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VwGH vom 25.02.2005, 2004/05/0280

VwGH vom 25.02.2005, 2004/05/0280

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Ashok Kumar in Wien, vertreten durch Dr. Harry Fretska, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 22, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , GZ. MA 64- BE 120/2004, betreffend Erlöschen der Gebrauchserlaubnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Grund bzw. den darüber befindlichen Luftraum vor dem Hause Wien 21, Prager Straße 38, durch einen gemauerten Buffet-Kiosk im Ausmaß von 82,54 m2 (hievon 24 m2 auf öffentlichem Grund) und eine Sonnenschutzplache mit 12,20 m Länge und 2,50 m Bodenabstand benützen zu dürfen. Für die Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Grundes bzw. des darüber befindlichen Luftraumes wurde eine jährliche Gebrauchsabgabe von öS 4.804,-- festgesetzt, welche für jedes Abgabenjahr im Vorhinein bis zum 31. Jänner eines jeden Jahres einzubezahlen war. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 die Erlaubnis erteilt, den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum vor dem Haus in Wien 21., Prager Straße 38, links vom Lokaleingang, ab dem Abgabenjahr 1995 durch eine Warenausräumung im Ausmaß von 4 m x 1 m benützen zu dürfen. Für diese Erlaubnis wurde eine jährliche Gebrauchsabgabe von öS 400,-- mit der selben Fälligkeit wie im erstgenannten Bescheid festgesetzt.

Die auf Grund des Rückstandsausweises des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6-Rechnungsamt, vom betreffend die für die erteilte Gebrauchserlaubnis fälligen Gebrauchsabgaben für das Jahr 2001 über insgesamt öS 5.308,--(d.i. Rückstand über öS 5.204,-- und Säumniszuschlag öS 104,--) für den angeordnete Pfändung konnte nicht vorgenommen werden, weil der Beschwerdeführer offenbar - wohin unbekannt - verzogen war.

Auf Grund seines Ansuchens vom 6. Juli 2001wurde dem Beschwerdeführer ein Zahlungsaufschub für die fälligen Gebrauchsabgaben des Jahres 2001 samt Säumniszuschlag dahingehend gewährt, dass der Rückstand in zwei Raten bis Ende August 2001 zu bezahlen war. Der Beschwerdeführer zahlte sodann den Rückstand in zwei Teilbeträgen, und zwar EUR 167,73 (verrechnet am ) und EUR 225,29 (einbezahlt laut Zahlungsbeleg der Empfängerbank am , verrechnet am ).

Die Magistratsabteilung 6 ersuchte die Magistratsabteilung 46 mit Schreiben vom "um Löschung der Bemessung", da der "Betrieb nicht mehr etabliert" sei. Mit Schreiben vom teilte die Magistratsabteilung 6 dem Beschwerdeführer mit, dass die "Bemessung … ab dem Abgabenjahr 2002 gelöscht wurde". Mit Eingabe vom wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die "Erlaubnisbewilligungen weiterhin aufrecht" seien, und ersuchte um "Wiedervorschreibung ab dem Abgabenjahr 2002".

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom wurde die mit den eingangs zitierten Bescheiden erteilte Gebrauchserlaubnis "mit Ablauf des " für erloschen erklärt (Spruchpunkt I.) und der Antrag des Beschwerdeführers auf "Wiedervorschreibung der Gebrauchserlaubnis" abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid jedoch in seinem Spruchpunkt I. mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:

"I. Es wird festgestellt, dass die … erteilte Erlaubnis … mit erloschen ist."

