VwGH vom 28.10.1993, 91/19/0134
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63-F 29/90/Str., betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Strafausspruch und im Ausspruch über die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten, daß im Juni 1989 in einer näher bezeichneten Filiale bei zwei namentlich genannten Arbeitnehmern der Gesellschaft 1. an näher bezeichneten Tagen die höchstzulässige Tagesarbeitszeit von zehn Stunden und 2. in näher bezeichneten Wochen die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten worden sei und 3. an näher bezeichneten Tagen die Arbeitszeit nicht durch eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde unterbrochen worden sei, obwohl die Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit mehr als sechs Stunden betragen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu
1. und 2. § 9 und zu 3. § 11 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden Geldstrafen in der Höhe von 1. S 12.000,--, 2. S 12.000,-- und 3. 10.000,-- verhängt. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen wurde festgesetzt.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, das Strafverfahren gehe zurück auf eine Anzeige des Arbeitsinspektorates vom . Nach dieser Anzeige habe sich aufgrund der von der Gesellschaft übergebenen Arbeitszeitaufzeichnungen ergeben, daß die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes in mehreren Fällen nicht eingehalten worden seien. Nach den Angaben der im Berufungsverfahren vernommenen beiden Arbeitnehmer sei es üblich gewesen, daß an Tagen, an welchen mehrere Arbeitnehmer durch Krankheit, Urlaub etc. ausgefallen seien, das fehlende Personal durch Mehrleistungen des Filialleiters und seiner Stellvertreterin ersetzt worden sei. Eine Essenspause von 30 Minuten werde gemacht. Wenn es die Arbeit erfordere, werde die Mittagspause manchmal auch nicht konsumiert. In diesem Fall werde auch keine Eintragung in die Arbeitszeitliste gemacht. Aus den Arbeitszeitaufzeichnungen ergebe sich, daß den beiden Arbeitnehmern an manchen Tagen eine Ruhepause (Mittagspause) gewährt worden sei, an anderen jedoch nicht. Es sei davon auszugehen, daß die Arbeitszeitaufzeichnungen die tatsächlich geleistete Arbeitszeit enthielten und der Tatbestand daher erfüllt sei, auch wenn die Mehrleistung zu einem späteren Zeitpunkt in Form von Zeitausgleich abgegolten worden sei. Auch dann, wenn eine Mittagspause von 30 Minuten eingehalten worden wäre, wären die Höchstgrenzen der Tagesarbeitszeit und der Wochenarbeitszeit überschritten worden.
In den vorgelegten Stellenbeschreibungen seien die Verantwortungsbereiche und Aufgaben der Personen genau bezeichnet, doch ergebe sich aus ihnen nicht die Zustimmung zur Bestellung als verantwortliche Beauftragte, weshalb der Beschwerdeführer nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit befreit sei. Die zeugenschaftliche Vernehmung der zu diesem Thema beantragten Personen habe unterbleiben können. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, daß er für die Einhaltung der zu beachtenden Vorschriften gesorgt habe. Abgesehen von der Erstellung einzelner Stellenbeschreibungen habe er nicht nachgewiesen, daß er sachkundigen Personen konkrete Aufträge erteilt habe, noch daß er selbst in zweckentsprechender Weise und regelmäßig Kontrollen durchgeführt habe; stichprobenweise Kontrollen seien nicht ausreichend. Dem Beschwerdeführer habe aufgrund zahlreicher gegen ihn durchgeführter Strafverfahren bekannt sein müssen, daß die von ihm gesetzten Maßnahmen unter vorhersehbaren Verhältnissen nicht die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen mit gutem Grunde erwarten ließen.
Die Vielzahl von Vorstrafen sei erschwerend. Zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen habe der Beschwerdeführer keine Angaben gemacht. Aufgrund seiner beruflichen Stellung müsse angenommen werden, daß seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ungünstig seien. Die verhängten Geldstrafen seien angemessen. Zum Vorbringen in der Berufung, er könne nicht wegen Überschreitung der Höchstgrenze der Tagesarbeitszeit bestraft werden, wenn er wegen Überschreitens der Wochenarbeitszeit bestraft werde, werde bemerkt, daß dann, wenn die Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen falle, gemäß § 22 Abs. 1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichshof erwogen hat:
1.1 § 9 Arbeitszeitgesetz hat folgenden Wortlaut:
"Abgesehen von den Bestimmungen der §§ 4 Abs. 10 zweiter Satz, 5, 7 Abs. 2 bis 5, 8 Abs. 2, 16, 18 bis 20 und 23 darf die Arbeitszeit zehn Stunden täglich nicht überschreiten und die sich aus § 3 ergebende Wochenarbeitszeit um nicht mehr als zehn Stunden wöchentlich überschreiten. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit einer Arbeitszeitverlängerung oder beim Zusammentreffen mehrerer Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden."
