VwGH vom 25.04.2006, 2004/06/0197

VwGH vom 25.04.2006, 2004/06/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Ing. EH in G, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Schlögelgasse 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , GZ. A 17 - 8.231/2003- 3, betreffend Zurückweisung der Berufung wegen Verlust der Parteistellung (mitbeteiligte Partei: Ing. EP in G, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom beantragte der Mitbeteiligte die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die Vergrößerung des Badezimmers im Erdgeschoß des auf dem Grundstück Nr. 12/3, KG A., befindlichen Gebäudes. Diese Vergrößerung soll an der Nordseite des bestehenden Gebäudes erfolgen.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des unmittelbar westlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes Nr. 12/2, KG A.

Mit Bescheid vom erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz diesem Bauvorhaben die Bewilligung nach dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980 mit Auflagen.

Mit Bescheid vom wurde dem ausgeführten Vorhaben "Badzubau" auf der angeführten Liegenschaft gemäß § 38 Abs. 3 und 5 Stmk. BauG die Benützungsbewilligung erteilt.

Mit Schreiben vom machte der Beschwerdeführer geltend, dass das Wohnhaus des Mitbeteiligten die Bebauungsdichte für das Grundstück Nr. 12/3, KG A., weit überschreite.

Mit Bescheid vom erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz dem Mitbeteiligten den Auftrag, die auf der Liegenschaft Nr. 12/3, KG A., errichtete bauliche Anlage "nördlicher Badzubau im Ausmaß von 1,48 m Breite und 4,41 m Länge" binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Dies wurde damit begründet, dass diese Anlage gemäß § 19 Z. 1 Stmk. BauG grundsätzlich ein bewilligungspflichtiges Vorhaben darstelle und wegen Fehlens der Bewilligung daher vorschriftswidrig errichtet worden sei.

Mit Erledigung vom machte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz die Durchführung der mündlichen Verhandlung (über das Baugesuch vom ) am betreffend das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben kund. Diese Kundmachung stützte sich auf § 25 Stmk. BauG und § 42 AVG. In dieser Kundmachung heißt es u.a.:

"Als Nachbarn beachten Sie bitte, dass sie gemäß § 42 Abs. 1 und 2 AVG ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben."

Weiters ist in dieser Kundmachung darauf hingewiesen, dass die Verhandlung - abgesehen von der persönlichen Verständigung der bekannten Beteiligten - auch durch Anschlag an der Amtstafel der Stadt Graz (Rathaus) und durch Anschlag an der Amtstafel des in Betracht kommenden Bezirksamtes sowie durch Bekanntmachung auf der Homepage der Stadt Graz unter www.graz.at - Verzeichnis Aktuelles -

Verhandlungen kundgemacht wurde. Dem Beschwerdeführer wurde diese Kundmachung am persönlich zugestellt.

In den vor der Verhandlung schriftlich erhobenen Einwendungen, auf die sein Vertreter in der mündlichen Verhandlung verwiesen hat, machte der Beschwerdeführer allein die Überschreitung der im Flächenwidmungsplan vorgesehenen Höchstbebauungsdichte von 0,3 geltend.

Mit Bescheid vom erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben die baurechtliche Bewilligung für "die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines Zubaues (Vergrößerung des bestehenden Badezimmers)" beim Gebäude auf dem Grundstück Nr. 12/3, KG A., unter Auflagen. In Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Baudichte führte der Stadtsenat in der Begründung dieser Entscheidung aus, dass den Nachbarn diesbezüglich kein Mitspracherecht zukomme, weshalb das Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wegen Verlustes der Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen unter Berufung auf § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 Stmk. BauG damit, dass dem Nachbarn nach diesem Gesetz ein Mitspracherecht nur insoweit zustehe, als seine Rechtssphäre bei Bewilligung des Bauvorhabens beeinträchtigt sein könnte. In welchen Belangen dies der Fall sei, regle § 26 Abs. 1 Stmk. BauG abschließend. Hinsichtlich allfälliger Fragen der Dichte komme dem Nachbarn kein Mitspracherecht zu, sodass diesbezüglich keine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes geltend gemacht worden sei. Diese Einwendung sei von der Behörde erster Instanz zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Die Baubehörde habe allerdings von Amts wegen ein Bauvorhaben dahingehend zu überprüfen, ob die zulässige Dichte eingehalten werde bzw. ob eine allfällige Dichteüberschreitung städtebaulich tunlich und zweckmäßig sei. Auch diese Prüfung sei durch die Unterinstanz erfolgt und die Gründe, die für die Tunlichkeit und Zweckmäßigkeit der Dichteüberschreitung sprächen, seien ausführlich geschildert und gutachterlich belegt worden.

