VwGH vom 17.12.2009, 2009/16/0196

VwGH vom 17.12.2009, 2009/16/0196

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2009/16/0201 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde der AL in Wien, vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft, in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3076-W/08, betreffend Versagung eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO i.A. Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Vermächtnisnehmerin nach dem am verstorbenen Hans P. und Mutter des Universalerben nach Hans P, Hans Christoph L., Sohn von Hans P.

In seinem Testament vom hatte Hans P. u. a. Folgendes verfügt:

"4) An die Beschwerdeführerin (Mutter meines Universalerben Hans Christoph L.):

Ihr soll zu Lasten der Verlassenschaft bis zur Volljährigkeit meines Sohnes monatlich S 100.000,-- (Einhunderttausend) wertgesichert und steuerfrei ausbezahlt werden. Nach Volljährigkeit 50 % (die Hälfte). ..."

In ihrer Erbschaftssteuererklärung vom beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 29 ErbStG die Vorschreibung der Erbschaftssteuer von den jährlich anfallenden Rentenlegaten von S 50.000,-- monatlich.

Hierauf ergingen seitens des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Wien vorläufige Bescheide vom und vom über die Bemessung der Erbschaftssteuer. Gegen letzteren Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung; zur Darstellung dieses Verfahrens wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/16/0141, verwiesen.

In weiterer Folge erging seitens der Abgabenbehörde erster Instanz ein weiterer vorläufiger Bescheid vom .

In ihrer beim Finanzamt am eingelangten Eingabe vom brachte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin vor, seit dem Tod von Johann P. seien mehr Kalenderjahre vergangen als es ihrer bewertungsrechtlichen Lebenserwartung im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entsprochen habe. Mit dem die Erbschaftssteuer (zur Gänze) aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 54/06 u.a., und dem Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof mit gesetzten Frist sei die Rechtsgrundlage für die Besteuerung weggefallen. Sie verweise auf die "einschlägigen Ausführungen von Beiser, Erbschaftssteuer für Rentenzuflüsse nach dem , RdW 2008/521, 558". Nach Beiser entziehe die Aufhebung der gesetzlichen Grundlage des § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG mit Ablauf des dem Erbschaftssteuerfestsetzungsbescheid nach § 29 ErbStG ihre Bindungswirkung, ohne dass es einer Aufhebung dieser Bescheide bedürfe. Um insoweit Klarstellung zu erlangen - Vorschreibung und Bezahlung für das laufende Kalenderjahr, hinsichtlich dessen es einer Aliquotierung bedürfe - stelle sie den Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides für Erbschaftssteuer, beginnend mit dem .

Es sei aber auch die Ansicht vertretbar, dass im Wege des § 216 BAO keine Aliquotierung von Jahresvorschreibungen erfolgen könne und dass im Wege des Abrechnungsbescheides Klarstellung erst für das nächste komplette Kalenderjahr 2009 erzielt werden könne. Demzufolge stelle sie hilfsweise den Antrag, bescheidmäßig festzustellen, dass die Jahreszahlung 2008 richtig nur 7/12 des mitgeteilten Jahresbetrages betrage.

Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz den Antrag vom betreffend die Erlassung eines Abrechnungsbescheides ab. Begründend führte diese Behörde aus, die Möglichkeit der jährlichen Zahlung der Erbschaftssteuer nach § 29 ErbStG stelle eine Sonderform der Entrichtung dar. Die Jahresbeträge seien nach dem weiter zu entrichten. Der Abrechnungsbescheid stelle eine Entscheidung im Einhebungsverfahren dar. Es werde vornehmlich darüber entschieden, ob auf Grund der Verrechnung eine bestimmte Verpflichtung erloschen sei, also als wirksam getilgt, gezahlt, aufgerechnet, überrechnet oder umgebucht zu gelten habe. Die Begründung bzw. der Weiterbestand einer Zahlungsverpflichtung sei hingegen nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheides, sie werde vorausgesetzt.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie sehe in Übereinstimmung mit den im Antrag zitierten Artikel von Beiser den Tilgungstatbestand darin, dass auf Grund des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes die Steuerpflicht nach § 29 ErbStG mit Ablauf des geendet habe. Auch dieses Enden stelle einen Tilgungstatbestand dar. Ausdrücklich betont werde, dass ihr hilfsweise gestellter Antrag noch unerledigt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges aus,

"Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Bei einem Abrechnungsbescheid geht es ausschließlich um die Beurteilung von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Abgabepflichtigen und der Behörde bezüglich abgabenbehördlicher Gebarungsakte. Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gemäß § 216 BAO darüber zu entscheiden (Abrechnungsbescheid). Es geht nach § 216 BAO nicht nur um das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung. Es kann auch die Prüfung und die Darstellung der Ergebnisse verlangt werden, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden haben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Rechtmäßigkeit einer wirksamen Abgabenfestsetzung - hinsichtlich derer der Rechtsschutz durch deren Bekämpfbarkeit gewährleistet ist - im Abrechnungsbescheidverfahren nicht mehr geprüft werden. Dieses Verfahren hat sich vielmehr lediglich damit zu befassen, ob die Abgabenfestsetzungen und die entsprechenden Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben. Mit dem Abrechnungsbescheid wird darüber entschieden, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist, somit wirksam gezahlt, verrechnet, aufgerechnet, erlassen oder verjährt ist. Hingegen wird durch das Abrechnungsbescheidverfahren eine bescheidmäßig erfolgte Abgabenfestsetzung nicht berührt; dies auch dann nicht, wenn die Festsetzung zu Unrecht erfolgt ist oder der die Abgaben festsetzende Bescheid zu Unrecht besteht. Die Abgabenbehörde kann sich im Abrechnungsbescheid hinsichtlich bescheidmäßig festgesetzter Abgaben nur auf rechtswirksame Bescheide stützen, ohne dabei das rechtmäßige Zustandekommen oder das rechtmäßige Bestehen dieser Bescheide überprüfen zu dürfen ...

Im vorliegenden Fall wurde ein Abrechnungsbescheid beantragt und eingewendet, dass die Rechtsgrundlage für die Besteuerung weggefallen sei. Das Vorbringen der Berufungswerberin läuft darauf hinaus, die Rechtmäßigkeit der in Rechtskraft erwachsenen Abgabenfestsetzung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien in Frage zu stellen. Dass die Anlastung der Abgabenfestsetzung nicht der in dem Abgabenbescheid ausgesprochenen Festsetzung entspräche, wurde von der Berufungswerberin nicht behauptet.

Der Abrechnungsbescheid ist seinem Wesen und Inhalt nach ein Feststellungsbescheid, der Klarheit zu schaffen hat, durch welche Verrechnungsvorgänge und Tilgungstatbestände das Erlöschen einer bestimmten Zahlungsverpflichtung bewirkt wurde. Mit dem Abrechnungsbescheid ist - wie oben ausgeführt - über umstrittene abgabenbehördliche Gebarungsakte, nicht aber über die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung zu entscheiden. Hieraus ergibt sich, dass Gründe, die gegen die Abgabenfestsetzung selbst erhoben werden, nicht in diesem Verfahren geltend gemacht werden können.

Den Ausführungen des Herrn Univ. Prof. Dr. Beiser, dass eine Bindung an den Bescheid mit Ablauf des entfällt, kann aus den oben angeführten Gründen nicht gefolgt werden.

Die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung ist allein in dem zur Erlassung des Abgabenbescheides führenden Verfahren zu prüfen. Der nach § 216 BAO ergehende Abrechnungsbescheid hat vom Abgabenbescheid auszugehen und den das Abgabenrechtsverhältnis konstitutiv gestaltenden Bescheid nicht, und zwar auch nicht auf dem der Berufungswerberin vorschwebenden Wege einer Vorfragenbeurteilung zu hinterfragen.

Gegenstand eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO kann nicht die Frage sein, ob ein gegen wen immer geltend gemachter

Abgabenanspruch zu Recht besteht oder nicht. Ob ein Abgabenanspruch zu Recht besteht oder nicht, ist im Vorverfahren, nämlich im Abgabenfestsetzungsverfahren, festzustellen. Damit ergibt sich auch, dass ein in einem Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsantrages in Frage gestellter Abgabenanspruch nicht schon deshalb, weil er in diesem Antrag in Frage gestellt wurde, einen Tilgungstatbestand darstellen kann."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit seinem Beschluss vom , B 401/09, mit folgender Begründung ablehnte:

"Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art. 144 Abs. 2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind."