1.2 Der Beschwerdeführer meint, die Formulierung dieser Gesetzesstelle schließe das Kumulationsprinzip aus. Außerdem ergebe sich klar, daß es sich um die im Betrieb geltende Arbeitszeit handle und nicht um die individuelle Arbeitszeit für jeden einzelnen Arbeitnehmer. Ferner ergebe sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß
§ 9 Arbeitszeitgesetz dem gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer diene, sodaß nicht mehrere Übertretungen vorlägen, wenn mehrere Arbeitnehmer von der Arbeitszeitüberschreitung betroffen seien.
1.3 Der zuletzt genannten Rechtsansicht des Beschwerdeführers ist entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (so auch in dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom , Slg. Nr. 10.692/A) die Auffassung vertreten hat, daß insoweit mehrere Straftaten nach § 9 Arbeitszeitgesetz vorliegen, als sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Arbeitnehmer richten. Die Beschwerde enthält nichts, was den Verwaltungsgerichshof zu einem Abgehen von dieser Rechtsprechung veranlassen könnte.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Überschreitung der zulässigen Tagesarbeitszeit und der Überschreitung der zulässigen Wochenarbeitszeit um selbständige Übertretungen (siehe das zum vergleichbaren § 11 Abs. 1 KJBG ergangene Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0084). Die in der Überschreitung der zulässigen Tagesarbeitszeit gelegene Übertretung geht nicht in der Überschreitung der zulässigen Wochenarbeitszeit auf. Liegen beide Delikte vor, hat eine gesonderte Bestrafung zu erfolgen.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers, es handle sich "um die im Betrieb geltende Arbeitszeit und nicht um die individuelle Arbeitszeit für jeden einzelnen Arbeitnehmer", sind verfehlt. Die Überschreitung der zulässigen Tagesarbeitszeit kann immer nur durch die Beschäftigung von Arbeitnehmern über die gesetzlich zulässige Dauer hinaus erfolgen. Nach § 1 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Beschäftigung von Arbeitnehmern (Lehrlingen), die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Arbeitszeit ist im § 2 Abs. 1 Z. 1 Arbeitszeitgesetz als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen definiert. Auch daraus ergibt sich, daß
§ 9 Arbeitszeitgesetz zeitliche Höchstgrenzen für die Beschäftigung der einzelnen Arbeitnehmer enthält. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es müsse nur "die im Betrieb geltende Arbeitszeit" dem Arbeitszeitgesetz entsprechen, würde zu dem absurden Ergebnis führen, daß der Arbeitgeber nur eine dem Arbeitszeitgesetz entsprechende allgemeine Anordnung für den Betrieb zu erlassen bräuchte und alle Überschreitungen der zeitlichen Höchstgrenzen durch die Arbeitnehmer sanktionslos blieben. Für den Standpunkt des Beschwerdeführers ist auch aus § 8 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz nichts zu gewinnen. Wenn es dort heißt, "die für den Betrieb oder eine Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit" dürfe in bestimmten Fällen ausgedehnt werden, so handelt es sich dabei um eine vereinfachte Umschreibung der zulässigen Dauer der Arbeitszeit für die Arbeitnehmer, die in dem betreffenden Betrieb oder der Betriebsabteilung beschäftigt sind, wobei sich die zulässige Dauer aus den vorangegangenen Bestimmungen über die Arbeitszeit und deren Verlängerung unter bestimmten Voraussetzungen ergibt.
2.1 Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte aufgrund der Angaben der vernommenen Zeugen zu dem Ergebnis kommen müssen, daß eine Mittagspause von mindestens 30 Minuten eingehalten worden sei.
2.2 Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich zunächst zu entgegnen, daß sich die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde über das Ausmaß der Arbeitszeit der beiden Arbeitnehmer auf die vom Arbeitgeber geführten und dem Arbeitsinspektorat vorgelegten Aufzeichnungen nach § 26 Arbeitszeitgesetz gründen.
