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VwGH vom 20.12.2006, 2004/08/0100

VwGH vom 20.12.2006, 2004/08/0100

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dr. H in A, vertreten durch Mag. Heribert Donnerbauer, Rechtsanwalt in 2070 Retz, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS8-SV-81/5 2004, betreffend Versicherungspflicht in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG und Höherversicherung in der Unfallversicherung (mitbeteiligte Partei: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65),

Spruch

A. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Feststellung richtet, dass eine Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG im Zeitraum nach dem nicht besteht, zurückgewiesen.

B. zu Recht erkannt:

Im Übrigen, wird der angefochtene Bescheid, soweit er ausspricht, dass am keine freiwillige Höherversicherung des Beschwerdeführers in der Unfallversicherung gemäß § 20 ASVG bestanden hat, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als freiberuflich tätiger Arzt seit der gesetzlichen Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG unterlegen sei und daher gemäß § 74 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, für das Kalenderjahr 2002 einen Unfallversicherungsbeitrag in der Höhe von EUR 79,31 zu entrichten (Spruchpunkt 1); in Spruchpunkt 2 des Bescheides stellte die mitbeteiligte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt weiters fest, dass der Beschwerdeführer "während folgender Zeiten und Gewerbeberechtigungen" der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG unterlegen sei:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
" bis
-
bis
-
Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik
bis
-
Zahntechniker gem. § 94 Z. 69 der GewO 1994
bis
-
geschäftsführender Gesellschafter der 'W GmbH'
bis
-
geschäftsführender Gesellschafter der 'Dr. H & Co. GmbH'"

Schließlich sprach die mitbeteiligte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in Spruchpunkt 3 ihres Bescheides aus, dass der Beschwerdeführer "am , dem Tag (seines) Unfalles, keine freiwillige Höherversicherung gemäß § 20 ASVG abgeschlossen" gehabt habe.

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde im Wesentlichen aus, dass beim Beschwerdeführer zwei verschiedene versicherungspflichtige Erwerbstätigkeiten vorlägen. Der Beschwerdeführer sei seit als Facharzt freiberuflich tätig und daher in der Unfallversicherung nach dem Sozialversicherungsgesetz der freiberuflich selbständigen Erwerbstätigen (FSVG) pflichtversichert. Daneben sei er als selbständig Erwerbstätiger in den im Spruch genannten Bereichen in den dort genannten Zeiträumen in der Unfallversicherung pflichtversichert gewesen.

Nach Verweis auf § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG,§ 181 ASVG,§ 77 Abs. 4 ASVG und § 20 ASVG gelangte die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt zur Feststellung, dass zum keine freiwillige Höherversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 20 ASVG bestanden habe. Eine nähere Begründung hinsichtlich des Nichtvorliegens der Höherversicherung enthält dieser Bescheid nicht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch, in dem er u.a. geltend machte, dass eine Höherversicherung bestehe. Er habe vor einem 1987 erlittenen Unfall einen Antrag auf permanente Höherversicherung gestellt; dieser Unfall sei auch "auf dieser Basis abgerechnet" worden. Er habe anschließend den Antrag auf Höherversicherung nie zurückgezogen.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird auch näher auf einen Autounfall des Beschwerdeführers, den er am auf dem Weg zwischen seiner Ordination und seinem zahntechnischen Labor erlitten hat, und auf das dazu zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gerichtsanhängige Leistungsverfahren eingegangen.

Zur Höherversicherung in der Unfallversicherung führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, die freiwillige Höherversicherung in der Unfallversicherung der selbständig Erwerbstätigen beantragt habe. Mit Schreiben vom habe die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die von ihm beantragte Höherversicherung in der Unfallversicherung mit Wirkung vom in Kraft getreten sei. Mit Schreiben vom habe die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt den Beschwerdeführer wegen ausstehender Beiträge zur Höherversicherung in der Unfallversicherung für selbständig Erwerbstätige für das Jahr 1989 in der Höhe von S 1.024,-- gemahnt. Gleichzeitig sei in diesem Schreiben, welches am von der damaligen Ehefrau des Beschwerdeführers persönlich übernommen worden sei, mitgeteilt worden, dass laut Anstaltssatzung die Höherversicherung dann ende, wenn der Beitrag nicht innerhalb eines Monats nach schriftlicher Mahnung bezahlt werde. Da seitens des Beschwerdeführers weiterhin keine Zahlung in der Höherversicherung in der Unfallversicherung erfolgt sei, habe die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Wien, dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom mitgeteilt, dass auf Grund der Nichtbezahlung des Beitrages die Höherversicherung mit Wirkung vom geendet habe.

