VwGH vom 30.09.1998, 97/13/0035
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Dkfm. PT in P, vertreten durch Dr. Johann Angermann, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 25/27, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom , Zl. GA 15-95/1263/05, betreffend Einkommensteuer 1989 bis 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Einkommensteuer für die Jahre 1990 und 1991 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen, betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 1989 sowie 1992 und 1993, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 1989 einen Anteil an der (ausländischen) Muttergesellschaft seiner Arbeitgeberin (der inländischen T-GmbH) im Nominalwert von rund S 3,3 Mio. Zur Ermöglichung dieses Anteilserwerbes war dem Beschwerdeführer von der T-GmbH ein Darlehen in der Höhe von S 1,330.000,-- gewährt worden. Im Jahr 1992 kam es zu einem weiteren Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der Muttergesellschaft (im folgenden: M-Ges.) im Nominale von rund S 1,2 Mio., wobei auch hier die T-GmbH dem Beschwerdeführer zum Erwerb ein Darlehen von S 1,895.549,--zuzählte. Von den Hauptgesellschaftern der M-Ges. wurden deren Anteile an dieser Gesellschaft im Jahr 1993 an die A-AG veräußert, wobei im Anschluß daran auch der Beschwerdeführer seinen Anteil an der M-Ges. an die A-AG abtrat.
In den Jahren 1989 bis 1993 hatte der Beschwerdeführer aus seiner Beteiligung an der M-Ges. keine Erträge erhalten. An Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen machte der Beschwerdeführer die Darlehenszinsen in der Höhe von 1989 S 79.291,--, 1990 S 58.064,--, 1991 S 87.500,--, 1992 S 97.754,-- und 1993 S 43.989,-- (sohin insgesamt S 366.599,--) geltend. Das Finanzamt versagte die Anerkennung dieser Werbungskosten als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, weil Liebhaberei vorliege (die Beteiligung sei wieder veräußert worden, bevor ein Totalgewinn habe entstehen können).
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, dem "leitenden Management" sei durch eine Kapitalbeteiligung an der ausländischen Holding die Gelegenheit gegeben worden, am Konzernerfolg, mit dem aufgrund der positiven Erfahrungen in der Vergangenheit auf jeden Fall habe gerechnet werden müssen, teilzuhaben. Die Finanzierung der teilweise hohen Erwerbspreise der Anteile sei durch Arbeitgeberdarlehen möglich gewesen. Mit Ablauf des Jahres 1989 seien allerdings tiefgreifende Rezessionserscheinungen eingetreten, deren Spuren in der Sportartikelbranche bis heute nicht hätten beseitigt werden können (auch andere Firmen in dieser Branche seien von diesen Problemen betroffen). Die Veräußerung des Anteils sei nicht freiwillig erfolgt. Eine Weigerung, die Anteile zu verkaufen, hätte vermutlich eine Insolvenz der Unternehmen und für den Beschwerdeführer den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge gehabt. Die Anteile seien nicht aus steuerlichen Gründen, sondern aus der begründeten Absicht heraus, am Erfolg des Unternehmens teilzunehmen, erworben worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Zu der von der belangten Behörde anberaumten mündlichen Verhandlung war der Beschwerdeführer nicht erschienen. Die Zustellung der Ladung des Beschwerdeführers war laut Verhandlungsprotokoll durch Hinterlegung ausgewiesen.
In der Begründung ihrer abweisenden Berufungsentscheidung stützte sich die belangte Behörde vor allem darauf, daß innerhalb des vorliegenden abgeschlossenen Beobachtungszeitraumes ein Einnahmenüberschuß nicht habe erzielt werden können, sodaß auch prognostische Beurteilungen der Aussichten auf Erzielung eines Gesamtüberschusses dahingestellt bleiben könnten. Die Berufungsausführungen hinsichtlich einer "Kriterienprüfung" und Vorliegen einer Einkunftsquelle auf Gesellschaftsebene seien in bezug auf die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Beteiligung des Beschwerdeführers nicht von Bedeutung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In rechtlicher Hinsicht ist zunächst festzuhalten, daß zur Beurteilung des Beschwerdefalles für die Jahre 1990 bis 1992 die Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/1990 und für das Jahr 1993 deren Neufassung durch das BGBl. Nr. 33/1993 Anwendung findet (vgl. dazu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/14/0052, sowie § 8 der Liebhabereiverordnung in der Fassung BGBl. Nr. 33/1993).
Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 93/13/0171, hat der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung zur Frage des Vorliegens von Einkünften im Sinn des § 2 Abs. 3 der Einkommensteuergesetze zusammengefaßt und modifiziert. Er hat außerhalb der durch den Verordnungsgeber der Liebhabereiverordnung erfolgten Präzisierung des Gesetzes an der Auffassung festgehalten, daß die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung in erster Linie danach zu beurteilen ist, ob die geprüfte Tätigkeit in der betriebenen Weise objektiv ertragsfähig ist, worunter die Eignung der Tätigkeit verstanden werden muß, einen der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes abzuwerfen. Dem subjektiven Ertragsstreben desjenigen, der sich betätigt, kommt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Ergebnisse der Tätigkeit als Einkünfte im Sinn des § 2 Abs. 3 der Einkommensteuergesetze dann Bedeutung zu, wenn die Prüfung der objektiven Komponente der Ertragsfähigkeit der Betätigung kein eindeutiges Bild ergibt, dies allerdings nur insoweit, als ein solches Ertragsstreben durch ein Handeln nach Wirtschaftlichkeitsprinzipien nach außen erkennbar in Erscheinung tritt.
