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VwGH vom 25.05.2005, 2004/08/0015

VwGH vom 25.05.2005, 2004/08/0015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der S Vertrieb- und BeratungsgmbH in W, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS8-SV-79-2002, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr.- Karl-Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der im Akt befindlichen, vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse aufgenommenen Niederschrift vom ist festgehalten, es sei im Zuge der Beitragsprüfung festgestellt worden, dass alle in R. beschäftigten und bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angemeldeten Dienstnehmer einen Essenszuschuss (auf den Lohnunterlagen Essenspauschale genannt) von monatlich S 700,-- (Teilzeitbeschäftigte aliquot) erhalten würden, und zwar seit dem . Dieser Zuschuss werde gewährt, weil den Mitarbeitern in dieser Außenstelle keine Werksküche mit der Möglichkeit, dort verbilligt zu essen, zur Verfügung stehe, so wie dies für die Mitarbeiter in Wien der Fall sei. Die Regelung über den Essenszuschuss existiere grundsätzlich im Uniqa-Konzern und sei gleichlautend für die Beschwerdeführerin übernommen worden. Allerdings sei für die Uniqa-AG der Kollektivvertrag für Angestellte bei Versicherungsunternehmen anzuwenden, der vorsehe, dass zwölfmal gewährte Zulagen nicht in die Sonderzahlungen einzubeziehen seien. Für die Beschwerdeführerin sei jedoch der Kollektivvertrag für Gewerbeangestellte maßgebend. Der Weihnachtsremuneration und dem Urlaubszuschuss sei das im November gebührende bzw. das im Monat der Auszahlung gebührende Monatsgehalt zu Grunde zu legen. Da der Essenszuschuss einen regelmäßigen Bezug darstelle und unabhängig von Urlaub, Krankenstand, Feiertagen etc. immer in gleicher Höhe gewährt werde, handle es sich nach Meinung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse um einen Gehaltsbestandteil. Festgehalten wurde ferner, dass der Zuschuss lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig abgerechnet werde.