Seit sei der Beschwerdeführer somit nicht mehr höherversichert in der Unfallversicherung für selbständig Erwerbstätige. Unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 3 der Satzung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Höherversicherung in der Unfallversicherung des Beschwerdeführers am geendet habe, da die Mahnung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom der Ehefrau des Beschwerdeführers am gleichen Tag nachweislich zugestellt worden sei. Diese Beendigung ergebe sich auch direkt aus der Satzung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in der damals geltenden Fassung, weshalb das Schreiben der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom nur Informationscharakter und keine Bescheidqualität besitze.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid einerseits "in seinem Recht auf Anerkennung der Höherversicherung in der Unfallversicherung" und andererseits in seinem Recht "auf Anerkennung des bestehenden Unfallversicherungsverhältnisses aufgrund einer gewerblichen Tätigkeit als Zahntechniker und bei der Ausübung des Handelsgewerbes" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

I. Zu Spruchpunkt A.:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen behaupteter Rechtsverletzung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde erhoben werden.

Gemäß § 415 Abs. 1 erster Satz ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 145/2003 ist die Berufung in Angelegenheiten der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung an das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zu richten und steht in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z. 2 allgemein, in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z. 1 jedoch nur zu, wenn über die Versicherungspflicht, ausgenommen in den Fällen des § 11 Abs. 2 erster Satz, oder die Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung entschieden worden ist.

Da dem Beschwerdeführer hinsichtlich des Ausspruchs der belangten Behörde zur Versicherungspflicht in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG noch die Berufung an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz offen stand, war die dagegen erhobene Beschwerde infolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen. Im Übrigen ist auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/08/0170, zu verweisen.

II. Zu Spruchpunkt B.:

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er mit Schreiben vom bei der mitbeteiligten Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt die freiwillige Höherversicherung in der Unfallversicherung der selbständig Erwerbstätigen beantragt habe und dass diese mit Wirkung vom in Kraft getreten sei. Eine "angebliche Mahnung" vom sowie eine Mitteilung über die Beendigung der Höherversicherung mit Wirkung vom sei nie rechtswirksam zugestellt worden sei. Unter Bezugnahme auf § 16 Zustellgesetz bringt der Beschwerdeführer vor, er habe zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits getrennt von seiner Ehefrau gelebt; eine Ersatzzustellung an diese habe nicht rechtswirksam erfolgen können, da nicht mehr davon habe ausgegangen werden können, dass er sich regelmäßig an der Abgabenstelle aufgehalten habe. Zudem sei die Ersatzzustellung unzulässig, da die Mitteilung über die Beendigung der Höherversicherung "eigenhändig" zuzustellen gewesen wäre. Die Höherversicherung in der Unfallversicherung sei daher zumindest zum noch aufrecht gewesen.

2. Gemäß § 20 Abs. 1 ASVG, der diesbezüglich im hier zu betrachtenden Zeitraum zwischen Februar 1985 und September 1999 unverändert geblieben ist, können sich selbständig Erwerbstätige, die in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. a ASVG teilversichert sind, beim zuständigen Versicherungsträger über die nach § 181 ASVG in Betracht kommende Bemessungsgrundlage hinaus gemäß § 77 Abs. 4 ASVG höherversichern. Beginn und Ende in der Höherversicherung regelt die Satzung.

§ 19 Abs. 3 der Satzung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung sieht vor, dass die Höherversicherung endet, wenn der Beitrag nicht innerhalb eines Monats nach schriftlicher Mahnung gezahlt worden ist. Ein Neuanmeldung zur Höherversicherung bleibt bis zur Bezahlung des gesamten Beitragsrückstandes unwirksam.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge und bestätigte den Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt. Abweichend von der erstinstanzlichen Behörde begründete sie ihren Ausspruch hinsichtlich der Höherversicherung allerdings damit, dass - gestützt auf § 19 Abs. 3 der Satzung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt - die Mahnung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt der Ehefrau des Beschwerdeführers "nachweislich" am zugestellt worden sei und daher die Höherversicherung des Beschwerdeführers in der Unfallversicherung am geendet habe. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid aus, dass es irrelevant sei, ob der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Höherversicherung zurückgezogen habe oder nicht, da "es auch andere - gesetzlich geregelte - Beendigungsgründe für die Höherversicherung in der Unfallversicherung gibt." Der Beschwerdeführer habe seit 15 Jahren keine Beiträge zur Höherversicherung in der Unfallversicherung der gewerblich Selbständigen geleistet, was zur Folge habe, dass für die belangte Behörde nicht ersichtlich sei, weshalb dieser überhaupt von einer Höherversicherung ausgehe.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, der in seiner Beschwerde bestreitet, eine Mahnung erhalten zu haben, jedoch keine Gelegenheit gegeben, zu der von ihr erstmals festgestellten Zustellung der Mahnung - die, zusammen mit der Nichtzahlung des Beitrags nach Ablauf eines Monats nach Zustellung der Mahnung, Voraussetzung für das Ende der Höherversicherung ist - Stellung zu nehmen. Sie hat damit das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör zu einem maßgeblichen Sachverhalt verletzt, wobei dieser Verfahrensfehler auch wesentlich ist, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Einräumung des Parteiengehörs zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

4. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er sich gegen die Feststellung der belangten Behörde richtet, dass am eine Höherversicherung des Beschwerdeführers in der Unfallversicherung nicht bestanden habe, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das die Pauschalgebühr betreffende Kostenmehrbegehren war im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am