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VwGH vom 14.12.2004, 2004/05/0214

VwGH vom 14.12.2004, 2004/05/0214

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Leonding, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR- 155197/21-2004-Um/En, betreffend die amtswegige Aufhebung eines Baubewilligungsbescheides gemäß § 103 Oö. Gemeindeordnung 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der beim Stadtamt der Beschwerdeführerin am eingelangten Eingabe vom kam A.R. (in der Folge kurz: Bauwerberin) um Erteilung der baubehördlichen Genehmigung für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes mit Buschenschank auf dem Grundstück Nr. 662/10 (so der Antrag) im Gemeindegebiet ein. In der Folge wurde der Antrag modifiziert; zuletzt maßgeblich sind die Baubeschreibung und die Pläne vom bzw. (Lageplan). Danach soll das Gebäude auf dem Grundstück Nr. 662/10 errichtet werden, auf dem angrenzenden Grundstück Nr. 721/1 sind ein Gastgarten, ein Kinderspielplatz, eine Zufahrt sowie Stellplätze geplant. Das Grundstück Nr. 662/10 grenzt an die D.-Straße und an die Grundstücke Nr. 721/1 und Nr. 662/3. Diese beiden Grundstücke sowie das Grundstück Nr. 662/10 stehen nach der Aktenlage im Eigentum der Eltern der Bauwerberin, die der Bauführung ausdrücklich zugestimmt und auch die Einreichpläne unterfertigt haben. Das Grundstück Nr. 662/10 ist so gelegen, dass - von öffentlichen Verkehrsflächen abgesehen -

alle Grundstücke, die davon höchstens 50 m entfernt sind, im Eigentum der Eltern der Bauwerberin stehen.

Ohne Durchführung einer Bauverhandlung wurde der Bauwerberin mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom die angestrebte Baubewilligung für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes mit Buschenschank und einer Hauskanalanlage sowie für die Errichtung von Stützmauern auf dem Grundstück Nr. 662/10 nach Maßgabe des Plansatzes vom mit Änderungen bzw. Ergänzungen vom mit einer Reihe von Vorschreibungen erteilt, darunter (Punkt 9. der "Allgemeinen Bedingungen und Auflagen"), dass gemäß § 8 Oö. BauTG entsprechend dem Bauplan 24 Stellplätze auf dem Grundstück Nr. 721/1 zu errichten und ständig bereitzuhalten seien. Dieser Bescheid erging, soweit hier erheblich, an die Bauwerberin und ihre Eltern, an den Planverfasser, an die Bezirkshauptmannschaft Linz/Land (Abteilung Naturschutz) und an das Finanzamt Linz.

Ebenfalls unter dem Datum richtete die Baubehörde I. Instanz eine Erledigung an die Oö. Umweltanwaltschaft, die mit Eingaben vom (bei der Baubehörde eingelangt am ) und vom (bei der Baubehörde eingelangt am ) ihre Parteistellung geltend gemacht hatte. Diese Erledigung weist auf der ersten Seite rechts oben einen Textblock auf, in welchem das Aktenzeichen sowie der Bearbeiter genannt wird, weiters die maßgeblichen Telefonnummern und E-Mail- bzw. Internetadressen. Diese Erledigung hat folgenden Wortlaut (wobei der genannte Textblock nicht wiedergegeben wird und den Verwaltungsakten zu entnehmen ist, dass mit den in der Erledigung genannten Schreiben der Oö. Umweltanwaltschaft vom "" und "" jene vom bzw. gemeint sind):

"An die OÖ Umweltanwaltschaft

Stifterstraße 28

4021 Linz

Leonding, am

Zu UAnw-400643/8-2004-Ha/Kn vom

Betrifft: Errichtung eines landwirtschaftlichen

Gebäudes mit Buschenschank auf dem Gst.Nr. 662/10, KG Leonding,

Bauverfahren

Sehr geehrter Herr Umweltanwalt!

Auf Ihre Schreiben vom und sowie auf das gegenständliche Projekt der Errichtung einer Buschenschank in Leonding wird Bezug genommen. Im erstgenannten Schreiben stellen Sie Anträge auf Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung, sowie auf Vorlage beurteilbarer Projektsunterlagen und sämtlicher bisher ergangener Gutachten und Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme im gegenständlichen Verfahren.

Zunächst möchte ich höflich darauf verweisen, dass uns eine frühere Erledigung Ihres Anbringens leider nicht möglich war, da Änderungen des Projektes eine abschließende rechtliche Beurteilung in einem frühren Stadium des Verfahrens nicht zuließ.

Hinsichtlich der Frage Ihrer Parteistellung im gegenständlichen Verfahren verweisen wir auf den klaren Wortlaut des § 32 Abs. 2 OÖ BauO. Darin wird normiert, dass soweit es sich nicht um Wohngebäude handelt; bei Bauvorhaben nach § 24 Abs. 1 Z 1 bis 3 auch die OÖ Umweltanwaltschaft als Partei zur Bauverhandlung zu laden ist. In dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber ausgedrückt, dass die Parteistellung der Umweltanwaltschaft an eine Bauverhandlung geknüpft sein soll.

Gemäß § 32 Abs. 7 OÖ BauO entfällt die Bauverhandlung, wenn das Bauvorhaben nach § 35 plangemäß zu bewilligen ist und die Nachbarn durch ihre Unterschrift auf dem Bauplan erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben. Diese Möglichkeit steht somit nicht den Parteien , sondern den Nachbarn, zu.