Der Verwaltungsgerichtshof kann auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, das mit dem Berufungsinhalt im wesentlichen inhaltsgleich ist, nicht finden, daß die Behörde nicht wegen objektiver Komponenten von einer Ertragslosigkeit der in Rede stehenden Einkunftsquelle hätte ausgehen dürfen. Für den Zeitraum des Haltens der Beteiligung in den Jahren 1989 bis 1993 stand die Ertragslosigkeit fest. Der Beschwerdeführer weist zwar auf eine von ihm faktisch zwangsläufig durchzuführende Abtretung seiner Gesellschaftsanteile im Jahr 1993 hin, zeigt dabei aber in keiner Weise auf, daß er bei Weiterbestand der Beteiligung innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen wirtschaftlichen Gesamterfolg aus der betroffenen Einkunftsart hätte erzielen können (er weist vielmehr sogar auf die wahrscheinliche Insolvenz der Unternehmensgruppe hin). Für das Jahr 1989, das außerhalb des Geltungszeitraumes der Liebhabereiverordnung liegt, kann sohin keine inhaltliche Rechtswidrigkeit erkannt werden.
Auch im Geltungsbereich der Liebhabereiverordnungen ist Beurteilungseinheit bei den Überschußeinkünften, zu denen die Einkünfte das Kapitalvermögen gehören, die einzelne Einkunftsquelle (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/14/0110). Bei Vorliegen von Betätigungen nach § 1 Abs. 1 der Liebhabereiverordnungen ist daher eine Kriterienprüfung im Sinn des § 2 Abs. 1 der Liebhabereiverordnungen zur Objektivierung einer Gesamtüberschußerzielungsabsicht nicht in bezug auf das Beteiligungsunternehmen, sondern auf die Beteiligung an sich durchzuführen. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde Umstände nach § 2 Abs. 1 der Liebhabereiverordnungen ins Treffen führt, die auf der Ebene der M-Ges. gegen eine Liebhabereibeurteilung sprechen, ist somit für ihn grundsätzlich nichts gewonnen. Inwiefern sich im Hinblick auf seine Beteiligung anhand objektiver Umstände eine Gesamtüberschußerzielungsabsicht in realistischer Weise nachvollziehen ließe, hat der Beschwerdeführer damit nicht dargestellt. Ein "marktgerechtes Verhalten" im Halten einer durch einen beträchtlichen Zinsenaufwand verlustbringenden Beteiligung an einem Unternehmen, das nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers bereits mit Ablauf des Jahres 1989 von tiefgreifenden Rezessionserscheinungen betroffen war (die später offenbar zur Insolvenzgefahr führten), ist auch nicht zu erkennen. Auch für den Geltungsbereich der Liebhabereiverordnungen (sohin für die Jahre 1990 bis 1993) ist damit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse über den Anlaufzeitraum nach § 2 Abs. 2 der Liebhabereiverordnungen hinaus nicht vom Vorliegen von Einkünften auszugehen.
Bezüglich des erwähnten Anlaufzeitraumes ist allerdings der angefochtene Bescheid betreffend die Jahre 1990 und 1991 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Nach § 2 Abs. 2 erster Satz der Liebhabereiverordnungen liegen nämlich innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn einer Betätigung im Sinn des § 1 Abs. 1 jedenfalls Einkünfte vor. Ausgehend vom Beginn der verfahrensgegenständlichen Betätigung mit dem Beteiligungserwerb im Jahr 1989 hätten somit die negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz der Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/1990 für die Jahre 1990 und 1991 (dem zweiten und dritten Jahr ab Beginn der Betätigung) anerkannt werden müssen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0147). Dafür, daß es sich beim Halten der Beteiligung um eine Betätigung im Sinn des § 1 Abs. 2 der zitierten Liebhabereiverordnung gehandelt hätte (Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen oder typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind) ergibt sich kein Anhaltspunkt (die belangte Behörde spricht zwar im angefochtenen Bescheid von einer Betätigung nach § 1 Abs. 2 der Verordnung, begründet dies aber nicht weiter; die Gegenschrift weist demgegenüber auch darauf hin, der angefochtene Bescheid sei von einer Betätigung nach § 1 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung ausgegangen).
Aus der Beschwerde ist nicht ersichtlich, zu welcher anderen Entscheidung die belangte Behörde bei Teilnahme des Beschwerdeführers an der Berufungsverhandlung hätte kommen können. Der diesbezüglich in bezug auf eine nicht rechtzeitige Behebungsmöglichkeit der hinterlegten Ladung vorgetragene Verfahrensmangel konnte deshalb schon wegen mangelnder Relevanz auf sich beruhen.
Der angefochtene Bescheid war betreffend die Jahre 1990 und 1991 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ansonsten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am