VwGH 23.10.2007, 2004/06/0006
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BauG Stmk 1995 §5 Abs1 Z6; BauO Tir 1978 §4 Abs1 impl; |
RS 1 | Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0158, zu § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk BauG ausgeführt hat, hängt die Beantwortung der Frage, ob eine Zufahrtsmöglichkeit zu einem Bauwerk als geeignet und rechtlich gesichert im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, von dem beabsichtigten Verwendungszweck des Bauwerkes ab (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/06/0018, zur vergleichbaren Bestimmung der Tiroler Bauordnung). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde 1. des WK und 2. der HK, beide in L, beide vertreten durch Dipl.- Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 2, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13A-12.10 L 223 - 03/3, betreffend Versagung der Baubewilligung und Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am wurde auf einem im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstück im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Partei eine örtliche baupolizeiliche Überprüfung durchgeführt, bei der die konsenslose Errichtung einer Flugdachkonstruktion mit befestigter Abstellfläche für zwei Kraftfahrzeuge in einer Größe von ca. 35 bis 40 m2 im Hofraum und Garten eines Wohnhauses festgestellt wurde. Dabei wurde mündlich die "Baueinstellung ausgesprochen" und der Erstbeschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass für eine nachträgliche Baubewilligung eine gesicherte Zufahrt zur Flugdachkonstruktion Voraussetzung sei.
Die Beschwerdeführer brachten am einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung ein. Mit Bescheid vom erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde einen Beseitigungsauftrag hinsichtlich der konsenslos ausgeführten Flugdachkonstruktion.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies mit Bescheid vom das Ansuchen der Beschwerdeführer um baubehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Carports gemäß § 29 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes (Stmk BauG) ab. Begründend wurde ausgeführt, dass keine Bauplatzeignung vorliege, weil keine geeignete und rechtlich gesicherte Zufahrt von einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche aus gegeben sei. Zwar bestehe die Grunddienstbarkeit der Toreinfahrt zu Lasten der direkt benachbarten Liegenschaft. Deren eingeschränkter Umfang ergebe sich aus Punkt V. eines im Grundbuch angeführten Kaufvertrages vom .
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung und brachten vor, dass von einer rechtlich gesicherten Zufahrt auszugehen sei, weil die genannte Grunddienstbarkeit bestehe und diese seit Ankauf der Liegenschaft durch die Beschwerdeführer immer zum Zwecke der Zufahrt zum Hofraum und Garten genutzt worden sei. Die Dienstbarkeit der Toreinfahrt sei auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Vertragserrichtung abgestimmt gewesen und sei nach 80 Jahren auf die heutigen Verhältnisse anzupassen. Die Auslegung des Umfanges der Dienstbarkeit falle nicht in die Kompetenz der Baubehörde.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies die Berufung der Beschwerdeführer gegen die Versagung der Baubewilligung mit Bescheid vom ab und begründete dies damit, aus Punkt V. des Kaufvertrages vom gehe hervor, dass zu Gunsten der Liegenschaft der Beschwerdeführer die Toreinfahrt durch das benachbarte Haus "zum Zwecke der Aschenabfuhr, Düngerfuhren zum Garten und für ähnliche dies erfordernde Zwecke" eingeräumt sei. Nach Ansicht der Berufungsbehörde beinhalte diese Servitut das Recht, Asche oder Dünger wie sonstige notwendige Dinge zu- und abzuführen, jedoch nicht das Recht zur Zufahrt und zum Abstellen von Kraftfahrzeugen. Eine solche Betrachtungsweise würde eine unzulässige Ausweitung der Dienstbarkeit im Sinne des § 484 ABGB bedeuten. Gemäß § 484 ABGB dürften Dienstbarkeiten jedoch nicht erweitert werden, sondern vielmehr, insoweit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestatte, eingeschränkt werden. In dem von den Beschwerdeführern angeführten Besitzstörungsverfahren gehe es nicht um die Frage, ob das ständige Ein- und Ausfahren von PKWs zum beantragten Carport vom Umfang der eingeräumten Dienstbarkeit mitumfasst sei, sondern um Fahrten mit Baumaschinen. Die Baubehörde habe selbst auf Grund der vorgelegten Unterlagen das Bestehen einer rechtlich gesicherten Zufahrt als Vorfrage zu beurteilen und sei zu dem Schluss gekommen, dass diese baurechtlich geforderte Voraussetzung nicht vorliege. Mit dem selben Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Beseitigungsauftrag vom als verspätet zurückgewiesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung erachteten sich die Beschwerdeführer dadurch in Rechten verletzt, dass die Behörden das Verwaltungsverfahren nicht gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch die Zivilgerichte über die Auslegung ihrer Dienstbarkeit und ihre Erweiterung durch Ersitzung ausgesetzt hätten. Dies hätte aus Gründen der Zweckmäßigkeit geschehen müssen. Die durch Zeitablauf zulässigerweise erweiterte Servitut beinhalte sehr wohl das Recht, die Hofeinfahrt auch für das Befahren mit Fahrzeugen, insbesondere mit PKWs, zu benutzen. Auch die Zurückweisung ihrer Berufung gegen den Baubeseitigungsauftrag wurde bekämpft.
