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VwGH vom 17.02.1992, 91/19/0322

VwGH vom 17.02.1992, 91/19/0322

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in H, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ge - 48.504/5 - 1991/Pan/Neu, betreffend Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des Arbeitszeitgesetzes bestraft. Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens ergibt sich, daß dem mit dem angefochtenen Bescheid mit Modifizierungen bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnis die Strafverfügung vom vorausgegangen war, mit der über den Beschwerdeführer wegen der den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden Tat eine Geldstrafe verhängt wurde. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer nach dem in den Akten erliegenden Rückschein unter der Anschrift "H" nach einem am vorgenommenen ersten Zustellversuch und einem am vorgenommenen zweiten Zustellversuch durch Hinterlegung beim Zustellpostamt mit Beginn der Abholfrist zugestellt. Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Einspruch wurde am zur Post gegeben. Mit Schreiben vom teilte der Vertreter des Beschwerdeführers der Behörde erster Instanz folgendes mit:

"Herr A hat die Strafverfügung am behoben. Von der Hinterlegung bzw. von den Zustellungsversuchen hat Herr A erst am Kenntnis erlangt, da Herr A höchstwahrscheinlich - wie gewöhnlich - bei seiner Freundin in N während den fraglichen Tagen 05.04.- sich aufgehalten hat. Am hat Herr A in der Folge das behördliche Schriftstück behoben. Herr A konnte sohin nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang bzw. der Hinterlegung Kenntnis erlangen."

Bei diesem Sachverhalt gingen die Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens zu Unrecht davon aus, daß die Strafverfügung vom durch rechtzeitige Erhebung des Einspruches gemäß § 49 Abs. 3 VStG 1950 außer Kraft getreten sei:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 91/02/0030) wird der Beweis, daß eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es läge ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Diese Eignung mangelt jedoch dem im Schreiben vom erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht behauptet, daß er schon am , dem Tag, an dem der erste Zustellversuch vorgenommen wurde, von der Abgabestelle abwesend gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann bei einer Zustellung zu eigenen Handen nach § 21 Zustellgesetz der Empfänger bereits durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch und die Aufforderung, in der für die Vornahme des zweiten Zustellversuches bestimmten Zeit zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein (§ 21 Abs. 2 leg. cit.), Kenntnis davon erlangen, daß ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an (§ 17 Abs. 4 leg. cit.). Diese Möglichkeit bewirkt aber, daß die Hinterlegung die rechtswirksame Zustellung der Sendung auch dann zur Folge hat, wenn der Empfänger zur Zeit des zweiten Zustellversuches und/oder der Hinterlegung von der Abgabestelle abwesend ist (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/03/0211). Da diese Möglichkeit auch für den Beschwerdeführer gegeben war, gilt die die Strafverfügung vom enthaltende Sendung gemäß §§ 21 Abs. 2, 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist, also mit dem , als zugestellt. Der am , also nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG 1950, erhobene Einspruch des Beschwerdeführers war daher verspätet.

Mit der Versäumung der Einspruchsfrist ist die Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen und die Verwaltungsstrafsache daher rechtskräftig erledigt worden. Der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens in derselben Verwaltungsstrafsache und der Erlassung eines Straferkenntnisses in dieser stand als Folge der Rechtskraft das Wiederholungsverbot entgegen, welches bis zur Rechtskraft des Straferkenntnisses in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen gewesen wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 11394/A). Da die belangte Behörde dies verabsäumt hat, ist ihr Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.