Mit einem weiteren Beschluss vom trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde auf Antrag der Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten, ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem

"Recht auf Wegfall der Erbschaftssteuer(zahlungs)pflicht ab (im Recht, ab ) in der Verlassenschaftssache nach Hans P. keine Erbschaftssteuer - i.S. § 29 ErbStG - zahlen zu müssen, verletzt, - hilfsweise in (ihrem) Recht auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides, und zwar in concreto eines solchen, der davon ausgeht, dass (sie) ab in der Verlassenschaft nach Hans P. keine Erbschaftsteuer mehr aus dem Rechtsgrund des § 29 ErbStG bezahlen muss."

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 Z. 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141 - ErbStG, der vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 54/06 u. a., als verfassungswidrig aufgehoben wurde, unterlagen der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen. Die Aufhebung dieser Bestimmung trat mit Ablauf des in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen traten nach dem genannten Erkenntnis nicht wieder in Kraft.

Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers, jedoch (lit. a) für den Erwerb des unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter einer Befristung bedachten mit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Bedingung oder des Ereignisses.

Nach § 18 leg. cit. ist für die Wertermittlung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.

Nach § 29 Abs. 1 leg. cit. kann, wenn die Steuer vom Kapitalwert von Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen zu entrichten ist, diese nach Wahl des Steuerpflichtigen statt vom Kapitalwert jährlich im Voraus vom Jahreswert entrichtet werden. Die Steuer wird in diesem Fall nach dem Hundertsatz erhoben, der sich nach § 8 für den gesamten Kapitalbetrag ergibt.

Nach § 34 Abs. 1 Z. 13 ErbStG, angefügt durch Art. 2 des Schenkungsmeldegesetzes 2008, BGBl. I Nr. 85, werden Abgaben nach diesem Bundesgesetz für Vorgänge gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3, für die die Steuerschuld nach dem entsteht, nicht mehr erhoben. § 22 und § 24 Abs. 2 sind letztmalig auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuerschuld vor dem entsteht. § 33 ist auf Vorgänge, die sich nach Ablauf des Tages, an dem das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 85/2008 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ereignen, nicht mehr anzuwenden.

Die ErläutRV zum Schenkungsmeldegesetz 2008, 549 BlgNR XXIII. GP 6, führen zu § 34 ErbStG aus:

"Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 54/06 u.a., ...

Die sonst im Rechtsbestand verbleibende Besteuerung von Zweckzuwendungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 3 ErbStG soll aus Gründen der Gleichbehandlung entfallen. Erwerbe von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen, für die die Steuerschuld vor dem entsteht, unterliegen den Bestimmungen des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes 1955.

Durch die Aufhebung der beiden Grundtatbestände durch den Verfassungsgerichtshof und nunmehr durch die Aufhebung des Grundtatbestandes für Zweckzuwendungen wird keine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr für Vorgänge, die sich nach dem ereignen, erhoben.

Daraus ergibt sich Folgendes:

...

Da die Steuerschuld gemäß § 12 bei Erwerben von Todes wegen im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, bei Schenkungen unter Lebenden mit der Ausführung der Zuwendung entsteht und die in § 29 normierte Möglichkeit der jährlichen Zahlung der Steuer nichts am Entstehen der Steuerschuld ändert, sondern eine Sonderform der Entrichtung darstellt, sind die Jahresbeträge auch nach dem weiter zu entrichten."

Nach § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2004/16/0035, betreffend einen Fall der Versagung der vorzeitigen Einstellung der jährlichen Besteuerung nach § 29 ErbStG, u.a. aus:

