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VwGH vom 24.05.2012, 2009/16/0230

VwGH vom 24.05.2012, 2009/16/0230

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der B-Privatstiftung in F, vertreten durch die Torggler Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10/5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/3346-W/07, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom (Stiftungsurkunde) errichteten H.B. und dessen Adoptivtochter G.P. als Stifter eine Privatstiftung, die beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin).

Nach § 1a Abs. 1 der Stiftungsurkunde werden sämtliche Stifterrechte durch schriftliche Beschlussfassung zu Lebzeiten des Stifters H.B. nur von diesem, danach von der Stifterin G.P. ausgeübt.

Nach § 19 Abs. 1 der Stiftungsurkunde sind zu Lebzeiten aller Stifter ausschließlich die Stifter sowie die von den Stiftern ohne zeitliche Beschränkung oder auf bestimmte Zeit nominierten Personen Begünstigte der Stiftung. Die Nominierung erfolgt durch schriftliche Begünstigungserklärung der Stifter entsprechend der Regelung gemäß § 1a Abs. 1 der Stiftungsurkunde gegenüber dem Stiftungsvorstand.

Nach § 19 Abs. 2 der Stiftungsurkunde geht nach dem Ableben der Stifterin G.P. deren Stellung als Stiftungsbegünstigte an näher genannte Personen über.

Nach § 19 Abs. 3 der Stiftungsurkunde können die Ehegatten oder Lebensgefährten der Begünstigten durch schriftliche Begünstigungserklärung der Stifter gegenüber dem Stiftungsvorstand ebenfalls zur Stiftungsbegünstigten mit ziffernmäßig bestimmten Zuwendungen erklärt werden.

Nach § 19 Abs. 7 der Stiftungsurkunde fällt im Falle der Auflösung der Stiftung das Stiftungsvermögen in jenem Verhältnis an die Stifter zurück, in dem es von ihnen gestiftet wurde; ist der Stifter H.B. bereits verstorben, fällt sein Anteil der Stifterin G.P. zu; ist die Stifterin G.P. bereits verstorben, fällt ihr Anteil jenen Verwandten zu, auf die ihre Stiftungsbegünstigung übergegangen ist.

Nach § 21 der Stiftungsurkunde kann die Stiftung zu Lebzeiten der Stifter durch diese entsprechend der Regelung gemäß § 1a Abs. 1 widerrufen werden; durch die Stifterin G.P. jedoch nur mit der Zustimmung des Stifters H.B. Nach seinem Tod kann sie alleine widerrufen werden. Im Falle des Widerrufs fällt das Stiftungsvermögen in jenem Verhältnis an die Stifter zurück, in dem es von ihnen gestiftet wurde; ist der Stifter H.B. bereits verstorben, fällt sein Anteil der Stifterin G.P. zu; ist diese bereits verstorben, fällt ihr Anteil jenen Verwandten zu, auf die gemäß § 19 Abs. 2 dieser Urkunde ihre Stiftungsbegünstigung übergegangen ist.

Am verstarb der Stifter H.B.

Mit zwei Bescheiden vom setzte das Finanzamt der Beschwerdeführerin gegenüber Schenkungssteuer für das ihr von den beiden Stiftern gestiftete Vermögen fest und zog dabei jeweils einen Steuersatz von 2,5 % der Bemessungsgrundlage heran.

Mit Notariatsakt vom widerrief die Stifterin G.P. gemäß § 21 der Stiftungsurkunde die Privatstiftung.

Der Stiftungsvorstand beschloss ebenfalls am demzufolge die Auflösung der Beschwerdeführerin, welche in das Stadium der Abwicklung trat, und stellte G.P. als Letztbegünstigte gemäß § 21 der Stiftungsurkunde fest.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde im Instanzenzug Schenkungssteuer gegenüber der Beschwerdeführerin fest. Diese Schenkungssteuer ergebe sich als Nacherhebung in Bezug auf das seinerzeit vom Stifter H.B. gestiftete und nach Auflösung der Stiftung der Stifterin G.P. zugekommene Vermögen abzüglich desjenigen, was zur Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen habe herausgegeben werden müssen. Die belangte Behörde wendete dabei einen Steuersatz an, der auf der Steuerklasse V beruht. Der Kreis der Begünstigten sei im Beschwerdefall in der Stiftungsurkunde sehr weit gefasst. Es könnten neben den Stiftern jederzeit weitere Personen ohne zeitliche Beschränkung oder auf bestimmte Zeit nominiert werden, weiters könnten auch Ehepartner oder Lebensgefährten - wobei schon die Lebensgefährten der Steuerklasse V zuzurechnen seien - begünstigt werden und nach der Stiftungszusatzurkunde seien auch noch Begünstigungen verschiedener Vereine vorgesehen.

