VwGH vom 13.12.2012, 2009/16/0256
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der L in R, vertreten durch Mag. Franz Paul, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Margaretenstraße 22/12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1741-W/09, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid forderte die belangte Behörde von der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2007 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Sohn der Beschwerdeführerin habe am das 26. Lebensjahr vollendet. Er habe nach seinem Präsenzdienst sein Studium begonnen und dieses am beendet. 2007 habe er steuerpflichtige Einkünfte von der D GmbH bezogen. Mit dem Novembergehalt, welches ihm laut Kontoauszug vom mit Valuta auf seinem Konto gutgeschrieben worden sei, habe sein zu versteuernden Einkommen den Grenzbetrag gem. § 5 Abs. 1 FLAG von EUR 8.725,-- überstiegen, sodass für das gesamte Jahr 2007 der Anspruch auf Familienbeihilfe entfallen sei.
Dass der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 FLAG normiert habe, § 10 Abs. 2 FLAG sei nicht anzuwenden, bedeute, dass die Grundregel, wonach der Anspruch auf Familienbeihilfe erst mit Ablauf des Monats erlösche, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfalle oder ein Ausschließungsgrund hinzukomme, dann nicht gelte, wenn die Jahresbetrachtung des § 5 Abs. 1 FLAG anzustellen sei. Es solle dadurch erreicht werden, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht erst mit Ablauf des Monats wegfalle, in dem die Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG erstmals überschritten werde, sondern bereits rückwirkend mit Beginn des jeweiligen Kalenderjahres.
§ 5 Abs. 1 lit. a FLAG, in dem geregelt werde, dass das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt werde, in denen kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, bei der Ermittlung des zu berechnenden Einkommens außer Betracht bleibe, sei nicht relevant, weil (bereits) mit Ende November das zu versteuernde Einkommen die Grenze von EUR 8.725,-- überschritten habe.
Nach dem zweiten Halbsatz des § 5 Abs. 1 lit. a FLAG bleibe das zu versteuernde Einkommen für Zeiträume nach § 2 Abs. 1 lit. d unberücksichtigt. § 2 Abs. 1 lit. d FLAG regle jedoch den Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Der Sohn der Beschwerdeführerin habe sich aber bereits im 27. Lebensjahr befunden, sodass auch diese Bestimmung nicht zur Anwendung gelange.
Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag seien daher vom Finanzamt zu Recht zurückgefordert worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterlassung der Rückforderung von Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2007 mangels Vorliegens Voraussetzungen nach § 26 FLAG verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Gesetzes über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer - GAFB, BGBl. I Nr. 30/1998, hatten Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisteten.
§ 5 Abs. 1 FLAG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2001 lautete:
"§ 5.
(1) Für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem es ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) bezogen hat, das den Betrag von 8 725 Euro übersteigt, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs. 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Kindes bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach
Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht; hiebei bleibt das zu versteuernde Einkommen für Zeiträume nach § 2 Abs. 1 lit. d unberücksichtigt,
…"
Die Familienbeihilfe wird gem. § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Euro-Steuerumstellungsgesetzes - EuroStUG 2001, BGBl. I Nr. 59/2001, stand einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wurde, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich EUR 50,90 für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Sohn der Beschwerdeführerin am sein Studium beendet hat und dass mit dem Zufluss seines Bezuges am sein zu versteuerndes Jahreseinkommen den Betrag von EUR 8.725,-- überstiegen hat. Strittig ist ausschließlich, ob damit der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe für diesen Sohn für das Jahr 2007 weggefallen ist.
Die belangte Behörde bejaht dies u.a. mit der Begründung, hinsichtlich des Sohnes der Beschwerdeführerin sei die Ausnahmebestimmung nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht anzuwenden, weil dieser bei Abschluss seines Studiums bereits sein
26. Lebensjahr überschritten gehabt habe.
Dagegen wendet sich die Beschwerde im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass sich die Bestimmung des § 5 Abs. 1 FLAG, wonach das zu versteuernde Einkommen für Zeiträume nach § 2 Abs. 1 lit. d unberücksichtigt bleibe, lediglich auf den Zeitraum von drei Monaten, nicht hingegen auch auf das in dieser Bestimmung angegebene Alter des Kindes beziehe.
Damit ist die Beschwerde aber nicht im Recht.
§ 5 Abs. 1 lit. a FLAG bestimmt, dass bei dem in Betrachtung gezogenen Kalenderjahr jenes zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, bei der Ermittlung des Jahreseinkommens des Kindes nicht zu berücksichtigen ist.
Im Beschwerdefall hat das Einkommen des Sohnes der Beschwerdeführerin mit dem unstrittigen Zufluss des "Gehalts 11/2007" am die in § 5 Abs. 1 FLAG gezogene Grenze von (damals) 8.725 EUR überschritten. Dieses "Gehalt 11/2007" ist im November 2007 erzielt worden. Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG (wegen Berufsausbildung ihres Sohnes) wäre wegen § 10 Abs. 2 FLAG - welche Bestimmung durch die Erwähnung in § 5 Abs. 1 erster Satz FLAG entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht auch bei der Regelung des § 5 Abs. 1 lit. a FLAG anzuwenden ist - auch bei Ende der Berufsausbildung am für den gesamten Kalendermonat gegeben gewesen. Deshalb ist das "Gehalt 11/2007" nicht vor oder nach Zeiträumen erzielt worden, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, und hat daher nicht bei der Ermittlung des Einkommens iSd § 5 Abs. 1 erster Satz FLAG außer Betracht zu bleiben.
Nach § 5 Abs. 1 lit. a zweiter Halbsatz FLAG bleibt darüber hinaus das zu versteuernde Einkommen für Zeiträume nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG außer Betracht.
Der in § 2 Abs. 1 lit. d FLAG festgelegte Zeitraum ist der Zeitraum für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenzdienst oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten.
Mit dem Verweis in § 5 Abs. 1 lit. a zweiter Halbsatz FLAG sind alle Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG erfasst, also neben der reinen Zeitdauer von drei Monaten auch die Erfordernisse, dass das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet ist und dass weder Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch Zivildienst geleistet wird. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Ansicht, der Verweis in § 5 Abs. 1 lit. a zweiter Halbsatz FLAG erfasse lediglich das Tatbestandsmerkmal einer Zeitdauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht.
Da der Sohn der Beschwerdeführerin im in Rede stehenden Zeitraum das 26. Lebensjahr bereits vollendet hatte, war das von ihm erzielte strittige Einkommen von § 5 Abs. 1 lit. a zweiter Halbsatz FLAG nicht erfasst.
Daraus ergibt sich aber, dass die Beschwerdeführerin aufgrund des Überschreitens der Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG im November 2007 die gesamte Familienbeihilfe für das Jahr 2007 zu Unrecht bezogen hat. Es kann daher nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde im Instanzenzug die für dieses Jahr gewährte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert hat.
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde zwar Verfahrensfehler geltend, unterlässt aber dazu jedes weitere Vorbringen, sodass sich weitere Ausführungen erübrigen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am