VwGH vom 09.11.2004, 2004/05/0227
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Neostadia Vermietungs- und Verwertungs-GmbH in Wiener Neustadt, vertreten durch Dr. Herbert Handl, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Domplatz 16/2, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom , Zl. 1RB/214-2001, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender unstrittiger Sachverhalt:
Mit Schreiben vom wurde von der Beschwerdeführerin um Erteilung einer Baubewilligung für die "Neugestaltung des Vorplatzes am Domplatz" vor dem Objekt Domplatz 16, 2700 Wiener Neustadt, Grundstücksnummer 4797/16, EZ 4479, angesucht. Eigentümerin der zu bebauenden Liegenschaft ist die Stadt Wiener Neustadt.
Im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom aufgefordert, die Zustimmung des Grundeigentümers zum projektierten Vorhaben anzuschließen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom wurde das Bauansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen. In ihrer Begründung führte die Behörde aus, dass die Zustimmung des Grundeigentümers zum entsprechenden Bauvorhaben nicht vorläge.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Der Vorplatz des Objektes Domplatz 16 sei auf ausdrücklichen Wunsch und Bitte des (ehemaligen) Stadtbaudirektors DI W. gestaltet worden. Sämtliche Pläne betreffend die Pflasterung, die Poller sowie die Tafel mit der Hausnummer seien DI W. vorgelegt und von ihm die ihm genehme Variante ausgesucht worden. Nach Beendigung der Bauarbeiten habe eine Besprechung in den Räumlichkeiten des Wiener Neustädter Rathauses stattgefunden, bei der zwischen den Teilnehmern einvernehmlich festgehalten worden sei, dass die Platzgestaltung in der derzeit vorliegenden Form akzeptiert würde und unverändert bleiben solle. Bei diesem Gespräch seien die vertretungsbefugten Organe der Stadt Wiener Neustadt sowohl hinsichtlich der Vertretung in Baubehördenfunktion als auch hinsichtlich der Vertretung in privatwirtschaftlichen Angelegenheiten anwesend gewesen. Zum Beweis für diese Vorbringen wurde die Einvernahme einer Reihe von Zeugen beantragt, wobei es sich dabei hauptsächlich um Mitglieder des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt handelte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzliche Bescheid. Gemäß § 18 NÖ Bauordnung 1996 sei dem Antrag auf Erteilung der Baubewilligung die Zustimmung des Grundeigentümers anzuschließen bzw. vorzulegen. Ungeachtet des Vorbringens der Berufungswerberin sei die Zustimmung des Grundeigentümers (Stadt Wiener Neustadt, vertreten durch die Magistratsabteilung 4, Bauamt) zum projektierten Vorhaben nicht angeschlossen worden. Diese Zustimmung könne auch nicht durch die von der Berufungswerberin nicht näher bezeichneten Besprechungen substituiert werden. Vielmehr handle es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Vorschrift, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers einem Bauansuchen anzuschließen, nicht nur um eine solche über die notwendigen Belege des Bauansuchens, sondern es ergebe sich daraus auch die materiell-rechtliche Verpflichtung, dass die Zustimmung des Grundeigentümers im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung jedenfalls vorliegen müsse. Bei Mängel schriftlicher Anbringen könne die Behörde gemäß § 13 AVG dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist, zurückgewiesen wird. Ein derartiger Auftrag sei mit Schreiben vom unter Setzung einer 4-wöchigen Frist mit dem Hinweis erteilt worden, dass widrigenfalls das Ansuchen zurückgewiesen werden müsse.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Erteilung der begehrten Baubewilligung verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, durch vertretungsbefugte Organe der Stadt Wiener Neustadt als Grundeigentümerin sei die Zustimmung zum gegenständlichen Bauvorhaben erteilt worden; nach Vollendung der Baumaßnahmen hätte eine Besprechung im Wiener Neustädter Rathaus stattgefunden, bei welcher einvernehmlich festgehalten worden sei, dass die Platzgestaltung in der beabsichtigten Form akzeptiert würde und unverändert bleiben solle. Daher sei von einer Genehmigung der Grundeigentümerin auszugehen. Als Verfahrensmangel wird insbesondere gerügt, dass kein einziger der in der Berufung beantragten Zeugen zur Frage dieser Zustimmung einvernommen worden sei. Hätte die Behörde die Zeugen einvernommen, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass von den vertretungsbefugten Organen die Zustimmung erteilt worden wäre.
Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Zustimmung des Grundeigentümers liquid nachgewiesen werden muss. Etwa im Erkenntnis vom , VwSlg. 4.894/A, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung ausgeführt, dass ein Dritter ein Bauansuchen nur dann stellen kann, wenn er die Zustimmung des Grundeigentümers oder ein von dem Eigentümer hierzu erworbenes Recht "liquid" nachweist; liquid ist ein Nachweis nur dann, wenn durch den Beleg dargetan wird, dass es keinesfalls mehr fraglich sein kann, ob die Zustimmung erteilt wurde (siehe beispielsweise auch das zur NÖ BauO 1976 ergangene Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0029).
Gemäß § 18 Abs. 1 NÖ BauO 1996 (BO) sind dem Antrag auf Baubewilligung u.a. anzuschließen:
"1. Nachweis des Grundeigentums (Grundbuchsabschrift):
höchstens 6 Monate alt
oder
Nachweis des Nutzungsrechtes:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
a) | Zustimmung des Grundeigentümers oder | |||||||||
b) | Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen bei Miteigentum oder | |||||||||
c) vollstreckbare Verpflichtung des Grundeigentümers zur Duldung des Vorhabens." |
Auch nach nunmehriger Rechtslage ist dem Antrag auf Baubewilligung die Zustimmung des Grundeigentümers "anzuschließen", wobei nach § 18 Abs. 2 BO alle Antragsbeilagen von den Verfassern zu unterfertigen sind. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass auch nach neuer Rechtslage ein "liquider" Nachweis erforderlich ist, wobei es sich schon wegen des Erfordernisses der Unterschrift nur um einen schriftlichen Nachweis handeln kann.
Einen derartigen Nachweis hat die Beschwerdeführerin aber nie, insbesondere nicht nach dem Verbesserungsauftrag, erbracht. Es entspricht weiters der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0258), dass auch im Fall der Erwirkung einer (hier offenbar begehrten) nachträglichen Baubewilligung der Bauwerber sein Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung mit jenen Unterlagen versehen muss, die nach dem Gesetz erforderlich sind, und dass bei Fehlen solcher Unterlagen die Baubehörde im Rahmen eines Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen hat.
Nach § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde zunächst nicht zur Zurückweisung; sie hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen werde. Da eine solche Fristsetzung hier unbestrittenermaßen erfolgt ist (die Beschwerdeführerin geht in ihrer mit der Beschwerde vorgelegten Berufung selbst auf den Verbesserungsauftrag vom ein) und da die Beschwerdeführerin den geforderten Beleg nie erbracht hat, ist die Baubehörde erster Instanz zu Recht mit einer Zurückweisung vorgegangen.
Damit war aber der Gegenstand des Berufungsverfahrens umrissen; "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG war allein die Frage, ob die Entscheidung der Erstbehörde dem § 13 Abs. 3 AVG entsprach, ob also das Ansuchen zu Recht wegen des Formgebrechens zurückgewiesen wurde (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1273 ff). Die Frage, ob zu irgendwelchen Zeitpunkten irgendwelche Personen mündliche Zustimmungserklärungen abgegeben hätten, war jedenfalls nicht Sache des Berufungsverfahrens.
Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, wobei mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Wien, am