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VwGH vom 22.11.2005, 2004/05/0250

VwGH vom 22.11.2005, 2004/05/0250

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Rosemarie Jahn in Perchtoldsdorf, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-111/001-2004, betreffend Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Kaltenleutgeben), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund des Ansuchens vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes auf dem Grundstück Nr. 240/26 der KG Kaltenleutgeben. Das Baugrundstück liegt im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald, Naturpark Föhrenberge, und ist im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde als Grünland-Landwirtschaft ausgewiesen. Im Baubewilligungsbescheid wurden die Protokolle über die Bauverhandlungen zu einem wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt und die Baubeschreibung, das vorgelegte Betriebskonzept sowie das Gutachten des Gebietsbauamtes V-Mödling vom der Bewilligung zu Grunde gelegt. Bewilligungsgegenstand war demnach die Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes im Ausmaß von 8 m x 26 m, das sowohl als Wirtschafts- als auch als Wohngebäude genutzt werden soll. Im Kellergeschoss war plangemäß ein Raum für Pferdestallungen, im Erdgeschoss waren zwei Räume für Heu- und Gerätelager vorgesehen. Neben den Wirtschaftseinheiten waren im Erd- und Dachgeschoss zwei Wohntrakte mit Wohnnutzflächen von ca. 63,45 m2 und ca. 116,60 m2 geplant. Im Betriebskonzept wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin beabsichtigt, ihren landwirtschaftlichen Betrieb von (im Zeitpunkt des Baubewilligungsansuchens) bestehenden drei Zuchtstuten und drei Wallachen (Rasse Isländer) aus eigener Nachzucht auf vier Isländerstuten aufzustocken, die in der Folge als Zuchtgrundlage dienen sollen. Die Fohlen (durch die hohe rassentypische Fruchtbarkeit im Durchschnitt drei Fohlen pro Jahr) sollen erst nach erfolgter Ausbildung im fünften Jahr abgegeben werden. Als landwirtschaftliche Flächen waren an Eigengrund ca. 6,95 ha und ca. 5 ha an Pachtflächen zur Bewirtschaftung des Betriebes vorgesehen. Diese landwirtschaftlichen Flächen wurden damals als Weiden genutzt.

In der Begründung des Baubewilligungsbescheides wurde "darauf hingewiesen, dass

1. die Baubewilligung an die Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes, sprich die Erfüllung des Wohnbedürfnisses des Betriebsinhabers bzw. der Übernehmerin gebunden ist;

... ."

In der Niederschrift des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom über die an diesem Tag durchgeführte Rohbaubeschau wurde festgehalten, dass das bewilligte Bauvorhaben "bis auf geringfügige Änderungen plan- und beschreibungs- und bedingungsgemäß ausgeführt wurde". Zur Benützungsbewilligung sei ein Plan über die tatsächliche Bauausführung vorzulegen.

In einem anlässlich der baubehördlichen Überprüfung an Ort und Stelle am angefertigten Aktenvermerk ist festgehalten, dass von der Beschwerdeführerin zwar das Wohngebäude, nicht jedoch der Stall errichtet worden sei. Da die baubehördliche Bewilligung unter der Bedingung erteilt worden sei, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb errichtet werde, sei keine widmungsgemäße Errichtung erfolgt.

In der am angefertigten Niederschrift betreffend die baubehördliche Überprüfung gemäß § 27 NÖ Bauordnung 1996 wurde festgestellt, dass

"über die Sommermonate das Kellergeschoss des östlichen Traktes errichtet wurde. Dieser Trakt ist entgegen den Einreichunterlagen nicht mit dem daneben liegenden Gebäudeteil verbunden. Auch wurde nur ein Raum errichtet, der durch ein Garagentor und eine normale Eingangstüre zugängig ist und als Abstellraum für Gerümpel genützt wird. Das darüber liegende Heu- und Gerätelager ist nicht zur Ausführung gelangt;

bei dem im Einreichplan dargestellten Kellerraum mit einer Fläche von 10,80 m2 die Zwischenwände nicht errichtet wurden, sodass ein großer Raum vorhanden ist, der vom Freien durch eine Eingangstür und ein Garagentür zugängig ist. In diesem Raum waren Strohballen gelagert;

