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VwGH vom 22.06.2005, 2004/09/0058

VwGH vom 22.06.2005, 2004/09/0058

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2003/09/0163 E

2003/09/0148 E

2003/09/0091 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2 -4/II/23, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt. 3/13116/1320792/2003, betreffend Versagung einer Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ruanda, bei der örtlich zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice W die Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach § 14a Ausländerbeschäftigungsgesetz. Im Antrag wurde darauf verwiesen, er sei seit laufend bei der Magistratsabteilung 48 beschäftigt.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice W vom gemäß § 14a Abs. 3 AuslBG abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in den letzten vierzehn Monaten nur 165 Tage bewilligt beschäftigt gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er seine bereits im Antrag aufgestellte Behauptung wiederholte, seit bei der Magistratsabteilung 48 als Straßenreiniger, jeweils mit Beschäftigungsbewilligungen, beschäftigt gewesen zu sein. Erst vor kurzem sei ihm wieder eine Beschäftigungsbewilligung bis zum erteilt worden. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei er durchgehend beschäftigt. Es handle sich bei seinem Arbeitsverhältnis um ein längerfristiges. Dies werde auf Seiten des AMS anerkannt, weil Beschäftigungsbewilligungen jeweils für ein Jahr erteilt würden. Die einzige Beschränkung liege darin, dass nur eine Teilzeitbeschäftigung von 15 Stunden pro Woche genehmigt worden sei. In diesem Sinne könne er eine zwölfmonatige rechtmäßige Beschäftigung in den letzten vierzehn Monaten nachweisen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 des AVG in Verbindung mit § 14a Abs. 1 AuslBG keine Folge. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer als Aushilfsbediensteter bei der MA 48 jeweils nur vorübergehend erwerbstätig sei, das Arbeitsverhältnis mit Aushilfsbediensteten werde von dieser immer nur für einen Tag abgeschlossen. Die Lohnauszahlung erfolge ebenfalls täglich. Dies sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden, indem er das Merkblatt für Aushilfsbedienstete jeweils erhalten und sich mit den darin angeführten Arbeitsbedingungen durch seine Unterschrift für einverstanden erklärt habe. Nach den von der MA 48 beantragten Beschäftigungsbewilligungen werde er als Taglöhner beschäftigt. Im Rahmen des Parteiengehörs sei der Beschwerdeführer mehrfach aufgefordert worden, zu diesen Umständen Stellung zu nehmen, eine Stellungnahme sei jedoch nicht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Beschwerdeführer macht unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0022, geltend, es hätte bei Beurteilung der Frage, ob der Parteiwille auf eine Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses mit jeweiliger Karenzierung oder auf wiederholte Abschlüsse von isolierten Dienstverhältnissen jeweils als Tagelöhner gerichtet gewesen sei, eine Abwägung im Sinne des § 2 Abs. 4 AuslBG nach dem wirtschaftlichen Gehalt stattfinden müssen. Die belangte Behörde hätte die Indizien für ein schlüssiges Übereinkommen eines ununterbrochenen Dienstverhältnisses erkennen müssen. Der Beschwerdeführer arbeite seit November 1999 bei der Magistratsabteilung 48, und zwar regelmäßig mehrere Tage in der Woche an konkreten Arbeitstagen. Die Beschäftigungsbewilligungen seien jeweils auf die Dauer eines Jahres ausgestellt und bereits zum wiederholten Male verlängert worden. Die belangte Behörde habe auch verkannt, dass Arbeitsverträge grundsätzlich zweiseitige Verträge seien und nicht nach dem Diktat einer Seite - und handle es sich dabei auch um die Magistratsabteilung 48 - zustande kämen. Die alleinige Absicht einer Seite sei für die Auslegung eines Vertrages somit nicht maßgeblich. Ebenso wenig komme es darauf an, ob sich der Beschwerdeführer wegen des gegenständlichen Arbeitsverhältnisses an ein Arbeitsgericht gewandt habe oder nicht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 133/2003 gilt als Beschäftigung die Verwendung