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom wurde die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin zur Zahlung des Nachrechnungsbetrages in Höhe von EUR 985,33 verpflichtet. Die Nachtragsrechnung Nr. 7 sowie die Aufstellung über die Beitragsdifferenzen auf Grund der Beitragsprüfung wurden zu Bestandteilen des Bescheides erklärt. Begründend wurde auf den zwölfmal jährlich von den Dienstnehmern erhaltenen Essenszuschuss von monatlich EUR 50,87 (S 700,--) verwiesen, der bei der Abrechnung der Sonderbeiträge für die Sonderzahlungen keine Berücksichtigung gefunden habe. Anzuwenden sei der Kollektivvertrag für Gewerbeangestellte. Nach diesem gebührten allen Angestellten in jedem Kalenderjahr ein 13. und 14. Monatsgehalt. Der Berechnung des 13. Monatsgehaltes sei das im November gebührende Monatsgehalt und der Berechnung des 14. Monatsgehaltes das im Monat der Auszahlung gebührende Monatsgehalt zu Grunde zu legen. Mangels spezieller kollektivvertraglicher Definition sei davon auszugehen, dass unter Monatsgehalt alle regelmäßigen festen Geldbezüge für die Normalarbeitszeit zu verstehen seien. Da der Essenszuschuss einen regelmäßigen Bezug darstelle und unabhängig von Urlaub, Krankenstand, Feiertag etc. immer in gleicher Höhe gewährt werde, handle es sich bei ihm um einen Gehaltsbestandteil. Auf Grund dessen sei er in die Sonderzahlungen eingerechnet und hievon Sonderbeiträge nachverrechnet worden.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, § 11 Abs. 2 des Kollektivvertrages spreche ausdrücklich vom gebührenden Monatsgehalt "iSd Lehrlingsentschädigung bzw. des Fixums". Das Fixum in den Verwendungsgruppen enthalte aber keine Essenspauschale. Nach der Praxis der Kollektivverträge stünden die Sonderzahlungen den Angestellten jeweils in der Höhe eines Monatsgehaltes auf Basis des Ist-Gehaltes zu. Ausgedrückt werde der Sonderzahlungsanspruch in den Angestellten-Kollektivverträgen regelmäßig durch Verwendung der Begriffe "Monatsgehalt" oder "monatliches Fixum". Grundsätzlich seien unter Monatsgehalt alle regelmäßigen festen Geldbezüge für die Normalarbeitszeit zu verstehen. Ausgenommen seien Sachbezüge, Überstundenentlohnungen, Aufwandsentschädigungen und Wohlfahrtseinrichtungen sowie Provisionen, die nicht als feste "gehaltsidente Bezüge" einstufbar seien. Starre oder fixe Prämien hingegen seien - ungeachtet der Bezeichnung - Bestandteile des Gehaltsbegriffes und müssten wohl im Zweifel bei der Berechnung der Sonderzahlungen einbezogen werden. Der genannte Gehaltsbegriff werde jedenfalls vom Kollektivvertrag für die Angestellten des Gewerbes nicht erweitert, wenn dieser die Sonderzahlungen nach dem Fixum bemessen haben möchte. Essenszuschüsse stellten ferner weder "Geldbezüge für die Normalarbeitszeit" noch überhaupt Entgelt dar. Dabei handle es sich nämlich um so genannte "Wohlfahrtseinrichtungen", mögen sie, wenn sie der Dienstgeber nicht unter Widerrufsvorbehalt gewährt haben sollte, auch nicht einseitig zurücknehmbar sein. Zusammenfassend sei eine Eingrenzung bzw. Definition der Sonderzahlungen im Kollektivvertrag enthalten, die sich auf das Fixum laut Verwendungsgruppen beziehe. Im Übrigen würden die Essenszuschüsse zu den Wohlfahrtseinrichtungen gehören, welche nichts mit Entgelt für Arbeitsleistung zu tun hätten.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, gegen die Argumentation der Beschwerdeführerin, die darauf aufbaue, dass gemäß § 11 Abs. 2 des Kollektivvertrages für Gewerbeangestellte ausdrücklich vom gebührenden Monatsgehalt im Sinne der Lehrlingsentschädigung bzw. des Fixums die Rede sei, wobei das Fixum in den Verwendungsgruppen keine Essenspauschale enthalte, spreche gerade die beispielhafte Anführung der Lehrlingsentschädigung, die mit dem Monatsgehalt nicht gleichzustellen sei. Abgesehen davon enthalte der Kollektivvertrag keine Definition des Begriffes "Fixum". Demnach seien unter Monatsgehalt bzw. Fixum entsprechend der herrschenden Lehre alle regelmäßigen festen Geldbezüge für die Normalarbeitszeit zu verstehen. Unter Wohlfahrtseinrichtungen wären im Übrigen z. B. Werkswohnungen oder Werksküchen und Kantinen, Werksläden, Kindergärten, Sport- und Fitnesseinrichtungen, Werkskinos, Erholungs- und Urlaubsheime sowie Pendlerbusse und dgl. zu verstehen. Im vorliegenden Fall kämen die Essenszuschüsse jedem Dienstnehmer - und zwar unabhängig von Urlaub, Krankenstand oder Feiertag - immer in gleicher Höhe zu. Sie hätten folglich sehr wohl Entgeltcharakter und seien in die Sonderzahlungen einzurechnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete ebenfalls eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Nach § 49 Abs. 2 leg. cit. sind Sonderzahlungen Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie z.B. ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld. Sie sind als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfasst werden, zu berücksichtigen.

Da § 49 Abs. 2 ASVG auf den ersten Absatz dieser Gesetzesbestimmung verweist, sind trotz der Wendung "gewährt werden" unter Sonderzahlungen nicht nur solche Geld- und Sachbezüge zu verstehen, die dem pflichtversicherten Dienstnehmer (Lehrling) in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen tatsächlich "zukommen", sondern entweder Geld- und Sachbezüge, auf die er aus dem Dienst(Lehr)verhältnis "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen" Anspruch hat, ohne Rücksicht darauf, ob sie ihm überhaupt oder in der gebührenden Höhe zukommen, oder die er darüber hinaus in diesen Zeiträumen auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder einem Dritten tatsächlich erhält. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0095).

Die Bemessungsgrundlage für Sonderzahlungen ist gesetzlich nicht geregelt. Es liegt daher in der Ingerenz der Partner des Kollektivvertrages, nicht nur festzulegen, ob Sonderzahlungen gebühren, sondern auch die Art und Weise deren Berechnung - vorbehaltlich günstigerer einzelvertraglicher Regelungen - vorzugeben (vgl. auch dazu z.B. das genannte hg. Erkenntnis vom ).

Im vorliegenden Fall kommen also kollektivvertragliche Vereinbarungen in Betracht, weshalb entsprechend dem § 3 ArbVG zumindest das nach diesen Vereinbarungen den Dienstnehmern zustehende Entgelt die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge zu bilden hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0141, mwN).

Der normative Teil von Kollektivverträgen ist nach ständiger Judikatur nach den für Gesetze geltenden Auslegungsregeln (§§ 6 und 7 ABGB) auszulegen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0087).