bei dem im Einreichplan als Offenstall mit 62,70 m2 Fläche dargestellten Raum, die Wände mit Brettern verkleidet wurden. Auch Holzgestelle, zwischen denen ein grobmaschiges Drahtgitter gespannt war, wurden errichtet. Diese dienen laut Aussage (Beschwerdeführerin) als Futterkrippen für elf Pferde. Ein Teil dieses Raumes war mit Stroh ausgelegt, der restliche Raum mit Strohballen voll geschlichtet. Dieser Raum ist von Außen frei zugängig (kein Tor vorhanden);

im Wohngeschoss sind die beiden in das Dachgeschoss führenden Stiegen nicht zur Ausführung gelangt. Weiters wurde die Trennwand zwischen den beiden Wohneinheiten im Bereich der Diele der WE 1 bzw. des Vorraums der WE 2 nicht errichtet. Der südseitige Balkon wurde ebenfalls noch nicht errichtet;

das Dachgeschoss nur über eine an der östlichen Fassade angebrachten Freitreppe erreichbar ist;

die Liegenschaft zur Zeit über keine durchgehende Einfriedung zum öffentlichen Gut verfügt."

Bei einer weiteren baubehördlichen Überprüfung gemäß § 27 NÖ Bauordnung 1996 vom wurde von der Baubehörde festgestellt, dass die Ausführung des Vorhabens im Wesentlichen den vorgelegten Bestandsplänen entspreche. Lager und Dachbodenräume im östlichen Bereich des Hauses sowie der im Plan im Süden des Objektes zu liegen kommende Balkon seien bisher noch nicht errichtet. Die Beschwerdeführerin besitze sieben Pferde (vier Stuten und drei Wallache). Ein Hengst für die Zucht sei laut Angaben der Beschwerdeführerin nicht erforderlich. Derzeit seien keine Stuten trächtig.

Der vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde beauftragte Gutachter erstellte zur Frage, ob derzeit von einem landwirtschaftlichen Betriebsgebäude im Sinne des § 19 ROG 1976 gesprochen werden könne und ob ein funktionierender landwirtschaftlicher Betrieb geführt werde, in seinem Gutachten vom fest, dass nach der derzeitigen Gesetzeslage die erstmalige Errichtung von Wohngebäuden nur mehr in der Widmungsart Grünland land- und forstwirtschaftliche Hofstellen möglich sei. Eine nachträgliche Bewilligung des abgeänderten Projektes scheine daher unter den gegebenen Voraussetzungen (Flächenwidmung Grünland-Land- und Forstwirtschaft) nicht möglich.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 35 Abs. 3 Z. 2 NÖ Bauordnung 1996 der Auftrag zum Abbruch der bisher errichteten Baulichkeiten erteilt. Das bisher errichtete Objekt entspreche nicht dem bewilligten Vorhaben, und es sei auch nach Fertigstellung nicht die Nutzung entsprechend der Bewilligung beabsichtigt.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe keinen landwirtschaftlichen Betrieb (Pferdezuchtbetrieb) errichtet. Für das errichtete Wohngebäude bestehe kein Konsens. Die Berufungsbehörde stützte sich bei ihrer Entscheidung ebenfalls auf § 35 Abs. 3 Z. 2 NÖ Bauordnung 1996.