Aus beiden Bestimmungen ist somit schlüssig zu folgern , dass der Umweltanwalt lediglich im Falle einer Bauverhandlung in ein Baubewilligungsverfahren für ein Bauvorhaben nach § 24 Abs. 1 Z 1 bis 3 (ausgenommen Wohngebäude) als Partei einbezogen werden soll. Daraus ergibt sich zwingend, dass dem Umweltanwalt bei Einwendungsverzicht der Nachbarn kein Recht auf Durchführung einer Bauverhandlung zukommen kann. Dass die Prüfung des Bauvorhabens gemäß § 35 OÖ BauO von der Baubehörde durchzuführen ist, ist evident.

Somit ist die Parteistellung des Umweltanwaltes im gegenständlichen Verfahren zu verneinen . Dies stellt keine Ermessensentscheidung der Baubehörde dar, sondern ist wie bereits oben ausgeführt im Materiengesetz festgelegt. Die Beurteilung dieser Rechtsfrage erfolgte nach umfassenderer juristischer Prüfung der gegenständlichen Bestimmungen. Im Sinne einer rechtskonformen Abwicklung des Verfahrens und unter Zugrundelegung der ha Rechtsauffassung war es der Baubehörde nicht möglich, dem Umweltanwalt die Parteistellung im Verfahren zuzuerkennen. Nachdem das Verfahren bereits im Vorfeld von medialem Interesse begleitet war und die Diskussion emotional geführt wurde, war es mir als Baubehörde I. Instanz besonders wichtig, das Bauverfahren rechtlich korrekt durchzuführen. Es wurde daher besonderes Augenmerk auf die Fragen der Widmungskonformität und der Rechtmäßigkeit gelegt. Dass wir als zuständige Behörde auch Aspekte des Umweltschutzes wahrgenommen haben, können Sie bereits daran ersehen, dass es zum einen eine positive Stellungnahme der Naturschutzbehörde gab, als auch, dass letztendlich ein gegenüber den ursprünglichen Plänen deutlich verkleinertes Projekt vorliegt. Dieses fügt sich nun auch sehr gut in die Umgebung ein.

Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die von Ihnen aufgeworfenen Argumente im Zuge des Bauvorhabens geprüft wurden, vor allem wurden auch die einschlägigen Rechtsauskünfte des Landes zur Kenntnis genommen und in die Prüfung einbezogen. Ich darf Ihnen versichern, dass die baubehördliche Entscheidung rechtmäßig und in Übereinstimmung mit sämtlichen einschlägigen Bestimmungen ergeht.

Mit freundlichen Grüßen!

(Unterschrift)

(Name)

Der Bescheid und diese Erledigung jeweils vom wurden gemäß den in den Akten befindlichen Rückscheinen am zugestellt. Die Bauwerberin und ihre Eltern gaben am selben Tag hinsichtlich des Bescheides einen Rechtsmittelverzicht ab.

Mit Erledigung der Baubehörde vom selben Tag (14. Juli) wurden der Bauwerberin die mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Unterlagen übermittelt.

Am zeigte der Bauführer der Baubehörde an, dass mit der Bauarbeit am begonnen werde.

Mit Erledigung vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, es bestünden gravierende Bedenken gegen die Bewilligung, weshalb sie sich veranlasst sehe, eine aufsichtsbehördliche Prüfung durchzuführen.

Mit Eingabe vom (die beim Stadtamt der Beschwerdeführerin am selben Tag einlangte) widersprach die Oö. Umweltanwaltschaft der Auffassung der Baubehörde in der Erledigung vom , ihr komme keine Parteistellung zu und beantragte (u.a.) die "umgehende Übermittlung eines Bescheides".

Am nahm ein Organwalter der Oö. Umweltanwaltschaft Einsicht in den gemeindebehördlichen Akt und es wurden ihm Kopien ausgehändigt. Unstrittig ist, dass auf Grund einer Urgenz betreffend die Unvollständigkeit der Bescheidkopie mit Fax vom selben Tag "ein kompletter Bescheid" der Umweltanwaltschaft übermittelt wurde.

Gegen diesen Bescheid vom erhob die Umweltanwaltschaft mit Schriftsatz vom (eingelangt bei der Beschwerdeführerin am ) Berufung, die sie allerdings in weiterer Folge im Hinblick auf die Erlassung des nun angefochtenen Bescheides mit Schriftsatz vom (bei der Beschwerdeführerin eingelangt am ) zurückzog (weil im Hinblick auf die Kassation des Bescheides vom durch den nun angefochtenen Bescheid schon zum Zeitpunkt des Einlangens der Berufung bei der Behörde I. Instanz kein Bescheid mehr vorgelegen sei).

