VwGH vom 17.12.2009, 2009/16/0258

VwGH vom 17.12.2009, 2009/16/0258

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer LL. M., über die Beschwerde des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt in 2620 Neunkirchen, Triester Straße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2809-W/09, betreffend Familienbeihilfe für September 2006 bis August 2008 (mitbeteiligte Partei: A M in E), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:

Die Mitbeteiligte und ihre drei Kinder stellten am einen Antrag auf Asyl.

Der Asylgerichtshof hat der Mitbeteiligten und deren Kindern mit Entscheidungen vom Asyl gewährt.

Am beantrage die Mitbeteiligte die Gewährung von Familienbeihilfe rückwirkend für den Zeitraum September 2006 bis August 2008.

Das Finanzamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom ab.

Dagegen berief die Mitbeteiligte mit der Begründung, sie habe sich seit , somit seit mehr als 60 Monaten, "durchgehend" im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und hob den von ihr bekämpften Bescheid des Finanzamtes vom auf. Da die Mitbeteiligte ihren Asylantrag vor dem gestellt habe und das mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom abgeschlossene Verfahren noch nach dem Asylgesetz 1997 zu Ende geführt worden sei, sei § 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, anzuwenden. Die Mitbeteiligte halte sich seit , ab September 2006 somit mehr als 60 Monate ständig in Österreich auf, weshalb der Mitbeteiligten im Streitzeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe zukomme.

Dagegen richtet sich die gemäß § 292 BAO vom Finanzamt erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für die in dieser Bestimmung festgelegte Voraussetzungen erfüllende Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe.

§ 3 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes lautet:

"§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit oder zur Folge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

Mit Erkenntnis vom , 2009/16/0208, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung bekräftigt, dass § 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100, auf Personen, die vor dem einen Asylantrag gestellt haben und deren Asylverfahren am noch anhängig war, noch nicht anzuwenden ist.

Damit ist auch im Beschwerdefall auf die Mitbeteiligte, deren Asylantrag vor dem gestellt wurde und deren Asylverfahren am noch anhängig war, noch § 3 Abs. 2 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes anzuwenden.

Nach der Bestimmung des § 3 Abs. 2 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes gilt § 3 Abs. 1 FLAG nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten. Im erwähnten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof klar gestellt, dass der Begriff des ständigen Aufenthaltes im § 3 Abs. 2 idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes dem gewöhnlichen Aufenthalt iSd § 26 Abs. 2 BAO entspricht, dass es bei der Frage dieses Aufenthaltes um objektive Kriterien geht, und dass eine Berechtigung zum dauernden Aufenthalt nicht ausschlaggebend ist. Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof mit den Erkenntnissen je vom , 2009/16/0215 und 2009/16/0239, fortgeführt. Die Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes, ein ständiger Aufenthalt der Mitbeteiligten im Bundesgebiet sei nicht gegeben, weil der Aufenthalt der Mitbeteiligten als Asylwerberin nicht auf einem zu dauerndem Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitel beruhe, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom verworfen.

Das beschwerdeführende Finanzamt führt ins Treffen, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 2007/15/0162, ausdrücklich in einer "ergänzenden Feststellung" als anspruchsvermittelnde Voraussetzung für Asylwerber, auf welche § 3 FLAG idF des Pensionsharmonisierungsgesetzes anzuwenden ist, nur das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses genannt. Jenem Beschwerdefall lag allerdings der Sachverhalt zu Grunde, dass sich der Beschwerdeführer seit 30. Juni 2004 im Bundesgebiet aufhielt und ihm mit Bescheid vom Asyl gewährt wurde. Aus einem Hinweis auf ein mögliches Beschäftigungsverhältnis (§ 3 Abs. 1 FLAG) in jenem Erkenntnis und aus dem Fehlen eines Hinweises auf einen im Streitzeitraum Juni 2004 bis Februar 2005 vom Sachverhalt zeitlich noch gar nicht möglichen ständigen Aufenthalt von 60 Kalendermonaten, ist die Rechtsansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes keineswegs ableitbar.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom beschwerdeführenden Finanzamt behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am