Zur gerügten Verletzung des Parteiengehörs sei auszuführen, dass eine Zustellung des ergänzenden Gutachtens des Stadtplanungsamtes an den Beschwerdeführer deshalb nicht erfolgt sei und erfolgen habe müssen, da es sich dabei um keine nachbarrechtsverletzende Angelegenheit handle.

Somit habe der Beschwerdeführer mit Schluss der mündlichen Verhandlung mangels Erhebung von subjektiv-öffentlich-rechtlichen Einwendungen die Parteistellung verloren. Auf Grund des Verlustes der Parteistellung sei die eingebrachte Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall war im Hinblick auf die Übergangsbestimmung in der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 (§ 119d) das Stmk. Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG) in der Stammfassung anzuwenden. § 27 Abs. 1 und 2 Stmk. BauG i.d.F. LGBl. Nr. 78/2003 kam im vorliegenden Fall daher nicht zur Anwendung.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind gemäß

Z. 1 dieser Regelung Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist".

§ 42 Abs. 1 und 2 AVG lautete in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998:

"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben."

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 (das BGBl. wurde am ausgegeben) erhielt § 42 Abs. 1 erster Satz AVG folgende Fassung (der darin bezogene § 13 Abs. 5 zweiter Satz ist im Beschwerdefall ohne Belang):

"(1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs. 5 zweiter Satz ist nicht anwendbar."

Diese Bestimmung trat gemäß § 82 Abs. 13 AVG i.d.F. dieser Novelle mit in Kraft; Übergangsvorschriften für bereits anhängige Verfahren sind nicht vorgesehen.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass ihm in Bezug auf die Bebauungsdichte kein Nachbarrecht zukommen solle. Seiner Ansicht nach seien die Bebauungsdichten Bestandteil des Flächenwidmungsplanes. Mit der Ausweisung des Grundstückes als reines Wohngebiet sei ein Immissionsschutz verbunden und daher eine Überschreitung der Bebauungsdichte im Ausmaß von mehr als 100 % jedenfalls geeignet, die Nachbarrechte zu verletzen. Eine Überschreitung der Bebauungsdichte verstoße gegen die Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG.

Diesem Vorbringen genügt es die hg. Judikatur zu § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG (siehe das Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0051) entgegenzuhalten, nach dem diese Bestimmung dem Nachbarn kein Recht auf Einhaltung der in einer Verordnung festgesetzten höchstzulässigen Dichte einräumt. Es handelt sich nach dieser Judikatur bei der Bebauungsdichte nicht um eine Bestimmung in einer Verordnung im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG, mit welcher ein Immissionsschutz verbunden wäre (vgl. die in dem angeführten Erkenntnis vom zitierte hg. Vorjudikatur).

Zu prüfen ist im vorliegenden Fall daher weiters, ob die belangte Behörde zu Recht den Verlust der Parteistellung mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen angenommen hat.

Im vorliegenden Fall wurde in der Kundmachung der mündlichen Verhandlung auf die allfällige Rechtsfolge des Verlustes der Parteistellung hingewiesen - allerdings in der Diktion des § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998, indem die Nachbarn auf den Verlust der Parteistellung hingewiesen wurden "soweit" statt "wenn" (im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 10/2004) "sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlungen Einwendungen erheben". Beiden Fassungen des § 42 Abs. 1 AVG ist - wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits zu diesen Bestimmungen ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0259) - gemeinsam, dass die Parteistellung nur beibehalten wird, wenn (taugliche) Einwendungen im Rechtssinn erhoben wurden. In Bezug auf diese Rechtsfolge war es daher nicht von Bedeutung, dass in der Kundmachung das Wort "soweit" und nicht das Wort "wenn" verwendet wurde. Die dem Beschwerdeführer nach den Akten am zugekommene Ladung zur Bauverhandlung vom war daher geeignet, die im § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 10/2004 umschriebene Rechtsfolge (Verlust der Parteistellung) in Verbindung mit § 42 Abs. 2 AVG herbeizuführen. Der Beschwerdeführer hat mit den im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwendungen ausschließlich eine Verletzung der im Flächenwidmungsplan vorgesehenen Bebauungsdichte geltend gemacht. Da es sich dabei um kein Nachbarrecht handelt, hat der Beschwerdeführer daher nicht rechtzeitig im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG zulässige Einwendungen erhoben und somit die Parteistellung in diesem Bauverfahren verloren. Der Umstand, dass die belangte Behörde die Unzulässigkeit der Berufung auf den mit § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 (soweit hier erheblich) inhaltsgleichen § 27 Abs. 1 Stmk. BauG in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003 (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0295) gestützt hat, bewirkte keine Verletzung in Rechten des Beschwerdeführers.

Die Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde zu Recht wegen Verlustes der Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am