VwGH vom 18.11.2004, 2004/07/0156
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der A in P, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OEG in Graz, Brückenkopfgasse 1/VIII, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA13A-30.40 672-04/8, betreffend Feststellung nach dem Altlastensanierungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom wurde festgestellt, dass das auf Grundstück Nr. 85 der KG P abgelagerte Material Abfall ist und der Altlastenbeitragspflicht unterliegt.
Begründet wurde diese Entscheidung mit den Ausführungen des beigezogenen Amtssachverständigen, dass für die Verwendung von Baurestmassen bei der konkreten Geländeverfüllung keine bautechnische Funktion erkannt werden könne, da aus fachlicher Sicht der Einbau von Baurestmassen mittels Überkopfschüttung und nachfolgendem Anplanieren nicht als bautechnische Funktion anzusehen sei, da damit kein übergeordneter technischer Nutzen erzielt werden könne.
Die Beschwerdeführerin berief und behauptete, die Schüttung erfülle eine bautechnische Funktion.
Die belangte Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch.
Im Zuge eines Ortsaugenscheines verwies der Amtssachverständige auf sein schon im Bescheid der BH vom wiedergegebenes Gutachten und fügte ergänzend an, dass auch am Tag des Ortsaugenscheines keine bautechnische Funktion der Schüttung erkannt werden könne. Der Einbau der Schüttmaterialien sei mittels Überkopfschüttung und nachfolgendem Anplanieren erfolgt. Ein geordneter Aufbau der eingebauten Massen habe nicht erkannt werden können. Zusammenfassend könne aus fachlicher Sicht festgehalten werden, dass im gegenständlichen Fall die Verwendung von Baurestmassen keine bautechnische Funktion erfülle, sondern die Baurestmassen nur gemeinsam mit den eingebrachten Bodenaushubmaterialien gleichzeitig eingebaut worden seien. In der Berufungsschrift werde von der Beschwerdeführerin vorgebracht, die Verwendung von Ziegel- und Betonresten solle der Hebung der Standsicherheit dienen. Eine Hebung der Standsicherheit könne nur bei ordnungsgemäßem und lageweisem Einbau dieser Baurestmassen erzielt werden. Durch Überkopfschüttung könne keine ordnungsgemäße Anhebung der Standsicherheit erfolgen, da die eingebrachten Baurestmassen nur punktuell situiert seien. Eine generelle Hebung der Standsicherheit für den gesamten Bereich der Schüttfläche könne mit dieser Art der Einbringung nicht erreicht werden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.
In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, der angewendeten Gesetzesbestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, als beitragspflichtige Tätigkeit komme im gegenständlichen Fall die Verfüllung bzw. Anpassung des Grundstückes Nr. 85 der KG P in Betracht. Diese Verfüllung bzw. Anpassung hätte dann keine Beitragspflicht ausgelöst, wenn sie eine konkrete bautechnische Funktion im Rahmen einer übergeordneten Baumaßnahme erfüllte. Wenn für diese Verfüllung bzw. Anpassung selbst oder für die übergeordnete Baumaßnahme Bewilligungen (Anzeigen, Nichtuntersagungen) erforderlich waren, dann hätten diese zum Zeitpunkt der (möglichen) Entstehung der Abgabenschuld vorliegen müssen, um die Zulässigkeit der Verwendung bzw. Verwertung zu dokumentieren. Während ursprünglich auf der bereits im Jahr 1996 begonnenen Schüttung (ausgehend vom eingereichten Projekt vom Oktober 1998) die Errichtung einer Reithalle geplant gewesen sei, sei im Jahr 1999 auf der Schüttung bzw. Geländeanpassung eine Lagerfläche bzw. eine Halle zur Lagerung von Holz bzw. Zwischenlagerung von Hackschnitzeln errichtet worden. Eine Nachfrage bei der Gemeinde P habe ergeben, dass für die auf dem Grundstück Nr. 85 der KG P errichtete Halle zur Lagerung von Hackschnitzeln mit Bescheid vom eine Baubewilligung erteilt worden sei. Es sei daher, ausgehend von der Dokumentation des Zollamtes, dass bereits im Jahr 1996 Schüttungen durchgeführt wurden und dem erst im Jahr 1998 bei der Bezirkshauptmannschaft B eingereichten Projekt zur wasser- bzw. abfallrechtlichen Bewilligung zum Zeitpunkt des Beginnes der Schüttmaßnahme bzw. zum abgabenrelevanten Zeitpunkt nach § 7 Abs. 1 Z. 2 AlSAG nicht vom Vorliegen einer Bewilligung auszugehen. Die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG komme daher nicht zum Tragen.
