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VwGH vom 12.10.2009, 2009/16/0163

VwGH vom 12.10.2009, 2009/16/0163

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde der L-Ges.m.b.H. in Innsbruck, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 8, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-Präs-00039e/2008, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I., soweit dieser die Wiederaufnahme der Verfahren und Neufestsetzung der Getränkesteuer für 1998 und 1999 betrifft, und Spruchpunkt II. (betreffend die Neufestsetzung der Getränkesteuer für 1998) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die belangte Behörde nahm mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides im Instanzenzug die mit Bescheiden des Stadtmagistrats der Landeshauptstadt Innsbruck vom für 1998 und vom für 1999 abgeschlossenen Verfahren über die gegenüber der Beschwerdeführerin erfolgte Festsetzung der Getränkesteuer für diese Zeiträume wieder auf und setzte die Getränkesteuer für alkoholische Getränke für die Jahre 1996 bis 2000 neu fest. Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung gegen die erstinstanzliche Getränkesteuerfestsetzung betreffend das Jahr 1998 ab. Im Betrieb der Beschwerdeführerin sei in den Jahren 2001 und 2002 eine abgabenbehördliche Nachschau vorgenommen worden, im Zuge derer betreffend den Prüfungszeitraum Jänner 1996 bis Dezember 2000 Differenzen zu erklärten Bemessungsgrundlagen festgestellt worden seien. Auch seien unter anderem auf Grund nicht versteuerter Nettoumsätze an alkoholischen Getränken betreffend die Monate Jänner und Februar 2000 sowie Umsatzabweichungen in der Sparte Wein/Sekt für das Jahr 1996 formelle und materielle Mängel der Buchhaltung offenkundig. Damit seien neue Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen und liege der Wiederaufnahmegrund des § 226 Abs. 3 TLAO vor. Die belangte Behörde sah weiters in einem erst durch das C- 491/03 (Hermann) den bescheiderlassenden Behörden bekannt gewordenen Fehlen der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Erhebung der Getränkesteuer auf "Alkoholumsätze im Rahmen der Gastronomie" eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 226 der Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO). (Auch) auf Grund der Bestimmung des § 226a TLAO über die Wiederaufnahme von Verfahren bei geänderter Auslegung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes stehe einer Wiederaufnahme der betroffenen Verfahren nichts entgegen.

Weiters wies die belangte Behörde mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides im Instanzenzug Anträge der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung oder Verrechnung der für alkoholische Getränke entrichteten Getränkesteuer ab.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin - zusammengefasst - im Recht verletzt erachtet, dass eine Wiederaufnahme der Verfahren und eine Festsetzung der Getränkesteuer unterbleibe und ihr die beantragte Rückzahlung der Getränkesteuer gewährt werde.

Der Verfassungsgerichtshof hat u.a. auf Grund des vom Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die vorliegende Beschwerde mit Beschluss vom , A 2009/0017, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrags den § 226a TLAO mit Erkenntnis vom , G 5/09 u.a., als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu Spruchpunkten I. und II.:

Der von der belangten Behörde (alternativ) herangezogene § 226a TLAO wurde mit dem erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom aufgehoben. Der vorliegende Beschwerdefall bildet einen Anlassfall iSd Art. 140 Abs. 7 B-VG, weshalb der Verwaltungsgerichtshof § 226a TLAO nicht mehr anzuwenden hat.

Soweit sich die belangte Behörde auf § 226 TLAO stützte, gleicht der Beschwerdefall jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem zum inhaltsgleichen § 235 der Wiener Abgabenordnung ergangenen Erkenntnis vom , Zl. 2008/16/0148, entschieden hat. Auf die Gründe jenes Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

Zutreffend rügt die Beschwerdeführerin, dass die erwähnte Nachschau - wie aus dem darüber erstellten und im angefochtenen Bescheid erwähnten Prüferbericht vom ersichtlich ist - für die Jahre 1998 und 1999 keine Differenz zwischen dem dabei festgestellten und dem erklärten Nettoumsatz ergab. Welche durch die Nachschau neu hervorgekommene Tatsachen die belangte Behörde berechtigt hätten, eine Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich dieser Jahre für rechtens zu erachten, geht aus dem angefochtenen Bescheid somit nicht hervor.

Der angefochtene Bescheid erweist sich deshalb in seinen Spruchpunkten I. (soweit er die Neufestsetzung der Getränkesteuer für 1998 und 1999 betrifft) und II. als inhaltlich rechtswidrig und war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Getränkesteuer für 1996, 1997 und 2000 wurde zunächst nur von der Beschwerdeführerin erklärt, nicht aber bescheidmäßig festgesetzt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wurde durch die Betriebsprüfung in den Jahren 2001 und 2002 (Prüfbericht vom ) der Lauf der (frühestens mit Ablauf des Jahres 1996 begonnenen) fünfjährigen Verjährungsfrist (§ 155 Abs. 1 lit. a TLAO) unterbrochen (zur Unterbrechungswirkung der abgabenbehördlichen Prüfung vgl. die bei Ritz2, Tz 13 ff zu § 209 genannte hg. Rechtsprechung). Damit erweist sich aber der Abgabenanspruch der genannten Jahre bei der erstmaligen abgabenbehördlichen Getränkesteuervorschreibung mit Bescheid vom als noch nicht als verjährt. Im Übrigen ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass die Getränkesteuer für die entgeltliche Abgabe von Getränken im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/16/0217). Die Beschwerde war daher hinsichtlich der Neufestsetzung der Getränkesteuer für diese Jahre als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III.:

Zufolge der Aufhebung leben aber die erstinstanzlichen Bescheide über die Wiederaufnahme und die Festsetzung der Getränkesteuer für 1998 und 1999 wieder auf (§ 42 Abs. 3 VwGG), weshalb die mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides im Instanzenzug ausgesprochene Abweisung des Rückzahlungsantrages mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, auf Grund der Festsetzung der Getränkesteuer mit null bestünde ein Guthaben, nicht erfolgreich bekämpft werden kann. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben den Pauschalsätzen der genannten Verordnung ein Kostenersatz aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am

Fundstelle(n):
UAAAE-67322