Nach § 26 Abs. 1 leg. cit. haben die Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen. Aus dem in dieser Gesetzesstelle umschriebenen Zweck der Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen und der im § 26 Abs. 2 leg. cit. normierten Pflicht, der Arbeitsinspektion und deren Organen Einsicht in diese Aufzeichnungen zu gewähren, folgt, daß sich der Arbeitgeber in der Regel nicht als beschwert erachten kann, wenn die Behörden von der Richtigkeit der dem Arbeitsinspektor vorgewiesenen Aufzeichnungen ausgehen. Behauptet der Arbeitgeber (bzw. der nach § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche) aber die Unrichtigkeit seiner eigenen Aufzeichnungen, so trifft ihn im Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat in einem solchen Fall detailliert darzutun, aus welchen Gründen, in welchen Punkten und in welchem Ausmaß seine Aufzeichnungen unrichtig sind.
Diese Verpflichtung hat der Beschwerdeführer nicht erfüllt, weil seinem im Verwaltungsstrafverfahren erstatteten Vorbringen nicht zu entnehmen ist, welchen Arbeitnehmern an welchen Tagen und zu welchen Zeiten abweichend von den Aufzeichnungen Ruhepausen gewährt wurden. Es war daher schon deshalb nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von der Richtigkeit der dem Arbeitsinspektor vorgewiesenen Aufzeichnungen ausgegangen ist.
2.3 Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß - gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 Arbeitszeitgesetz nicht zur Arbeitszeit gehörende - Ruhepausen Zeiten sind, die der Erholung des Arbeitnehmers dienen. Sie müssen im voraus, spätestens bei ihrem Beginn umfangmäßig feststehen. Ferner muß der Arbeitnehmer von Arbeit und Arbeitsbereitschaft befreit sein (vgl. Grillberger, Arbeitszeitgesetz, Seiten 35 und 90 f). Wenn die Zeugin Halbwidl, auf deren Aussage der Beschwerdeführer seine Ausführungen gründet, von einer Essenspause von mindestens 30 Minuten spricht, muß es sich nach dem Gesagten nicht um eine Ruhepause im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gehandelt haben, weil die Nahrungsaufnahme am Arbeitsplatz während einer Arbeitsunterbrechung keine Ruhepause darstellt. Gegen die Annahme, daß es sich um Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gehandelt hat, spricht die Tatsache, daß beide Zeugen aufgrund einer Mitteilung des Betriebsrates davon ausgegangen sind, die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes hätten für den Filialleiter und seine Stellvertreterin keine Gültigkeit. Außerdem haben beide Zeugen erklärt, nicht gehaltene Mittagspausen nicht eingetragen zu haben, um den Anspruch auf Zeitausgleich nicht zu verlieren. Würde man dem Beschwerdeführer folgen, so würde man den Zeugen strafbares Verhalten unterstellen, weil sie dann zwar Ruhepausen eingehalten, diese aber nicht eingetragen hätten, um - trotz gehaltener Ruhepausen - Zeitausgleich zu erhalten. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers bieten sohin auch die Aussagen der vernommenen Zeugen keinen ausreichenden Grund für Sachverhaltsfeststellungen betreffend Arbeitszeit, die von den vorgelegten Aufzeichnungen abweichen.
3. Der Beschwerdeführer rügt, daß er nach dem Bescheidspruch durch die Nichtgewährung der Ruhepausen "§ 11 Abs. 1 des Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes" verletzt habe. Diese Rechtsvorschrift gebe es nicht, weshalb er dagegen nicht habe verstoßen können.
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugeben, daß § 11 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz nicht in weitere Absätze gegliedert ist, doch ist für jeden mit der Sachlage vertrauten Adressaten des Bescheides klar erkennbar, daß es sich dabei um einen Schreibfehler handelt und § 11 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz als verletzte Verwaltungsvorschrift bezeichnet wurde. Der Beschwerdeführer wurde durch den Schreibfehler in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt, wie auch die vorliegenden Beschwerdeausführungen zeigen. Die behauptete Rechtsverletzung liegt sohin nicht vor.
4.1 Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die beiden Arbeitnehmer, nämlich der Filialleiter und seine Stellvertreterin, seien gemäß § 1 Abs. 2 Z. 8 Arbeitszeitgesetz vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen.
