VwGH vom 18.04.2012, 2009/16/0247
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der CW in R, vertreten durch Mag. Klaus Ferdinand Lughofer, LL.M., Rechtsanwalt in 4020 Linz, City Tower Linz II, Lastenstraße 36, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0723-L/06, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war zu 25 % an der W Gesellschaft m.b.H. beteiligt. 75 % der Anteile wurden von ihrem Ehemann gehalten.
Am verstarb der Ehemann der Beschwerdeführerin. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Rohrbach vom wurde der Beschwerdeführerin dessen Nachlass (bestehend u.a. aus dem Gesellschaftsanteil an der W GmbH und diversen Grundstücken) zur Gänze eingeantwortet.
Mit Bescheiden jeweils vom schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin für diesen Erwerb von Todes wegen Erbschaftssteuer von EUR 417.266,92 und Grunderwerbsteuer von EUR 79.394,42 vor.
In ihrer gegen die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, es wäre im Beschwerdefall die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 anzuwenden gewesen, damit es nicht zu einer Doppelbelastung mit der Erbschaftssteuer komme. Bei der Bemessung der Erbschaftssteuer sei nämlich im Zusammenhang mit der Bewertung des GmbH-Anteils des Erblassers bereits der Wert von Grundstücken im Eigentum der W GmbH berücksichtigt worden. Die Grunderwerbsteuer wäre daher (unter Außerachtlassung der Grundstücke der W GmbH) lediglich mit EUR 19.848,61 festzusetzen gewesen. Die Beschwerdeführerin stellte in ihrer Berufung auch einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den sie jedoch mit Schreiben vom wieder zurückzog.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, eine Anteilsvereinigung durch den Übergang von Gesellschaftsanteilen im Erbweg sei nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Dem Erwerber fielen nämlich nur die Gesellschaftsanteile unmittelbar von Todes wegen zu, nicht aber die im Vermögen der Gesellschaft enthaltenen Grundstücke. Da kein unmittelbarer Grundstückserwerb stattfinde, greife die Abgabenbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 nicht.
Es treffe zwar zu, dass - wirtschaftlich betrachtet - der Wert der Grundstücke (auf Grund der Vorschrift des § 13 BewG) bei der Festsetzung der Erbschaftssteuer einbezogen worden sei, jedoch bestehe nicht schon aus diesem Grund eine rechtliche Voraussetzung, die Anteilsvereinigung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer 1987 freizustellen.
Gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG 1987 sei die Steuer vom (dreifachen) Einheitswert des Grundstückes und nicht von jenem prozentuellen Anteil des (dreifachen) Einheitswertes zu berechnen, der dem Verhältnis der Stammeinlage am Stammkapital der Gesellschaft entsprochen habe. Die vom Finanzamt vorgenommene Steuerberechnung vom dreifachen Einheitswert entspreche somit dem Gesetz.
Mit Beschluss vom , B 253/09-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die Beschwerdeführerin machte in ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachtet sich erkennbar in ihrem Recht auf Ausnahme von der Grunderwerbsteuer verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§§ 1 und 3 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG 1987), BGBl. Nr. 309, lauten (jeweils in der Stammfassung) auszugsweise:
"Erwerbsvorgänge
§ 1.
§ 1. (1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden
Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:
…
(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches
Grundstück, so unterliegen der Steuer außerdem:
1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf
Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft
begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der
Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand von
Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes
(herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden,
2. die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft,
wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z 1
vorausgegangen ist,
…
Ausnahmen von der Besteuerung
§ 3.
(1) Von der Besteuerung sind ausgenommen:
…
2. der Grundstückserwerb von Todes wegen und
Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141, in der jeweils geltenden Fassung. …"
Strittig ist, ob im Beschwerdefall die Abgabenbehörde die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 hätte anwenden müssen. Die Beschwerdeführerin bejaht dies mit dem Vorbringen, dass der Erwerb des Gesellschaftsanteils ihres Ehemannes ohnehin der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterlegen sei, sodass eine Besteuerung des Grundstückserwerbs nach dem GrEStG 1987 eine Doppelbesteuerung zur Folge gehabt hätte.
