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VwGH vom 02.09.1999, 99/18/0284

VwGH vom 02.09.1999, 99/18/0284

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des SL, (geboren am ), vertreten durch Dr. Corvin Hummer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Maysedergasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 407/99, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge im Jahr 1990 illegal nach Österreich gelangt und habe nach Ablehnung seines Asylantrages zunächst Sichtvermerke und im Anschluss daran Aufenthaltsbewilligungen zum Zweck des Studiums erhalten. Seit Ablauf seiner ihm zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung, dem "", halte er sich ohne Aufenthaltstitel in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer sei im Zeitraum von 1997 bis 1999 insgesamt fünf Mal rechtskräftig verurteilt worden, so am vom Strafbezirksgericht Wien wegen des Vergehens der (vorsätzlichen) Körperverletzung zu einer Geldstrafe sowie am vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls und des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten (davon drei Monate unbedingt). Er habe sich jedoch trotz dieser Verurteilungen nicht davon abhalten lassen, neuerlich straffällig zu werden, und sei im Jahr 1997 weitere zwei Mal wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Zuletzt sei seine Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Monat erfolgt. Auf Grund dieser Verurteilungen könne kein Zweifel am Vorliegen bestimmter Tatsachen iS des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG bestehen, da der Beschwerdeführer nicht nur mehrmals wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt, sondern auch das im § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Strafausmaß überschritten worden sei. Dazu komme noch, dass er am wegen des Verdachtes der gewerbsmäßigen Schlepperei gemäß § 81 Abs. 1 und 2 FrG bei der Staatsanwaltschaft Wien zur Anzeige gebracht worden sei. Über den Ausgang des Verfahrens sei derzeit noch nichts bekannt. Darüber hinaus sei er im Jahr 1997 wegen diverser Verwaltungsübertretungen (wie etwa nach § 64 Abs. 1 Kraftfahrzeuggesetz, nach § 1 Abs. 1 Z. 2 Wiener Landessicherheitsgesetz und § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz) zur Anzeige gebracht und rechtskräftig bestraft worden. Überdies bestünden gegen ihn, der seinen eigenen Angaben zufolge außer über S 6.500,-- Haftentschädigung über keine Barmittel verfüge, offene Forderungen der Wiener Gebietskrankenkasse in der Höhe von S 23.500,--. Außerdem habe er über die ihm während seines Studiums zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel widersprüchliche Angaben getätigt. So habe er am anlässlich seiner Einvernahme am Bezirkspolizeikommissariat Schmelz angegeben, monatlich S 7.000,-- von seinem Vater aus Rumänien zu erhalten. Am hingegen habe er angegeben, seit seiner Einreise im Jahr 1990 bis Ende 1995 von seinem Onkel, dessen Geburtsdatum er nicht kenne, mit S 4.000,-- monatlich unterstützt worden zu sein. Danach habe er monatlich S 7.000,-- von einem (anderen) Onkel aus Dallas/USA überwiesen bekommen.

Das dokumentierte Fehlverhalten des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit rechtfertigten jedenfalls die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit neun Jahren in Österreich, wobei er bis "" hier rechtmäßig niedergelassen gewesen sei. Seinen eigenen Angaben zufolge lebe im Bundesgebiet seine rumänische Lebensgefährtin - die ihn laut Erklärung vom zu heiraten beabsichtige -, mit der er eine gemeinsame Tochter habe. Es sei daher von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG auszugehen. Abgesehen davon, dass die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Lebensgefährtin und seinem Kind dadurch relativiert werde, dass er offenbar mit diesen nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, sei ungeachtet dessen die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Rechte Dritter - dringend geboten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er offenbar nicht in der Lage oder willens sei, die zum Schutz fremden Vermögens aufgestellten Normen seines Gastlandes einzuhalten. Eine Zukunftsprognose könne für ihn nicht positiv ausfallen, zumal er sich trotz bereits erfolgter rechtskräftiger Verurteilungen nicht davon habe abhalten lassen, neuerlich einschlägig straffällig zu werden.

Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG erforderlichen Interessenabwägung sei auf den mehrjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen, gleichzeitig jedoch zu berücksichtigen gewesen, dass die daraus ableitbare Integration stark vermindert sei, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt werde. Dazu komme, dass er seit Anfang April 1998 über keinen Aufenthaltstitel für Österreich mehr verfüge. Diesen - solcherart geminderten - privaten Interessen stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität entgegen. Bei Abwägung dieser Interessenlagen gelange die belangte Behörde zur Auffassung, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Sein Hinweis, er habe in seiner Heimat keine Familie oder Freunde und würde im Fall seiner Abschiebung dorthin mittellos auf der Straße stehen, könne die Entscheidung nicht beeinflussen. Abgesehen davon, dass nach der Aktenlage sein Vater in Rumänien lebe, werde zum einen mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe, zum anderen beziehe sich § 37 FrG lediglich auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich und nicht auf das in einem anderen Land. Weiters lege die Berufung auch nicht dar, dass die ebenfalls aus Rumänien stammende Lebensgefährtin des Beschwerdeführers diesen nicht im Ausland besuchen bzw. dorthin begleiten könnte. Auch allfälligen Sorgepflichten könne er vom Ausland aus nachkommen.

