VwGH vom 05.11.2009, 2009/16/0239
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart in Bruck an der Leitha gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2187-W/09, betreffend Gewährung von Familienbeihilfe für die Monate März und April 2004 sowie Februar 2008 bis Jänner 2009 (mitbeteiligte Partei: T D), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:
Die Tochter der Mitbeteiligten war am , die Mitbeteiligte ist am nach Österreich eingereist und beantragte die Gewährung von Asyl. Mit Erkenntnis vom sprach der Asylgerichtshof aus, dass der Mitbeteiligten und ihrer Tochter Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes zukomme. Die Mitbeteiligte war seit laufend als Asylwerberin bzw. Flüchtling gemeldet.
Am stellte die Mitbeteiligte einen Antrag auf rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart den Antrag der Mitbeteiligten vom auf rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ab März 2004 bis Jänner 2009 ab. Begründend führte das Finanzamt aus, da die Mitbeteiligte den Antrag auf Gewährung von Asyl bereits vor dem eingebracht habe, gelte die alte Rechtslage des § 3 Abs. 3 FLAG. Da jedoch weder die Mitbeteiligte noch deren Ehemann beschäftigt gewesen seien, bestehe nach dieser Rechtslage kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Wenn der Asylbescheid nach dem ausgestellt worden sei, der Asylantrag jedoch vor dem gestellt worden sei, bestehe Anspruch auf Familienbeihilfe für Zeiträume vor dem (ab Asylantrag) nach der Rechtslage bis auf Grund des Flüchtlingsstatus. Die Familienbeihilfe werde höchstens für fünf Jahre rückwirkend von Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. Die Mitbeteiligte habe den Antrag im März 2009 gestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den Erstbescheid dahingehend ab, dass dem Antrag auf Familienbeihilfe für den Zeitraum März und April 2004 und für den weiteren Zeitraum Februar 2008 bis Jänner 2009 stattgegeben werde. Begründend führte die belangte Behörde aus, im Regelungsbereich des FLAG gelte der Grundsatz der "Zeitbezogenheit der Abgabengesetze". Ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zustehe, sei daher anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Für den Zeitraum bis April 2004 gelange § 3 FLAG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 367/1991 zur Anwendung. Die Mitbeteiligte sei am nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt. Sie habe den Status eines Flüchtlings im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, gehabt. Gemäß § 3 Abs. 2 FLAG in der zitierten Fassung habe für diesen Zeitraum ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden. Da die Mitbeteiligte den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe am gestellt habe, sei der Berufung für den Zeitraum März und April 2004 im Hinblick auf § 10 Abs. 3 FLAG stattzugeben gewesen.
Für den Zeitraum Mai 2004 bis zum Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom gelange § 3 FLAG in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, zur Anwendung, weil das Asylverfahren der Mitbeteiligten bereits am anhängig gewesen sei. Da die Mitbeteiligte in diesem Zeitraum weder beschäftigt gewesen sei noch sich von Mai 2004 bis Jänner 2008 bereits 60 Monate ständig im Bundesgebiet aufgehalten habe noch Asyl gewährt worden sei, bestehe für die Monate Mai 2004 bis einschließlich Jänner 2008 kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Berufung betreffend den Zeitraum Mai 2004 bis Jänner 2008 sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen. Ab Februar 2008 habe sich die Mitbeteiligte 60 Monate ständig im Bundesgebiet aufgehalten. Zur Anwendung gelange § 3 Abs. 2 FLAG in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes. Daher sei der Berufung betreffend den Zeitraum Februar 2008 bis Jänner 2009 stattzugeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Behörde erster Instanz sieht die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, für Asylwerber, deren Asylverfahren zum bereits anhängig gewesen und nach den Übergangsbestimmungen zum Asylgesetz 2005 noch nach dem Asylgesetz 1997 abzuschließen sei, sei bis zum Abschluss des Asylverfahrens auch § 3 FLAG in der vor 2006 geltenden Fassung anzuwenden. Es sei daher die Familienbeihilfe bei Beschäftigung im Sinn des § 3 Abs. 1 