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VwGH vom 07.11.2003, 99/18/0415

VwGH vom 07.11.2003, 99/18/0415

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des E, geboren 1970, vertreten durch Mag. Josef Hofinger, Rechtsanwalt in 4710 Grieskirchen, Rossmarkt 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. St 144/99, betreffend Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 FrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 2 Z 3 unter Bedachtnahme auf § 37 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei - den erstinstanzlichen Feststellungen zufolge - am auf Grund der Kriegsereignisse in seinem Heimatland nach Österreich eingereist. Ihm sei bis zum ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß den Verordnungen der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina zugekommen. Am sei ihm eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden, welche am bis zum verlängert worden sei. Vom bis zum sei der Beschwerdeführer bei einem Bauunternehmen als Maurer beschäftigt gewesen. Sein Arbeitgeber habe ihm gekündigt, weil er mehrmals bei der Arbeit alkoholisiert angetroffen worden sei. Seit dem arbeite der Beschwerdeführer als Monteur.

Von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (der Erstbehörde) sei der Beschwerdeführer wie folgt rechtskräftig bestraft worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. Strafverfügung vom , VerkR96-5217- 1994:
Übertretung nach § 102 Abs. 5 und 10 KFG 1967
in der Höhe von insgesamt
(Zulassungsschein, Pannendreieck und Verbandszeug
nicht mitgeführt).

S 900,--
2. Strafverfügung vom , VerkR96-6604-1994:
Übertretung nach § 102 Abs. 1 und 10 KFG 1967
in der Höhe von insgesamt
(mangelnde Verkehrssicherheit des Kfz,
Pannendreieck nicht mitgeführt).

S 1.500,--
3. Strafverfügung vom , VerkR96-3225- 1997:
Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960
(Lenken eines Kfz in alkoholisiertem Zustand,
Führerscheinentzug für 4 Monate).
S 11.000,--
Übertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960
(Nichtbeachtung der Rechtsfahrordnung).
S 500,--
4. Strafverfügung vom , VerkR96-1978- 1999:
Übertretung nach § 99 Abs. 1 b i.V.m.
§ 5 Abs. 2 StVO 1960
(Lenken eines Fahrzeuges in vermutlich alkoholisiertem
Zustand am , Verweigerung der Alkomatentestprobe, Führerscheinentzug für 7 Monate).

S 19.000,--
5. Strafverfügung vom , VerkR96-1978- 1999:
Übertretung nach § 24 Abs. 1 b StVO 1960
(Parkverbot auf engen Stellen der Fahrbahn)

S 300,--
Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG 1967
(mangelnde Verkehrssicherheit des Kfz)
S 500,--

Von der Bundespolizeidirektion Wels sei er mit Strafverfügung vom , S 973/WE/99/PUT, wie folgt bestraft worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967
(Verbandszeug und Warneinrichtung nicht mitgeführt).
S 800,--"

Nach der genannten Strafverfügung vom sei der Beschwerdeführer am anlässlich der erstmaligen Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz davon in Kenntnis gesetzt worden, dass er bei weiteren schwer wiegenden Delikten mit fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu rechnen hätte. Am

11. und habe der Beschwerdeführer - einer Anzeige des Arbeitsinspektorates zufolge - auf einer Baustelle in 3332 Gleiß ohne arbeitsrechtliche Bewilligung eine Beschäftigung ausgeübt. Er habe bestätigt, für das Aufstellen eines Gerüstes eine Entlohnung von S 2.500,-- erhalten und gewusst zu haben, dass die vom Arbeitsmarktservice Grieskirchen erteilte und bis zum befristete Arbeitserlaubnis ihn nur zur Aufnahme einer Beschäftigung im Bundesland Oberösterreich berechtigt hätte.

Die erstinstanzliche Behörde habe dem Beschwerdeführer am die oben genannten Versagungsgründe schriftlich zur Kenntnis gebracht und ihm mitgeteilt, dass eine Ausweisung beabsichtigt sei. Der Beschwerdeführer habe dazu folgende Stellungnahme abgegeben:

"Ich finde die beabsichtigte Ausweisung nicht gerechtfertigt. Ich möchte auch weiterhin in Österreich bleiben. In Bosnien hätte ich kein Fortkommen.

Ich habe bei der Raiffeisenbank Meggenhofen einen Kredit in der Höhe von ca. S 300.000,-- aufgenommen. Damit unterstütze ich unter anderem auch finanziell meine Eltern in Slowenien.

Ich bin seit bei der Fa. Phon Akustikbau in Eferding als Montagearbeiter beschäftigt. Bei einer Ausweisung könnte ich den Kredit nicht mehr zurückzahlen und mit meinem Einkommen den Eltern finanziell aushelfen."

(Die erstinstanzliche Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer sei ledig und halte sich bereits seit sechs Jahren im Bundesgebiet auf. Er sei mit einer bosnischen Staatsangehörigen befreundet, mit der er seit 1992 zusammen lebe. Ein Bruder sei in Vorarlberg verheiratet, eine Schwester lebe in Bosnien. Die Eltern des Beschwerdeführers hielten sich als Flüchtlinge in Slowenien auf. Ein näherer Kontakt zu seinen Verwandten bestehe nicht. Der durch die Ausweisung bedingte unbestreitbare Eingriff in sein Privatleben werde dadurch relativiert, dass er erst seit eineinhalb Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen sei und seit zweieinhalb Jahren einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Im Zusammenhang mit seinem bisherigen Verhalten könne von einer fortgeschrittenen Integration nicht gesprochen werden. Unter Berücksichtigung seiner privaten Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet und der öffentlichen Interessen im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK sei letzteren der Vorzug zu geben. Ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers erscheine notwendig und sei daher statthaft.)