Der laut Stiftungsurkunde entferntest Berechtigte sei damit jedenfalls der Steuerklasse V zuzuordnen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 1056/09-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom im Recht verletzt, dass die nachzuerhebende Schenkungssteuer "nur in jener Steuerklasse festgesetzt wird, die für eine direkte unentgeltliche Vermögensübertragung von (Adoptiv )Vater auf (Adoptiv )Tochter anzuwenden ist."

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung vor der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 23/07 u.a., VfSlg 18.147, unterlagen der Schenkungssteuer Schenkungen unter Lebenden.

Als Schenkung im Sinne des ErbStG gelten u.a. gemäß § 3 Abs. 1 Z 7 ErbStG der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden und gemäß § 3 Abs. 1 Z 8 leg. cit., was bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird.

Gemäß § 7 Abs. 1 ErbStG werden nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser fünf Steuerklassen unterschieden. Unter die Steuerklasse I fallen demnach der Ehegatte und die Kinder, als welche auch die an Kindes Statt angenommenen Personen gelten, unter die Steuerklassen II bis IV andere angeführte verwandte oder verschwägerte Personen und unter die Steuerklasse V alle übrigen Erwerber.

§ 7 Abs. 2 ErbStG lautet:

"(2) Im Falle des § 3 Abs. 1 Z 8 gilt als Geschenkgeber der zuletzt Berechtigte; in den Fällen des § 2 Abs. 2 Z 1 und § 3 Abs. 1 Z 7 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Geschenkgeber zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien gemacht ist."

Gemäß § 8 Abs. 1 ist die Steuer mit einem von betragsmäßig abgestuften Erwerbsbeträgen und von der Steuerklasse abhängigen Steuersatz des Erwerbes zu erheben. Dieser Steuersatz ist für die Steuerklasse I mit Werten zwischen 2 vH (für Erwerbe bis einschließlich 7.300 EUR) bis 15 vH (für Erwerbe über 4,380.000 EUR) festgelegt, für die Steuerklasse V mit Werten zwischen 14 vH (für Erwerbe bis einschließlich 7.300 EUR) bis 60 vH (für Erwerbe über 4,380.000 EUR).

§ 8 Abs. 3 lit. b ErbStG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 797, lautet:

"(3) Die Steuer beträgt ohne Rücksicht auf die Höhe der Zuwendungen 2,5 v.H.:

…..

b) von Zuwendungen an Privatstiftungen durch den Stifter selbst. Werden zugewendetes Vermögen oder an dessen Stelle getretene Vermögenswerte innerhalb von zehn Jahren, ausgenommen zurück an den Stifter oder zur satzungsgemäßen Erfüllung von angemessenen Unterhaltsleistungen, unentgeltlich veräußert, so ist die Differenz auf die Steuer nach Abs. 1 nachzuerheben."

§ 8 Abs. 3 lit. b ErbStG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 144, lautet:

"(3) Die Steuer beträgt ohne Rücksicht auf die Höhe der Zuwendungen:

.....

b) von Zuwendungen an nicht unter lit. a fallende Privatstiftungen durch den Stifter selbst 5 vH, ist der Stifter eine Privatstiftung 2,5 vH. Werden zugewendetes Vermögen oder an dessen Stelle getretene Vermögenswerte innerhalb von zehn Jahren, ausgenommen zurück an den Stifter oder zur satzungsgemäßen Erfüllung von angemessenen Unterhaltsleistungen, unentgeltlich veräußert, so ist die Differenz auf die Steuer nach Abs. 1 nachzuerheben; Umstände, die zur Nacherhebung der Steuer führen, sind innerhalb eines Monats nach ihrem Eintritt dem Finanzamt anzuzeigen;"

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob bei der Nacherhebung im Gefolge der Auflösung der Privatstiftung (einer Familienstiftung) das Vermögen, welches seinerzeit vom Stifter H.B. der Privatstiftung zugewendet worden und nach Auflösung der Privatstiftung der Stifterin G.P. zugekommen ist, in die Steuerklasse I fällt, welche dem Verhältnis zwischen H.B. (Adoptivvater) und G.P. (Adoptivtochter) entspräche, oder in die Steuerklasse V, welche dem nach der Stiftungsurkunde am entferntest Begünstigten (etwa einem von der belangten Behörde genannten Lebensgefährten eines Stifters) entspräche.

