VwGH vom 21.03.2012, 2009/16/0259

VwGH vom 21.03.2012, 2009/16/0259

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der T Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch die Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH, in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. Jv 3468/09g-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Firmenbucheingabe vom , verbessert durch den Schriftsatz vom , beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft m.b.H. (Beschwerdeführerin) beim Handelsgericht Wien u.a. die Eintragung der Erhöhung ihres Stammkapitals von 500.000 S 36.363,42 EUR) auf 37.000 EUR (zur "Glättung" des Stammkapitals und der Stammeinlagen in der Folge der Währungsumstellung vom Schilling auf den Euro), die Eintragung der Neufassung des Gesellschaftsvertrages auf Grund der außerordentlichen Generalversammlung vom und die Eintragungen der Abtretung von Stammeinlagen bei den Gesellschaftern G S. (Stammeinlage 7.770 EUR), G S. (Stammeinlage 8.510 EUR) und den neu eingetretenen Gesellschaftern M S. (Stammeinlage 8.880 EUR) und A S. (Stammeinlage 11.840 EUR).

Von den mit Zahlungsaufforderung vom vorgeschriebenen Gerichtsgebühren für die Kapitalerhöhung (TP 10 lit. b Z 4 GGG), Änderung des Gesellschaftsvertrages (TP 10 lit. b Z 16 GGG) und Änderungen bei den Gesellschaftern (TP 10 lit. c Z 8 GGG) entrichtete die Beschwerdeführerin den für die Änderung bei den Gesellschaftern wegen Änderung der Höhe der Stammeinlagen auf Grund der Kapitalerhöhung (4 x 17 EUR) vorgeschriebenen Betrag von 68 EUR nicht und hielt der Zahlungsaufforderung mit Schriftsatz vom Einwendungen entgegen.

Dem diese Gerichtsgebühren für Eintragungen bei den Gesellschaftern (TP 10 I lit. c Z 8 GGG) betreffenden Zahlungsauftrag vom begegnete die Beschwerdeführerin mit ihrem Berichtigungsantrag vom , in welchem sie zusammengefasst die Ansicht vertrat, bei der Geltendmachung der Gerichtsgebühr für die Änderungen bei den Gesellschaftern handle es sich um eine "Doppelvorschreibung" einer Gebühr, weil unter der Position "Änderungen oder Löschungen betreffend Kapital" mit der dazu vorgeschriebenen Gebühr gemäß TP 10 lit. b Z. 4 GGG in abschließender Weise sämtliche im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung vollzogenen Eintragungen abgegolten seien. Weder die Personen noch deren Funktionen der Gesellschafter hätten sich im Rahmen der Kapitalerhöhung geändert.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab. Die Vorschreibung des Betrages von 68 EUR (4 x 17 EUR für Änderungen bei den Gesellschaftern nach TP 10 lit. c Z 8 GGG) resultiere aus den Veränderungen der Höhe der Stammeinlage bei den Gesellschaftern. Es sei nicht nur eine Euro-Umstellung bei der Höhe der bisherigen Stammeinlagen der Gesellschafter erfolgt, sondern durch die Euro-Umstellung beim Kapital und der sich dadurch ergebenden Kapitalerhöhung hätten sich auch Änderungen bei der Höhe der Stammeinlagen ergeben. Nach Anmerkung 7 zu TP 10 GGG sei die Eintragungsgebühr nach TP 10 I lit. b und c GGG bei Zutreffen mehrerer dort angeführter Tatbestände für jede einzelne der Eintragungen zu entrichten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht "auf Nichtvorschreibung einer Gerichtsgebühr gemäß TP 10 I lit c Z 8 GGG", nämlich im Recht darauf, "dass es für ein und denselben Sachverhalt (Kapitalerhöhung) nur zu einer Gebührenvorschreibung gemäß TP 10 I lit b Z 4 GGG, nicht jedoch zusätzlich zu einer Doppelvorschreibung gemäß TP 10 I lit c Z 8 GGG kommt", verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind nach § 5 Z 2 des Firmenbuchgesetzes (FBG) die Höhe des Grund- oder Stammkapitals, dessen Erhöhung oder Herabsetzung und die darauf gerichteten Beschlüsse und nach § 5 Z 6 leg.cit. außerdem Name und Geburtsdatum der Gesellschafter, gegebenenfalls ihre Firmenbuchnummer sowie ihre Stammeinlagen und die darauf geleisteten Einzahlungen im Firmenbuch einzutragen.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Gerichtsgebührengesetzes - GGG unterliegt die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil des GGG bildenden Tarifs.

