Suchen Hilfe
VwGH vom 31.05.2000, 99/18/0400

VwGH vom 31.05.2000, 99/18/0400

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des M B in Gunskirchen, geboren am , vertreten durch Dr. Gernort Kusatz, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Ringstraße 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. St 190/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 iVm §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis zum befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die Behörde erster Instanz hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen folgender Übertretungen mit nachgenannten Geldstrafen rechtskräftig bestraft worden sei:

von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen:

§ 82 Abs. 2 StVO S 500,--

§ 102 Abs. 1 erster Satz FrG S 1.000,--

§ 102 Abs. 1 erster Satz KFG S 1.000,--

§ 33 Abs. 1 KFG S 500,--

§ 44 Abs. 1 erster Satz FrG S 500,--

§ 24 Abs. 1 lit. a StVO S 300,--

§ 20 Abs. 2 StVO S 400,--

§ 36 lit. a,§ 134 Abs. 1 KFG S 800,--

§ 52 lit. a Z. 10a StVO S 1.100,--

§ 36 lit. a,§ 134 Abs. 1 KFG S 800,--

§ 38 Abs. 1 zweiter Satz

lit. c StVO S 600,--

§ 18 Abs. 3 StVO S 600,--

§ 22 Abs. 2 erster Satz StVO S 300,--

§ 106 Abs. 1 lit. a KFG S 600,--

§ 106 Abs. 1 lit. b KFG S 200,--

§ 52 lit. a Z. 10a StVO S 400,--

§ 38 Abs. 1 zweiter Satz

lit. c StVO S 600,--

§ 8 Abs. 4 erster Satz StVO S

600,--

§ 102 Abs. 2 vierter Satz KFG S 300,--

§ 16 Abs. 1 lit. a StVO S 1.000,--

§ 20 Abs. 2 StVO S 400,--

§ 44 Abs. 1 erster Satz KFG S 600,--

§ 99 Abs. 1 lit. a iVm S 10.000,--

§ 5 Abs. 1 StVO

§ 102 Abs. 5 lit. b KFG S 300,--

§ 102 Abs. 5 lit. a KFG S 300,--

von der Bundespolizeidirektion Wels:

§ 40 Abs. 2 Passgesetz S 500,--

§ 52a Z. 10a StVO S 500,--

§ 52 Abs. 6 lit. c StVO S 500,--

§ 102 Abs. 10 KFG S 500,--

§ 43 Abs. 4 lit. b KFG S 500,--

§ 103 Abs. 2 KFG S 500,--

§ 102 Abs. 10 KFG S 500,--

§ 102 Abs. 10 KFG S 500,--

von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land:

§ 24 Abs. 1 iVm S 400,--

Abs. 4 Schulpflichtgesetz

§ 20 Abs. 2 StVO S 400,--

§ 103 Abs. 2 KFG S 300,--

§ 7 Abs. 1 StVO S 1.000,--

§ 9 Abs. 1 StVO S 1.000,--

§ 99 Abs. 1 lit. a

iVm § 5 Abs. 1 StVO S 21.000,--

Insgesamt weise der Beschwerdeführer somit 39 rechtskräftige Verwaltungsstrafen auf.

Die belangte Behörde verwies in der Begründung ihres Bescheides auf diese Aufstellung. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer (am ) wegen Diebstahles zu einer (bedingt nachgesehenen) Geldstrafe verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe seine Straftaten trotz zweimaliger ( und ) niederschriftlicher Ermahnung (und Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes) fortgesetzt.

In Anbetracht der zweimaligen rechtskräftigen Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG gegeben.

Die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr könne nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wenngleich der Großteil der von der Erstbehörde aufgelisteten Verwaltungsübertretungen bzw. die diesbezüglichen Bestrafungen bereits getilgt seien, sei bei der Bewertung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers zu beachten, dass er sich in regelmäßigen Abständen immer wieder strafbar gemacht habe und dieses Verhalten bis in die Gegenwart fortgesetzt habe. Daraus könne der Schluss gezogen werden, dass er neuerlich - unter Umständen in noch schwererer Form - Straftaten begehen werde. Zu berücksichtigen sei, dass sich der Beschwerdeführer weder durch die vielen Bestrafungen noch durch die beiden Ermahnungen davon habe abhalten lassen, weitere Straftaten zu begehen. Die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei daher gerechtfertigt.

Durch das Aufenthaltsverbot werde in gewichtiger Weise in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der sich seit 1990 im Bundesgebiet aufhalte und hier mit seiner Familie (Gattin und zwei 1977 bzw. 1985 geborenen Kindern) zusammen lebe, eingegriffen. Dem Beschwerdeführer sei eine der Dauer dieses Aufenthaltes entsprechende Integration zuzubilligen. Von einer vollständigen Integration könne jedoch schon deshalb nicht gesprochen werden, weil er zurzeit wiederum keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und sein Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit der Gattin bestritten werde. Darüber hinaus habe sich der Beschwerdeführer auch von 1972 bis 1981 im Bundesgebiet aufgehalten. Dies führe jedoch deshalb nicht zur Verstärkung der Integration, weil sich der Beschwerdeführer zwischendurch neun Jahre in seiner Heimat aufgehalten habe.

