VwGH vom 05.04.2011, 2009/16/0225
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Kaigasse 27, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. FSRV/0044-L/08, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war seit selbständig vertretender Geschäftsführer und seit März 2006 auch einer der Gesellschafter der mit Gesellschaftsvertrag vom gegründeten Na. GesmbH., welche infolge rechtskräftiger Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens durch Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom (Firmenbucheintragung am ) aufgelöst ist.
Der Beschwerdeführer war ab einer der Gesellschafter und bis Juni 2008 auch selbständig vertretender Geschäftsführer der am ins Firmenbuch eingetragenen N. GesmbH., über deren Vermögen mit Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom der Konkurs eröffnet wurde.
Mit Bescheid vom leitete das Finanzamt Braunau Ried Schärding gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der N. GesmbH vorsätzlich
a) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen - durch Nichtentrichtung - eine Verkürzung an Umsatzsteuer für die Monate Juni bis Dezember 2006 in Höhe von 3.000 EUR und für Jänner bis Dezember 2007 in Höhe von 21.700 EUR wissentlich bewirkt,
b) für 2006 keine Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen vorgelegt und dadurch - ohne den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu verwirklichen - die abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt
und hiermit zu a) ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und zu b) eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom eine (Administrativ)Beschwerde und bestritt darin den Vorwurf vorsätzlichen Begehens. Er habe "mit allen umsatzsteuerrechtlichen Agenden" und "mit der faktischen Geschäftsführung" H. B. und R. N. beauftragt. Diese hätten ihm bis zur Prüfung durch das Finanzamt immer glaubwürdig versichert, dass alle steuerlichen Verpflichtungen pünktlich erfüllt worden seien und dass ein Steuerberater "mit dieser Tätigkeit beauftragt" worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Administrativbeschwerde insoweit statt, als sie Punkt b) des bekämpften Bescheides (Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG) aufhob. Hinsichtlich Punkt a) des bekämpften Bescheides (Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG) änderte die belangte Behörde den bekämpften Bescheid in einem für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht mehr interessierenden Punkt ab und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer sei unabhängig von seiner Tätigkeit für die N. GesmbH zumindest als selbständiger Unternehmer im Sinn des UStG unter einer angeführten Steuernummer steuerlich erfasst gewesen und habe von März 2006 bis Juli 2008 auch "die Funktion eines Gesellschafters" bei der Na. GesmbH ausgeübt. Bis sei die N. GesmbH von einem Wirtschaftstreuhänder steuerrechtlich vertreten gewesen. Für die Zeiträume Juni 2006 bis einschließlich Dezember 2007 seien keine Umsatzsteuervoranmeldungen mehr abgegeben worden. Mit näher genannten Bescheiden des Finanzamtes seien die Umsatzsteuerbeträge nach Schätzung festgesetzt worden. Der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführerfunktion schon jahrelang unternehmerisch tätig gewesen. Daher könne davon ausgegangen werden, dass ihm die sich für ihn daraus ergebenden abgabenrechtlichen Pflichten und die Konsequenzen einer Nichtentrichtung und Nichtbekanntgabe von Umsatzsteuerzahllasten hinlänglich bekannt gewesen seien. Dass der Beschwerdeführer außenstehende, in keinem erkennbaren weiteren Zusammenhang zur N. GesmbH stehende Dritte mit der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten betraut und sich auf diese Personen verlassen hätte, sei unwahrscheinlich. Doch bleibe die Klärung der näheren Tatumstände den Einvernahmen der genannten Personen im Ermittlungsverfahren vorbehalten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, dass gegen ihn kein Finanzstrafverfahren eingeleitet werde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den vor ihr bekämpften Bescheid des Finanzamtes insoweit (ersatzlos) aufhob, als er die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen des Verdachtes einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG betraf, wurde der Beschwerdeführer, welcher seine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid insoweit nicht eingeschränkt hat, in dem von ihm geltend gemachten Recht nicht verletzt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/13/0050).