4.2 Nach der genannten Gesetzesstelle sind leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/19/0041, und vom , Zl. 92/18/0354, m.w.N.) ist der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Z. 8 Arbeitszeitgesetz erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer wesentliche Teilbereiche eines Betriebes in der Weise eigenverantwortlich leitet, daß hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluß genommen wird, sodaß er sich aufgrund seiner einflußreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft heraushebt.
4.3 Auf dem Boden dieser Rechtslage kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Erfüllung des zitierten Ausnahmetatbestandes in Ansehung der beiden Arbeitnehmer verneint hat. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren selbst vorgebracht, daß das Unternehmen der Gesellschaft in 158 Filialen gegliedert ist. Die Einflußnahme eines Filialleiters auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens kann demnach nur von marginaler Bedeutung sein. Dazu kommt, daß nach der vorliegenden Stellenbeschreibung der Filialleiter nur in eng begrenztem Rahmen disponieren kann und alle wesentlichen Entscheidungen betreffend die Führung der Filiale nicht von ihm getroffen werden können. Diese Überlegungen gelten in verstärktem Maße für die Stellvertreterin des Filialleiters.
5.1 Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde die Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG nicht dahin mißverstanden, daß er seine Schuldlosigkeit beweisen müsse. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides (S. 12 Mitte) ausdrücklich ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, durch geeignete Maßnahmen für die Einhaltung der zu beachtenden Vorschriften gesorgt zu haben.
5.2.1 Der Beschwerdeführer meint, er habe die Errichtung eines ausreichenden Kontrollsystems glaubhaft gemacht, weil in den Stellenbeschreibungen die Verantwortungsbereiche genau bezeichnet seien. Wenn dem Filialleiter, dem vorgesetzten Bezirksleiter und dem Spartenleiter der Auftrag erteilt worden sei, die zulässigen Arbeitszeiten in den Filialen einzuhalten und zu kontrollieren, und vom Beschwerdeführer laufend Kontrollbesuche in den Filialen gemacht worden seien, sei dies ausreichend.
5.2.2 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß es nicht genügt darzutun, daß innerhalb der Unternehmenshierachie Weisungen betreffend die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erteilt wurden, weil damit nicht dargetan wird, wie die Kontrolle konkret funktionieren sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0086, m.w.N.). Um von einem wirksamen Kontrollsystem sprechen zu können, bedarf es der Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung. In welcher Weise in dem vom Beschwerdeführer geleiteten Unternehmen sichergestellt wurde, daß Verletzungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften vermieden werden und dennoch geschehene Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden, ist den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer bleibt auch jede Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen die den gegenständlichen Übertretungen zugrundeliegenden, an zahlreichen Tagen erfolgten Gesetzesverstöße bis zur Feststellung durch das Arbeitsinspektorat unbemerkt geblieben sind. Die Auffassung der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, den Mangel seines Verschuldens glaubhaft zu machen, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Vernehmung der von ihm beantragten Zeugen vermißt und darin einen Verfahrensmangel erblickt, ist ihm zu erwidern, daß die Vernehmung der Zeugen ein konkretes Tatsachenvorbringen, das geeignet gewesen wäre, seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen, vorausgesetzt hätte.
6.1 Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß der Filialleiter nicht zu dem Beweisthema seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten vernommen worden sei.
6.2 Dem Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, nach der nur ein aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender Zustimmungsnachweis geeignet wäre, den Arbeitgeber (bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen) von seiner strafrechtlichen Verantwortung zu befreien (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0282, m.w.N.). Eine erst während des Verwaltungsstrafverfahrens abzulegende Zeugenaussage ist kein geeigneter Zustimmungsnachweis im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG, weshalb im Unterbleiben der Vernehmung der beantragten Zeugen zu diesem Beweisthema kein relevanter Verfahrensmangel gelegen ist. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bietet keinen Anlaß, von der genannten ständigen Rechtsprechung abzugehen.