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass für die Dienstverhältnisse, die bei der Beschwerdeführerin bestehen, der Kollektivvertrag für Angestellte im Gewerbe maßgebend ist. § 11 Abs. 1 und 2 dieses Kollektivvertrages lautet:

"§ 11. 13. und 14. Monatsgehalt, Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuß

(1) Allen Angestellten gebührt einmal in jedem Kalenderjahr ein 13. und 14. Monatsgehalt (Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuß).

Lehrlinge erhalten als Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuß je einen Betrag in der Höhe der monatlichen Lehrlingsentschädigung.

Bei Provisionsbeziehern, die außer der Provision ein Monatsgehalt (Fixum) beziehen, wird der Berechnung des 13. und 14. Monatsgehaltes das Fixum zugrunde gelegt.

Provisionsbezieher, mit denen nur Provision vereinbart ist, haben nur insoweit Anspruch, als ihr Jahresbezug geringer ist als das Vierzehnfache des ihnen gebührenden kollektivvertraglichen Mindestgrundgehaltes.

(2) Der Berechnung des 13. Monatsgehaltes ist das im November gebührende Monatsgehalt (Lehrlingsentschädigung, Fixum) zugrunde zu legen. Der Berechnung des 14. Monatsgehaltes ist das im Monat der Auszahlung gebührende Monatsgehalt (Lehrlingsentschädigung, Fixum) zugrunde zu legen.

Bei Angestellten, die während des Kalenderjahres ihre Lehrzeit vollendet haben, setzt sich das 13. und 14. Monatsgehalt aus dem aliquoten Teil der letzten monatlichen Lehrlingsentschädigung und aus dem aliquoten Teil des Angestelltenbezuges zusammen."

Aus dem Zusammenhang dieser Regelungen ergibt sich, dass der Begriff "Fixum" im Abs. 2 des § 11 nicht anders zu verstehen ist als im Abs. 1. Er bezeichnet somit das Monatsgehalt, das Provisionsbezieher, mit denen nicht nur Provision vereinbart ist, außer der Provision beziehen. Die Verwendung dieses Begriffes in den Klammerausdrücken des Abs. 2 stellt somit lediglich klar, dass die Provisionen dann, wenn außer ihnen auch ein Monatsgehalt bezogen wird, nicht zur Berechnung des 13. und 14. Monatsgehaltes heranzuziehen sind.

Die gegenständlichen Geldleistungen stellen keine Provisionen dar. Es bleibt daher die Frage, ob sie Teil des Monatsgehaltes sind.

Die Essenszuschüsse kommen nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde jedem Dienstnehmer, unabhängig von Urlaub, Krankenstand und Feiertagen, immer in gleicher Höhe zu. Sie sind nicht leistungs- oder verwendungsabhängig. Einzige Voraussetzung ist das Vorliegen der Dienstnehmerstellung. Damit unterscheidet sich aber eine derartige Geldleistung nicht von anderen Entgeltbestandteilen, die auf Grund der Stellung als Dienstnehmer bezogen werden. Dass für die Bemessung des 13. und 14. Monatsgehaltes gerade jene Zahlungen heranzuziehen sind, die regelmäßig und nicht leistungs- und verwendungsabhängig gewährt werden, kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Bestimmung des § 11 Abs. 2 des Kollektivvertrages in Bezug auf Provisionsbezieher ausdrücklich nur auf das Fixum abstellt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/08/0291). Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Geldleistungen bei der Berechnung des 13. und 14. Monatsgehaltes einzubeziehen sind.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass eine Wohlfahrtseinrichtung vorliege, ist sie darauf hinzuweisen, dass eine solche Einrichtung nur dann gegeben ist, wenn sie eine Verwaltung erfordert (vgl. z.B. die , vom , 9 ObA 316/88, vom , 9 ObA 170/90 und vom , 9 ObA 212/91, sowie den ). Die Beschwerdeführerin hat aber nicht vorgebracht, dass eine entsprechende Institutionalisierung, etwa durch Kontrollen und Evidenthaltungen, erforderlich ist bzw. tatsächlich derartige Verwaltungsmaßnahmen gesetzt werden. Derartiges ist auch nach der Aktenlage nicht anzunehmen. In diesem Zusammenhang ist schließlich noch zu betonen, dass die gegenständlichen Geldleistungen vorbehaltlos und ohne Einschränkung durch die Möglichkeit eines Widerrufes geleistet wurden und, was auf den Entgeltcharakter hinweist, mit dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses verknüpft sind (vgl. dazu das zitierte ).

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am