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Eine Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a leg. cit. ist gemäß § 33 Abs. 3 lit. b leg. cit. bewirkt, wenn die Umsatzsteuervorauszahlungen ganz oder teilweise nicht entrichtet wurden.
Gemäß § 82 Abs. 1 und 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Finanzstrafverfahren einzuleiten, wenn sie durch ihr zukommende Verständigungen und Mitteilungen oder aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt und nicht das Gericht für die Ahndung des Finanzvergehens zuständig ist und wenn sie nicht aus hier nicht interessierenden Gründen von der Einleitung abzusehen hat. Gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2007 (Finanzstrafgesetz-Novelle 2007) ist der Verdächtige von der Einleitung des Strafverfahrens unter Bekanntgabe der zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung unverzüglich zu verständigen und bedarf die Verständigung eines Bescheides, wenn das Strafverfahren wegen Verdachts eines vorsätzlichen Finanzvergehens, ausgenommen einer Finanzordnungswidrigkeit, eingeleitet wird. § 83 Abs. 2 FinStrG in der Fassung der Finanzstrafgesetz-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 104, ist im Beschwerdefall noch nicht anzuwenden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht es bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens (dem unter anderem auch die Beweiswürdigung vorbehalten bleibt) gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen für einen Verdacht ausreichen oder nicht. Ob jemand das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat oder nicht, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG vorbehalten. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht - der mehr ist als eine bloße Vermutung - besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/16/0122, und vom , Zl. 2009/16/0111, mwN).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund berechtigten die insoweit unbekämpften Feststellungen der belangten Behörde, für die N. GesmbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer im Streitzeitraum war, seien weder Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet worden, die belangte Behörde zum Verdacht, der Beschwerdeführer habe das Tatbild einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG erfüllt. Auf Grund ihrer insoweit unbestrittenen Feststellungen über die unternehmerische Tätigkeit des Beschwerdeführers vor der Übernahme der Geschäftsführerfunktion durfte die belangte Behörde die beim Beschwerdeführer zwangsläufig zu unterstellende Rechtskenntnis annehmen und den Verdacht hegen, er habe auch den subjektiven Tatbestand einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/15/0162).
Der Beschwerdeführer trägt vor, von der Gründung der N. GesmbH bis zum sei W. B. deren Geschäftsführer gewesen, ab diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer Geschäftsführer gewesen. Von Beginn an sei vereinbart gewesen, dass W. B., der gleichzeitig Angestellter einer Sparkassa gewesen sei, als Wahrnehmender der steuerlichen Angelegenheiten fungiere. Der Beschwerdeführer sei mangels Vorbildung mit der Wahrnehmung steuerlicher Angelegenheiten nicht beauftragt gewesen. Damit seien "faktisch" H. B. (gemeint offensichtlich: W. B.) und R. N. beauftragt gewesen. Außerdem sei die N. GesmbH bis August 2007 durch einen Wirtschaftstreuhänder steuerlich vertreten gewesen. Nach dem Ausscheiden dieses Wirtschaftstreuhänders sei die Verpflichtung zur Durchführung der steuerlichen Agenden auf die faktischen Geschäftsführer übergegangen. Diese hätten dem Beschwerdeführer über Verlangen regelmäßig mitgeteilt, dass sie die steuerlichen Agenden zur Gänze erledigt hätten.
Dieses die Beweiswürdigung treffende Vorbringen, inwieweit der Beschwerdeführer den ihm angelasteten qualifizierten Vorsatz der Wissentlichkeit (dolus principalis) tatsächlich zu verantworten haben werde, ist anhand der zum Vorliegen eines bloßen Verdachtes unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde unbeachtlich. Die vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptungen werden in dem nach den §§ 115 ff FinStrG durchzuführenden Ermittlungsverfahren von der Finanzstrafbehörde zu behandeln sein.
Der Beschwerde gelingt es daher nicht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am