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a)
in einem Arbeitsverhältnis,
b)
in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d)
nach den Bestimmungen des § 18, oder
e)
überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr 196/1988.
Nach § 2 Abs. 4 erster Satz AuslBG in der oben angeführten Fassung ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinn des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgeblich.
Gemäß § 7 Abs. 6 Z. 1 AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 erlischt die Beschäftigungsbewilligung mit Beendigung der Beschäftigung des Ausländers.
Gemäß § 14a Abs. 1 AuslBG in der zuletzt genannten Fassung ist einem Ausländer auf Antrag eine Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn der Ausländer in den letzten vierzehn Monaten insgesamt 52 Wochen im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war. Zeiten einer Beschäftigung
1.
gemäß § 3 Abs. 5 oder
2.
gemäß § 18, oder
3.
im Rahmen eines Kontingents gemäß § 5, oder
4.
als Grenzgänger (§ 2 Abs. 7), oder
5.
auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung für Künstler gemäß § 4a,
werden nicht berücksichtigt.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ausländer im Sinne des § 14a Abs. 1 erster Satz AuslBG während des in dieser Bestimmung angeführten Zeitraumes "erlaubt beschäftigt war", kommt es nach dem insoweit klaren Wortlaut dieser Bestimmung auf eine Beschäftigung "im Sinne des § 2 Abs. 2" leg. cit. an (wobei allerdings Zeiten, die in Beschäftigungsformen nach den Z. 1 bis Z. 5 des § 14a Abs. 1 zweiter Satz AuslBG, nämlich Zeiten der Beschäftigung als Volontär, Ferial- oder Berufspraktikant, als vom Ausland betriebsentsandte Arbeitskraft, als Saisonarbeitskraft nach § 9 Fremdengesetz, als Grenzgänger im Sinne des § 1 Abs. 11 Fremdengesetz oder Künstler gemäß § 4a AuslBG nicht zu berücksichtigen sind). Da es sich bei der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit bei der Gemeinde Wien - MA 48, nicht um eine Beschäftigung in den in den Z. 1 bis Z. 5 des § 14a Abs. 1 zweiter Satz AuslBG angeführten vorübergehenden oder atypischen Beschäftigungsformen handelt, war im Beschwerdefall daher im Sinne des ersten Satzes dieser Bestimmung die Dauer der Beschäftigung des Beschwerdeführers zu prüfen.
In dem bereits von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0022, wurde dargelegt, dass die Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 7 Abs. 6 AuslBG nicht schon dann erlischt, wenn bei gleichzeitiger Unterbrechung der Entgeltzahlung bloß die Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung für eine verhältnismäßig kurze Dauer unterbleibt und der Wille beider Vertragsteile auf die fortdauernde Rechtswirksamkeit des Beschäftigungsverhältnisses gerichtet ist. Auf dieses Erkenntnis wird im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch von dem zuvor genannten, dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0022, zu Grunde liegenden dadurch, dass die Behörde auf Grund der von ihr gepflogenen Erhebungen nach den hier hervorgekommenen Ermittlungsergebnissen die Feststellung getroffen hat, der Vertragswille der Magistratsabteilung 48 sei bei Aufnahme von Aushilfskräften als Straßenreiniger und/oder Schneeräumer ausdrücklich nicht darauf gerichtet gewesen, mit diesen ein durchgehendes Dienstverhältnis einzugehen, sondern lediglich darauf, diesen eine "tageweise Beschäftigung" zu ermöglichen. Ein solcherart lediglich auf ein fallweise vorübergehendes Beschäftigungsverhältnis abzielender Parteiwille der MA 48 sei im Merkblatt für Aushilfsbedienstete zum Ausdruck gebracht und vom Beschwerdeführer durch seine Unterschrift zustimmend zur Kenntnis genommen worden, welche Zustimmung sich u.a. aus dem Umstand ergebe, dass er auch beim Arbeits- und Sozialgericht keine Klage erhoben habe.