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin Folge gegeben, der Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde zurückverwiesen. Als tragenden Aufhebungsgrund führte die Vorstellungsbehörde an, dass ein Beseitigungsauftrag nach § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 ein vollendetes Bauvorhaben voraussetze. Gemäß § 30 Abs. 1 leg. cit. dürfe die Fertigstellung eines Teiles eines bewilligten Bauvorhabens nur angezeigt werden, wenn dieser Teil für sich allein dem bewilligten Verwendungszweck, den Vorschriften der NÖ Bauordnung 1996 und der NÖ Bautechnikverordnung 1997 sowie dem Bebauungsplan entspreche. Die mit Bescheid vom (nach der damaligen Gesetzeslage zulässigerweise) erteilte Baubewilligung sei nur für das gesamte Projekt, das gesamte Wirtschafts- und Wohngebäude erteilt worden, da es auch nach der damaligen Gesetzeslage nur dann zulässig gewesen sei auf Grundstücken mit der Widmung Grünland-Landwirtschaft ein Wohngebäude zu errichten, wenn dieses für den landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich gewesen sei. Es sei daher eine Teilfertigstellungsmeldung im Beschwerdefall nicht möglich und demgemäß das Bauvorhaben auch noch nicht vollendet. Daher wäre die Baubehörde verpflichtet gewesen, nach § 29 und nicht nach § 35 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1996 vorzugehen.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde als Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen. Die Berufungsbehörde übernahm in der Begründung ihres Bescheides den von der Vorstellungsbehörde genannten Aufhebungsgrund.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 NÖ Bauordnung 1996 die Fortsetzung der Ausführung des Bauvorhabens (Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes) untersagt (Spruchpunkt I) und gemäß § 29 NÖ Bauordnung 1996 aufgetragen, beim Bauvorhaben (Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes) "binnen einem Jahr ab Rechtskraft dieses Bescheides einen Zustand herzustellen, der dem vorhergehenden entspricht" (Spruchpunkt II). In der Begründung ging der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde davon aus, dass die Untersagung der Fortsetzung der Bauführung deshalb erforderlich gewesen sei, weil das errichtete Bauvorhaben nicht der erteilten Baubewilligung entspreche; die vorgenommenen Änderungen stellten bewilligungspflichtige Änderungen nach § 14 Abs. 4 NÖ Bauordnung 1996 dar, da durch die Abänderung des Bauwerks die Standsicherheit tragender Bauteile, der Brandschutz und die hygienischen Verhältnisse beeinträchtigt seien. Die Abänderungen des Bauwerks seien nicht bewilligungsfähig, da das Baugrundstück im örtlichen Raumordnungsprogramm der mitbeteiligten Marktgemeinde als "Grünland-Landwirtschaft" gewidmet sei. Gemäß § 19 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 sei im Grünland ein Bauvorhaben nach § 14 oder nach § 15 NÖ Bauordnung 1996 nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich sei und in den Fällen des Abs. 2 Z. 1a und 1b eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolge. Eine Baubewilligung gemäß § 23 Abs. 1 iVm § 20 NÖ Bauordnung 1996 könnte wegen des Widerspruchs zu der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart ("Grünland-Landwirtschaft") des betroffenen Grundstückes nicht erteilt werden. Gemäß § 29 NÖ Bauordnung 1996 sei die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen, da eine Baubewilligung nach § 23 Abs. 1 leg. cit. nicht erteilt werden dürfe. Der Grund hiefür sei, dass das Bauvorhaben nicht entsprechend der Baubewilligung errichtet worden sei bzw. bewilligungspflichtige Abänderungen vorgenommen worden seien, die auf Grund des Widerspruchs zum örtlichen Raumordnungsprogramm nicht bewilligungsfähig seien.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Das bewilligte Bauvorhaben sei nicht vollendet worden. Es stehe fest, dass das 1997 bewilligte Projekt nicht wie bewilligt ausgeführt worden sei. Die gemäß § 14 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1996 bewilligungspflichtigen Abänderungen seien in dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen aufgelistet worden. Dass die in dem Gutachten angeführten Abänderungen tatsächlich ausgeführt worden seien, habe die Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Eine für die Abänderung nötige Baubewilligung liege nicht vor. Die Baubehörde habe daher die Fortsetzung der Ausführung des in der Form nicht bewilligten Bauvorhabens gemäß § 29 der NÖ Bauordnung 1996 zu untersagen gehabt. Es wäre zwar gemäß § 19 Abs. 2 Z. 1a NÖ Raumordnungsgesetz 1976 eine Abänderung eines bereits bestehenden Wohngebäudes zulässig, nicht jedoch die Errichtung eines Bauvorhabens in bereits abgeänderter Form. Für ein derart bewilligungspflichtig abgeändertes Bauvorhaben wäre daher die Widmung des Grundstückes als Grünland - land- und forstwirtschaftliche Hofstelle erforderlich. Da somit das entgegen der erteilten Baubewilligung errichtete Wohn- und Stallgebäude dem Flächenwidmungsplan widerspreche, wäre ein Baubewilligungsantrag nach § 23 Abs. 1 iVm § 20 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 abzuweisen; eine Baubewilligung dürfte somit nicht erteilt werden. Die Baubehörde habe in diesem Fall gemäß § 29 NÖ Bauordnung 1996 die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspreche, zu verfügen gehabt; die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, nachträglich um Bewilligung anzusuchen, käme daher im Beschwerdefall nicht in Betracht. Die Baubehörde erster Instanz habe zu Recht die vorliegende Baueinstellung und die Herstellung des vorherigen Zustandes verfügt. Wenn bereits das Bauvorhaben nicht der Widmung entspreche, komme es daher auch nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin ein landwirtschaftliches (Neben-)Gewerbe ausübe und das Gebäude für den landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sei, weshalb auch nicht auf die vorliegenden landwirtschaftlichen Gutachten bzw. deren eventuell vorhandene Mängel einzugehen gewesen sei. Die Baubehörde habe nach § 29 NÖ Bauordnung 1996 vorzugehen, wenn die dort normierten Voraussetzungen vorliegen. Eine fehlende Baubewilligung sei kein Mangel im Sinne des § 28 leg. cit. Sowohl § 29 als auch § 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 verpflichteten die Baubehörde - einerseits beim unvollendeten Bauvorhaben, andererseits beim vollendeten Bauvorhaben - Abbruchaufträge zu erlassen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem "Recht auf Unterbleiben eines Abbruchbescheides; richtige Gesetzesauslegung der §§ 20 und 29 NÖ Bauordnung 1996 bzw. Anwendung der gültigen Bestimmungen gemäß § 77 Abs. 1 NÖ BauO" verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid hatte die belangte Behörde die Rechtmäßigkeit eines im baubehördlichen Instanzenzug ergangenen, auf § 29 NÖ Bauordnung 1996 gestützten Baueinstellungsbescheides, verbunden mit einem Bauauftrag, zu prüfen.