Zwischenzeitig hatte nämlich die belangte Behörde mit dem nun angefochtenen Bescheid (vom , bei der Beschwerdeführerin am selben Tag eingelangt) den Baubewilligungsbescheid vom gemäß § 103 Abs. 1 Oö. Gemeindeordnung 1990 (Oö. GemO. 1990) wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben. Dies wurde (zusammengefasst) im Wesentlichen damit begründet, dass der Oö. Umweltanwaltschaft Parteistellung im zugrundeliegenden Bauverfahren zugekommen sei. Die Auffassung, dass ihre Parteistellung an die Durchführung einer Bauverhandlung geknüpft sein solle, entspreche nicht den Absichten des Gesetzgebers, der mit der Festlegung einer Legalpartei ein Organ zur Wahrung der Interessen des Umweltschutzes habe schaffen wollen. Es wäre aber nicht einsichtig, dass diese Aufgabe nach dem Willen des Gesetzgebers nur im Fall der Durchführung einer Bauverhandlung wirksam werden solle, dies umso mehr, wenn man sich beispielsweise vor Augen halte, dass alleine die Unterschrift der Nachbarn auf dem Bauplan im Sinne des § 32 Abs. 7 der Oö. Bauordnung 1994 (in der Folge kurz: BO) den Entfall der Bauverhandlung bewirken könne. Unter Zugrundelegung der Auffassung des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin würde dies zum sachlich nicht vertretbaren Ergebnis führen, dass die Nachbarn durch Abgabe oder Nichtabgabe ihrer Erklärung auf dem Bauplan gleichsam indirekt über die Parteistellung der Öö. Umweltanwaltschaft entscheiden könnten.

Die Missachtung der Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft stelle allerdings nicht den einzigen Gesetzesverstoß gegen jene Bestimmungen der BO dar, die die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren regelten. Die Baubehörde sei bei ihrer Entscheidung offensichtlich davon ausgegangen, dass sich die Beurteilung des Projektes auf das Grundstück Nr. 662/10 beschränken könne, sodass auf Grundlage dessen sich ausschließlich Grundstücke der Eltern der Bauwerberin im Umkreis von 50 m um dieses Grundstück befänden und daher nur den Eltern der Bauwerberin die Stellung als Nachbarn zukomme. Dies sei aber unzutreffend. Es sei dabei nämlich unberücksichtigt geblieben, dass sich für den Buschenschankbetrieb wesentliche Anlagenteile projektgemäß auch auf dem im Süden unmittelbar angrenzenden Grundstück Nr. 721/1 befänden, nämlich zunächst ein Kinderspielplatz und ein Gastgarten, die schon im Hinblick auf die dort verursachten Lärmemissionen aus nachbarrechtlicher Sicht relevant seien und die somit bei der hier notwendigen Gesamtbetrachtung des Projektes als Bestandteil des Buschenschankbetriebes gewertet werden müssten. Gleiches gelte jedenfalls auch für die auf diesem weiteren Grundstück geplante 24 Stellplätze. Es könne nicht angehen, diese emissionsträchtigen Anlagenteile (Hinweis auf den Lärm im Gastgarten, auf den vom Kinderspielplatz ausgehenden Lärm, sowie auf Zu- und Abfahrtsbewegungen von Fahrzeugen auf den Stellplätzen) bei der baubehördlichen Beurteilung völlig außer Betracht zu lassen und insbesondere diese Aspekte bei der wichtigen Frage der Parteistellung von Nachbarn auszuklammern. Bei richtiger Betrachtungsweise sei vielmehr davon auszugehen, dass sich der Buschenschankbetrieb nicht allein auf das Grundstück Nr. 662/10 beschränke, sondern auch das Grundstück Nr. 721/1 mitumfasse, weshalb auch jene Eigentümer von Grundstücken, die sich im Umkreis von 50 m um das Grundstück Nr. 721/1 befänden, schon auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung voraussichtlich durch die vom Buschenschankbetrieb ausgehenden Immissionen in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden könnten. Demnach sei das Baubewilligungsverfahren auch unter Ausschluss der Nachbarn durchgeführt worden; zumindest und jedenfalls sei dieser Aspekt im Bewilligungsverfahren völlig ungeprüft geblieben.

Die belangte Behörde verkenne allerdings nicht, dass dessen ungeachtet sämtliche übergangenen Parteien die Möglichkeit hätten, ihre Rechte durch die im Gesetz vorgesehenen Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel durchzusetzen (Hinweis auf § 33 BO). Im Beschwerdefall sei jedoch die Vorgangsweise aus rechtsstaatlicher Sicht in besonderem Maß bedenklich, weil vom Verfahren geradezu (nämlich abgesehen von den Eltern der Bauwerberin, von deren Seiten allerdings keine Einwendungen zu erwarten gewesen seien) sämtliche Nachbarn sowie die Amtspartei Oö. Umweltanwaltschaft ausgeschlossen worden und somit von einem ordnungsgemäßen Verfahren in I. Instanz keinesfalls mehr gesprochen werden könne. So mangle es an der Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung, an der Möglichkeit für die Nachbarn, allfällige Einwendungen im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, diese Einwendungen einer entsprechenden Begutachtung zuzuführen, etc. Im Ergebnis sei das im Gesetz zur Erlangung einer Baubewilligung grundsätzlich vorgesehene Mehrparteienverfahren im Beschwerdefall durch Ausschluss der Parteien sozusagen auf ein "Einparteienverfahren" reduziert worden. Dies stelle eine besonders krasse Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien dar, die von der Aufsichtsbehörde jedenfalls aufzugreifen gewesen sei.

Im aufsichtsbehördlichen Verfahren seien allerdings noch weitere, schwerwiegende Gesetzesverstöße hervorgekommen, auf die noch einzugehen sei.