Die ursprüngliche Zuwendung an die Stiftung (§ 3 Abs. 1 Z 7 ErbStG) unterläge einem Steuersatz nach § 8 Abs. 1 ErbStG, wobei grundsätzlich die Steuerklasse V anzuwenden wäre, weil die Stiftung als Empfänger der Zuwendung bei den Steuerklassen I bis IV nicht erwähnt wird.

Allerdings sieht § 7 Abs. 2 ErbStG vor, dass in Fällen solch einer Zuwendung nach § 3 Abs. 1 Z 7 ErbStG der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Geschenkgeber (Stifter) zugrunde zu legen ist, sofern die Stiftung im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien gemacht ist. Es ist damit in der Hand der Stifter gelegen, den Kreis der Begünstigten in der Stiftungsurkunde auf Personen einzuschränken, welche in eine andere (günstigere) Steuerklasse als die Steuerklasse V fallen. Ist dies - wie im Beschwerdefall unstrittig - nicht gegeben, so ist bei einer Zuwendung an die Privatstiftung durch den Stifter grundsätzlich die Steuerklasse V heranzuziehen.

Demgegenüber sieht § 8 Abs. 3 lit. b ErbStG einen besonderen Steuersatz bei Zuwendungen an Privatstiftungen durch den Stifter selbst vor, wobei allerdings eine (spätere) unentgeltliche Veräußerung eines solchen Vermögens gegebenenfalls zu einer Nacherhebung der Erbschaftssteuer führt.

Gegenstand der Nacherhebung ist bei Erfüllen des Nacherhebungstatbestandes des § 8 Abs. 3 lit. b ErbStG somit die Erhebung einer Steuerdifferenz, welche sich daraus ergibt, dass die Steuer für die ursprüngliche Zuwendung nicht mit dem begünstigten Steuersatz von (damals) 2,5 v.H., sondern mit dem sonst anwendbaren Steuersatz berechnet wird.

Im Beschwerdefall war auf die seinerzeitige Zuwendung an eine Privatstiftung nach § 8 Abs. 1 ErbStG die Steuerklasse V anzuwenden. Ausgehend vom Kreis der Berechtigten nach der Stiftungsurkunde änderte auch § 7 Abs. 2 ErbStG daran nichts.

Dies ergibt sich, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b und des § 7 Abs. 2 ErbStG (vgl. auch N.Arnold in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht2, Rz II/485).

Die Beschwerdeführerin trägt vor, das unbestrittene Motiv des Nacherhebungstatbestandes sei die Vermeidung einer Steuerersparnis durch "Zwischenschaltung" einer Stiftung im Vergleich zu einer Direktschenkung zwischen Stifter und Letztbegünstigtem. Dieses Motiv mag dem Gesetzgeber durchaus vorgeschwebt sein. Dem Gesetzestext des § 8 Abs. 3 lit. b ErbStG ist allerdings zu entnehmen, dass sich der Gesetzgeber bei der (solcherart motivierten) Nacherhebung darauf beschränkt hat, den seinerzeit gewährten Vorteil "zurückzunehmen" und anstelle des besonderen Steuersatzes des § 8 Abs. 3 lit. b ErbStG den sonst nach § 8 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 2 zweiter Halbsatz leg.cit anzuwendenden Steuersatz zu Grunde zulegen. Dass eine dem § 7 Abs. 2 erster Halbsatz ErbStG analoge, im Gesetz allerdings nicht vorgesehene Regelung, wonach bei einer (von einem solchen Motiv geleiteten) Nacherhebung die dem Verhältnis zwischen Stifter und tatsächlich Letztbegünstigtem entsprechende Steuerklasse anzuwenden wäre, in manchen Fällen einen günstigeren Steuersatz nach sich zöge, lässt noch nicht zu, dem Gesetzgeber eine Planwidrigkeit zu unterstellen, welche zu einer solchen Analogie zwänge.

Ein solches, von der Beschwerdeführerin als über den Gesetzeszweck weit hinausschießend, zweckwidrig und unsachlich bezeichnetes Ergebnis hat der Verfassungsgerichtshof in seinem erwähnten Ablehnungsbeschluss vom im Übrigen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am