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VwGH vom 22.11.2001, 99/20/0188

VwGH vom 22.11.2001, 99/20/0188

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der am geborenen E in G, vertreten durch Dr. Hans Werner Schmidt, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Brockmanngasse 63, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 207.487/0-XII/37/99, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, reiste am in das Bundesgebiet ein und stellte am einen Asylantrag. Bei ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am gab sie an, sie befürchte, wegen ihrer als Christin erklärten Weigerung, nach dem Tod ihres Vaters der Ogboni-Geheimgesellschaft beizutreten, von deren Mitgliedern - so wie schon ihr Bruder - umgebracht zu werden.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom , welcher der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage am durch Hinterlegung zugestellt und danach am beim Bundesasylamt ausgehändigt wurde, diesen Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria fest. Das Bundesasylamt ging im Wesentlichen davon aus, dass die Behauptungen der Beschwerdeführerin nicht glaubwürdig seien. Es hielt ihr aber (unter anderem) auch die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative oder der Inanspruchnahme des Schutzes der Exekutive und der Gerichte, die gegen die Geheimgesellschaften "rigoros" vorgingen, entgegen.

In ihrer Berufung vom wandte sich die Beschwerdeführerin mit näherer Begründung zunächst gegen die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid. Sie brachte darüber hinaus (erstmals) vor, die "Ogboni" seien die größte und einflussreichste Sekte Nigerias, es seien die "einflussreichsten und mächtigsten Teile des Polizei- und Staatsapparates von Sektenmitgliedern durchsetzt" und auch das Militär sei in diese Sekte "verstrickt". Aus diesem Grund habe sie sich nicht an die Polizei gewandt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung - ohne dass sich die belangte Behörde mit deren Rechtzeitigkeit auseinander setzte - gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria festgestellt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der vorliegende Fall gleicht hinsichtlich des Verfahrensganges und des wesentlichen Inhaltes des angefochtenen Bescheides jenem, der dem Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom , Zl. 99/20/0123, zugrunde lag. Es kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen werden (vgl. auch das einen Beschwerdeführer, der - wie hier - die Verweigerung der Ogboni-Mitgliedschaft mit seiner christlichen Religion begründete, betreffende Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0133). Auch im vorliegendem Fall liegt aus den dort dargelegten Gründen eine Verletzung der Verhandlungspflicht durch die belangte Behörde vor.

Darüber hinaus wäre eine mündliche Berufungsverhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0002, u.a.) auch deshalb durchzuführen gewesen, weil die belangte Behörde hinsichtlich der Ogboni-Sekte in Nigeria von sich aus neue Ermittlungen angestellt und dazu im angefochtenen Bescheid - allerdings unter unvollständiger Wiedergabe eines Berichtes der österreichischen Botschaft in Lagos vom (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/20/0557, und auch das bereits erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0133) - Feststellungen getroffen hat.

Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die von ihr als rechtzeitig angesehene Berufung zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-64813