Aufgrund des beschriebenen Fehlverhaltens sei das Aufenthaltsverbot im Grund des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten; die öffentlichen Interessen an der Erlassung dieser Maßnahme wögen unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Da das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers "doch schwerwiegenderer Art" sei, habe "von der Ermessensbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG Gebrauch" gemacht werden müssen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, zweimal wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO rechtskräftig bestraft worden zu sein. Auf dem Boden dieser Sachverhaltsfeststellung begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Bei der Beurteilung des Gerechtfertigtseins des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 36 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde - durch Verweis auf den Bescheid der Behörde erster Instanz - das den insgesamt 39 rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen und das der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegende Fehlverhalten berücksichtigt. Zu Recht hat sie dabei auch das den bereits getilgten Bestrafungen (bzw. der getilgten Verurteilung) zu Grunde liegende Fehlverhalten miteinbezogen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/18/0382).

Schon aus der Vielzahl der Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers ergibt sich dessen gleichgültige Einstellung insbesondere gegenüber den der Ordnung und Sicherheit im Straßenverkehr dienenden Schutznormen. Im Hinblick darauf kann, wenngleich an sich erforderliche (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/18/0416) Feststellungen über die Straftaten des Beschwerdeführers fehlen, die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Hinzugefügt sei, dass es sich beim Beschwerdevorbringen, bei manchen der festgestellten Bestrafungen handle es sich um Anonymverfügungen, um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) handelt, und dass der vom Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen hinsichtlich der gerichtlichen Verurteilung eingebrachte Wiederaufnahmsantrag, über den vom Gericht noch nicht entschieden worden sei, der Berücksichtigung der dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Straftat - der im Übrigen gegenüber den insgesamt

39 Verwaltungsübertretungen nur marginale Bedeutung zukommt - nicht entgegensteht.

3.1. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers den inländischen Aufenthalt seit 1990 und das Zusammenleben mit seiner Gattin und den beiden Kindern berücksichtigt. Zu Recht hat sie darauf hingewiesen, dass das Ausmaß der Integration durch das derzeitige Fehlen einer Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers gemindert werde. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde führte allerdings auch der Voraufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich von 1972 bis 1981 zu einer - allerdings im Hinblick auf den zwischenzeitigen Heimataufenthalt in der Dauer von neun Jahren nur geringfügigen - Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Bereits im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer vorgebracht, sich darüber hinaus auch von 1981 bis 1986 in Österreich aufgehalten zu haben. Die belangte Behörde hat - ebenso wie die Erstbehörde - unter Berücksichtigung der bei den Verwaltungsakten erliegenden Sichtvermerksanträge des Beschwerdeführers und der Sozialversicherungsbestätigung über die Arbeitsverhältnisse des Beschwerdeführers festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer in dieser Zeit nicht in Österreich aufgehalten habe. Dass diese Feststellung unrichtig sei, vermag der Beschwerdeführer mit dem bloßen Hinweis auf die im Verwaltungsakt erliegende Auflistung des Sozialversicherungsträgers - aus der keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitraum ersichtlich ist - nicht aufzuzeigen.

Den dargestellten persönlichen Interessen am Verbleib im Inland steht gegenüber, dass der Beschwerdeführer insgesamt 39 Verwaltungsübertretungen begangen hat. Er hat sein Fehlverhalten trotz zweimaliger Ermahnung und Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes fortgesetzt. Insbesondere fällt sein zweimaliges Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand ins Gewicht, wobei er laut Aktenlage bei der am begangenen (der Bestrafung vom zu Grunde liegenden) Tat seinen PKW mit einem Blutalkoholgehalt von 1,82 Promille in Form einer "Schlangenlinie" mehrmals über eine Sperrlinie gelenkt hat. Im Hinblick auf die in geradezu beharrlicher Weise immer wieder begangenen Übertretungen der StVO und des KFG, insbesondere das zweimalige Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, ein die Sicherheit im Straßenverkehr in besonderer Weise gefährdendes Verhalten, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der Ordnung, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes (§ 37 Abs. 2 FrG), keinen Bedenken.

3.2. Soweit der Beschwerdeführer auf seine Kreditverbindlichkeiten verweist ist ihm zu entgegnen, dass die Erschwerung von Kreditrückzahlungen durch das Aufenthaltsverbot nicht als erhebliche Beeinträchtigung der Lebenssituation des Fremden und seiner Familie gewertet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/18/0451).

Der vorgebrachte Umstand, dass die Gattin und die Kinder des Beschwerdeführers bereits um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht haben, führt zu keiner Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland.

4. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde von ihrem gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte.

5. Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am

Fundstelle(n):
CAAAE-64454