Die belangte Behörde wies die Vorstellung mit dem angefochtenen Bescheid vom ab und begründete dies damit, dass die Baubehörde berechtigt gewesen sei, die Frage des Vorliegens einer rechtlich gesicherten Zufahrt als Vorfrage zu lösen, obgleich diesbezüglich zum Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung bereits ein zivilgerichtliches Verfahren anhängig gewesen sei. Es lägen ein Urteil des Landesgerichtes Leoben vom , sowie ein Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom vor, mit letzterem sei der Berufung der Beschwerdeführer gegen das Urteil des LG Leoben vom nicht Folge gegeben worden. Das Landesgericht habe zu Recht erkannt, dass die Beschwerdeführer nicht berechtigt seien, die Dienstbarkeit der Toreinfahrt durch das Nachbarhaus zum Zwecke der Aschenabfuhr, für Düngerfuhren, zum Garten und ähnliche dies erfordernde Zwecke dadurch zu erweitern, dass die Beschwerdeführer oder ihnen zugehörige Dritte in regelmäßigen Abständen, teilweise täglich über die dienende Liegenschaft hin zu ihrer Liegenschaft mit Fahrzeugen, insbesondere mit Personenkraftwagen beführen. Das Oberlandesgericht Graz habe in seinem Urteil vom ausgeführt - und davon sei auch von der belangten Behörde auszugehen - dass im Jahr 1920 nur ein beschränktes Zufahrtsrecht eingeräumt worden sei und eine Auslegung des Vertrages, wonach ein unbeschränktes Zufahrtsrecht ermöglicht werde, im Vertragstext keine Deckung finde. Lediglich gelegentliches Zufahren bewege sich im Rahmen der eingeräumten Servitut. Dies stelle aber nach Ansicht der belangten Behörde keine rechtlich gesicherte Zufahrt für die Nutzung eines Carports im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk BauG dar. Die Baubehörden hätten somit die Vorfrage der rechtlich gesicherten Zufahrt richtig beantwortet, sodass davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführer durch die Versagung der Baubewilligung nicht in ihren Rechten verletzt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die ihrem gesamten Inhalt und Umfang nach nur gegen den Ausspruch hinsichtlich der Abweisung des Baugesuches gerichtet ist, und in der insoferne die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk BauG), ist eine Grundstücksfläche als Bauplatz für die vorgesehene Bebauung geeignet, wenn eine für den Verwendungszweck geeignete und rechtlich gesicherte Zufahrt von einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche besteht.
Gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde einem Ansuchen mit schriftlichem Bescheid stattzugeben, wenn die nach diesem Gesetz für die Bewilligung geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.
Aus der im Verwaltungsakt erliegenden Kopie des Kaufvertrags vom ist ersichtlich, dass unter Punkt V. der Liegenschaft der Beschwerdeführer als herrschendes Gut die Dienstbarkeit der Toreinfahrt durch das direkt angrenzende Haus als dienendes Gut "zum Zwecke der Aschenabfuhr, für Düngerfuhren zum Garten und ähnliche dies erfordernde Zwecke" eingeräumt ist.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Rechtsauffassung der belangten Behörde zu Grunde, dass die Baubehörden berechtigt gewesen seien, die Frage des Vorliegens einer rechtlich gesicherten Zufahrt als Vorfrage zu lösen, obgleich diesbezüglich zum Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung bereits ein zivilgerichtliches Verfahren anhängig gewesen sei. Auch ergebe sich nun aus den vorliegenden zivilgerichtlichen Urteilen, dass die Baubehörden die Vorfrage richtig beantwortet habe.
