100,00 USt.) jeweils bis zum 05. eines Monats zu Handen der Klägerin zu bezahlen."
Nach fruchtloser Zahlungsaufforderung vom forderte der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes mit Zahlungsauftrag vom eine restliche Gerichtsgebühr in Höhe von
1.614 EUR an.
Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin dagegen einen Berichtigungsantrag ein, in welchem sie die Ansicht vertrat, der am abgeschlossene Vergleich beinhalte in seinem Punkt 3.) in Zusammenhalt mit Punkt 1.) eine für eine Dauer von sechs Monaten (nämlich vom bis zur Räumung am ) geltende Vereinbarung. Mit der mit der Klagseinbringung entrichteten Pauschalgebühr in der Höhe von 551 EUR sei die dadurch erfolgte Streitwerterhöhung um 3.000 EUR jedenfalls abgedeckt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab. Die Beschwerdeführerin übersehe, dass mit der Klagsausdehnung in der Verhandlung (vom ) das Klagebegehren auf den Leistungsbetrag von 6.750 EUR ausgedehnt worden sei, weshalb eine Gebührenerhöhung eingetreten sei, weil zu diesem Betrag das aufrechte Räumungsbegehren hinzuzurechnen sei und dadurch eine Bemessungsgrundlage von 7.390 EUR (Anm.: richtig wohl: 7.380 EUR) jedenfalls gegeben gewesen sei. Der Pauschalgebührenbetrag von 551 EUR decke jedoch nur Klagen mit einer Bemessungsgrundlage bis zu 7.270 EUR.
Darüber hinaus sei der abgeschlossene Vergleich zu beurteilen. Unstrittig sei die Bemessungsgrundlage in Bezug auf die Punkte 1. und 2. des Vergleiches mit einem Betrag von
4.630 EUR. Aus dem Punkt 3. des Vergleiches sei unzweifelhaft ersichtlich, dass ein Endtermin, bis zu welchem Zeitpunkt die Miete zu entrichten sei, nicht enthalten sei. Werde eine zeitlich nicht begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages übernommen, so richte sich die Bemessungsgrundlage nach dem Zehnfachen der Jahresleistung. Verpflichte sich ein Beklagter in einem Räumungsvergleich zur Bezahlung laufender monatlicher Mietzinse, so sei diese Leistungsverpflichtung nicht von vornherein auf eine bestimmte Zeit begrenzt. Dies gelte auch dann, wenn sich der Beklagte in einem anderen Vergleichspunkt zur Räumung der Wohnung bis zu einem datumsmäßig bestimmten Zeitpunkt verpflichtet habe.
Gerade dieser gebührenrechtliche Tatbestand liege dem Beschwerdefall zugrunde. Mit Punkt 3. des Vergleiches werde kein Endzeitpunkt bestimmt, bis zu welchem der laufende Mietzins von 600 EUR monatlich zu bezahlen sei. Demnach sei über Punkt 3. des Vergleiches das Zehnfache der Jahresleistung, sohin der Betrag von 72.000 EUR heranzuziehen. Gemeinsam mit den beiden anderen Vergleichspunkten errechne sich daher eine Bemessungsgrundlage von
76.630 EUR und daraus eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Höhe von 2.165 EUR. Unter Berücksichtigung der bereits entrichteten Gebühr von 551 EUR sei die restliche Pauschalgebühr im Betrag von
1.614 EUR in Ansatz zu bringen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin gerade noch ersichtlich im Recht verletzt erachtet, dass ihr nicht nachträglich Gerichtsgebühren auf Grund des Vergleiches vorgeschrieben werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde und den Zuspruch von Ersatz des Schriftsatzaufwandes beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Gemäß § 14 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) ist die Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Nach § 58 Abs. 1 JN ist der Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen bei unbestimmter Dauer das Zehnfache der Jahresleistung.
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Von dieser Regelung tritt gemäß § 18 Abs. 2 Z 2 leg. cit. eine Ausnahme ein, wenn der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert wird oder Gegenstand des Vergleiches eine Leistung ist, deren Wert das Klagebegehren übersteigt. Dann ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen, wobei die bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen ist.
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung richtet sich in Anwendung des § 58 Abs. 1 JN die zu bezahlende Ergänzungsgebühr im Falle von gerichtlichen Räumungsvergleichen dann, wenn eine zeitlich nicht exakt begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages übernommen wird, nach dem Zehnfachen des Jahreswertes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/16/0117, vom , Zl. 2010/16/0059 sowie die bei Stabentheiner, Gerichtsgebühren9, E 53 bis 86 zu § 18 GGG zitierte hg. Rechtsprechung).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN) die Ansicht, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen in einem den Streitwert erhöhenden Vergleich einerseits ein Räumungstermin und andererseits aber ein bestimmter, regelmäßig zu zahlender Mietzins ohne zeitliche Begrenzung vereinbart werden, eine Verpflichtung auf unbestimmte Zeit begründet wird, weil in solchen Fällen dem Vergleich selbst nicht entnommen werden kann, dass die Leistungsverpflichtung zB für den Fall der nicht fristgerechten Räumung mit dem in Aussicht genommenen Räumungstermin erlöschen sollte.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, die zeitliche Begrenzung mit dem in Punkt 1. des Vergleiches bei Verzicht auf jedweden Räumungsaufschub vereinbarten Räumungstermin mit begrenze die Verpflichtung des Zahlens des laufenden Mietzinses. Jedenfalls sei der Mietvertrag mit befristet gewesen.
Dem ist der klare Vergleichstext entgegenzuhalten, wonach sich die beklagte Partei verpflichtet, ab dem einen monatlichen Mietzins von 600 EUR jeweils bis zum 5. eines Monats zu bezahlen. Dass diese Verpflichtung mit dem unter Punkt 1. des Vergleichs vereinbarten Räumungstermin befristet gewesen wäre, ist dem eindeutigen Vergleichstext nicht zu entnehmen (vgl. abermals das erwähnte hg. Erkenntnis vom ).
Zu Recht hat die belangte Behörde daher bei der in Rede stehenden Formulierung des Vergleiches vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtsprechung den Vergleich als werterhöhend im Sinne des § 18 Abs. 2 Z 2 GGG beurteilt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am