In der Begründung wird ausgeführt, dass auf Grund eines Aktenvermerkes der Magistratsabteilung 6 vom aktenkundig sei, dass mit dem Beschwerdeführer auf dessen Ersuchen für die Begleichung der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2001 eine Nachfrist bis Ende August 2001 vereinbart worden sei. Die Bezahlung sei jedoch erst nach Ablauf der vereinbarten Nachfrist (EUR 167,73 verrechnet am und EUR 225,29 verrechnet am ) erfolgt. Die Gebrauchserlaubnis erlösche gemäß § 4 Abs. 6 Gebrauchsabgabegesetz 1966 bei Nichtbezahlung der Gebrauchsabgabe ex lege. Da der Beschwerdeführer die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2001 erst nach Ablauf der gewährten Nachfrist bezahlt habe, sei die Gebrauchserlaubnis erloschen. Die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2002 sei irrtümlich erfolgt. Zum Zeitpunkt dieser Vorschreibung habe die Gebrauchserlaubnis nicht mehr bestanden. Ein Feststellungsbescheid sei im gegenständlichen Fall zwar nicht vorgesehen, er sei jedoch für den Beschwerdeführer ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung. Die Entscheidung über die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides obliege der Abgabenberufungskommission.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. In der Beschwerde wird ausgeführt, die Magistratsabteilung 6 habe mit Lastschriftanzeige vom die Gebrauchsabgaben-Vorschreibung für das Jahr 2002 vorgenommen und sei daher offensichtlich davon ausgegangen, dass die Gebrauchserlaubnis weiter bestehe. Der Beschwerdeführer habe daher annehmen können, dass seine betriebsbedingt vorerst nicht erfolgte Bezahlung der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2001 von der Magistratsabteilung 46 nicht zum Anlass für die Feststellung des Erlöschens der Gebrauchserlaubnis genommen werde. Er habe auf Grund des Verhaltens dieser Magistratsabteilung darauf vertrauen können, dass die Gebrauchserlaubnis fortbestehe. Schließlich habe er die Abgabe für das Jahr 2001 auch bezahlt. Bezüglich der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2002 sei ihm über sein Ersuchen mehrmals vom zuständigen Sachbearbeiter telefonisch eine Fristerstreckung zugesichert worden. Entgegen dieser Zusicherungen sei rückwirkend der Ablauf der Gebrauchserlaubnis festgestellt worden, dies obwohl die Magistratsabteilung 6 noch eine mit datierte Gebrauchsentgelts-Vorschreibung vorgenommen habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Folgende Bestimmungen des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (in der Folge: GAG) sind im Beschwerdefall zu beachten:

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt. Die Gründe für das Erlöschen der Wirksamkeit der Gebrauchserlaubnis sind im § 4 dieses Gesetzes geregelt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"§ 4

Erlöschen der Wirksamkeit der Gebrauchserlaubnis

(1) Der Magistrat hat die Gebrauchserlaubnis zu widerrufen, wenn ein nachträglich entstandener Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 bekannt wird, sofern nicht die Vorschreibung von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen für die Ausübung des bewilligten Gebrauches ausreicht. Weiters ist die Gebrauchserlaubnis bei wiederholter Bestrafung wegen Übertretungen dieses Gesetzes oder wegen Nichteinhaltung der gemäß § 2 Abs. 2 auferlegten Verpflichtungen zu widerrufen. Durch den Widerruf erlischt die Gebrauchserlaubnis.

(2) Eine Gebrauchserlaubnis nach der Tarifpost C 4 oder C 5 kann der Magistrat außerdem widerrufen, wenn sie in einem Kalenderjahr nicht mindestens an sechzig Tagen betrieblich genutzt worden ist. Mit dem Widerruf, der bis zum Ende des diesem Kalenderjahr folgenden Jahres auszusprechen ist, erlischt die Gebrauchserlaubnis.

(3) Die Gebrauchserlaubnis nach § 3 Abs. 2 erlischt, sofern sie einer physischen Person erteilt wurde, außerdem im Zeitpunkt der Beendigung der Abhandlung der Verlassenschaft des früheren Erlaubnisträgers und bei einer Mehrheit von physischen Personen im Zeitpunkt der Beendigung der zuletzt abgehandelten Verlassenschaft; wurde die Gebrauchserlaubnis einer juristischen Person, einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft oder einer Personengesellschaft nach Handelsrecht erteilt, so erlischt sie mit dem Aufhören der Rechtspersönlichkeit der juristischen Person, mit der Auflösung der eingetragenen Erwerbsgesellschaft oder mit der Auflösung der Personengesellschaft.

(4) Die Gebrauchserlaubnis erlischt überdies im Zeitpunkt des Einlangens einer Verzichtserklärung beim Magistrat. Ein Verzicht liegt auch dann vor, wenn die Gebrauchsabgabe binnen zwei Monaten nach Fälligkeit ohne Angabe von Gründen nicht entrichtet wird und außerdem für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis bezieht, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt worden ist. In derartigen Fällen wird der Verzicht im Zeitpunkt der Erteilung der neuen Gebrauchserlaubnis wirksam.

(5) In den Fällen des § 3 Abs. 1 erlischt die Gebrauchserlaubnis ferner mit der Beseitigung des Bauteiles, auf den sich die Gebrauchserlaubnis bezieht.

(6) Weiters erlischt die Gebrauchserlaubnis, wenn die Abgabe nicht spätestens sechs Monate nach Fälligkeit bzw. nach Ablauf eines bewilligten Zahlungsaufschubes bzw. nach Ablauf einer für die Entrichtung der Abgabe gemäß §§ 160 Abs. 3 und 160 a Abs. 5 der Wiener Abgabenordnung - WAO, eingeräumten Nachfrist entrichtet wird.

(7) Die Gebrauchserlaubnis erlischt, wenn hinsichtlich der den Gegenstand der Gebrauchserlaubnis betreffenden Fläche die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 entfallen."