So sei die mit dem Bauvorhaben für die Nachbarschaft verbundene Immissionsbelastung nicht ausreichend geprüft worden (wurde näher ausgeführt). Auch widerspreche das Vorhaben der Flächenwidmung "Grünland-Grünzug" mit der näheren Bezeichnung "Gz 3" (Gz 3 bedeutet: "Funktion: Naherholung und/oder Siedlungsgliederung"). Dieser Widmungsfunktion widerspreche das Vorhaben (wurde näher ausgeführt).

Zusammenfassend ergebe sich, dass das Verfahren "unter Ausschluss der Parteien (Nachbarn und Oö. Umweltanwaltschaft)" durchgeführt worden sei, dass die im Baubewilligungsverfahren wesentliche Frage der Immissionsbelastung ungeprüft geblieben sei, dass der im Bezug auf die Widmungskonformität von Bauten und Anlagen im Grünland anzulegende strenge Maßstab missachtet und die Frage der Widmungsübereinstimmung fehlerhaft beurteilt worden sei.

Nach § 98 Oö. GemO 1990 sei das Aufsichtsrecht unter möglichster Bedachtnahme auf die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde und unter möglichster Schonung erworbener Rechte Dritter auszuüben. Stünden im Einzelfall verschiedene Aufsichtsmittel zur Verfügung, so sei das jeweils gelindeste noch zum Ziel führende Mittel anzuwenden. Im Beschwerdefall könne aber nur die Aufhebung des Baubewilligungsbescheides erfolgen (wurde näher dargelegt).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Aufhebung auf § 103 der Oö. Gemeindeordnung 1990, LGBl. Nr. 91/1990, gestützt. Diese Bestimmung lautet (die darin genanten §§ 101 und 102 betreffen die Verordnungsprüfung und das Rechtsmittel der Vorstellung, sind daher im Beschwerdefall nicht von Belang):

"§ 103

Aufhebung von Bescheiden, Beschlüssen und sonstigen Maßnahmen

der Gemeindeorgane

(1) Außer den Fällen der §§ 101 und 102 können rechtskräftige Bescheide sowie Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen der Gemeindeorgane, die den Wirkungsbereich der Gemeinde überschreiten oder Gesetze oder Verordnungen verletzen, von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen oder über Antrag aufgehoben werden.

(2) Nach Ablauf von drei Jahren können jedoch Bescheide aus den Gründen der Erlassung durch eine unzuständige Behörde oder durch eine nicht richtig zusammengesetzte Kollegialbehörde nicht mehr aufgehoben werden. Diese Frist beginnt mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser."

Im Beschwerdefall ist weiters die Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (kurz: BO), anzuwenden, und zwar, soweit hier erheblich, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998.

§ 24 Abs. 1 Z. 1 bis 3 BO lautet:

"(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:


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1.
der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;
2.
die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören;
3. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden oder sonstigen Bauten gemäß Z. 2, wenn hiedurch eine Beeinträchtigung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten ist, oder wenn hiedurch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind;"
Die §§ 32, 33 und 39 Abs. 1 BO lauten:
"§ 32
Bauverhandlung

(1) Wird der Antrag nicht gemäß § 30 zurückgewiesen oder abgewiesen, hat die Baubehörde über jeden Baubewilligungsantrag nach § 28 eine mit einem Augenschein an Ort und Stelle zu verbindende mündliche Verhandlung (Bauverhandlung) gemäß den §§ 40 ff AVG durchzuführen, der mindestens ein Bausachverständiger beizuziehen ist. Zur Bauverhandlung sind jedenfalls die Parteien (insbesondere der Bauwerber und die Nachbarn einschließlich jener Miteigentümer, die im Sinn des § 31 Abs. 2 als Nachbarn gelten) sowie die zuständige Straßenverwaltung, der Planverfasser und der Bauführer, wenn er bereits bestimmt ist, zu laden. Nachbarn gelten jedoch nur insoweit als Parteien des Baubewilligungsverfahrens, als sie spätestens bei der Bauverhandlung Einwendungen (§ 31 Abs. 3 bis 6) erheben. Die Ladung kann auch für bekannte Beteiligte durch Anschlag der Kundmachung in den betroffenen Häusern an einer den Hausbewohnern zugänglichen Stelle (Hausflur) erfolgen; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden.

(2) Soweit es sich nicht um Wohngebäude handelt, ist bei Bauvorhaben nach § 24 Abs. 1 Z. 1 bis 3 auch die O.ö. Umweltanwaltschaft als Partei (§ 5 Abs. 1 O.ö. Umweltschutzgesetz 1996) zur Bauverhandlung zu laden.

(3) Im Baubewilligungsverfahren für bestimmte Bauvorhaben hat die Baubehörde die Bezirksverwaltungsbehörde als Naturschutzbehörde zu beteiligen und von der Bauverhandlung rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Diesbezüglich gilt § 36 Abs. 2 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995.

(4) Bei der Bauverhandlung ist das Bauvorhaben eingehend zu erörtern und auf seine Übereinstimmung mit den maßgebenden Vorschriften zu überprüfen. Die Baubehörde hat den Bauplan, der der Bauverhandlung zugrunde gelegen ist, zu kennzeichnen.

(5) Werden von Nachbarn Einwendungen erhoben, hat der Verhandlungsleiter dahin zu wirken, dass erkennbar wird, ob es sich hiebei um privatrechtliche oder um öffentlich-rechtliche Einwendungen handelt. Werden in subjektiven Rechten begründete privatrechtliche Einwendungen erhoben, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen nicht widersprechen, so hat der Verhandlungsleiter einen Vergleichsversuch vorzunehmen. Allfällige Einigungen über derartige privatrechtliche Einwendungen sind in der Verhandlungsschrift zu beurkunden.