§ 29 NÖ Bauordnung 1996 hat folgenden Wortlaut:

"§ 29

Baueinstellung

Die Baubehörde hat die Fortsetzung der Ausführung eines Bauvorhabens zu untersagen, wenn

1. die hiefür notwendige Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) nicht vorliegt oder

2. bei einem bewilligten Vorhaben kein Bauführer bestellt ist.

Im 1. Fall hat die Baubehörde die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen, wenn nicht innerhalb einer von der Baubehörde bestimmten Frist um nachträgliche Baubewilligung angesucht oder die Anzeige vorgelegt wird.

Darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden (§ 23 Abs. 1) oder ist das Bauvorhaben zu untersagen (§ 15 Abs. 3), hat diese Verfügung nach der Baueinstellung zu erfolgen.

Im 2. Fall darf die Ausführung erst nach Meldung eines Bauführers fortgesetzt werden."

Die Beschwerdeführerin bekämpft nicht die von der belangten Behörde als unbedenklich übernommene Feststellung der Baubehörden, dass sie abweichend vom Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom Abänderungen am bewilligten Bauvorhaben vorgenommen hat, die die Standsicherheit tragender Bauteile, den Brandschutz und die hygienischen Verhältnisse des errichteten Bauwerks berühren. Für diese baulichen Maßnahmen wäre somit gemäß § 14 Z. 4 NÖ Bauordnung 1996 eine Baubewilligung erforderlich gewesen.

Die Beschwerdeführerin behauptet auch nicht, die Erteilung einer Baubewilligung für diese bautechnischen Änderungen beantragt zu haben, vielmehr vertritt sie die Auffassung, dass die Behörden bei Beurteilung der Rechtssache von der Rechtslage vor dem auszugehen gehabt hätten, weil mit ihrem Ansuchen vom eine entsprechende Baubewilligung beantragt und daher das beschwerdegegenständliche Verfahren vor Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 1996 anhängig gemacht worden sei.

Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, dass ihr Baubewilligungsantrag vom mit dem Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom in Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1976 erledigt worden ist. Über diesen Antrag kann wegen Vorliegens einer rechtskräftig entschiedenen Sache kein zweites Mal abgesprochen werden. Mit seiner Unanfechtbarkeit trat nämlich die Verbindlichkeit des Baubewilligungsbescheides ein (vgl. hiezu Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 8. Auflage, Rz 471, mwN.). Die mit der Rechtskraft verbundene Wirkung, dass die mit dem Bescheid erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Unwiederholbarkeit, ne bis in idem), bedeutet, dass bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache vorliegt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0262).

Unbekämpft steht fest, dass die Beschwerdeführerin das bewilligte Bauvorhaben nicht bewilligungsgemäß ausgeführt hat. Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass das bauausführende Unternehmen der Behörde am den Baubeginn angezeigt hat. Am hat die Baubehörde über Antrag der Beschwerdeführerin eine Rohbaubeschau durchgeführt.

Gemäß § 24 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 erlischt das Recht aus einem Baubewilligungsbescheid (§ 23 Abs. 1), wenn die Ausführung des bewilligten Bauvorhabens nicht binnen zwei Jahren ab dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides begonnen oder binnen fünf Jahren ab ihrem Beginn vollendet wurde. Ein Baubewilligungsbescheid im Sinne des § 24 NÖ Bauordnung 1996 ist auch eine bescheidmäßig erteilte Baubewilligung nach den Vorgängerbestimmungen der NÖ Bauordnung 1996 (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0835). Da die Frist zur Vollendung des bewilligten Bauvorhabens nicht verlängert worden ist, ist im Beschwerdefall fünf Jahre nach Beginn des bewilligten Bauvorhabens das Recht aus dem Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom erloschen. Dies war jedenfalls im Jahre 2002. Die belangte Behörde hat daher die von den Baubehörden der Beschwerdeführerin aufgetragene Baueinstellung zutreffend für rechtmäßig erachtet.

Die Baubehörden haben im Falle der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne Vorliegen der erforderlichen Baubewilligung die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen (§ 29 NÖ Bauordnung 1996) bzw. den Abbruch des Bauwerks anzuordnen (§ 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996), wenn eine Baubewilligung nicht erteilt werden darf bzw. das errichtete Bauwerk unzulässig (§ 23 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996) ist (§ 29 dritter Satz bzw. § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996). Die Baubehörde hat jedoch die Möglichkeit einzuräumen, innerhalb einer bestimmten Frist nachträglich um Baubewilligung anzusuchen, wenn das ausgeführte Bauvorhaben nicht im Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 NÖ Bauordnung 1996 angeführten Bestimmungen steht.

Die Behörden des Verwaltungsverfahrens hatten ihren Entscheidungen bereits das NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (in der Folge NÖ ROG 1976) in der Fassung der seit geltenden Novelle LGBl 8000-14 zugrunde zu legen. Der hier maßgebliche § 19 NÖ ROG 1976 hatte in dieser Fassung folgenden Wortlaut (auszugsweise):

"§ 19

Grünland

(...)

(2) Das Grünland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

1a. Land- und Forstwirtschaft:

Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und der Errichtung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft und deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung dienen. Bei den im Hofverband bestehenden Wohngebäuden sind zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sowie zur Privatzimmervermietung durch die Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung bis höchstens 10 Gästebetten im Hofverband die Wiedererrichtung von Wohngebäuden, sonstige Zubauten, Abänderungen sowie die Errichtung eines Ausgedingewohnhauses im Hofverband zulässig.

1b. Land- und forstwirtschaftliche Hofstellen:

Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung, der Errichtung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft und deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, der Errichtung von Wohngebäuden im Hofverband zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sowie zur Privatzimmervermietung durch die Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung bis höchstens 10 Gästebetten im Hofverband dienen.

(...)