Wenn in der Berufung ausgeführt werde, dass zwischen den Ausführungen des Amtssachverständigen in der Verhandlung vom und den im bekämpften Bescheid getätigten Ausführungen ein Widerspruch bestünde, sei dazu auszuführen, dass der Amtssachverständige im Jahr 1998 der Maßnahme aus technischer Sicht dann zugestimmt habe, wenn einerseits die angelieferten Materialien der Deponieverordnung entsprächen "und im Eluat für Bodenaushub eingehalten werden" und andererseits die Maßnahmen ausschließlich in bautechnisch fachkundiger Weise durchgeführt würden. In seiner Beurteilung der durchgeführten Maßnahmen anlässlich der Verhandlung am habe der Amtssachverständige festgestellt, dass Baurestmassen in ungeordneter Form abgelagert und eingebracht worden seien und dass nicht davon auszugehen sei, dass diese den Vorgaben anlässlich der Verhandlung vom entsprächen und auch in der gegenständlichen Form keine bautechnische Funktion erfüllen könnten, da die Einbringung mittels Überkopfschüttung mit nachfolgendem Einplanieren nicht als bautechnische Funktion mit übergeordnetem technischen Nutzen angesehen werden könne. Dies sei auch anlässlich der Verhandlung am neuerlich festgestellt worden. Ein Widerspruch bzw. mangelnde Schlüssigkeit der beiden Aussagen der Amtssachverständigen könne daher nicht erkannt werden.
Zum Einwand, dass die gewählte Form der Schüttung mit anschließender Verdichtung auch der Hebung der Standsicherheit diene, werde auf die Ausführungen des Amtssachverständigen in der Verhandlung am verwiesen, wonach mit einer Überkopfschüttung keine generelle Hebung der Standsicherheit für den gesamten Bereich der Schüttfläche erreicht werden könne.
Da sich aus den Ausführungen des Amtssachverständigen schlüssig ergebe, dass die Schüttungen in der durchgeführten Form keine konkrete bautechnische Funktion erfüllten, sei auch aus diesem Grund eine Beitragsfreiheit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die bis 1999 durchgeführten Schüttungen hätten keiner Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz oder dem Abfallwirtschaftsgesetz bedurft. Für die Verfüllung bzw. Anpassung sei somit im Zeitraum 1996 bis 1999 keine behördliche Bewilligung einzuholen gewesen. Mit Bescheid der Gemeinde P vom sei die Baubewilligung für die Errichtung einer Halle zur Lagerung von Hackschnitzeln erteilt worden, wobei die Bauführung auf der seit 1996 durchgeführten Schüttung erfolgt sei, sodass diese einem bautechnischen Zweck - egal, ob geeignet oder nicht - zugeführt worden sei. Die Auffassung der belangten Behörde, eine für die Verfüllung selbst oder für die übergeordnete Baumaßnahme erforderliche Bewilligung müsse bereits zum Zeitpunkt der Schüttung selbst gegeben sein, sei unrichtig. Zu Beginn der Schüttung 1996 sei nicht absehbar gewesen, ob diese im Zeitraum von fünf Jahren soweit fortgeschritten sei, dass eine Baumaßnahme möglich sei. Eine Baubewilligung erlösche aber innerhalb von fünf Jahren. Es sei daher nicht sinnvoll gewesen, bereits 1996 eine Baubewilligung zu erwirken.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem subjektiven Recht auf Beitragsfreiheit nach § 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG verletzt, weil ihrer Meinung nach die Abfallschüttungen eine konkrete bautechnische Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme erfüllen. Als diese übergeordnete Baumaßnahme sieht die Beschwerdeführerin die Errichtung einer Halle zur Lagerung von Hackschnitzeln an.
Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde 1999 auf den 1996 begonnenen Abfallschüttungen eine Halle zur Lagerung von Hackschnitzeln errichtet, für die (erst) am die baubehördliche Bewilligung erteilt wurde.
Eine Betragsbefreiung der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Art wurde erstmals durch die AlSAG-Novelle 1996, BGBl. 201, eingeführt.