(6) Bedarf ein Bauvorhaben auch nach anderen gesetzlichen Bestimmungen einer Bewilligung, ist die Bauverhandlung nach Möglichkeit gleichzeitig mit den anderen Verhandlungen vorzunehmen.

(7) Die Bauverhandlung entfällt, wenn das Bauvorhaben nach § 35 plangemäß zu bewilligen ist und die Nachbarn durch ihre Unterschrift auf dem Bauplan erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben. Kann die Baubewilligung nur unter Auflagen und Bedingungen erteilt werden, entfällt die Bauverhandlung nur dann, wenn durch die Auflagen und Bedingungen subjektive Nachbarrechte im Sinn des § 31 Abs. 4 bis 6 nicht nachteilig berührt werden.

§ 33

Übergangene Parteien

(1) Nachbarn, die vor oder bei der Bauverhandlung keine Einwendungen erheben konnten, weil sie zu dieser Verhandlung entgegen § 32 Abs. 1 nicht geladen wurden, gelten als übergangene Parteien.

(2) Je nach dem Stand des Baubewilligungsverfahrens sind übergangene Parteien auf ihren Antrag hin in dieses Verfahren wie folgt nachträglich einzubeziehen:

1. bis zur Erlassung des Bescheides der Baubehörde erster Instanz durch Gewährung des Parteiengehörs zum Baubewilligungsantrag und zum Ergebnis des hierüber bereits durchgeführten Ermittlungsverfahrens;

2. nach Erlassung des Baubewilligungsbescheides erster Instanz durch Zustellung einer Bescheidausfertigung.

(3) Sowohl im Rahmen des Parteiengehörs (Abs. 2 Z. 1) als auch in einer gegen den Baubewilligungsbescheid (Abs. 2 Z. 2) allenfalls erhobenen Berufung können übergangene Parteien alles vorbringen, was sie ansonsten bis zur oder bei der Bauverhandlung gegen das Bauvorhaben einzuwenden berechtigt gewesen wären. In keinem Fall haben übergangene Parteien jedoch einen Rechtsanspruch auf Wiederholung der mündlichen Bauverhandlung.

(4) Das Recht nach Abs. 2 Z. 2 erlischt mit Ablauf eines Jahres ab dem Beginn der Bauausführung (§ 39 Abs. 1) des gegenüber den anderen Verfahrensparteien rechtskräftig bewilligten Bauvorhabens."

"§ 39

Beginn der Bauausführung, Planabweichungen

(1) Mit der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens darf erst nach dem Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides begonnen werden. Als Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung gilt der Tag, an dem mit Erd- oder Bauarbeiten zur Verwirklichung des Bauvorhabens begonnen wird."

§ 5 des Oö. Umweltschutzgesetzes 1996, LGBl. Nr. 84 (diese Bestimmung idF LGBl. Nr. 1/2000) lautet:

"§ 5

Rechte der O.ö. Umweltanwaltschaft in Verwaltungsverfahren;

Missstandskontrolle; Amtshilfe

(1) Die O.ö. Umweltanwaltschaft hat in den von den jeweiligen Landesgesetzen bezeichneten Verfahren zur Wahrung des Umweltschutzes, insbesondere zur Vermeidung von schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt, Parteistellung im Sinn des § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) sowie das Recht, gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die O.ö. Umweltanwaltschaft kann auf ihre Parteienrechte auch verzichten.

(2) Bei begründetem Verdacht auf Nichteinhaltung landesgesetzlicher Bestimmungen, die dem Interesse des Umweltschutzes dienen, hat die zuständige Behörde, nachdem ihr die Missstände von der O.ö. Umweltanwaltschaft angezeigt worden sind, dieser Auskunft zu geben, ob und welche Veranlassungen in der aufgezeigten Angelegenheit getroffen worden sind. Die Behörde ist gegenüber der O.ö. Umweltanwaltschaft verpflichtet, die von ihr gesetzten Schritte bzw. deren Unterbleiben zu begründen. Diese Berechtigung der O.ö. Umweltanwaltschaft besteht insbesondere auch gegenüber der im Rahmen der Gemeindeaufsicht zuständigen Aufsichtsbehörde.

(3) Die Behörden und Dienststellen haben der O.ö. Umweltanwaltschaft die zur Ausübung ihrer gesetzlichen Aufgaben notwendige Unterstützung zu gewähren. Die O.ö. Umweltanwaltschaft ist auch gegenüber den nach § 2 Abs. 2 berechtigten Gemeinden und Gemeindemitgliedern zur Verschwiegenheit über solche ihr ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Parteien geboten ist. Die Oö. Akademie für Umwelt und Natur (§ 10) hat der O.ö. Umweltanwaltschaft die für die Ausübung deren Tätigkeit erforderlichen fachlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen."

Die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 setzt voraus, dass dieser Bescheid rechtskräftig ist (worauf noch zurückzukommen sein wird). Diese Frage ist im Hinblick auf die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, es seien Parteien des Baubewilligungsverfahrens übergangen worden, näher zu untersuchen.