"§ 29 Abs. 1 ErbStG räumt dem Erwerber einer Rente oder einer anderen wiederkehrenden Nutzung oder Leistung ein Wahlrecht hinsichtlich der Steuerentrichtung ein. Zweck der Bestimmung ist es, dem Steuerpflichtigen die Entrichtung der Erbschaftsteuer zu erleichtern, indem sie ihm gestattet, die Steuern im gleichen Schritt mit dem Empfang der Jahresleistungen zu entrichten. Die jährliche Versteuerung kann sich zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken, insbesondere wenn eine lebenslange Rente länger bezogen wird, als dies dem Kapitalisierungsfaktor des § 16 BewG entspricht. In der Ausübung des Wahlrechts ist daher sowohl für den Abgabepflichtigen als auch für den Abgabengläubiger ein aleatorisches Element gelegen. Der Jahreswert der Rente ist nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes zu ermitteln. Er ist nach den Wertverhältnissen zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld nach den §§ 15 bis 17 BewG festzusetzen. Bei Nutzungen und Leistungen, die in ihrem Betrag schwanken, ist nach § 17 Abs. 3 BewG vorzugehen. Der Jahreswert unterliegt keiner Veränderung, wenn sich nach der Entstehung der Steuerschuld am Wert der Rente etwas ändert. Hat der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht, dann ist die Steuer jährlich im Voraus zu entrichten. Im Steuerbescheid wird eine besondere Fälligkeit der einzelnen Jahressteuerbeträge anzuführen sein. Bei solchen Bescheiden handelt es sich um Dauerbescheide, mit denen die Erbschaftsteuer auch im Fall einer bewilligten Jahresversteuerung ein für allemal festgesetzt wird ...

...

Es entstehen nicht Jahr für Jahr mit den laufenden wiederkehrenden Leistungen neue Steuerfälle. Die entstandene Steuerschuld erfährt durch die Besteuerung nach § 29 ErbStG keine Änderung; lediglich die Entrichtung der Steuer vom bereits erfolgten Anfall und berechnet vom Kapitalwert wird zeitlich verschoben wirksam ...

...

Die Erbschaftsteuerschuld entsteht beim Erwerb einer Rente von Todes wegen auch dann im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, wenn der Steuerpflichtige die Entrichtung der Steuer gemäß § 29 Abs. 1 ErbStG vom Jahreswert der Rente anstatt vom Kapitalwert wählt ...

Hinsichtlich des Entstehens der Steuerschuld besteht dann kein Unterschied zu dem Fall der Einmalentrichtung der Erbschaftsteuer vom Kapitalwert der Rente. Statt die Steuer einmal vom kapitalisierten Wert der Rente zu entrichten, kann der Steuerpflichtige verlangen, dass die Steuer jährlich im Vorhinein jeweils vom Jahreswert entrichtet wird, wobei der Steuersatz der gleiche ist, wie bei der einmaligen Berechnung des Gesamtwertes der Rente. Bei der Gegenüberstellung der tatsächlichen steuerlichen Belastung desselben Erwerbsvorganges einmal bei der Steuerentrichtung vom Kapitalwert, das andere Mal auf Grund beantragter Jahresversteuerung darf jedoch nicht übersehen werden, dass der Vervielfacher nach § 16 Abs. 2 BewG nicht nur die durchschnittliche Lebenserwartung berücksichtigt, sondern auch einen Abzinsungsfaktor enthält. Demnach kann von einem freiwillig gewählten Nachteil für den Steuerschuldner erst dann gesprochen werden, wenn der abgezinste Barwert der einzelnen Steuerraten bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung höher ist als die einmalige Steuer vom Kapitalwert …

Für die Vorschreibung der Erbschaftsteuer ist entscheidend, dass die Steuerschuld entstanden ist. Bei der Festsetzung der Steuer ist im Fall der einmaligen Erhebung der Steuer vom Kapitalwert der Rente nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß die Rente dann in den Folgejahren tatsächlich bezogen wird. Die einmal entstandene und vorgeschriebene Steuerschuld erfährt keine Änderung, wenn die jährlichen Rentenzahlungen sich verändern oder - Fälle des § 16 Abs. 3 BewG ausgenommen - ausbleiben.