§ 4 GAG enthält die Voraussetzungen für das Erlöschen der Wirksamkeit der Gebrauchserlaubnis. Im Beschwerdefall ist der im Abs. 6 geregelte Erlöschenstatbestand von Bedeutung. Demnach erlischt die Gebrauchserlaubnis, wenn die hiefür festgesetzte Abgabe nicht spätestens sechs Monate nach Fälligkeit bzw. nach Ablauf eines bewilligten Zahlungsaufschubes bzw. nach Ablauf einer für die Entrichtung der Abgabe gemäß §§ 160 Abs. 3 und 160a Abs. 5 WAO eingeräumten Nachfrist entrichtet wurde. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut tritt das Erlöschen der Gebrauchserlaubnis gemäß § 4 Abs. 6 GAG somit ex lege ein. Ein Bescheid, der den gemäß § 4 Abs. 6 GAG kraft Gesetzes bereits eingetretenen Rechtsverlust feststellt, ist somit nur deklarativer Natur.

Die belangte Behörde führt aus, die Erlassung des im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehenen Feststellungsbescheides sei im Beschwerdefall zur Klarstellung der Rechtslage erforderlich gewesen.

Der Beschwerdeführer wäre durch den angefochtenen Feststellungsbescheid dann in keinem Recht verletzt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 GAG erfüllt wären und die Wirksamkeit der Gebrauchserlaubnis daher kraft Gesetzes erloschen wäre. Dies liegt jedoch entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung nicht vor.

Auf Grund der die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheide hätte der Beschwerdeführer die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2001 bis spätestens bezahlen müssen. Die belangte Behörde stellte jedoch im angefochtenen Bescheid fest, dem Beschwerdeführer sei zur Bezahlung der fälligen Gebrauchsabgabe eine "Nachfrist bis Ende August 2001" gewährt worden. Im vorgelegten Verwaltungsakt findet sich hiezu eine Aktennotiz, wonach mit dem Beschwerdeführer auf Grund seines Ersuchens vom "die Begleichung des Rückstandes für das Jahr 2001 .. in 2 Raten bis Ende August vereinbart" worden sei (AS 79 im Akt II). Die Gewährung des Zahlungsaufschubes hielt die belangte Behörde - das lassen die diesbezüglich fehlenden Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid vermuten - nicht für entscheidungserheblich, weil sie offenbar davon ausgeht, dass die Gebrauchserlaubnis sofort mit Ablauf eines bewilligten Zahlungsaufschubes erlischt und sich daher das im § 4 Abs. 6 GAG enthaltene Tatbestandselement "spätestens sechs Monate" nur auf die Zahlung nach eingetretener Fälligkeit bezieht, nicht jedoch bei verspäteter Entrichtung der Abgabe auf Grund eines vereinbarten oder bewilligten Zahlungsaufschubes zur Anwendung gelangt.

Aus der Textierung des § 4 Abs. 6 GAG - bei der jeder Tatbestand mit dem Wort "nach" eingeleitet wird, woraus folgt, dass der erste Teil des Halbsatzes ("wenn die Abgabe nicht spätestens sechs Monate") für alle Tatbestände gilt - ergibt sich jedoch, dass der Ablauf von sechs Monaten nach allen aufgezählten Fristenden Voraussetzung dafür ist, dass die Gebrauchserlaubnis erlischt.

Auf Grund der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die dem Beschwerdeführer nach Eintritt der Fälligkeit der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2001 gewährte Ratenzahlung nicht nur eine Zahlungserleichterung war, sondern auch den Zeitpunkt der Abgabenentrichtung hinausgeschoben hat, somit ein Zahlungsaufschub bis Ende August 2001 vereinbart war. Ein Erlöschen der erteilten Gebrauchserlaubnis wäre daher erst eingetreten, wenn die Zahlung dieser Abgabe nicht bis spätestens Ende Februar 2002 erfolgt wäre. Tatsächlich hat jedoch der Beschwerdeführer die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2001 vor Ablauf dieser Frist entrichtet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird somit nicht eine ex lege eingetretene Rechtsfolge nur deklarativ festgestellt, vielmehr wirkt der Ausspruch, die erteilte Gebrauchserlaubnis sei Ende August 2001 erloschen, ungeachtet seiner Bezeichnung als "Feststellungsbescheid" konstitutiv. Ein solcher Bescheid, der entgegen der Gesetzeslage das Erlöschen einer nach dem GAG erteilten Gebrauchserlaubnis ausspricht und das bescheidmäßig zuerkannte Recht aufhebt, somit in ein bestehendes Rechtsverhältnis gestaltend eingreift und damit eine neue Rechtslage begründet (siehe hiezu auch Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Rz 404, Seiten 172 f), ist rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am