Nach Ansicht der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde ihre Vorstellung zu Unrecht abgewiesen, weil § 5 Abs. 1 Z. 6 BauG nicht auf die Häufigkeit der Zufahrt abstelle, sondern nur darauf, ob eine rechtlich gesicherte Zufahrt vorliege. Auch das Wort "geeignet" beziehe sich nicht auf die Häufigkeit der Zufahrt. Wenn die Servitut die Zufahrt für "andere derartige Zwecke" erlaube, so seien Transportfahrten jeglicher Art als zulässig anzusehen. Aus der Annahme der Behörde eines beschränkten Zufahrtsrechtes ergebe sich ein Begründungsmangel. Das Abstellen von Fahrzeugen auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer sei nicht Gegenstand der Servitut und könne nicht relevant sein, da es nicht auszuschließen sei, dass die Beschwerdeführer auch bei gelegentlichen Zufahrten ihr Fahrzeug wochenlang, ohne es zu benützen, in ihrem Carport abstellten. Die Errichtung und die Genehmigung des Carports könne somit in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit der Häufigkeit des Zufahrens stehen. Lediglich der Umstand sei maßgeblich, ob überhaupt zugefahren werden könne oder nicht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0158, zu § 5 Abs. 1 Z. 6 Stmk BauG ausgeführt hat, hängt die Beantwortung der Frage, ob eine Zufahrtsmöglichkeit zu einem Bauwerk als geeignet und rechtlich gesichert im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, von dem beabsichtigten Verwendungszweck des Bauwerkes ab (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/06/0018, zur vergleichbaren Bestimmung der Tiroler Bauordnung). Im vorliegenden Fall ist der Verwendungszweck des von den Beschwerdeführern projektierten Carports weder auf ein gelegentliches Zu- und Abfahren beschränkt noch eingeschränkt auf eine Verwendung im Zusammenhang mit dem Transport von Sachen. Den angeführten Entscheidungen des Landesgerichts Leoben und des Oberlandesgerichts Graz ist auch nicht zu entnehmen, dass eine Erweiterung der Servitut durch Ersitzung stattgefunden habe.
Die den Beschwerdeführern aus dem Kaufvertrag von 1920 erwachsenden Rechte beinhalten lediglich das Recht, die Toreinfahrt zum Zwecke der Aschenabfuhr, für Düngerfuhren zum Garten und ähnliche dies erfordernde Zwecke zu nutzen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer besteht zwischen der Errichtung und Genehmigung einer Flugdachkonstruktion im Ausmaß von ca. 35 bis 40 m2 für zwei PKW im Hof eines Wohnhauses und der Häufigkeit der Zu- und Abfahrten über das dienende Grundstück ein Zusammenhang. Die belangte Behörde hat daher richtiger Weise erkannt, dass angesichts des uneingeschränkten Verwendungszwecks des Carports ein Zu- und Abfahren zweier Kraftfahrzeuge und damit der Zweck des Bauwerks nicht vom oben beschriebenen Recht gedeckt ist.
Auch ist nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdeführer angesichts des Ausspruches des Oberlandesgerichtes Graz vom in Rechten verletzt wären. Dieses führt aus, dass die Zufahrt in die Hofeinfahrt den Beschwerdeführern nicht schlechthin verboten sei, allerdings das tägliche, nicht der Aschenabfuhr, Düngerfuhren, Zufahrt zum Garten und ähnlichen Zwecken dienende Zufahrten. Die belangte Behörde geht in ihrer Entscheidung vom selben Ergebnis aus. Ein wie immer geartetes "falsches Ermessen" ohne entsprechende Beleuchtung des Sachverhaltes von Seiten der Behörde wird dadurch nicht aufgezeigt.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauG Stmk 1995 §5 Abs1 Z6; BauO Tir 1978 §4 Abs1 impl; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2007:2004060006.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAE-64536