Gleiches gilt im Fall der Festsetzung der Steuer vom Jahreswert. Wird die Festsetzung vom Jahreswert vorgenommen, dann erfährt diese Festsetzung ebenfalls keine Änderung, wenn die jährlichen Rentenzahlungen sich verändern oder ausbleiben sollten. Mit der Regelung der Festsetzung der Steuer vom Jahreswert soll nämlich durch die Art der Berechnung in beiden Fällen ein gleiches Steuerergebnis erzielt werden. Der Vorteil bei der Festsetzung vom Jahreswert besteht insbesondere darin, bei der Entrichtung der Steuer allenfalls nicht auf das Kapital selbst greifen zu müssen, sondern aus dem jährlichen Rentenbezug die Steuer bestreiten zu können. Es erschiene jedoch eine unsachliche Differenzierung, wenn im Falle des Wegfalls des Rentenbezuges (nicht wegen des Todes des Berechtigten oder Verpflichteten - § 16 Abs. 3 BewG) bei der Festsetzung vom Kapitalwert keine Änderung der Besteuerung erfolgte, im Fall der Festsetzung vom Jahreswert jedoch die weitere Steuerlast entfiele.

§ 29 Abs. 1 ErbStG ist eine Bestimmung zur Steuerfestsetzung ...

..."

Der Abrechnungsbescheid ist seinem Wesen und möglichen Inhalt nach ein Feststellungsbescheid, der Klarheit zu schaffen hat, durch welche Verrechnungsvorgänge und Tilgungstatbestände das Erlöschen einer bestimmten Zahlungsverpflichtung bewirkt wurde. Im Abrechnungsbescheid sind umstrittene abgabenrechtliche Gebarungsakte schlechthin zu klären, nicht jedoch die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung zu prüfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/14/0061, mwN).

Die Beschwerdeführerin vertritt im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - wie schon im Verfahren vor den Abgabenbehörden - den Standpunkt, da mit § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sei, sei ihre Zahlungspflicht weggefallen. Die Argumentation der belangten Behörde, wonach ihre Erbschaftssteuerschuld schon vor dem Stichtag entstanden wäre und infolge ratenweiser Abstattung auch nach dem Stichtag weiter zu tilgen wäre, greife zu kurz. Mit dem Wegfall des § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG gebe es in den Fällen des § 29 Abs. 1 ErbStG keine Rechtsgrundlage für eine Erbschaftsteuerzahlungspflicht über den Stichtag hinaus.

Hinzuzufügen sei, dass sie am geboren sei. Seit dem Tod des Erblassers seien bis zum Stichtag nahezu volle 28 Jahre vergangen. Damals sei sie im 44. Lebensjahr gestanden und habe § 16 Abs. 2 BewG damals bei einem Alter von 35 bis 45 Jahren als Vervielfacher das Fünfzehnfache festgelegt. Selbst wenn man den Ausführungen Beisers (auf die sie ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts stütze) nicht uneingeschränkt folge, so sei jedenfalls unter diesem Aspekt die Richtigkeit ihres Rechtsstandpunktes erwiesen. Unter keinen Umständen könne eine auf § 29 ErbStG gestützte Zahlungspflicht dann über den Stichtag hinaus weiterbestehen, wenn bis zu diesem Stichtag bereits länger Zahlungen geleistet worden seien als der Berechnung nach § 29 Abs. 1 ErbStG seinerzeit zu Grunde gelegt worden seien.

Die belangte Behörde irre, wenn sie meine, dass die Voraussetzungen (eines strittigen Tilgungstatbestandes) nach § 216 BAO nicht vorlägen. Der Wegfall des § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG durch das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei nach der von Beiser und ihr vertretenen Rechtsansicht ein "Tilgungstatbestand".

Dem kann aus folgendem Grund nicht gefolgt werden:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem genannten Erkenntnis vom § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG als verfassungswidrig aufgehoben; diese Aufhebung trat mit Ablauf des in Kraft.

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof nach Art. 140 Abs. 4 B-VG ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind nach Abs. 7 alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist nach Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

Dass die Aufhebung eines Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof mit Ablauf des Tages der Kundmachung (oder mit Ablauf der nach Art. 140 Abs. 5 BVG bestimmten Frist) in Kraft tritt, bedeutet, dass das aufgehobene Gesetz auf Sachverhalte, die sich vor diesem Zeitpunkt ereignet haben, weiterhin anzuwenden ist; ausgenommen ist jedenfalls der Anlassfall. Wann ein "verwirklichter Tatbestand" gegeben ist, hängt im Allgemeinen vom materiellen Recht ab, um dessen Anwendung es geht (vgl. etwa Mayer, B-VG7 (2007), Anmerkung V.1. zu Art. 140). Verwirklicht wird ein Sachverhalt dabei zu jenem tatsächlichen Zeitpunkt, zu dem er sich in der Realität tatsächlich ereignet. Die Frage, ob ein verwirklichter Sachverhalt irgendeinen Tatbestand der Rechtsordnung erfüllt, spielt bei der Feststellung dieses Zeitpunktes keine Rolle (vgl. Rohregger in Korinek/Krejci, Kommentar zum B-VG, Rz 310 zu Art. 140).

