VwGH vom 22.10.1997, 97/13/0062
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
97/13/0063
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerden des A in U, vertreten durch Dr. Franz Thienen-Adlerflycht, Rechtsanwalt in Wien I, Franziskanerplatz 5, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom , 1) Zl. GA 8 - 2396/96, betreffend Jahresausgleich 1993 (97/13/0062), und
2) Zl. GA 8 - 2396/1/96, betreffend Einkommensteuer 1994 (97/13/0063), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 25.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zu 97/13/0062 angefochtenen, über die beantragte Durchführung des Jahresausgleiches für das Kalenderjahr 1993 ergangenen Bescheid verweigerte die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten und Wohnungskosten am Arbeitsort im Instanzenzug die Anerkennung als Werbungskosten mit der Begründung, daß die mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehrkosten nur dann nicht Ergebnis einer Wohnsitzwahl des Beschwerdeführers aus steuerlich unbeachtlichen persönlichen Gründen wären, wenn seine Ehegattin am Ort des Familienwohnsitzes eine berufliche Tätigkeit ausgeübt hätte, aus welcher sie einkommensteuerrechtlich relevante Einkünfte erzielt hätte. Dies sei nicht der Fall, weil der von der Ehegattin des Beschwerdeführers erzielte Erlös aus Weintraubenverkauf im Jahr 1993 nur S 20.194,-- und andere Einnahmen aus dem Weinbau nur S 4.950,-- betragen hätten, während als Ausgaben nur die Beitragszahlungen zur Sozialversicherung der Ehegattin des Beschwerdeführers in Höhe von S 8.676,-- angegeben worden seien. In der Beurteilung der Erzielung eines einkommensteuerlich relevanten Einkommens durch die Ehegattin des Beschwerdeführers seien aber auch die Ausgaben mitzubetrachten. Nach der maßgeblichen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft ergebe sich aus der Tätigkeit der Ehegattin des Beschwerdeführers im Weinbau für das Jahr 1993 ein Gewinn von S 0,--; die Ehegattin des Beschwerdeführers habe daher im Jahr 1993 keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Die von der Ehegattin des Beschwerdeführers für eine Aushilfstätigkeit im Kalenderjahr 1993 erhaltenen Beträge lägen unter der Grenze des für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgebenden Einkommens. Die Höhe des von der Ehegattin des Beschwerdeführers erzielten Ertrages sei auch für das Familieneinkommen nicht von wirtschaftlicher Bedeutung, was sich aus einer Gegenüberstellung des von der Ehegattin des Beschwerdeführers monatlich erzielten Einkommens aus dem Weinbau mit S 1.369,-- und aus Aushilfstätigkeit mit S 333,33 mit dem durchschnittlichen Nettomonatsgehalt des Beschwerdeführers von S 57.763,-- ergebe. Das von der Ehegattin des Beschwerdeführers erzielte Nettoeinkommen betrage lediglich rund 3 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens des Beschwerdeführers.
Mit dem zu 97/13/0063 angefochtenen, über Einkommensteuer für das Jahr 1994 absprechenden Bescheid traf die belangte Behörde im Instanzenzug für das Kalenderjahr 1994 die gleiche Entscheidung mit der Begründung, daß ab dem Kalenderjahr 1994 bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes keine private Veranlassung zu unterstellen sei, wenn die Ehegattin des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG 1988 aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als S 30.000,-- jährlich erziele. Der Erlös aus dem Weintraubenverkauf habe für das Jahr 1994 S 32.003,--, die als Betriebsausgaben abzugsfähigen Sozialversicherungsbeiträge hätten S 9.192,-- betragen; der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft sei mit S 0,-- anzusetzen, weshalb die Ehegattin des Beschwerdeführers auch in diesem Jahr keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt habe. Die Höhe des Aushilfslohnes habe im Kalenderjahr 1994 S 5.600,-- betragen. Eine Gegenüberstellung des von der Ehegattin des Beschwerdeführers im Jahr 1994 wirtschaftlich erzielten monatlichen Einkommens von S 2.367,58 mit dem monatlichen Nettogehalt des Beschwerdeführers von S 50.786,57 erweise auch für das Kalenderjahr 1994, daß die Höhe des von der Ehegattin des Beschwerdeführers erzielten Einkommens für das Familieneinkommen nicht von wirtschaftlicher Bedeutung sei.
In den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wird die Aufhebung der angefochtenen Bescheide mit der Erklärung begehrt, daß sich der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide in seinem Recht auf Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten und Wohnungskosten als Werbungskosten als verletzt erachtet.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung entstehenden Kosten sind dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn für die doppelte Haushaltsführung eine berufliche Veranlassung besteht, was dann zu trifft, wenn einem Arbeitnehmer die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zugemutet werden kann (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0129). Wie der Gerichtshof des weiteren bereits wiederholt ausgesprochen hat, kann die Unzumutbarkeit einer Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unterschiedliche Ursachen haben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 88/13/0121, und vom , 95/14/0124).
Mit der den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden Rechtsauffassung, die Erzielung einkommensteuerlich relevanter Einkünfte durch den Ehepartner des Steuerpflichtigen stelle den einzigen in Betracht kommenden Grund für eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort dar, hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Wie einem Arbeitnehmer die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort etwa auch deswegen nicht zugemutet werden kann, weil er nach der Beschaffenheit seines Arbeitsverhältnisses der konkreten Möglichkeit jederzeitiger Verwendung an einem anderen Beschäftigungsort ausgesetzt ist (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , 96/13/0129), so kann sich eine solche Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in vergleichbarer Weise auch aus dem Umstand einer in naher Zeit bevorstehenden Pensionierung des Steuerpflichtigen ergeben (vgl. das ebenfalls bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , 95/14/0124).
Ob die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden angestellten Überlegungen, mit denen sie der wirtschaftlichen Betätigung der Ehegattin des Beschwerdeführers in den Streitjahren die Eignung abgesprochen hat, die Verlegung des Familienwohnsitzes durch den Beschwerdeführer an den Beschäftigungsort als unzumutbar zu beurteilen, in den Beschwerdefällen geteilt werden könnten, kann dahingestellt bleiben. Ausgehend von der rechtsirrigen Auffassung über die ausschließliche Maßgeblichkeit des von der Ehegattin des Beschwerdeführers in den Streitjahren erzielten Einkommens hat es die belangte Behörde nämlich unterlassen, sich mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers des Inhaltes auseinanderzusetzen, daß er im Frühjahr 1995 in Pension gehen werde. Traf diese Behauptung aber zu - wovon die belangte Behörde nach dem Inhalt eines von ihr am an den Beschwerdeführer ergangenen Vorhaltes ausgegangen zu sein scheint -, dann stand dieser Umstand der von der belangten Behörde unterstellten Zumutbarkeit einer Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort in der Beurteilung der für die Jahre 1993 und 1994 geltend gemachten Werbungskosten für Familienheimfahrten und Wohnungskosten am Arbeitsort entgegen.
Die angefochtenen Bescheide waren deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.