Ebenso stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes § 35 Abs. 2 FrG nicht entgegen.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine besonderen, zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, habe die Behörde von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.

Zutreffend habe die Erstbehörde diese Maßnahme auf unbestimmte Zeit (unbefristet) erlassen. In Anbetracht des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne derzeit nicht vorhergesehen werden, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, weggefallen sein werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu den im Zeitraum von 1997 bis 1999 erfolgten fünf rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers, sie macht jedoch geltend, dass die Behörde im Hinblick auf § 6 Abs. 1 des Tilgungsgesetzes (Beschränkung der Strafregisterauskunft) nur von der durch das Landesgericht für Strafsachen Wien über ihn verhängten, zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von neun Monaten (Urteil vom ) hätte Kenntnis nehmen und die übrigen gerichtlichen Vorstrafen nicht hätte beachten dürfen. Die Berücksichtigung der unter § 6 des Tilgungsgesetzes fallenden Vorstrafen stelle einen schwer wiegenden Verfahrensmangel dar.

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Selbst wenn die belangte Behörde die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers auf Grund einer im Hinblick auf § 6 Abs. 1 und 2 des Tilgungsgesetzes, BGBl. Nr. 68/1972, gesetzwidrig erlangten Strafregisterauskunft getroffen haben sollte, ändert dies nichts am Vorliegen der von ihr festgestellten - unbestrittenen - rechtskräftigen Verurteilungen und bestand insoweit für die Behörde kein Beweisverwertungsverbot (vgl. etwa aus der zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangenen, wegen der insoweit unveränderten Rechtslage auch hier maßgeblichen hg. Rechtsprechung das Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0367, mwN). Abgesehen davon wird auf § 407 StPO hingewiesen, wonach von der Verurteilung einer Person, die - wie der Beschwerdeführer - nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, die für die Ausübung der Fremdenpolizei zuständige Behörde unverzüglich zu verständigen ist.

1.3. In Anbetracht der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von neun Monaten und des Umstandes, dass er mehr als ein Mal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist - vier seiner gerichtlichen Verurteilungen erfolgten wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen -, begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und darüber hinaus die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

2. Auch dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass die belangte Behörde die Interessenabwägung im Grunde des § 37 FrG unrichtig getroffen habe, kann nicht gefolgt werden.

Die belangte Behörde hat im Hinblick auf den neunjährigen, bis rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers und der daraus ableitbaren Integration in Österreich sowie seine Bindungen zu seiner rumänischen Lebensgefährtin und deren gemeinsamen Tochter, die sich ebenso im Bundesgebiet aufhalten, zutreffend im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat aber - unter Bedachtnahme auf diese persönliche Interessenlage - ebenso zutreffend den Standpunkt vertreten, dass diese Maßnahme zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten sei. Dieser Beurteilung ist beizupflichten, konnte doch selbst seine Verurteilung wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe (Urteil vom ) den Beschwerdeführer nicht abhalten, binnen kurzem neuerlich straffällig zu werden und wieder Straftaten gegen fremdes Vermögen zu verüben. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers zeigt deutlich, dass er offensichtlich auch in Hinkunft nicht gewillt ist, die österreichischen strafrechtlichen Vorschriften zu respektieren.

Im Lichte dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Beurteilung als unbedenklich. Wenngleich die für einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden Interessen - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - schwer wiegen, kommt ihnen doch kein größeres Gewicht zu als dem durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse. Soweit er geltend macht, dass ihm durch das Aufenthaltsverbot der Kontakt zu seiner Lebensgefährtin und seinem sechsjährigen Kind unmöglich gemacht werde, ist ihm zu erwidern, dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Situation für seine Angehörigen von ihm im öffentlichen Interesse in Kauf genommen werden muss. Abgesehen davon kann - sollte er von seiner Lebensgefährtin und seinem Kind nicht ins Ausland begleitet werden - ein (wenn auch eingeschränkter) Kontakt zu diesen dadurch aufrechterhalten werden, dass er von ihnen im Ausland besucht wird. Im Übrigen ist nicht zu erkennen, inwieweit der Beschwerdeführer außerstande sein sollte, für seine Angehörigen zu sorgen, ist er doch nicht gehindert, allfällige Unterhaltsbeiträge in Geld auch vom Ausland zu erbringen, zumal er selbst vorbringt, dass er als Musiker immer wieder Engagements in Musikgruppen gefunden habe und es ihm ein Leichtes gewesen wäre, auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit in den USA zu bleiben. Ebenso geht der Beschwerdeeinwand, er wäre auf Grund seiner religiösen Überzeugung gezwungen, in seinem Heimatland Rumänien den Wehrdienst zu verweigern, sodass ihm dort eine mehrjährige Gefängnisstrafe drohe, ins Leere, weil mit einem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/18/0099).

3. Im Hinblick auf die wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls erfolgte rechtskräftige Verurteilung und die sich in verhältnismäßig kurzer Folge daran anschließenden weiteren drei einschlägigen Verurteilungen des Beschwerdeführers ist der belangten Behörde auch darin beizupflichten, dass ihm die Bestimmung des § 35 Abs. 2 FrG über die Aufenthaltsverfestigung nicht zugute kommen könne.

4. Schließlich bestand entgegen der Beschwerdeansicht auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am