§ 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG in der Fassung der genannten Novelle, der mit in Kraft getreten ist, lautet:
"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:
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1. | ... | |||||||||
2. | das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen); | |||||||||
..." | ||||||||||
Zu § 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2003/07/0173, ausgeführt: | ||||||||||
"Der in § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG normierte Ausnahmetatbestand (Erfüllen einer konkreten bautechnischen Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme) kann nämlich nur dann zum Tragen kommen, wenn es sich dabei um eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen handelt. Eine Unzulässigkeit der Verwertung oder Verwendung der Materialien liegt jedenfalls dann vor, wenn die Verwendung oder Verwertung gegen Rechtsvorschriften verstößt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/07/0074). | ||||||||||
Eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen setzt nicht nur voraus, dass die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden können, sondern auch, dass die für diese Verwendung oder Verwertung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen (etwa Bewilligungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 oder nach den jeweiligen Bauvorschriften), Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. vorliegen. | ||||||||||
.......... | ||||||||||
Das Erfordernis einer Übereinstimmung mit der Rechtsordnung und dabei insbesondere die Notwendigkeit des Vorliegens allenfalls erforderlicher Bewilligungen u.dgl. besteht aber nicht nur für die Vornahme der Verfüllung oder Anpassung selbst, sondern auch für die übergeordnete Baumaßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ALSAG. | ||||||||||
Verfüllung/Anpassung und übergeordnete Baumaßnahme sind insofern untrennbar miteinander verknüpft, als die Verfüllung/Anpassung einer konkreten bautechnischen Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme dienen muss. | ||||||||||
Daraus ergeben sich zwei Folgerungen: | ||||||||||
Zum einen kann von der Erfüllung einer konkreten bautechnischen Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme nur dann die Rede sein, wenn zu dem für die Beurteilung des Vorliegens der Beitragsfreiheit relevanten Zeitpunkt bereits mit ausreichender Sicherheit fest steht, worin die übergeordnete Baumaßnahme besteht, für welche die Verfüllung/Anpassung eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen soll. Nur so kann nämlich beurteilt werden, ob die Verfüllung/Anpassung die ihr zugedachte Funktion - und zwar in einer dem Gesetz entsprechenden Weise - erfüllen kann. | ||||||||||
Zum anderen ergibt sich aus dem engen Zusammenhang, den der Gesetzgeber zwischen Verfüllung/Anpassung und übergeordneter Baumaßnahme hergestellt hat, dass die übergeordnete Baumaßnahme zur Verwertung/Verwendung des Abfalls gehört. Für sie gilt daher auch, dass sie eine "zulässige" Verwendung/Verwertung sein muss. Es muss daher auch die übergeordnete Baumaßnahme mit der Rechtsordnung im Einklang stehen, wozu auch das Vorliegen allenfalls erforderlicher Bewilligungen, Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. gehört. | ||||||||||
........... | ||||||||||
Der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für eine Beitragsbefreiung vorliegen mussten, ergibt sich im Beschwerdefall aus § 7 Abs. 1 Z. 2 ALSAG. Diese Bestimmung lautet (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996): |
§ 7. (1) Die Beitragsschuld entsteht im Falle
...
2. des Verfüllens von Geländeunebenheiten, des Vornehmens von Geländeanpassungen oder des Einbringens in geologische Strukturen nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde,
..."
Als beitragspflichtige Tätigkeit wurde im Beschwerdefall die Schüttung von Abfällen auf dem Grundstück Nr. 85 der KG P eingestuft.
Aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass die Schüttungen seit dem Jahr 1996 durchgeführt wurden, dass die Halle, welche die Beschwerdeführerin als die übergeordnete Baumaßnahme betrachtet, 1999 errichtet wurde und dass für diese Halle erst im Jahr 2000 eine Baubewilligung erteilt wurde. Damit scheidet aber eine Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG aus.
Dass eine Baubewilligung für die Halle erforderlich war, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Diese Bewilligung hätte aber bereits zum Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsschuld vorliegen müssen. Ohne dass es einer genauen Bestimmung des Zeitpunktes der Entstehung der Beitragsschuld bedarf, ist aus dem dargestellten Sachverhalt offenkundig, dass die erst im Jahr 2000 erteilte Baubewilligung nicht zum Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsschuld vorlag. Damit kommt nach dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/07/0173, die Anwendung des Befreiungstatbestandes des § 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG nicht in Betracht.
Abgesehen davon kommt die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 2 AlSAG aber auch deswegen nicht in Betracht, weil die Abfallschüttungen nach den in der Beschwerde nicht widerlegten Ausführungen des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen aus bautechnischer Sicht keine konkrete bautechnische Funktion erfüllen, weil sie nicht fachgerecht durchgeführt wurden und daher für den angestrebten Zweck (Hebung der Standsicherheit) nicht geeignet sind.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am