Dagegen bringt die Beschwerde lediglich vor, die belangte Behörde hätte eine "wirtschaftliche Betrachtungsweise im Sinne des § 2 Abs. 4 AuslBG" vorzunehmen gehabt.
Damit treffen die Beschwerdeausführungen jedoch nicht den Kern der Sache: Es wurde bereits in dem zuvor genannten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0022, ausgeführt, dass bei Lösung der entscheidenden Frage, ob nämlich eine Unterbrechung im Sinne von - wenn auch kurzfristiger - Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder eine bloße Karenzierung vorliege, es allein auf den Inhalt der zwischen den Arbeitsvertragsparteien abgeschlossenen Vereinbarung ankomme, die nach den Regeln des § 914 ABGB auszulegen sei.
Nach § 914 ABGB ist bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Sind daher in einem Vertragstext Klauseln enthalten, denen der präsumtive Vertragspartner nicht zustimmen kann oder will, so muss er diesen Vorbehalt zum Ausdruck bringen oder vom Vertragsabschluss Abstand nehmen. Hätte der Beschwerdeführer daher zu den angebotenen Konditionen einer (tageweisen) Beschäftigung nicht zugestimmt, so hätte er sich entsprechend deklarieren müssen. Das dem Beschwerdeführer bei jeweiliger Arbeitsaufnahme ausgehändigte Merkblatt für Aushilfsbedienstete enthält u.a. den Passus:
"Das Arbeitsverhältnis für Aushilfsbedienstete wird immer nur für einen Tag abgeschlossen, die Lohnauszahlung erfolgt täglich."
Dies wurde vom Beschwerdeführer nachweislich widerspruchslos zur Kenntnis genommen. Es kann daher im vorliegenden Fall nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass der - wiederkehrende -Vertragswille beider Parteien auf den Abschluss mehrerer, jeweils auf einen Tag beschränkter Arbeitsverhältnisse gerichtet war. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dass die Arbeitsaufnahme tatsächlich regelmäßig zu bestimmten Tagen der Woche erfolgt und daher vorherbestimmt gewesen sei, wurde im Verwaltungsverfahren nicht erhoben und stellt eine im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr aufzugreifende Neuerung dar.
Verweist die Beschwerde auf die Zweiseitigkeit von Arbeitsverträgen, die "nicht nach dem Diktat einer Seite, und handle es sich dabei auch um die Magistratsabteilung 48, zu Stande" kämen, so ist darauf hinzuweisen, dass es dem heutigen Wirtschaftsleben durchaus entspricht und grundsätzlich - sofern mit den arbeitsrechtlichen resp. kollektivvertraglichen Bestimmung nicht in Widerspruch stehend - auch nicht unzulässig ist, wenn der potenzielle Arbeitgeber die Bedingungen, unter denen die Arbeitsaufnahme erfolgen soll, vorgibt. Ein Widerspruch zu gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen wurde aber nicht behauptet und lässt sich auch nicht erkennen.
Auch die der Magistratsabteilung 48 für den Beschwerdeführer vom zuständigen Arbeitsmarktservice jeweils für ein Jahr ausgestellten Beschäftigungsbewilligungen vermögen keine andere Beurteilung zu rechtfertigen, weil Beurteilungsmaßstab nicht die behördliche Bewilligung, sondern der übereinstimmende Vertragswille der Parteien des Arbeitsvertrages ist. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass nach dem Inhalt der den vorgelegten Beschäftigungsbewilligungen zugrundeliegenden Anträge jeweils die Beschäftigung als "Taglöhner" vermerkt war, was daher kein geeignetes Indiz gegen die festgestellte tageweise Beschäftigung der Aushilfskräfte darstellt.
Aus diesen Gründen ist der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit unterlaufen, wenn sie nicht den gesamten Zeitraum der ausgestellten Beschäftigungsbewilligungen, sondern lediglich die Zeiten der tatsächlichen Beschäftigung des Beschwerdeführers in die Berechnung nach § 14a Abs. 1 AuslBG einbezog.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am