Die belangte Behörde führte weiter aus, durch die Ausweisung werde in Anbetracht der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, seiner persönlichen und familiären Verhältnisse sowie seiner Erwerbstätigkeit in dessen Privat- und Familienleben eingegriffen. Übertretungen nach § 5 StVO zählten zu den schwersten Verkehrsübertretungen, die immer wieder Ursache für schwerste Verkehrsunfälle darstellten. Dass vom Beschwerdeführer keine Verkehrsunfälle mit Personenschaden verursacht worden seien, könne an dem (berechtigten) fremdenpolizeilichen Einschreiten nichts ändern. Erschwerend sei zu werten, dass der Beschwerdeführer am niederschriftlich ermahnt und ihm für den Fall der Begehung weiterer strafbarer Handlungen fremdenpolizeiliche Maßnahmen angekündigt worden seien. Trotzdem habe er neuerlich eines der schwersten Delikte nach der StVO begangen. Der Bescheid der Erstbehörde sei demnach zu bestätigen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 34 Abs. 1 FrG können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn (Z 1) nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegen gestanden wäre oder (Z 2) der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegen steht. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (685 BlgNR 20. GP) wird mit § 34 Abs. 1 Z 1 FrG dem Umstand Rechnung getragen, dass entweder die (für die Erteilung des Aufenthaltstitels zuständige) Behörde - aus welchem Grund auch immer - vom Bestehen eines Versagungsgrundes (erst nachträglich) Kenntnis erlangt hat, der der Erteilung eines Aufenthaltstitels bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Erteilung entgegen gestanden wäre, oder (während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels) nachträglich ein Versagungsgrund eintritt, der die Versagung des Aufenthaltstitels rechtfertigt. § 34 Abs. 1 Z 2 FrG normiert nach den genannten Erläuterungen, dass ein weiterer Aufenthaltstitel nicht erteilt werden darf, wenn der Erteilung nunmehr (nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des früheren Aufenthaltstitels) Versagungsgründe entgegen stehen.

1.2. Als Versagungsgrund hat die Behörde § 10 Abs. 2 Z 3 FrG herangezogen. Nach dieser Bestimmung kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z 2 FrG) versagt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Das den beiden rechtskräftigen Bestrafungen vom und vom zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers - dieses und nicht die Bestrafungen als solche sind im gegebenen Zusammenhang maßgeblich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/18/0060) - stellt zweifellos einen Grund für die Versagung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 FrG dar. Dieses Fehlverhalten ist im Hinblick auf die von alkoholisierten Kfz-Lenkern ausgehende große Gefahr für die Allgemeinheit eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von großem Gewicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/18/0422, mwH), zumal die besagten Bestrafungen auch den für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einschlägigen Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 2 FrG erfüllen würden. Der Ansicht des Beschwerdeführers, "eine zweite Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO zwei Jahre nach der ersten Übertretung des § 5 StVO" wiege nicht so schwer, kann daher nicht geteilt werden. Die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährlichkeit wird schließlich auch noch dadurch unterstrichen, dass er sich trotz der anlässlich der Erteilung der ersten Aufenthaltsbewilligung am vorgenommenen Ermahnung und der Ankündigung fremdenpolizeilicher Konsequenzen im Fall künftiger "strafbarer Handlungen" nicht davon abhalten ließ, ein weiteres Mal ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand zu lenken.

1.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen - wie vorliegend (siehe unten 2.) - eine Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 37 FrG durchzuführen ist, eine zusätzliche Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens eines Versagungsgrundes nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0224).

2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers seit dem , die Bindung zu seiner Lebensgefährtin und seine Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Der Beschwerdeführer verfügte aber erst ab dem über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz; in der Zeit vom bis zum war er hingegen lediglich auf Grund seiner Eigenschaft als Kriegsflüchtling zum vorübergehenden Aufenthalt berechtigt. Die aus der Dauer des zuletzt genannten Aufenthalts ableitbare Integration ist in ihrem Gewicht deutlich gemindert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0082). Eine zusätzliche Minderung erfährt die Integration des Beschwerdeführers auf Grund der von ihm begangenen schwerwiegenden Übertretungen der Straßenverkehrsordnung. Dazu kommen die weiteren oben I. 1. genannten Verwaltungsübertretungen sowie der Umstand, dass der Beschwerdeführer am 11. und ohne arbeitsrechtliche Bewilligung eine Beschäftigung ausgeübt hat.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet kommt somit kein großes Gewicht zu. Diesen persönlichen Interessen steht die vom Beschwerdeführer ausgehende - oben dargestellte - Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Verhinderung des Lenkens von Kraftfahrzeugen in alkoholisiertem Zustand gegenüber. Zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Schutz der Gesundheit und Schutz der Rechte anderer) ist die Ausweisung dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG). Die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wiegen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.).

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am

Fundstelle(n):
SAAAE-64479