In der Beschwerde heißt es zur Frage des Übergehens von Parteien, dies sei kein Grund für eine Vorgangsweise nach § 103 Abs. 1 GemO 1990, weil die Nachbarn als übergangene Parteien ihre Parteienrechte nach § 33 BO ohnedies selbst und voll wahrnehmen könnten. Im Übrigen seien Parteistellungen nicht verletzt worden. Wenn die belangte Behörde auch das gesamte Grundstück Nr. 721/1 "wegen der Parkplätze heranziehen" wolle, so übersehe sie, "dass die Zuschreibung der betreffenden Teilfläche zum Grundstück Nr. 662/10 angemerkt" sei. Parteien im Umkreis von 50 m vom Grundstück Nr. 662/10 "einschließlich der zuzuschreibenden Teilfläche", die durch Parkplätze in subjektiven Rechten beeinträchtigt werden könnten, seien nicht übergangen worden.

§ 32 Abs. 2 BO verlange, die Umweltanwaltschaft zur Bauverhandlung zu laden. Sie habe dann und insoweit Parteistellung, wie der Klammerverweis auf § 5 Abs. 1 Oö. Umweltschutzgesetz 1996 zeige. Dass in den Fällen, in denen nach dem Gesetz keine Bauverhandlung stattfinde, die Umweltanwaltschaft auch Parteistellung hätte, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Aber auch wenn man die BO anders verstehen sollte, bleibe es der Umweltanwaltschaft unbenommen, ihr Parteienrecht als "übergangene Legalpartei" nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsverfahrens geltend zu machen.

Zur Frage der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides vom führte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus, der Bescheid sei gegenüber all jenen Parteien, die der Bürgermeister am Verfahren beteiligt habe, vor seiner Aufhebung in Rechtskraft erwachsen. Die Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft sei im Übrigen von der Baubehörde ausdrücklich verneint worden, wie sich aus der entsprechenden Erledigung vom ergebe, der die Qualität einer bescheidmäßigen Erledigung im Sinne der Feststellung des Nichtbestehens der Parteistellung zuzumessen sei.

Gemäß § 39 Abs. 1 erster Satz BO dürfe mit der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens erst nach dem Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides begonnen werden. Aus § 33 BO, der die Rechtsstellung übergangener Parteien des Bauverfahrens regle, ergebe sich, dass das Recht einer übergangenen Partei, nach Erlassung des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides die Zustellung einer Bescheidausfertigung zu beantragen, mit Ablauf eines Jahres ab dem Beginn der Bauausführung des gegenüber den anderen Verfahrensparteien rechtskräftig bewilligten Bauvorhabens beschränkt sei. Eine Zusammenschau dieser Bestimmungen zeige, dass der Landesgesetzgeber davon ausgehe, dass ein Übergehen einer Partei nicht den Eintritt der Rechtskraft des Baubescheides (gegenüber den anderen Verfahrensparteien) hindere. Im Sinne der Einheit der Landesrechtsordnung folge daraus, dass ein der Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde im Sinne des § 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 zugänglicher rechtskräftiger Bescheid auch dann vorliege, wenn, wie im Beschwerdefall und aus welchen Gründen auch immer, einzelne Parteien dem Baubewilligungsverfahren von der Behörde nicht zugezogen worden seien und ihnen gegenüber mangels Bescheiderlassung auch kein rechtskräftiger Bescheid vorliegen könne.

Jede andere Auslegung würde zu dem das verfassungsrechtlich verankerte Aufsichtsrecht massiv aushöhlenden Ergebnis führen, dass die Aufsichtsbehörde im Falle der beabsichtigten Aufhebung einer Baubewilligung zunächst durch umfangreiche Ermittlungen feststellen müsste, ob im gemeindebehördlichen Verfahren irgend eine Partei übergangen worden sei (Nachbar oder Formalpartei; wurde näher ausgeführt). Diese Auslegung würde also dazu führen, dass eine Aufhebung einer rechtswidrigen baubehördlichen Bewilligung solange nicht möglich sei, bis die Frage der Parteistellung von Nachbarn zweifelsfrei geklärt sei. Aber auch die durch entsprechende Ermittlungen nachgewiesene Stellung eines Nachbarn als übergangene Partei würde sämtliche aufsichtsbehördlichen Mittel blockieren, wobei ungeklärt wäre, ob und wann eine Aufhebung der Baubewilligung dann noch möglich sei. Denkbar wäre zwar die Auffassung, dass dies nach Ablauf der in § 33 Abs. 4 BO bestimmten Frist der Fall sei, jedoch würde auch dies zu dem das verfassungsrechtlich gewährleistete Aufsichtsrecht verkürzenden Ergebnis führen, dass die Aufsichtsbehörde dann im Falle einer rechtswidrigen Baubewilligung den Beginn der Bauausführung und sodann den Ablauf der bezeichneten Jahresfrist abwarten müsste, um erst dann tätig werden zu können.

Um diese nicht sachgerechten Konsequenzen zu vermeiden, müsse nach Ansicht der belangten Behörde richtigerweise davon ausgegangen werden, dass mit "Rechtskraft" im Sinne des § 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 die formelle Rechtskraft bzw. Unanfechtbarkeit gemeint sei (Hinweis auch auf § 42 Abs. 3 AVG).