Tarifpost (TP) 10 GGG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 114, des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes 2004, BGBl. I Nr. 67, und der Verordnung BGBl. II Nr. 252/2006 lautet auszugsweise:

"Tarifpost 10

I. Firmenbuch


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
….
b)
Eintragungsgebühren für Neueintragungen und Änderungen betreffend:
1.
…..
….
4.
Kapital (auch Kapitalerhöhung und -herabsetzung) 131 Euro
…..
c)
Eintragungsgebühren für Neueintragungen, Änderungen oder Löschungen folgender vertretungsberechtigter Personen und Funktionen:
1.
…..
…..
8.
Gesellschafter bei Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktionär einer Aktiengesellschaft

17 Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
…"
Nach Anmerkung 7 zu TP 10 GGG ist die Eintragungsgebühr nach TP 10 I lit. b und c bei Zutreffen mehrerer dort angeführter Tatbestände für jede einzelne Eintragung zu entrichten.
Nach Anmerkung 11 zu TP 10 GGG ist die Eintragung von Namensänderungen von den eintragungsgebühren befreit.
Ausschließlich strittig ist im Beschwerdefall, ob die Veränderung der Höhe der Stammeinlagen bei den vier Gesellschaftern auf Grund der Kapitalerhöhung die Gebühr nach TP 10 I lit. c Z 8 GGG begründet.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, mit der Kapitalerhöhung habe sich lediglich die Höhe der Stammeinlagen bei den Gesellschaftern verändert, nicht aber deren Funktion oder der Person. Die Beschwerdeführerin vermeint somit, TP 10 I lit. c Z 8 GGG erfasse lediglich eine Veränderung der Funktion oder Person, was bei einer Änderung der Höhe der Stammeinlage eines Gesellschafters nicht der Fall sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass TP 10 I lit. c GGG neben der Neueintragung jede Änderung (oder Löschung) einer Eintragung einer Person oder Funktion erfasst, nicht nur die Änderung der Person oder Funktion selbst.
Auch eine bloße Namensänderung etwa eines Gesellschafters (zB auf Grund einer Eheschließung) wäre keine Änderung der Person oder Funktion, ist aber dennoch von TP 10 I lit. c GGG erfasst. Es bedurfte daher der Anmerkung 11 zu TP 10 leg.cit. zur Gebührenbefreiung. Folgte man der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass TP 10 I lit. c GGG nur Änderungen der Person oder Funktion selbst erfasse, dann würde die Eintragung der bloßen Namensänderung keinen die Gebührenpflicht auslösenden Tatbestand erfüllen und hätte die Anmerkung 11 zu TP 10 keinen Sinn, was dem Gesetzgeber aber nicht zu unterstellen ist.
Die Eintragung als Gesellschafter mit einer bestimmten Stammeinlage wird durch eine Änderung der Höhe der einzutragenden Stammeinlage geändert. Es liegt eine Änderung der Person des Gesellschafters insoweit vor, als es sich um einen Gesellschafter mit einer anderen (geänderten) Stammeinlage handelt. Dieser Sachverhalt verwirklicht somit den Tatbestand der TP 10 I lit. c Z 8 GGG.
Die Beschwerdeführerin führt die Richtlinie 2008/7/EG des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital, ABlEU Nr. L 46 vom , (RL 2008/7/EG) ins Treffen. Art. 6 Abs. 1 Buchstabe e dieser Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten allerdings das Recht ein, Abgaben mit Gebührencharakter zu erheben.
Die Gerichtsgebührenpflicht nach TP 10 GGG idF vor der Änderung durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 114, (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0050, 0061, VwSlg 7219/F) unterscheidet sich wesentlich von der im vorliegenden Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage. Die seit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 vom Betrag der Kapitalerhöhung und von der Höhe der Stammeinlage unabhängige Gerichtsgebührenpflicht für die Eintragung zweier unterschiedlicher Umstände ins Firmenbuch (die Höhe des Stammkapitals nach einer Kapitalerhöhung einerseits und die Eintragungen beim jeweiligen Gesellschafter mit der auf ihn entfallenden Stammeinlage andererseits) ist von der Ermächtigung des Art. 6 Abs. 1 Buchstabe e der RL 2008/7/EG erfasst. Daran hegt der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die im - zum insoweit gleichen Art. 12 Abs. 1 Buchstabe e der durch Art. 16 der RL 2008/7/EG aufgehobenen Richtlinie 69/335/EWG des Rates ergangenen - hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/16/0480, zitierte Rechtsprechung des EuGH keinerlei Zweifel.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am