Zur Beantwortung der Frage, ob die mit dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verfügte, mit Ablauf des in Kraft getretene Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG im vorliegenden Beschwerdefall Wirkung entfaltete, namentlich eine von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Tilgungswirkung, sind die weiteren materiell-rechtlichen Bestimmungen des ErbStG heranzuziehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom näher darlegte, entsteht die Erbschaftsteuerschuld beim Erwerb einer Rente von Todes wegen auch dann im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, wenn der Steuerpflichtige die Entrichtung der Steuer gemäß § 29 Abs. 1 ErbStG vom Jahreswert der Rente anstatt vom Kapitalwert wählt. Mit den laufenden wiederkehrenden Leistungen entstehen nicht Jahr für Jahr neue Steuerfälle. Die entstandene Steuerschuld erfährt durch die Besteuerung nach § 29 ErbStG keine Änderung; lediglich die Entrichtung der Steuer vom bereits erfolgten Anfall und berechnet vom Kapitalwert wird zeitlich verschoben wirksam. Für die Vorschreibung der Erbschaftssteuer ist demnach entscheidend, dass die Steuerschuld entstanden ist. § 29 Abs. 1 ErbStG ist eine Bestimmung zur Steuerfestsetzung.

Daraus folgt, dass die mit Ablauf des in Kraft getretene Aufhebung des Grundtatbestandes des § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG im Beschwerdefall keine Wirkung, insbesondere auch keine Tilgungswirkung entfalten konnte, weil der nach dem Gesagten maßgebliche Sachverhalt für das Entstehen der Steuerschuld, nämlich der Todesfall, sich vor dem In-Kraft-Treten der Aufhebung des Grundtatbestandes ereignet hatte. Daran ändert auch die von der Beschwerdeführerin bevorzugte Entrichtung der Steuer jährlich im Voraus vom Jahreswert nach § 29 Abs. 1 ErbStG nichts, sodass auch in diesem Fall das Außerkrafttreten des Grundtatbestandes mit Ablauf des an der bereits entstandenen Steuerschuld nichts mehr ändert.

Soweit die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, dass ihre Steuerschuld dadurch erloschen (getilgt) sei, weil sie bis zum Stichtag bereits länger Zahlungen geleistet hat als der Berechnung nach § 29 Abs. 1 ErbStG seinerzeit (ihrerseits) zu Grunde gelegt worden sei, kommt auch dem im Hinblick auf den Tatbestand des § 216 BAO keine Relevanz zu. Die Ausübung des Wahlrechtes, wonach die Steuer nach dem Jahreswert statt vom Kapitalwert entrichtet werden kann, bindet den Abgabepflichtigen und die Behörde. Die Erklärung nach § 29 ErbStG kann vom Steuerpflichtigen nicht widerrufen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1323/70, mwN). In der Ausübung des Wahlrechts nach § 29 Abs. 1 ErbStG ist sowohl für den Abgabepflichtigen als auch für den -gläubiger ein aleatorisches Element enthalten, das, wirkt es sich ex post betrachtet zum Nachteil des Abgabepflichtigen aus, nichts am Entstehen der Erbschaftssteuerschuld und an der Art der Entrichtung dieser Schuld ändert (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Da somit weder die in Rede stehende Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG durch den Verfassungsgerichtshof noch das Überschreiten des Kapitalwertes durch die Summe der Jahreswerte entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin einen Tilgungstatbestand iSd § 216 BAO darstellt, war kein Abrechnungsbescheid zu erlassen, mit welchem hätte festgestellt werden können, ob ein bestimmter Sachverhalt, dessen Verwirklichung einem Tilgungstatbestand entspräche, verwirklicht worden ist oder nicht. Die belangte Behörde hat den Antrag der Beschwerdeführerin vom im Instanzenzug daher zu Recht abgewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am