Der Verwaltungsgerichtshof gehe in seiner Judikatur zu § 356 GewO davon aus, dass als rechtskräftig entschieden im Sinne dieser Bestimmung eine Angelegenheit anzusehen sei, wenn gegen den über das Genehmigungsansuchen absprechenden Bescheid dem Genehmigungswerber, (allenfalls) dem Arbeitsinspektorat und jenen Nachbarn, die durch fristgerechte Erhebung von Einwendungen Parteistellung erlangt hätten, ein weiteres Rechtsmittel nicht mehr offen stehe, und nicht erst dann, wenn auch dem übergangenen Nachbarn der Genehmigungsbescheid zugestellt und die mit der Zustellung ausgelöste Frist zur Erhebung einer Berufung abgelaufen sei. Nach Auffassung der belangten Behörde müssten dieselben Überlegungen auch hinsichtlich § 103 Oö. GemO 1990 gelten.

Hinsichtlich der Stellung der Oö. Umweltanwaltschaft kämen überdies folgende Überlegungen dazu:

Als Formalpartei habe sie im Bauverfahren weder das Recht der Vorstellung noch das Recht einer Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Das bedeute, es gebe keine Möglichkeit, die Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Bezug auf die Frage der Parteistellung außerhalb der Gemeindeebene überprüfen zu lassen. Die Problematik zeige sich insbesondere dann in voller Schärfe, wenn die Baubehörden über die Parteistellung nicht formell absprächen, sondern die Oö. Umweltanwaltschaft lediglich faktisch nicht am Verfahren beteiligten. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass eine unter Ausschaltung der Oö. Umweltanwaltschaft erlassene Baubewilligung aus der Sicht der Aufsichtsbehörde auch im Lichte des § 103 Oö. GemO 1990 "unangreifbar" wäre, und zwar auch dann, wenn von der erteilten Baubewilligung seitens des Bauwerbers Gebrauch gemacht werde.

Im Beschwerdefall sei darüber hinaus die entsprechende Erledigung des Bürgermeisters vom entscheidend, welche alle essentiellen Elemente eines Bescheides enthalte, mit der festgestellt worden sei, dass die Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft im Bauverfahren zu verneinen sei. Da diese Entscheidung unbekämpft geblieben sei, sei zum Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides gegenüber der Oö. Umweltanwaltschaft ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren vorgelegen.

Die dargestellten Überlegungen zur Rechtskraft im Zusammenhang mit der Vorgangsweise nach § 103 Oö. GemO 1990 seien schließlich auch durch den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit geboten, weil es der Verfassung widerstreiten würde, wenn ein Bürgermeister auch durch bewusst gesetzwidriges Handeln, nämlich der unterbliebenen Beteiligung von bestimmten Parteien am Verfahren, das bundesverfassungsrechtlich verankerte Kontroll- und Aufsichtsrecht des Landes, gesetzwidrige Bescheide der Gemeinde aufzuheben, mit dem Hinweis auf die fehlende Rechtskraft des Verwaltungsaktes (nämlich den übergangen Parteien gegenüber) ausschalten könnte. Die gegenteilige Meinung würde nach Auffassung der belangten Behörde gegen das verfassungsrechtlich verankerte Rechtsstaatlichkeitsgebot sowie gegen das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot verstoßen.

Im Beschwerdefall hätten im Übrigen aber weder die beschwerdeführende Gemeinde noch die Bauwerberin entsprechende Bedenken erhoben. Vielmehr habe der Beschwerdevertreter explizit auf die Rechtskraft der Baubewilligung vom hingewiesen. Darüber hinaus sei auch darauf hinzuweisen, dass die Einreichpläne von der Baubehörde mit dem Rechtskraftvermerk entsprechend § 35 Abs. 6 BO versehen worden seien.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

§ 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 sieht die Aufhebung rechtskräftiger Bescheide (der Gemeindeorgane) durch die Aufsichtsbehörde vor. Diese Bestimmung ist somit der in § 68 AVG vorgesehenen amtswegigen Aufhebung von Bescheiden nachgebildet, wobei eine solche amtswegige Aufhebung einen rechtskräftigen Bescheid voraussetzt (siehe dazu die in Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, in E 186 ff zu

§ 68 AVG wiedergegebene Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts). Nach § 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 ist (auch vor diesem Hintergrund und abgesehen von seinem Wortlaut) die Rechtskraft (formelle Rechtskraft) eines Bescheides Voraussetzung für seine Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde (in diesem Sinn auch Putschögl/Neuhofer, Oö. Gemeindeordnung3, 428), was die belangte Behörde grundsätzlich auch nicht in Zweifel zieht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber der in der Gegenschrift der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachten Auffassung nicht beizutreten, Rechtskraft im Sinne dieser Bestimmung liege schon dann vor, wenn die Behörde und die dem Verfahren bislang beigezogenen Parteien übereinstimmend von der Rechtskraft des Bescheides ausgehen, weil das Gesetz nicht auf solche subjektiven Vorstellungen abstellt. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt zwar nicht die von der belangten Behörde mittelbar angesprochenen Probleme, die sich aus der Scheinrechtskraft von Bescheiden ergeben können. "Rechtskraft" im Sinne des § 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 liegt aber jedenfalls dann nicht vor, wenn die mangelnde Rechtskraft offenkundig ist.

Der Hinweis der belangten Behörde auf § 42 Abs. 3 AVG geht fehl, weil die Baubehörde mangels Durchführung einer Bauverhandlung nicht nach § 42 AVG vorgegangen ist und somit schon deshalb kein Verlust der Parteistellung im Sinne dieser Gesetzesstelle eintreten konnte.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid u.a. damit argumentiert, dass die Oö. Umweltanwaltschaft als Partei im Bauverfahren übergangen worden sei (was die Beschwerdeführerin bestreitet).

