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VwGH vom 22.03.2002, 99/21/0082

VwGH vom 22.03.2002, 99/21/0082

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden

Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im

Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde

1. der G, geboren am , 2. des M, geboren am

, 3. der S, geboren am , 4. der

A, geboren am , 5. der H, geboren am ,

und 6. des G, geboren am , alle vertreten durch

Dr. Helmut Weber, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Ausseer Straße 32,

gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland

Steiermark vom , Zl. FR 1173/1998, betreffend

Ausweisung,

1) den Beschluss gefasst:

Hinsichtlich der fünftbeschwerdeführenden Partei wird die

Beschwerde als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren

eingestellt.

2) zu Recht erkannt:

Spruch

Hinsichtlich der erst-, zweit-, dritt-, viert- und sechstbeschwerdeführenden Parteien wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom wurden die beschwerdeführenden Parteien, türkische Staatsbürger, gemäß §§ 31, 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die belangte Behörde begründete dies zusammengefasst damit, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren fünf minderjährigen Kindern, den zweit- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien, am illegal in das Bundesgebiet eingereist sei. Der Asylantrag der Beschwerdeführer sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom abgewiesen worden. Insbesondere sei ihnen auch eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 nicht zugekommen und es habe auch der Verwaltungsgerichtshof der gegen die Abweisung des Asylantrages gerichteten Beschwerde bis dato nicht die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die beschwerdeführenden Parteien hielten sich seit ihrer illegalen Einreise unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, dies stelle einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Die öffentliche Ordnung werde schwer beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, unerlaubt nach Österreich begäben, um die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet seien auch angesichts der Tatsache, dass sich der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin legal im Bundesgebiet aufhalte, wegen der kurzen Dauer ihres - zudem unrechtmäßigen - Aufenthaltes nicht so stark ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären, als das öffentliche Interesse an der Erlassung der Ausweisung. Die Ausweisung sei auch keine Strafe im Sinne des Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobene, und von diesem mit Beschluss vom , B 302/99, abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der fünftbeschwerdeführenden Partei wurde nach der unbestrittenen Mitteilung des Bundesministeriums für Inneres ab von der Bezirkshauptmannschaft Liezen eine quotenfreie Erstaufenthaltserlaubnis erteilt.

Gemäß § 40 Abs. 3 FrG hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Folge, dass eine Ausweisung gegenstandslos, also wirkungslos wird. Dies ist im vorliegenden Fall eingetreten, weshalb einer Entscheidung über die gegen diese Ausweisung erhobene Beschwerde nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zukommt. Die fünftbeschwerdeführende Partei hat mit Schriftsatz vom ausgeführt, dass sie sich durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr in Rechten verletzt erachte.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Fünftbeschwerdeführerin - etwa im Hinblick auf eine Bestrafung gemäß § 107 Abs. 1 Z. 1 FrG, das Ungültigwerden eines Sichtvermerkes gemäß § 16 Abs. 2 FrG, die Rechtmäßigkeit einer Schubhaft oder die Auferlegung von Kosten gemäß § 103 Abs. 1 FrG - durch den angefochtenen Bescheid noch in Rechten verletzt sein könnte. Daher war die Beschwerde durch den gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat hinsichtlich der fünftbeschwerdeführenden Partei auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Zl. 98/21/0006, und vom , Zl. 99/21/0087).

Hinsichtlich der übrigen beschwerdeführenden Parteien hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die übrigen beschwerdeführenden Parteien bestreiten nicht, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig sei. Ihnen kam während des Asylverfahrens unbestritten kein asylrechtliches vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 19 Asylgesetz 1997 zu, und es stand ihnen auch im Hinblick darauf, dass ihr Asylantrag vom unabhängigen Bundsasylsenat nach der Aktenlage mit Bescheid vom gemäß § 6 Z. 1 und 2 Asylgesetz 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde, kein Anspruch auf Zuerkennung eines derartigen Aufenthaltsrechts zu; insofern ist die Anwendung des § 33 Abs. 1 FrG unbedenklich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/21/0076).

Soweit die beschwerdeführenden Parteien meinen, gegen Asylwerber dürfe während eines anhängigen Asylverfahrens eine Ausweisung nicht erlassen werden, sind sie auf § 21 des Asylgesetzes 1997 zu verweisen; diese Bestimmung verbietet bei Asylwerbern in ihrem Absatz 1 nicht die Erlassung einer Ausweisung, sondern normiert nur in ihrem Absatz 2, dass Asylwerber "überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden dürfen". Soweit die beschwerdeführenden Parteien meinen, ihrer Ausweisung stünde Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention entgegen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, dass es sich dabei nicht um eine Strafe, sondern eine administrativ-rechtliche Maßnahme handelt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/21/0220). Die Ausweisung der erst-, zweit-, dritt-, viert- und sechstbeschwerdeführenden Parteien kann im Grunde des § 33 Abs. 1 FrG daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Soweit die erst-, zweit-, dritt-, viert- und sechstbeschwerdeführenden Parteien gegen den angefochtenen Bescheid geltend machen, der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der anderen beschwerdeführenden Parteien lebe und arbeite bereits seit 1991 rechtmäßig in Österreich und weise ein hohes Maß an Integration auf, weshalb ihre Ausweisung angesichts ihrer intensiven familiären Beziehungen zu diesem nicht gemäß § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, zeigen sie keine Rechtswidrigkeit auf. Unbestritten konnten sie nämlich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst auf einen nur etwa vier Monate währenden Aufenthalt im Bundesgebiet verweisen. Ihr familiäres Interesse an einem Aufenthalt im Bundesgebiet ist angesichts der behaupteten hohen Integration des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin und Vaters der zweit-, dritt-, viert- und sechstbeschwerdeführenden Parteien zwar nicht von der Hand zu weisen. Es ist aber auch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zukommt, und dass dem im Hinblick auf das Gebot der Achtung des Privat- und Familienlebens im Fremdengesetz verankerten Ausweisungshindernis nicht die Bedeutung unterstellt werden darf, es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/21/0220, und vom , Zl. 97/21/0582). Die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in Österreich waren sohin auch angesichts ihres erst kurzen rechtswidrigen Aufenthaltes nicht so ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse, zumal nicht behauptet wurde, dass es sich beim Ehegatten der erstbeschwerdeführenden Partei und Vater der zweit-, dritt-, viert- und sechstbeschwerdeführenden Parteien um einen gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 berechtigten türkischen Arbeitnehmer handle, dem - hinsichtlich des Familiennachzuges - eine stärkere Rechtsposition zukomme als einem Fremden, dem eine solche Berechtigung nicht zukommt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/21/1076).

Zur Geltendmachung von Gefahren im Herkunftsstaat standen die Verfahren gemäß § 8 Asylgesetz 1997 und § 75 FrG zur Verfügung; in diesen - und nicht im Ausweisungsverfahren - ist das Vorliegen von Gefahren gemäß § 57 Abs. 1 und 2 FrG zu prüfen.

Mit der Verfahrensrüge werden keinerlei relevante Behauptungen aufgestellt, sie kann die Beschwerde daher nicht zum Erfolg führen. Es ist schließlich auch nicht erkennbar, welche Umstände dafür sprächen, dass die belangte Behörde von dem ihr im Rahmen des § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführer Gebrauch zu machen gehabt hätte.

Die Beschwerde war daher hinsichtlich der erst-, zweit-, dritt-, viert- und sechstbeschwerdeführenden Parteien gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 53 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, hinsichtlich der fünftbeschwerdeführenden Partei i. V.m. § 58 Abs. 2 VwGG.

Wien, am