FLAG in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes zu gewähren. Auch in seiner Entscheidung vom , Zl. 2007/15/0162, habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner ergänzenden Feststellung als anspruchsvermittelnde Voraussetzung für Asylwerber, auf die § 3 FLAG in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes anzuwenden sei, explizit nur auf das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses abgestellt. Dies entspreche auch der Intention des FLAG, wonach § 3 Abs. 1 im Bezug auf ausländische Staatsangehörige als Grundnorm anzusehen gewesen sei. Die diesbezüglich nachrangige Vorschrift des § 3 Abs. 2 lege fest, dass die Voraussetzung einer Beschäftigung nach Abs. 1 nicht vorliegen müsse, wenn sich eine Person seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Hiezu sei festzuhalten, dass auch schon bei Anwendung dieser Bestimmung vor dem der ständige Aufenthalt von Asylwerbern in Abrede zu stellen sei. Dieser beurteile sich in Angelegenheiten der Zuerkennung der Familienbeihilfe unter den Gesichtspunkten des gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO. Der Verwaltungsgerichtshof habe "in seinen Entscheidungen", in denen er zu der aufenthaltsrechtlichen Position von Asylwerbern Stellung genommen habe, klargestellt, dass es sich bei Asylwerbern um Fremde handle, denen lediglich ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukomme, und die Stellung eines Asylwerbers eine schwebende, daher vom Ergebnis des Asylverfahrens abhängende sei, weil der Aufenthalt des Asylwerbers nicht auf einem zu dauerndem Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitel beruhe. Daran ändere auch ein länger dauernder Aufenthalt im Bundesgebiet - bedingt durch die lange Dauer seines Asylverfahrens - nichts. Es könne daher der im angefochtenen Bescheid vorgenommenen rechtlichen Beurteilung, wonach unter dem Aufenthaltsstatus Asylwerber nach einer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von 60 Kalendermonaten der ständige Aufenthalt im Bundesgebiet begründet werden solle, nicht gefolgt werden.
Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das jüngst ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/16/0208, verwiesen.
Die belangte Behörde beurteilte die Anspruchsvoraussetzungen zutreffend zeitraumbezogen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/15/0098, mwN), daher für den Zeitraum vor dem beschwerdefallbezogen nach § 3 Abs. 2 FLAG in der Fassung vor dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, wonach Abs. 1 leg. cit. nicht für Personen galt, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhielten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974. Dass die belangte Behörde insofern die Rechtslage für die Monate März und April 2004 verkannt hätte, behauptet die Amtsbeschwerde nicht.
Für die Monate Februar 2008 bis Jänner 2009, deren Beurteilung die vorliegende Amtsbeschwerde offenbar zum Gegenstand hat, wird ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:
Da die Mitbeteiligte den Asylantrag vor dem gestellt hatte und ihr Asylverfahren am noch anhängig war, gelangt § 3 Abs. 2 FLAG in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes zur Anwendung. Darnach gilt § 3 Abs. 1 FLAG nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde. Zu der nach § 3 Abs. 2 FLAG (in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes) wesentlichen Frage eines ständigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mindestens 60 Monaten, den die belangte Behörde erfüllt sah, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das bereits zitierte Erkenntnis vom zu verweisen, wonach das Tatbestandsmerkmal des ständigen Aufenthaltes nach § 3 Abs. 2 FLAG in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes dem gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn des § 26 Abs. 2 BAO entspricht und deshalb das Fehlen eines zum dauernden Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitels unerheblich ist.
Da § 3 Abs. 1 FLAG nicht zur Anwendung gelangte, kann die Beantwortung der Frage des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.
Damit zeigt die Amtsbeschwerde betreffend die Monate Februar 2008 bis einschließlich Jänner 2009 keine inhaltliche Rechtswidrigkeit auf.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am