Im Beschwerdefall geht es unzweifelhaft um ein Vorhaben im Sinne des § 24 Abs. 1 Z. 1 bis 3 BO, das kein Wohngebäude betrifft, sodass die Eingangsvoraussetzungen des § 32 Abs. 2 BO gegeben sind. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, dass die Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft hier nicht davon abhängig ist, ob eine Bauverhandlung durchgeführt wird oder nach § 32 Abs. 7 BO entfällt. § 32 BO wurde durch die Novelle LGBl. Nr. 70/1998 neu gefasst; dabei wurde der nunmehrige Absatz 7 neu geschaffen. Der nunmehrige Absatz 2 entspricht im Prinzip dem § 32 Abs. 2 BO in der Stammfassung. § 32 Abs. 2 BO ist nicht dahin zu verstehen, dass die (im § 5 Abs. 1 Oö. Umweltschutzgesetz 1996 näher umschriebene) Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft nur dann gegeben wäre, wenn eine Bauverhandlung stattfindet, sondern vielmehr dahin, dass der Oö. Umweltanwaltschaft im Bauverfahren dann, wenn die zuvor genannten Eingangsvoraussetzungen des § 32 Abs. 2 BO gegeben sind, jedenfalls Parteistellung zukommt und sie als deren Ausfluss zur (allfälligen) Bauverhandlung zu laden ist. Der mit der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 normierte Möglichkeit des Entfalles einer Bauverhandlung gemäß § 32 Abs. 7 BO berührt daher nicht die Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft. Die (im Verwaltungsverfahren thematisierte) Frage, ob eine Bauverhandlung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzung des § 32 Abs. 7 BO dennoch infolge Antrages der Oö. Umweltanwaltschaft durchzuführen ist, ist im Beschwerdefall nicht zu lösen.

Die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang allerdings die weitere Auffassung, die vom Bürgermeister der Beschwerdeführerin an die Oö. Umweltanwaltschaft gerichtete Erledigung vom sei als Bescheid zu qualifizieren, mit welchem die Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft (mangels Anfechtung) rechtskräftig verneint worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der Auffassung der belangten Behörde nicht beizutreten, diese Erledigung weise alle wesentlichen Merkmale eines Bescheides auf. Sie ist weder als Bescheid überschrieben, noch bescheidmäßig gegliedert. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich daraus eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierungen der behördlichen Erledigung und auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, oder auch der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Bei Zweifeln über den Inhalt der Erledigung kommt daher auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln. Aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher darauf zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt (s. z.B. aus jüngerer Zeit den hg. Beschluss vom , Zl. 2003/05/0142, mwN).

Vor diesem Hintergrund ist die fragliche Erledigung vom nicht als Bescheid im Sinne des § 56 AVG anzusehen, womit entgegen der Auffassung der belangten Behörde die Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft nicht rechtskräftig verneint wurde (damit erübrigt sich auch die Prüfung der Frage, ob man dann, wenn man diese Erledigung als Bescheid ansehe, nicht konsequenterweise das Schreiben der Oö. Umweltanwaltschaft vom , mit welchem die Auffassung in der Erledigung vom bestritten wird, als Berufung deuten müsste).

Ist aber die Parteistellung der Oö. Umweltanwaltschaft dann, wenn die Eingangsvoraussetzung des § 32 Abs. 2 BO vorliegen, unabhängig davon gegeben, ob eine Bauverhandlung durchgeführt wird oder nicht, so ist ihr jedenfalls der Baubewilligungsbescheid zuzustellen, widrigenfalls er nicht in Rechtskraft erwachsen kann.

Eine Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom an die Oö. Umweltanwaltschaft kann jedenfalls nicht vor dem angenommen werden. Das bedeutet weiters, dass der Baubewilligungsbescheid vom zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (vom , zugestellt am selben Tag) noch nicht rechtskräftig war, sodass es schon deshalb an einer Voraussetzung des § 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 mangelte. Der Umstand, dass die Oö. Umweltanwaltschaft ihre Berufung im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides in weiterer Folge zurückgezogen hat, vermochte nicht rückwirkend die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides zu einem vor der Erlassung des nun angefochtenen Bescheides liegenden Zeitpunkt herbeizuführen.

Der Umstand, dass sich dann, wenn Parteien im Bauverfahren übergangen worden sein könnten, für die Aufsichtsbehörde bei einer beabsichtigten Aufhebung eines nicht letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Baubescheides (genauer: wenn nicht ein Bescheid der Berufungsbehörde bzw. ein erstinstanzlicher Bescheid des über Devolutionsantrages zuständig gewordenen, jeweils in Betracht kommenden obersten Gemeindeorganes aufgehoben werden soll) praktische Probleme ergeben können, vermag an dem im § 103 Abs. 1 Oö. GemO 1990 normierten Erfordernis der Rechtskraft des aufzuhebenden Bescheides nichts zu ändern.

Da, wie gesagt, der Baubewilligungsbescheid vom zum Zeitpunkt der Erlassung des nun angefochtenen Bescheides jedenfalls nicht rechtskräftig war und es somit an einer Voraussetzung für seine Behebung mangelte, erweist sich schon deshalb der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am