§ 1 Abs. 3 GrEStG 1987 kann als Sondertatbestand der Verschaffung der wirtschaftlichen oder rechtlichen Verfügungsmacht über ein Grundstück verstanden werden. Durch die Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft in der Hand des Erwerbers erlangt dieser nämlich auch die Verfügungsmacht über die zum Vermögen der Gesellschaft gehörigen Grundstücke. Der Tatbestand nach § 1 Abs. 3 Z 2 GrEStG 1987 wird also nicht durch einen Grundstückserwerb verwirklicht, sondern durch eine Vereinigung von Gesellschaftsanteilen in einer Hand. Dadurch soll verhindert werden, dass bei einem völligen Wechsel aller Mitglieder einer Gesellschaft die Erhebung der Grunderwerbsteuer vom Grundbesitz unterbliebe (vgl. diesbezüglich Fellner , Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 294 zu § 1, mwN).
Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 hat dagegen jedenfalls einen Grundstückserwerb von Todes wegen oder eine Grundstücksschenkung unter Lebenden im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes zur Voraussetzung. Die Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand durch Erwerb eines Gesellschaftsanteiles von Todes wegen fällt aber nicht unter den Begriff "Grundstückserwerb" iSd Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 (vgl. Takacs , GrEStG5, Rzn 3.2 lit. b und 3.12 zu § 3, mwN). Für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 ist nämlich der direkte und unmittelbare Erwerb vom Erblasser erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/16/0099). Ein solcher liegt aber im Beschwerdefall unstrittig nicht vor. Eigentümerin der in Rede stehenden Grundstücke blieb nämlich weiterhin die W GmbH.
Daran vermag auch der von der Beschwerdeführerin behauptete Umstand, dass das Vermögen der W GmbH im Wesentlichen aus diesen Grundstücken bestehe und sich ihre Tätigkeit auf deren Verwaltung beschränke, nichts zu ändern. Dass - wie dies die Beschwerdeführerin auch geltend macht - der Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile wirtschaftlich "gleichwertig" mit dem direkten Erwerb der Liegenschaften der W GmbH ist, ist für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987, die an den gesellschaftsrechtlichen Vorgang der Anteilsvereinigung anknüpft, unerheblich.
Auch der Hinweis, dass der Wert der Grundstücke der W GmbH bereits bei der Ermittlung des Werts der übertragenen Gesellschaftsanteile und somit bei der Bemessung der Erbschaftssteuer Berücksichtigung gefunden hat, vermag der Beschwerde nicht zu einem Erfolg zu verhelfen. Ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang kann nämlich grundsätzlich mehreren Abgabenbelastungen unterliegen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes normiert ist. So ist dem Steuerrecht ein Grundsatz, wonach ein Vorgang nur mit einer Verkehrsteuer belastet werden kann, fremd. Eine Doppelbesteuerung ist dabei an sich auch nicht verfassungswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/16/0018, mwN).
Wenn die Beschwerdeführerin durch die Ausführungen des hg. Erkenntnisses vom , 89/16/0019, eine Ungleichbehandlung mit der Vereinigung aller Anteile an Personengesellschaften zu erblicken vermeint, so ist sie darauf aufmerksam zu machen, dass dem genannten Erkenntnis keine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG 1987 zugrundelag.
Mit Rücksicht darauf, dass sich der für die Normenprüfung gem. Art. 139 und 140 B-VG zuständige Verfassungsgerichtshof mit der vorliegenden Beschwerde bereits befasst und ihre Behandlung abgelehnt hat, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, auf die in der Beschwerde neuerlich geltend gemachte Verletzung von verfassungsgesetzlichen Rechte einzugehen.
Die Beschwerde erweist sich aus den genannten Gründen als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung hat der Verwaltungsgerichtshof aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen. Im Übrigen hatte die Beschwerdeführerin ohnehin bereits im Verwaltungsverfahren Gelegenheit, ihren Standpunkt im Rahmen einer (von ihr ursprünglich beantragten) mündlichen Verhandlung vor der als Tribunal eingerichteten belangten Behörde vorzutragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0302, mwN). Sie hat ihren Antrag aber wieder zurückgezogen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am