Die vom Beschwerdeführer vorgelegte, den Filialleiter betreffende Stellenbeschreibung enthält nicht die Bestellung als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften. Unter den Verantwortungsbereichen wird unter Punkt 5.5 die "gewerberechtliche und lebensmittelrechtliche Verantwortung" angeführt. Arbeitnehmerschutzbestimmungen, wie das hier maßgebende Arbeitszeitgesetz, gehören weder zum Gewerberecht noch zum Lebensmittelrecht. In der Unterfertigung der Stellenbeschreibung durch den Filialleiter kann daher keine Zustimmung zu seiner Bestellung als verantwortlicher Beauftragter in Ansehung aller Verwaltungsvorschriften, insbesondere auch der Arbeitnehmerschutzvorschriften erblickt werden. Wenn im Rahmen der Umschreibung der Aufgaben allgemein von der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen (Punkt 6.3 der Stellenbeschreibung) die Rede ist, liegt darin nicht die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten. In jedem zielstrebig geführten Unternehmen werden den einzelnen Mitarbeitern Aufgaben übertragen, ohne daß dies jeweils die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten beinhaltet (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0158).
7. Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, daß sich die belangte Behörde auf den in der Anzeige des Arbeitsinspektorates umschriebenen Sachverhalt gestützt habe, vermag er mit seinen Ausführungen keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, weil es der belangten Behörde im Hinblick auf den aus § 24 VStG in Verbindung mit § 46 AVG sich ergebenden Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt war, auch die Ausführungen in der Anzeige betreffend die Wahrnehmungen des Organes des Arbeitsinspektorates zum Zwecke der Sachverhaltsfeststellung zu verwerten. Die Anzeige stützte sich zudem ausschließlich auf die vom Arbeitgeber vorgelegten Aufzeichnungen, von deren Richtigkeit die belangte Behörde nach dem unter Punkt 2. Gesagten ausgehen durfte. Richtig ist, daß die Gesellschaft nach § 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz nicht verpflichtet gewesen wäre, dem Arbeitsinspektor die Aufzeichungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu übersenden. Wenn sie dies trotzdem auf freiwilliger Basis getan hat, hatte dies keinen Einfluß auf den Beweiswert der von ihr geführten Aufzeichnungen und die darauf beruhende Anzeige. Ebensowenig liegt ein Verfahrensmangel darin, daß das Arbeitsinspektorat nicht vor Anzeigeerstattung den Beschwerdeführer auf die festgestellten Übertretungen hingewiesen hat. Wie sich aus § 6 Abs. 2 ArbIG 1974 ergibt, kann die Anzeige bereits anläßlich der Feststellung der Übertretung erstattet werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/18/0022).
8. Wie oben unter Punkt 1.3 dargelegt wurde, hat der Beschwerdeführer je zwei Übertretungen nach § 9 Arbeitszeitgesetz erster Fall (Tagesarbeitszeit), nach § 9 Arbeitszeitsgesetz zweiter Fall (Wochenarbeitszeit) sowie nach § 11 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz zu verantworten. Die belangte Behörde hat das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt und damit Geldstrafen von S 12.000,--, S 12.000,-- und S 10.000,-- verhängt sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen festgesetzt. Nach dem aus § 22 VStG sich ergebenden Kumulationsprinzip sind bei Vorliegen einer Mehrheit von Verwaltungsübertretungen mehrere Strafen nebeneinander zu verhängen. Die Verhängung einer Gesamtstrafe für alle oder mehrere Übertretungen ist rechtswidrig. Die belangte Behörde hat daher dadurch, daß sie für jeweils zwei Übertretungen eine Geldstrafe und für alle sechs Übertretungen eine einheitliche Ersatzfreiheitsstrafe verhängt hat, den Strafausspruch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Die in der Gegenschrift vertretene Auffassung, mangels weitere Angaben im angefochtenen Bescheid seien die Gesamtstrafen "auf die einzelnen Arbeitnehmer zu gleichen Teilen aufzuteilen", ist mit dem bereits erwähnten § 22 VStG aber auch mit § 44a lit. c (nunmehr § 44a Z. 3) VStG, wonach der Spruch eines Straferkenntnisses die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung zu enthalten hat, nicht vereinbar. Im übrigen übersieht die Gegenschrift offenbar, daß eine einheitliche Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.
Ergänzend sei hinzugefügt, daß der angefochtene Bescheid nicht ausreichend begründet, warum wegen der Übertretungen nach § 9 Arbeitszeitgesetz die höchsten möglichen Geldstrafen verhängt werden, obwohl das Arbeitsinspektorat diesbezüglich nur die Verhängung von Geldstrafen in der Höhe von je
S 4.000,-- beantragt hatte.
9. Aus den unter Punkt 8. genannten Erwägungen war der angefochtene Bescheid in seinem Strafausspruch und in dem davon nicht trennbaren Ausspruch über den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.