(4) Im Grünland ist ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß der NÖ Bauordnung 1996 nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für die Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und in den Fällen des Abs. 2 Z. 1a und 1b eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt. Bei der Erforderlichkeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen.

(...)"

In der Übergangsbestimmung des § 30 NÖ ROG 1976 wird angeordnet, dass die nach den bisherigen Bestimmungen aufgestellten örtlichen Raumordnungsprogramme und die vereinfachten Flächenwidmungspläne als örtliche Raumordnungsprogramme und vereinfachte Flächenwidmungspläne nach diesem Gesetz gelten (Abs. 3) und für die in den örtlichen Raumordnungsprogrammen und vereinfachten Flächenwidmungsplänen nach Abs. 3 ausgewiesenen Widmungsarten die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden sind. Widmungsarten, die nach ihrer Bezeichnung nicht mit den Bestimmungen dieses Gesetzes übereinstimmen, gelten als nicht ausgewiesen (Abs. 5). Auch vor Inkrafttreten der Novelle LGBl 8000-14 zum NÖ ROG 1976 erlassene Flächenwidmungspläne sind im Hinblick auf § 30 Abs. 5 NÖ ROG 1976 daher nach der im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde geltenden Rechtslage des NÖ ROG 1976 auszulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0002).

Zutreffend hat somit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass die im hier anzuwendenden Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde für das Baugrundstück festgelegte Widmung "Grünland-Landwirtschaft" im Sinne der im § 19 Abs. 2 lit 1a. NÖ ROG 1976 i.d.F. LGBl 8000-14 enthaltenen Regelung auszulegen ist. Im Unterschied zur Regelung des § 19 Abs. 2 lit 1 NÖ ROG 1976 i.d.F. LGBl 8000-12 (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0002) sind Flächen in der Widmungsart Grünland-Landwirtschaft nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl 8000-14 (§ 19 Abs. 2 lit. 1a NÖ ROG 1976) nicht mehr für die Neuerrichtung von Wohngebäuden im Hofverband (zum Begriff des Hofverbandes siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0209, VwSlg 15.093/A) vorgesehen. Im Grünland dürfen nach der hier anzuwendenden Rechtslage vielmehr Wohngebäude im Hofverband zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse von Inhabern land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nur auf Flächen errichtet werden, die gemäß § 19 Abs. 2 lit. 1b NÖ ROG 1976 als "Land- und forstwirtschaftliche Hofstellen" gewidmet sind. Da im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde für das von der Beschwerdeführerin bebaute Grundstück eine solche Widmung nicht vorgesehen ist, darf für das von der Beschwerdeführerin errichtete Gebäude in der ausgeführten Art und Weise mit der (teilweise) vorgesehenen Widmung als Wohngebäude eine Baubewilligung nicht erteilt werden, weil ein solches Bauvorhaben der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart des Baugrundstücks widerspricht (vgl. § 20 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 1996; zum Begriff der Widmungsart siehe § 1 Abs. 1 Z. 7 NÖ ROG 1976). Nur für Zubauten und Abänderungen bei den im Hofverband bestehenden Wohngebäuden unter den im § 19 Abs. 2 lit. 1a NÖ ROG 1976 näher genannten Voraussetzungen sowie für die Errichtung eines Ausgedingewohnhauses bei bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieben kann auch auf Flächen, die als Grünland-Landwirtschaft gewidmet sind, eine Baubewilligung erteilt werden (siehe hiezu auch die bei Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, S 1016 f, wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur genannten Norm).

Da sohin das von der Beschwerdeführerin konsenslos errichtete Gebäude der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart des Baugrundstücks (§ 20 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 1996) widerspricht, haben die Baubehörden in Übereinstimmung mit § 29 und § 35 Abs. 1 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 die Herstellung des vorherigen Zustandes verfügt. Bei diesem Ergebnis war die belangte Behörde nicht verpflichtet, die Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten zu prüfen, weil die Frage, ob die Beschwerdeführerin einen landwirtschaftlichen (Neben-)Betrieb führt bzw. auf Grund ihres Vorbringens auf dem Baugrundstück zu führen beabsichtigt, nicht entscheidungswesentlich ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbdingung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am